Alpleben - Ein Porträt der Älpler

Alpleben - Ein Porträt der Älpler

Martin Germann


EUR 31,90
EUR 25,99

Format: 18 x 27 cm
Seitenanzahl: 168
ISBN: 978-3-99131-707-4
Erscheinungsdatum: 21.03.2023
Wie kann man sich das Leben und Schaffen auf der Alp vorstellen? Klischeeberuf oder harte Arbeit? In eindrücklichen Bildern gelingt hier ein Einblick aus erster Hand, der die Facetten des Alplebens wunderbar einfängt. Heuduft und Käse kann man beinahe riechen.
Einleitung


Die bewirtschafteten Alpen über dem gesamten, europäischen Alpenbogen sind einer ständigen Veränderung unterworfen. Leider gehören dadurch die Älpler, wie wir sie bis jetzt gekannt haben, zu einer fast aussterbenden „Spezies“.
Da ich selbst auf einem Alpwirtschaftsbetrieb aufgewachsen bin und auch selbst mehrere Sommer als Älpler tätig war, ist dieses Thema nicht zufällig gewählt. Das Alpleben verschwindet in unserer modernen Zivilisation zunehmend, denn auch in der Alpwirtschaft geht es, vielfach auf Druck der Konsumenten, immer mehr um Wirtschaftlichkeit – und die Tradition bleibt auf der Strecke. Auch ist das Alpleben mit Klischees behaftet, viele stellen sich einen Sommer in den Bergen gleichsam wie Ferien vor. Dabei wird gern vergessen, dass das Alpleben nicht nur bei schönem Wetter und an fünf Tagen die Woche bei acht Stunden Arbeit stattfindet. Die Älpler sind in der Regel von fünf Uhr morgens bis 20 oder 20.30 Uhr auf den Beinen – und zwar sieben Tage die Woche bei jeder Witterung. Wenn ein Tier krank ist, kann der Arbeitstag auch mal 20 Stunden dauern. Freitage oder sogar Ferien sind während der Alpzeit kein Thema. Höchstens kommt es vor, dass bei schlechtem Wetter einmal nur das Nötigste erledigt wird.
Neben dem Melken und Stallausmisten gehört auch die Aufsicht über das Wohl der Tiere zu den Aufgaben der Sennen. Die Milch wird heute vielerorts ins Tal gebracht, dies erfolgt aufgrund der Wirtschaftlichkeit oder der fehlenden Zeit, denn viele Älpler müssen tagsüber ohnehin zurück ins Tal, um das Futter für den Winter zu besorgen. Aber zum Glück gibt es immer noch genug Alpen, auf denen die Alpkäserei-Tradition gepflegt wird. Dort werden nicht nur ein paar Käselaibe produziert, sondern qualitativ sehr hochwertige Produkte geschaffen. Diese brauchen Pflege, die wiederum viel Zeit in Anspruch nimmt. Als Fotograf habe ich deshalb versucht, die Käseproduktion so zu dokumentieren, dass die Älpler, die dieses Produkt schaffen, im Mittelpunkt stehen.
Das vorliegende Buch soll das Leben der Älpler würdigen und aufzeigen, was es tatsächlich bedeutet, einen Sommer auf einer Alp zu verbringen, dass es eben nicht nur ein Klischee-Beruf ist, sondern harter Alltag, wie ihn die meisten Leute nicht kennen und sich auch nicht vorstellen können. Den Älplern gebührt großer Respekt, da sie unsere Alpen unter teils sehr schwierigen Bedingungen bewirtschaften und trotz aller Widrigkeiten wertvolle Traditionen pflegen. Leider wird im deutschsprachigen Raum – anders als im englischsprachigen – das Alpleben nicht zur Transhumanz gerechnet, wodurch den hiesigen Älplern wichtige staatliche Hilfen entgehen. Dass die alpine Transhumanz nicht dazu gerechnet wird, begründen die Regierungen der betroffenen Länder (Frankreich, Italien, Schweiz, Deutschland, Österreich und Slowenien) damit, dass die Bauern auf diese Alpweiden nicht angewiesen seien – was allerdings nicht ganz der Wahrheit entspricht. Vielmehr scheint es darum zu gehen, dass die Alpwirtschaft in diesen Ländern nicht zur globalisierten und in die auf absolute Wirtschaftlichkeit getrimmte Welt passt. Hier in Europa werden nur die Viehtriebe in Süditalien und Spanien sowie die Rentierbetriebe in Lappland zur Transhumanz gerechnet. Dieser kleine Exkurs zum Thema Transhumanz soll allerdings nur eine Randnotiz sein und nicht der Kern dieses Buchs.



Vorwort


Die Alpwirtschaft ist unser Aushängeschild für die Berglandschaft, den Tourismus und für gesunde, nachhaltig produzierte Alpprodukte. Alpwirtschaft bedeutet aber auch gelebtes Brauchtum und Kulturgut.
Die Alpwirtschaft mit ihren lokalen Besonderheiten geht auf eine Praxis zurück, die seit dem späten Mittelalter weitgehend belegt ist. Während der warmen Jahreszeit zwischen Mai und September werden Rinder, Schafe, Ziegen und andere Nutztiere auf hoch gelegene Weiden getrieben. Für die Talbetriebe stellt die Alpwirtschaft einen wichtigen Betriebszweig dar. Die Kondition der Tiere wird auf der Alp gestärkt und im Talbetrieb kann das Winterfutter bereitgestellt werden.
Im Zuge der Alpwirtschaft bildeten sich auch zahlreiche Traditionen und Bräuche heraus, wie zum Beispiel festlich aufgemachte Alpauf- und -abzüge mit blumengeschmücktem Vieh, Bergdorfet, Chästeilet, Schafscheid oder dem Betruf. In vielen Elemente des Alplebens spielen Musik und Gesang eine große Rolle. Diese Traditionen und Bräuche werden von Generation zu Generation weitergegeben, dementsprechend werden sie bis heute ge- und von den Leuten, Stadtbewohnern und Gästen gerne miterlebt.
Die Alpwirtschaft übernimmt viele Aufgaben, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen. Die extensiv landwirtschaftlich genutzten Alpweiden tragen zur Erhaltung der Kulturlandschaft bei, dienen der Offenhaltung der Landschaft, der Erhaltung und Förderung der Artenvielfalt und bieten dem Siedlungsgebiet Schutz vor Naturgefahren. Ohne die Pflege der einzigartigen Kulturlandschaft würden die Alpweiden innerhalb kurzer Zeit verwildern und unkontrolliert zuwachsen.
Auch der Tourismus profitiert von der Alpwirtschaft. Die Touristen erhalten Einblick in das Leben der Älpler/innen. Während der Alpsaison werden hochwertige Alpprodukte produziert, welche den qualitativen Erwartungen der Konsument/innen entsprechen. Aus der gewonnenen Milch wird vielerorts auf traditionelle Art Alpkäse hergestellt. Die intakte Natur mit artenreicher Fauna und Flora ist ein idealer Erholungsort.
Die Alpwirtschaft lebt heute in einem Spannungsfeld zwischen der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit und der Anpassung an klimatische Veränderungen. Auch die erneute Präsenz von Großraubtieren (Wolf, Luchs, Bär) stellt eine Herausforderung für die Älpler/innen dar. Das Zusammenleben mit diesen wird in den nächsten Jahren die Alpwirtschaft erschweren. Eine weitere Herausforderung wird es sein, genügend Tiere für die Sömmerung zu finden, um einer Verbuschung der Alpweiden entgegenzuwirken. Die Zusammenarbeit zwischen Tourismus-, Kultur- und Landwirtschaftsorganisationen muss gestärkt werden.

Tanja Aellig, Geschäftsführerin Alpwirtschaft Bern



Unsere Alpen im Porträt


Grundsätzlich geschieht auf jeder Alp in ganz Europa dasselbe, vom Alpaufzug über den Tagesablauf der Sömmerer bis hin zum Alpabzug. Und doch gibt es große Unterschiede – insbesondere was die Lage der Alpen betrifft. Je nach Hanglage, Seehöhe und klimatischen Bedingungen ändert sich auch die Menge und Beschaffenheit des vorhandenen Futters für die Tiere.
Viele der bewirtschafteten Alpen im gesamten Alpenraum Europas werden mittlerweile auch als Erholungsgebiete für die Städter genutzt – sei es fürs Skifahren im Winter oder zum Wandern und Mountainbiken im Sommer. Der Tourismus ist Fluch und Segen zugleich: Zum einen schafft er Arbeitsplätze für die Bergbauern im Winter, beispielsweise als Bergbahnangestellte oder Skilehrer. Zum anderen belastet er die Alpen aber auch, etwa durch die sich verändernde Vegetation oder – was viel schwerer wiegt – durch den Abfall, den die Touristen überall liegen lassen. Ein Umdenken der Gäste, die zunehmend die Alpen in Beschlag nehmen, wäre durchaus wünschenswert. Viele Bergbahnbetriebe versuchen seit ein paar Jahren stetig, das Sommergeschäft zu fördern, was einerseits verständlich ist. Andererseits aber führt dies wiederum zu mehr Reibereien mit den Älplern, da den Gästen oft das Verständnis fehlt, dass auch einmal ein Zaun den Weg quert oder dass sie nicht auf jedem Quadratmeter der Alp erwünscht sind. Zudem wird dadurch das Abfallproblem verschärft und kann zur Gefahr für die weidenden Tiere werden.
Von den vier in diesem Buch vorgestellten Alpen ist einzig die Alp Chratzchumi kaum vom Tourismus betroffen. Die Bonderalp und die Alp Seeberg sind im Winter vor allem bei Schneeschuhläufern und Skitouren-Fahrern beliebt und im Sommer bei Wanderern und Mountainbikern. Die Engstligenalp ist die einzige der vier Alpen, die ganzjährig mit einer Bergbahn und Skiliften erschlossen ist. Die riesige Schwemmebene ist aber auch sehr sehenswert, sowohl im Winter als auch im Sommer. Doch ganz gleich, ob sie so bekannt sind wie die Engstligenalp oder eher versteckt liegen: Auf unseren bewirtschafteten Alpen entsteht jeden Sommer ein Produkt mit Weltruf. Der Alpkäse ist sowohl in der Schweiz als auch in Frankreich, Italien, Österreich oder Deutschland ein hochstehendes Qualitätsprodukt und wird in diesem Buch mit einem eigenen Kapitel bedacht. Natürlich hat der Käse von Alp zu Alp einen leicht anderen Geschmack. Dies hängt, wie schon eingangs erwähnt, mit den verschiedenen Gras- und Kräutersorten zusammen. Dadurch entsteht aber gleichzeitig eine riesige Vielfalt an Geschmacksrichtungen und Sorten. Doch auch qualitativ hochstehende Fleischprodukte gewinnen an Bedeutung und werden zunehmend mit dem Käse von den Älplern direkt vermarktet – zum Beispiel in den „Hoflädeli“, die stets einen Besuch wert sind.
In letzter Zeit ist die Bewirtschaftung der Alpen mit Wiederkäuern allerdings beim einen oder anderen Klimaschützer wegen des Methan-Ausstoßes der Tierein die Kritik geraten. Da ich kein Spezialist bin, kann ich mich dazu nicht im Detail äußern. Allerdings ist im Jahre 2020 eine Studie zu diesem Thema von Dr., Dipl.-Ing. agr. ETH Anet Spengler Neff veröffentlicht worden. Spengler hebt darin gerade den Nutzen der Viehwirtschaft für Gesellschaft und Umwelt hervor. Auch die Internationale Alpenschutzkommission CIPRA hat sich schon europaweit mit dieser Thematik befasst.



Engstligenalp


Wenn man sich die Chronik von Adelboden anschaut, findet man erst spät erste Einträge zum Thema Alpwirtschaft. Interessant ist jedoch, dass die Engstligenalp und auch die Bonderalp noch vor dem Dorf und der Gemeinde Adelboden erwähnt werden.
Die ersten Schriftstücke über die Engstligenalp stammen aus dem Jahre 1232, als der Ritter Werner von Kien gegen 30 Mauriciensermünzen dem Bischof Landri von Sitten zwei Alpen auf „ewige Zeiten“ abtrat (die zweite Alp könnte die Spittelmatte auf dem Weg von Kandersteg zum Gemmipass gewesen sein).

Dagegen wird Adelboden erst ums Jahr 1429 erwähnt. Jakob Klegk mit seiner Frau Anna, die vor dem Rat zu Bern Chuno Eggsen „us dem Walde“ (Adelboden) wegen eines Erbverkaufs angeklagt. Der Name Adelboden hingegen wird erstmals mit der Einweihung der neuen Kirche am 31. März 1433 erwähnt. „Von einer nüwen Kilchen in dem Adelboden“ war da die Rede.
In der langen Geschichte der Engstligenalp tat sich viel. Da gehörten unter anderem auch der Dürrenwald und das Laueli zu dieser Alp, sowie bis heute noch „Untermwald“: Untermwald ist heute als Unter dem Birg bekannt. Auch was die Kuhrechte anbelangt geschah viel. Anfänglich wurde nach der Alpstatistik des Kanton Bern von 1891- 1902 von 540 Kuhrechten gesprochen, nach dem Seybuch gar von 545 Kuhrechten. Im Jahre 1937 wurde die Alp schliesslich auf 340 1/2 Kuhrechte festgelegt (Geseyet). Nach der Alpstatistik von 1891–1902 war die Fläche der Engstligenalp 1.123 ha, ob da das Laueli und der Dürrenwald noch mitgerechnet wurden, kann ich noch nicht genau sagen, aber ich gehe aufgrund der Fläche von mehr als 11 km² davon aus, dass die beiden Alpen mitgerechnet sind.

Die Weidefläche wird von Erich Wäfler, Alpsenn auf der Engstligenalp mit 728 ha angegeben. An Engstligen ist ein Kuhrecht auf sechs Geißen festgelegt. Anfänglich war von vier Hütten (Alphütte = Stafel) die Rede, aus jüngerer Zeit allerdings nur noch von einer Hütte beim Guggihubel. Diese Hütte ist heute im Besitz von Abraham und Fritz Aellig und wird zurzeit als Globistall von der Bergbahn genutzt. Erst ab 1894 wurden weitere Hütten gebaut. Heute stehen dort 13 Hütten, von denen zwei als Doppelhütten gebaut wurden. Zwei dieser Stäfel werden heute nur noch zum Stallen genutzt (Chumi und Hinterengstligen [Ärtelen]). Hinzu kommen noch vier Schatthütten: die oben erwähnte beim Guggihubel von Aelligs, eine am Ammertenchumi, eine am Ärtelengrat sowie eine weitere unterhalb des Engstliggrates.
Heute wird die Engstligenalp mit rund 500 Tieren bestoßen, zwischen 180 und 190 von ihnen sind Milchkühe, bei den übrigen handelt es sich um Rinder, Kälber, Ziegen, Esel und Schweine. Die Sömmerungszeit beträgt normalerweise elf Wochen inklusive der Tage im „Unter dem Birg“. Eine Besonderheit der Engstligenalp besteht darin, dass die Tiere nicht über Nacht auf der Weide sind, sondern nur tagsüber. Dies hängt mit der Höhe der Alp und der Nähe zum Strubel-Gletscher zusammen. Über Nacht wäre es sogar für die an Kälte eigentlich gewöhnten Tiere zu kalt.
Die Engstligenalp ist touristisch mit einer Bahn erschlossen. Im Winter ist ein Skigebiet mit drei Schleppliften und einem Kinderland vorhanden. Außerdem gibt es zwei Berghotels auf dem Hochplateau.



Familie Wäfler


Erich mit Jahrgang 1956 verbrachte schon als Kind seine Sommer auf der Engstligenalp. Seit 1978 wirtschaftet er dort als selbstständiger Senn, im Jahre 1980 kam seine Frau Ursula dazu. Die Tochter Monika ist seit 2009 als Sennerin auf der Engstligenalp tätig und für die Käseproduktion zuständig.
Wäflers hatten im Sommer 2020 17 Kühe, 7 Kälber, 3 Zwergziegen, 2 Esel, 4 Schweine und 3 Enten zu versorgen.
1 Sterne
alpleben  - 29.03.2023
schranz ursula

wäfler erich 1956 seine frau heisst barbara und nicht ursula !!!

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