Salz – Das weiße Gold der Erde

Salz – Das weiße Gold der Erde

Die Geschichte des Salzes und die besten und schönsten Natursalze der Welt.

Marco Müller


EUR 19,90

Format: 18 x 27 cm
Seitenanzahl: 152
ISBN: 978-3-99146-328-3
Erscheinungsdatum: 03.01.2024
Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube für jeden, der etwas über Natursalze erfahren möchte. „Salz – Das weiße Gold der Erde“ lässt keine Frage offen, egal, ob sie die Entstehung, Verarbeitung oder Bedeutung des Salzes für die gesamte Menschheit betrifft.
Vorwort

Warum dieses Buch entstand

Meine Familie war über Generationen in Landwirtschaft, Weinbau und Gastronomie tätig. Bereits als Kind bekam ich so einen besonders nahen Bezug zu Lebensmitteln und verbrachte einen Teil meiner Kindheit in Weinbergen, auf Feldern, im Stall oder in der Hotelküche. Fast selbstverständlich fiel meine Berufswahl auf eine Ausbildung zum Koch.
Eine große Leidenschaft verbinde ich mit Reisen, die mich in viele Länder dieser Welt führten. Meine Affinität zu Gewürzen und meine Neugier für allerlei Gaumenfreuden führte mich zu Gewürzmärkten auf vier Kontinenten, ließ mich Pfeffer- und Gewürzplantagen besuchen, Meeressalinen, Salzbergwerke und Gewürzfabriken besichtigen oder die Vanilleernte auf Tahiti erleben.
Nach 20 Jahren Gastronomie zwang mich meine Gesundheit, die Kochschürze an den berühmten Nagel zu hängen. Es folgte eine weitere Ausbildung zum Industriekaufmann, die ich teilweise in einem Gastronomiegroßhandel, mit dem Schwerpunkt Gewürze, absolvierte. Die Würzmittel wurden später das Thema meiner mündlichen Prüfung.
Es folgten kurze Abstecher in den Lebensmitteleinzelhandel sowie ein erneuter Versuch als Koch, bevor ich 2007 in der Natursalz-Branche mein Glück fand. Schnell wurde ich vom Salz-Virus infiziert.
Fasziniert von diesen weißen Körnchen wurde mir schnell die enorme Bedeutung des weißen Goldes für die Menschheit bewusst, diese erstaunt und begeistert mich auch noch nach vielen Jahren.
Ganz nebenbei zeigte sich ein neues Talent – bei Produktbeschreibungen für diverse Internetseiten, Flyern, Broschüren …
In über 15 Jahren Natursalzbranche durfte ich zahlreiche Salzproduzenten und Importeure besuchen und kennen lernen, so habe ich spannende Geschichte und Geschichten erfahren. Bei Besuchen meiner Kunden war ich regelmäßig überrascht, wie gering das Wissen über Salze, wie groß jedoch das Interesse ist. Oft genug ertappte ich mich in Gesprächen dabei, wie fesselnd das Thema war und wie schnell dabei die Zeit verging. Regelmäßig wurde ich von gebannten Zuhörern und Kollegen ermutigt, mein Wissen unbedingt in ein Buch zu fassen.

Kleine Anekdoten am Rande:
Geboren wurde ich in der Stadt Augusta Treverorum, heute besser bekannt als Trier. Unter dem Namen Treveris erlangte die Stadt in der Spätantike seine größte Bedeutung, der gesamte nordwestliche Teil des Römerreichs wurde damals von Trier aus regiert. Die Präsenz der Römer ist auch heute noch überall rund um Trier zu spüren. Es waren die Römer in ihrer langen Herrschaft über große Teile Europas und des gesamten Mittelmeerraumes, die einst führend in der Gewinnung von Meersalzen waren. Der römische Einfluss auf die Salzgewinnung, Kultur und Sprache wird in diesem Buch oft erwähnt. Einige der während ihrer Regentschaft in ganz Europa angelegten Salinen haben den Sprung bis in die Moderne überstanden. Sie werden auch heute noch nach den traditionellen Methoden von damals bewirtschaftet.


Göttliches Salz

Einer alten Sage der griechischen Mythologie nach vermachte Neres, die griechische Göttin des Meeres, einst Peleus, dem König der Myrmidonen und Vater des Achilleus, nichts Geringeres als Salz als Hochzeitsgeschenk. Seither galt das Salz als Gabe der Götter. Sowohl bei den Griechen, aber auch bei den Ägyptern, den Römern sowie in vielen Passagen des Alten Testamentes wird Salz eine ganz besondere Bedeutung zugemessen. So besiegelte Gott einst einen Bund mit Aaron, dem älteren Bruder des Moses und erster Hohepriester der Israeliten, durch Salz.
Einst wertvoll wie Gold, hatte Salz im Zeitalter der Industrialisierung seine Wertschätzung verloren. Ein weltweiter Trend nach gesunden und naturbelassenen Lebensmitteln sorgte in den letzten Jahren für eine Renaissance der Natursalze.
Doch beginnen wir ganz von vorne …



Am Anfang war das Meer …

Alles Leben auf unserem Planeten stammt aus den salzreichen Gewässern unserer Meere. Begonnen hat die Geschichte vor rund 4,5 Milliarden Jahren, als sich Erdkern, Erdmantel und Erdkruste zu bilden begannen. Auf der brodelnden Erdoberfläche aus heißem Magma herrschten Temperaturen von mehreren 1000 Grad, der Planet wurde häufig von Meteoriten getroffen. Die Oberfläche kühlte in den nächsten 200 Millionen Jahren deutlich ab und begann, zu Gestein zu erstarren. Einschlagende Kometen brachten Eis mit auf die Erde, die inzwischen auf unter 100 Grad abgekühlt war.
Noch brodelte es überall an der Oberfläche. Aus Vulkanen stieg Lava und Wasserdampf auf. Aus kondensierendem Wasser entstand langsam das Urmeer, später Kontinente und der erste Wasserkreislauf aus Verdunstung und Niederschlag. Vor etwa 3,8 Milliarden Jahren bildete sich in den Urmeeren erstes einfaches Leben in Form von Bakterien. Da sich die Erdplatten stetig bewegten, stießen diese irgendwann zwangsläufig zusammen, Landmassen türmten sich zu ersten Bergformationen auf. Vor rund 2,5 Milliarden Jahren bildete sich so der erste Superkontinent, das Klima der Erde veränderte sich komplett. Bakterien im Urmeer begannen, mithilfe der Sonne durch Fotosynthese elementaren Sauerstoff zu produzieren, der bis dato auf der Erde nicht vorhanden war, unsere Atmosphäre entstand. Die Einzeller begannen, Zellkerne zu bilden, verbanden sich miteinander und es entstanden die ersten mehrzelligen Organismen. Bis vor 550 Millionen Jahren entwickelte sich so eine große Artenvielfalt, bis dahin jedoch ausschließlich in den Ur-Ozeanen. Dann begann langsam das Leben an Land, erste Pflanzen wuchsen.
Nach und nach zog es auch die Amphibien zumindest zeitweise an Land und sie entwickelten sich im Laufe von Jahrmillionen zu Reptilien. Eiszeiten und große Meteoriteneinschläge stoppten und beeinflussten die Entwicklung immer wieder, genauso wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und ständige Klimawandel. Vor circa 150 Millionen Jahren brach der letzte Superkontinent in zwei Teile auseinander. Es bildeten sich in den nächsten 100 Millionen Jahren die heutigen Kontinente. Überall bewegten sich die Erdmassen weiter, genauso an Land wie in den Tiefen der Meere.
Veränderungen der Meerestiefe und sich immer wieder ändernde klimatische Bedingungen zusammen mit den tektonischen Plattenverschiebungen führten dazu, dass sich überall Meeresgebiete von den Ozeanen abtrennten. Fielen nun Regenmengen und Süßwasserzuflüsse geringer aus als die Verdunstungen durch Sonne und Wind, begannen sich die im Meerwasser enthaltenen Mineralien als Salze zu kristallisieren. Staub, Lavaströme und weitere Plattenverschiebungen ließen die so entstehenden gewaltigen Salzschichten über mehrere teilweise mehrere Hundert Millionen Jahre tief unter der Erde lagern. Vor rund 55 Millionen Jahren kollidierte das heutige Indien mit dem asiatischen Kontinent. Gewaltige Gesteinsverschiebungen ließen das mächtige Himalaja Gebirgsmassiv entstehen. An vielen Orten auf der ganzen Welt liegen heute gewaltige Salzstöcke als sogenannte Steinsalze teilweise tief in der Erde. An manchen Orten wurden die Salzstöcke teilweise durch Grundwasser wieder ausgelöst, es entstanden salzhaltige Quellen.
Die Entwicklung der Menschheit begann vor ein paar Millionen Jahren, wieder war eine Veränderung der klimatischen Bedingungen auf der Erde mit deutlich sinkenden Temperaturen dafür verantwortlich. In den tropischen Regenwäldern Afrikas schrumpfte der Baumbestand der Regenwälder deutlich. Ein Teil der großen Affen verließ den Regenwald und begann, durch die Savannen zu ziehen. Die ersten Frühmenschen entstanden, lernten den aufrechten Gang und entwickelten erste primitive Werkzeuge.
Sie lebten von dem, was sie sammelten und jagten. Vor vermutlich etwa 1,8 Millionen Jahren begann dann die Wanderschaft in andere Regionen. Schnell schaffte es die neue Gattung, dank ihrer Fähigkeit der Weiterentwicklung, sich den neuen Lebensbedingungen anzupassen. Bald besiedelten sie große Teile der Kontinente. Der Mensch wurde sesshaft und begann mit dem Ackerbau und erster Viehzucht. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass der Mensch nun gezielt begann, Salz zu verwenden. Die Vermutung liegt nahe, dass sich der Mensch durch die veränderte Lebensweise mit einer verstärkt pflanzlichen Nahrung instinktiv gezwungen sah, fehlende wertvolle Mineralien aufzunehmen. Solange Fleisch der wichtigste Bestandteil der Nahrung war, wurde er ausreichend mit Salz versorgt. Die nun größtenteils pflanzliche Ernährung führte zu einem Mangel. Wahrscheinlich lernte der Mensch hier von den Tieren, die es seit jeher zu salzhaltigen Quellen zog. Dieses Phänomen kann man selbst heute noch in vielen Teilen unserer Erde beobachten. Tierherden führten den Menschen zu Salzstöcken in Höhlen, wo er dieses Salz mit primitiven Werkzeugen abbaute. Am Meer gelang es den Menschen, durch Verdunstung des Meerwassers Salz zu gewinnen. Die ersten Verdunstungsbecken entstanden und wurden im Laufe vieler Jahrhunderte immer weiterentwickelt und verbessert. In ähnlichen Verfahren gewann man auch Salz aus salzhaltigen Quellen.

Interessanterweise geschah die Salzgewinnung überall auf der Welt, wo der Mensch sesshaft wurde, möglicherweise ohne, dass dieses Wissen untereinander geteilt wurde. Schnell entwickelte sich das Salz zum wichtigsten und begehrtesten Gut, denn Salz konnte nicht nur das Essen schmackhafter und bekömmlicher machen. Fast noch wichtiger: Salz wurde als Konservierungsmittel für Fleisch, Fisch und andere Lebensmittel und sicherte so das Überleben ganzer Völker. Die konservierende Fähigkeit des Salzes war möglicherweise eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt sesshaft werden zu können, denn die Haltbarmachung von Lebensmitteln zwang die Menschen nicht mehr, als Nomaden über das Land zu ziehen. Entsprechend ließen sich die Menschen auch an den damaligen Salzabbaustätten nieder und es entstanden Siedlungen. Erste Wege und Straßen führten von und zu den Salzabbaustätten hin zu den neu entstehenden Tauschmärkten. Der Handel mit dem begehrten und überlebenswichtigen weißen Gold begann, ein Handelssektor von enormer wirtschaftlicher Bedeutung bis hin zum Zahlungsmittel. Neben der Würze und Konservierung bekam das Natursalz im Laufe der Zeit auch einen festen Platz in der alten Naturheilkunde, denn man entdeckte die desinfizierende, regenerierende und heilende Wirkung bei zahlreichen Krankheitsbildern. Haben Sie jemals darüber nachgedacht, warum es uns häufig ans Meer zieht und die Bilder eines blauen Ozeans in uns Sehnsüchte wecken? Möglicherweise möchten wir instinktiv dahin zurück, wo das Leben einst begann. Das Meer wirkt beruhigend, vitalisierend und regenerierend. Genau genommen ist das Meer immer noch ein Teil von uns. Das einstige Urmeer hatte einen Salzgehalt von 0,97 %, exakt dieselbe Salzkonzentration wie in unserem Blut, unseren Tränen und unserem Schweiß. Im Meer haben wir die gleichen Schwingungsmuster und Frequenzen wie in unserem Körper.
Getreu dem Leitsatz „Auf Gold kann man verzichten, nicht aber auf Salz“ sollten diese weißen Körnchen die Welt nachhaltig verändern und in vielerlei Hinsicht verändern und prägen.





Geschichte des Salzabbaus und Salzhandels

Der Salzabbau hat in der menschlichen Historie eine besondere Bedeutung und eine eigene, uralte Geschichte. Diese reicht mindestens bis in die Jungsteinzeit zurück, vermutlich sogar noch weiter. In unserer heutigen Zeit, in der durch die Industrialisierung der Abbau und die Förderung riesiger Salzmengen möglich wurden, ist Salz allgegenwärtig und in Hülle und Fülle vorhanden. Werden heute weltweit jährlich rund 240 bis 250 Millionen Tonnen Salz produziert, sah das bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts noch ganz anders aus. Dass Salz, einst rar und begehrt, einmal ein Synonym für Wohlstand, Reichtum und Macht war, ist heute kaum noch vorstellbar.
Bis zum Beginn der Industrialisierung gab es nur wenige Abbaustätten, das Salz wurde durch harte, körperliche Arbeit mit den wenigen vorhandenen Werkzeugen abgebaut. Salz gab es immer genügend, jedoch war es nicht in allen Teilen unserer Erde einfach verfügbar. Die unterschiedlichen Arten der Salzvorkommen, Meersalz oder Steinsalz, erforderten unterschiedliche Techniken bei der Gewinnung bzw. dem Abbau. Während die Ernte von Meersalzen von jeher durch Verdunstung mithilfe von Wind und Sonne in Verdunstungsbecken stattfand, änderte sich der bergmännische Abbau im Laufe der Jahrtausende grundlegend. Der hohe Stellenwert des Salzes quer durch alle Kulturen trieb die konsequente Weiterentwicklung von Abbautechniken stetig voran, immer bessere Werkzeuge brachten schnell höhere Erträge.
Eine dritte Möglichkeit der Salzgewinnung ist das Salzsieden von in Wasser gelöstem Salz, der Salzsole, durch unterschiedliche Wärmequellen.

Heute kommt der Wissenschaft bei ihren Studien, Forschungen und Auswertungen die konservierende Eigenschaft des Salzes zugute. Zahlreiche Funde in alten Salzstollen wurden durch das Salz vollständig erhalten. Das in den Salzstollen vorherrschende Klima verhindert das Zersetzen organischer Stoffe durch Mikroben, sodass zahlreiche Fundstücke hervorragende Zeitzeugen vergangener Epochen darstellen. Solch glückliche Situationen kennt die Archäologie sonst nur bei Eis- oder Moorfunden.

Zu den ältesten bekanntesten Salzabbauregionen Europas gehört der Ort Hallstadt im oberösterreichischen Salzkammergut. Die Region ist seit Jahrtausenden für ihre reichen Salzvorkommen bekannt. Doch wie kam der Mensch zum Wissen um die Wichtigkeit des Salzes und des Salzabbaus? Vermutlich wurde das Verhalten einheimischer Rot- und Schwarzwild-Arten bereits vor Jahrtausenden von umherziehenden Jägern beobachtet, die immer wieder zu den in der Region vorhandenen salzhaltigen Quellen und Salzadern zogen. Möglicherweise erwiesen sich diese Stellen als ideale Jagdreviere, kamen die Herden doch regelmäßig zu den Salzquellen, um sich instinktiv mit den lebenswichtigen Mineralien zu versorgen. Neugierig geworden, übernahm man die Rituale der Tiere und entdeckte nach und nach die positiven Eigenschaften des Salzes. Um die neuen, wertvollen Funde mit anderen Jägern tauschen zu können, trug man die salzig schmeckenden Steine ab, und nach und nach entstand so der erste Salzhandel in Europa. Alte, zum Salzabbau verwendete Steinäxte sowie ein als Pickel verwendetes Hirschgeweih konnten durch die Archäologie auf ein Alter von bis zu 7.000 Jahren datiert werden. Man darf also gesichert davon ausgehen, dass zu dieser Zeit bereits der erste Salzabbau um Hallstadt stattfand – vermutlich die älteste Salzabbaustätte Europas. Um das Jahr 1.500 v. Chr. begann der Bau erster größerer Schachtanlagen und somit die organisierte bergmännische Salzförderung. Um an das wertvolle Gut zu kommen, bedurfte es größter körperlicher Anstrengungen. Mit Hilfe von Bronzepickeln wurden kleine Salzbrocken aus den Salzstöcken geschlagen, in Lederbeutel gepackt und mühevoll durch enge Stollen nach oben geschafft. Die harte Schufterei schien bereits damals lohnenswert, und die Ausbeute wurde gegen wertvolle Felle, Gegenstände aus Gold, Schmuckstücke aus Bernstein und neue Werkzeuge getauscht. Man geht heute davon aus, dass der Schatz der Alpen über Händler seinen Weg in große Teile Zentraleuropas fand. Über die Jahrhunderte entwickelte sich Hallstadt zu einem regen Wirtschaftszentrum und brachte der Region großen Wohlstand. Neben dem Salzabbau entdeckte man einen neuen Wirtschaftszweig – dank des inzwischen erlangten Wissens über die konservierenden Eigenschaften des Salzes wurden ganze Teile von Schweinen, aber auch Rindern, Schafen und Ziegen in Solebecken gepökelt und dann in die Salzstollen gebracht. Das dort vorherrschende einzigartige Mikroklima erwies sich als perfekt für eine gezielte Vorratswirtschaft und sicherte so die Versorgung der Arbeiter.

Im 6. Jahrhundert v. Chr. begann nach weiteren Salzfunden auch der bergmännische Salzabbau im nur wenige Kilometer entfernten Dürrnberg. Es wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrere Minenschächte angelegt. Interessanterweise gab es in Dürrnberg einen entscheidenden Unterschied zur Mine in Hallein. Die Arbeiter hier verwendeten bereits Werkzeuge aus dem viel härteren Eisen, während man in Hallein immer noch auf Pickel aus Bronze setzte. Zudem hatte sich die Abbautechnik weiterentwickelt, was sich deutlich in den Ertragsmengen widerspiegelte. Das begehrte und wertvolle Salz aus dem Salzkammergut wurde inzwischen über neu entstehende Handelsstraßen in immer weitere Teile Europas gebracht. Die Arbeit in den Minen war nicht ungefährlich, Schachteinstürze oder Wassereinbrüche nach Starkregen brachten den Salzabbau zeitweise zum Erliegen. Trotz aller Rückschläge und Gefahren setzte man den Abbau unbeirrt fort, zu wertvoll war die Ernte, zu lukrativ der Ertrag.
Etwa zur selben Zeit begann auch die Salzförderung im französischen Lothringen, südlich der Mosel, nahe der heutigen Stadt Nancy. In der Region gab es mehrere salzhaltige Quellen. Die klimatischen Bedingungen für eine Salzgewinnung durch natürliche Verdunstung waren nicht gegeben, also musste eine neue Methode her. Die Verwendung großer Siedepfannen war noch nicht bekannt, jedoch wusste man, dass man durch Verwendung von Feuer das Wasser verdunsten lassen konnte. Also wurde gewonnene Sole zuerst konzentriert und dann in Terrakotta-Gefäße gefüllt. Diese wurden anschließend auf Feuerstellen so lange von unten befeuert, bis jegliche Flüssigkeit verdunstet und das Salz komplett kristallisiert war. Die Gefäße wurden vorsichtig zerschlagen, und man konnte Laibe aus purem Natursalz entnehmen. Der enorme Aufwand schien gerechtfertigt, wurde doch das Salz zur damaligen Zeit mit Gold und Edelsteinen aufgewogen. In der Region wurden im Laufe vieler Jahre bei Ausgrabungen Schichten von Terrakottaresten entdeckt, die teilweise mehrere Meter dick waren. Es gilt als gesichert, dass die Gewinnungsmethode, im Fachjargon als „Briquetage de la Seille“ bezeichnet, bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. angewendet wurde, bevor sie dann durch erste Siedepfannen ersetzt wurde.

Auch in anderen Regionen weltweit wurde die Gewinnung von Salz aus Solequellen durch Sieden in Tontöpfen betrieben, wie Ausgrabungen heute zweifelsfrei beweisen. Die ältesten Funde stammen aus China und sind rund 5.000 Jahre alt. Diese Technik wurde rund 2.500 Jahre angewendet, erst danach entwickelte man verbesserte Salzgewinnungsmethoden. Auch auf der japanischen Hauptinsel Honshu, in der Region des heutigen Tokios, wo die Herstellung von Keramik seit mehr als 10.000 Jahren bekannt war, kannte man das Salzsieden bereits vor über 3.500 Jahren. Zu dieser Zeit galt Salz in Japan als Zahlungsmittel und konnte entsprechend für die Beschaffung jeglicher Handelsgüter und Dienstleistungen verwendet werden. In Vietnam wurde die sogenannte Brikettierung ebenfalls bereits vor fast 3.000 Jahren angewendet.
Selbst auf dem amerikanischen Kontinent gibt es Funde, die belegen, dass die Maya-Kultur das Salzkochen kannte. So wurden in der südlichen Yukatan-Wüste sowohl Öfen als auch Gefäße zum Produzieren von Salzlaiben gefunden, die aus dem 7. bis 10. Jahrhundert stammen – also lange bevor die Europäer Amerika entdeckten.
Auch in Deutschland sind mehrere Orte bekannt, an denen Salz mit Hilfe der Briquetage gesiedet wurde. So geschehen im sächsischen Halle um 1.000–300 v. Chr., im heutigen Schwäbisch Hall circa 500–100 v. Chr. sowie in Bad Nauheim, im hessischen Wetteraukreis, von circa 500 bis 100 v. Chr.
Hall ist heute ein Bestandteil vieler Ortsnamen im deutschsprachigen Raum und häufig ein Hinweis auf die Verbundenheit mit dem Salz. Ein Grund dafür könnte das aus dem Germanischen stammende Wort „hal(l)“ sein, was übersetzt Saline bedeutet. Möglicherweise beziehen sich die Namensgebungen auch auf die keltische Bezeichnung „Hall“ für Salz.
Im polnischen Dorf Barycz, zehn Kilometer südöstlich von Krakau gelegen, wurden zahlreiche Salzsiederei Werkzeuge aus der Jungsteinzeit gefunden. Hier gibt es viele salzhaltige Quellen. Als im frühen Mittelalter die Quellen langsam versiegten, wurden erste Salzbrunnen angelegt, um die Sole zu fördern. Dabei stieß man auf große Steinsalzvorkommen, aus der das berühmte Salzbergwerk von Wieliczka entstand. Dank der enormen Erträge aus den Salzminen gründete der polnische König Kasimir der Große 1364 die Krakauer Akademie, die heute als Jagiellonen-Universität bekannt ist. Sie ist nach der 16 Jahre zuvor gegründeten Karls-Universität zu Prag die zweitälteste Universität Europas. Die UNESCO erklärte 1978 das Salzbergwerk sogar zu einem der ersten besonders schützenswerten Weltkulturgüter. 1996 fasste man zwar den Entschluss, die industrielle Salzproduktion in den Minen einzustellen. Jedoch werden die Minen heute als Heilstollen genutzt, zudem entwickelte sich die unterirdische Salz Welt schnell zu einem Besuchermagneten mit jährlich rund zwei Millionen Gästen aus der ganzen Welt.

Auch beim Aufstieg Roms zur Weltmacht spielte Salz eine nicht unbedeutende Rolle. Die Römer hatten starkes Interesse an der Salzgewinnung, denn es galt, die Versorgung der Legionen im gesamten Römischen Reich zu sichern. Dafür war die konservierende Wirkung des Salzes elementar wichtig. Hatten die Legionen genug zu essen, war die Moral der Truppen besser. So konnte auch verhindert werden, dass plündernde Truppen sich den Speisekammern der Bevölkerung besetzter Gebiete bedienten. Das führte dazu, das die Bevölkerung die Besatzertruppen eher akzeptierten. Ein Teil des Gehaltes der Legionen wurde daher mit einer Salzration bezahlt, dem sogenannten Salarium.
Auf Grund der geographischen und klimatischen Gegebenheiten wurde in Italien vor allem die Gewinnung aus Meeressalinen forciert. In flachen, direkt am Meer gelegenen Becken ließ man das Meerwasser verdunsten, bis Salz kristallisierte. Ihr Wissen um die Salzgewinnung brachte die Römer auch in weite Teile des von ihnen besetzten Europas, durch den gesamten Mittelmeerraum bis hin zur portugiesischen Atlantikküste und auf die bretonische Halbinsel Guérande. Bereits vorhandene Meeressalinen wurden durch das Wissen der römischen Besatzer weiterentwickelt oder neue Meeressalinen entstanden.
Im Römischen Reich bestimmten die Adelsfamilien, damals Patrizier genannt, nicht nur das politische Geschehen, sondern auch das gesellschaftliche Leben. Salz galt als wertvolles Gut und durfte bei keinem festlichen Anlass fehlen. Reichlich verzierte Salzgefäße wurden zum Essen gereicht. Fehlte bei feierlichen Banketten die Salzbeigabe, galt dies als Zeichen geringer Wertschätzung und wurde als unfreundlicher, bisweilen sogar feindlicher Akt gewertet.

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