Isabel mit Krebs

Isabel mit Krebs

Ein steiniger Weg

Isabel Mirjam Steinhauser


EUR 17,90
EUR 14,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 210
ISBN: 978-3-99131-885-9
Erscheinungsdatum: 20.02.2023
Leben mit Krebs – im Herbst 2021 erhält Isabel die Diagnose, die ihr Leben verändert. Sie lässt Isabel einen prüfenden Blick auf ihr Leben werfen, und sie erkennt: Ihr ganzes Leben lang hat sie andere vor sich gestellt. Nun will sie sich endlich selbst finden.

Es ist der 11. Mai 2022, mein 55. Geburtstag. Schnapszahl reiht sich an Schnapszahl. Heute steht eine schwierige Entscheidung an, mit der ich bereits seit Tagen kämpfe und hadere. Mein Kopf will einen anderen Weg einschlagen als mein Herz. Das Dilemma ist omnipräsent. Heute muss die Entscheidung, vermutlich eine der schwersten in meinem Leben, her, diese Deadline habe ich mir gesetzt. Deadline … darf ich das Wort überhaupt in den Mund nehmen? Ja, definitiv ja, aber lass mich ein gutes halbes Jahr zurückblättern …




„Ich habe leider keine guten Nachrichten für Sie … wir haben einen Tumor gefunden. Sie haben Darmkrebs!“

Es war ja ein Tag, wie jeder andere. Mir ging es weder schlechter noch besser als seit vielen Jahren, in denen ich mit Darmkrämpfen, x Darmspiegelungen und einer Blutarmut gelebt habe.
Die Vorbereitung auf die Darmspiegelung, dieses fürchterliche Salz in mich zu zwingen, war schrecklich. Aber ich war froh, es bald hinter mir zu haben, zuhause wartete Leo, unsere Bulldogge, und ein feiner Porridge auf mich!
Ich wurde von meiner Ärztin auf den Routineeingriff vorbereitet und in einen sanften Tiefschlaf katapultiert, aus dem ich eine halbe Stunde später aufwachen würde … Das geschah auch genau so, jedoch war das nachfolgende Gespräch so ganz anders als erwartet. Ich wurde ins Büro der Ärztin geführt und sie erklärte mir unverschnörkelt, dass ich Darmkrebs hätte. Als ich diese Diagnose hörte, fühlte ich gar nichts, ausser, dass ich meinen Eltern keinen Kummer machen möchte. Der Zeitpunkt war gerade denkbar ungünstig. Mein Vater lag im Spital und kämpfte um sein Leben. Wir, meine Eltern, mein Bruder mit Familie und ich mit Familie sind alle aufeinander angewiesen, unterstützen und ergänzen uns. Ich kann da nicht aus der Reihe tanzen … Mir kamen die Tränen, als ich der Ärztin erklärte, dass meine Eltern diese Nachricht mehr schocken würde als mich. Völlig desorientiert wartete ich vor der Praxis auf das Auto des Roten Kreuzes, das mich heimbringen sollte und besprach währenddessen den Anrufbeantworter meines liebsten Hampi, mit dem ich seit 2009 verheiratet bin. Der Wagen kam um die Ecke und obwohl der Mann bestimmt nur nett sein wollte, konnte ich sein Geplapper nicht ertragen. Ich erklärte ihm, dass ich nicht sprechen möchte, weil ich gerade die Krebsdiagnose erhalten hätte.
„Ou, das ist aber blöd“ war sein Kommentar und er plapperte weiter über Belanglosigkeiten und Corona. Das fand ich sehr rücksichtslos, aber ich sagte natürlich nichts, sondern verkrampfte mich innerlich einfach, so wie immer, wenn ich reagieren müsste und um des Friedens willen den Mund halte! Zuhause telefonierte ich mit Medgate, dem Telefondienst meiner Krankenkasse, weil ich nicht wusste, wo ich mich zuerst hinwenden sollte. Mein Hausarzt war besetzt. Ich konnte mit einem sehr einfühlsamen Arzt sprechen, der mir erklärte, wie das weitere Vorgehen aussehen würde oder könnte. Erst nach einer guten halben Stunde konnte ich mit meinem Mami sprechen und es war ein Schock. Mein Herz brach in dem Moment, als ihre Stimme brach. Der Schmerz, die Verzweiflung, die durch das Telefon zu mir drangen, tat mir 100-mal mehr weh als die Diagnose selber. Meine Liebsten leiden zu sehen, das kann ich nicht. Nach dem Telefonat schrieb ich meinem Bruder, dass er zu unserem Mami gehen möge. Er ist ein grosser, starker Mann und seine Umarmung tröstet wirklich. Dennoch kann sie die Angst nicht wegwischen. Danach legte ich mich hin, bereit, auszuruhen und mich zu sammeln, jedoch hat Hampi in dieser Zwischenzeit meine Nachricht erhalten und sich sofort auf den Heimweg aufgemacht. Der Schreck, der Schock, die Hilflosigkeit sitzen tief. Dennoch scheint die Welt keinen Deut anders zu sein als noch am Morgen, als keine Diagnose, kein medizinischer Ausdruck (Colonkarzinom) genau diese Welt der lieben Gewohnheit aus den Angeln gehoben hatte.
Als Hampi zuhause war, besprachen wir die surreale Situation, die plötzliche Veränderung bei einem Glas Wein, obwohl ich daran dachte, dass der Krebs gewisse Lebensmittel absolut nicht mag und ich künftig eigentlich nur noch diese essen sollte … Danach legte sich Hampi hin, schlief eine Weile und ich machte einen Spaziergang mit Leo, tankte frische Luft und fühlte mich frei, so frei!
Dieses Gefühl von Freiheit mag irritieren, aber ich spüre, was es in mir auslöst. Ich „muss“ gerade gar nichts anderes als für mich da sein, für mich Entscheidungen treffen … Ich lasse mich nicht auf Horrorvisionen ein, lasse die Gedanken weiterziehen, die aufkommen und mir von Geschichten von anderen Krebskranken, die ich gekannt habe, erlebt habe, die vom Krebs aufgefressen wurden, erzählen … Ich will keine Gedanken hegen, die mich kränker machen, als ich es bin. Meine beste Erkenntnis auf diesem Spaziergang war, dass ich nichts muss, ich muss nicht einmal gesund werden. Ich kann, ich darf, aber ich muss nicht, denn das verursacht nur Stress … Es kommt mir vor, als wäre dieser 19. November der Tag 0. Jetzt fängt ein neues Leben an, jetzt wird alles anders!


Tag 1

Mitten in der Nacht erwachte ich und es dauerte ein paar Sekunden bis ich dachte: „Ui, ich habe ja jetzt Krebs.“ Ich spüre noch nichts anderes als vor Tag 0 … Ich konnte nicht mehr einschlafen und überlegte mir, dass ich schon über Jahre immer sagte: Wenn mich mal eine schwere Krankheit treffen sollte, dann will ich mit Rüdiger Dahlke zusammenarbeiten. Ich lud also nachts um 3 Uhr sein Hörbuch über Krebs herunter und bin dem Internet enorm dankbar, dass dies möglich ist! Ich lauschte der Stimme von Rüdiger Dahlke und als er die Fragen in den Raum stellte, ob ich denn je über mich hinausgewachsen sei und dass dies mein Krebs nun für mich mache, da wurde ich schon sehr nachdenklich. Es war immer mein Credo, für alle da sein zu wollen. Ich sagte stets: Wenn du jemanden brauchst, ist nie jemand da. Der Arzt hat Ruhetag, es ist Sonntag oder Nacht. Ich möchte immer für meine Klienten da sein. Ich bin Tierheilpraktikerin und seit 1998 mit meiner rollenden Praxis unterwegs. Das war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich zwar merkte, wie mich das Thema auffrass und dennoch wollte ich stur daran festhalten, es war ja meine Überzeugung. Hätte ich diese mal geworkt. Ich habe 2017 die Ausbildung als Coach von The Work of Byron Katie abgeschlossen. Wie the Work angewendet wird, ist recht einfach, deshalb entspricht es mir sehr, aber es geht tief, es ist ein meditativer Prozess, 4 Fragen zu beantworten. Es ist gar nicht leicht, das so schnell zu erklären: Nimm eine vergangene oder gegenwärtige Situation, die dich aufregt, aufwühlt, betrifft. Schreib in Form einer Feststellung auf, was dich ärgert. Z.B. Dieser rücksichtslose Autofahrer hat mir die Vorfahrt genommen. Nun kommen die 4 Fragen: 1. ist das wahr? 2. Kann ich wirklich wissen, dass es wahr ist? 3. Wie reagiere ich, wenn ich diesen Gedanken denke? 4. Wer wäre ich, wie ginge es mir, wenn ich diesen Gedanken nicht hätte? Ja, das ist «the Work» und mehr darüber findet sich im Internet.
Ich war seit Langem ausgelaugt und es wurde mir einfach zu viel, immer präsent zu sein, nicht für mich und meine Bedürfnisse, sondern für diejenigen, die meine Präsenz nutzten, egal ob am Abend, Sonntag oder in den Ferien. Ich mache niemandem einen Vorwurf, denn das ist ganz allein meine Verantwortung! Ich habe mich selber immer kleiner gemacht, immer weniger Raum eingenommen und dafür meinen Klienten und meinen Liebsten allen Raum gelassen … Und nun zeigt mir mein Krebs, dass er sich ausdehnen kann, so, wie ich es mir nehmen sollte, er zeigt mir, wie man das macht, wie man sich Aufmerksamkeit verschafft! Er ist Egoist genug!
Es soll nicht abgedroschen tönen, denn ich meine, was ich schreibe, aus tiefem Herzen und es ist heute Tag 1. Ich weiss nicht, wie lange dieser Abenteuergeist in mir wirksam ist. Jetzt aber nehme ich ihn an, gern sogar! Er soll wirken! Er soll mich beflügeln. Heute denke ich: Auf mich wartet ein grosses Abenteuer. Endlich geht es mal um mich und das Leben nimmt eine Wendung. Alles, das so vor sich hindümpelte, alles Eingefahrene wird mit einem Mal völlig verändert …
Als wir am Nachmittag bei meinem Vater im Spital sassen, vergass ich für längere Momente völlig, dass etwas anders ist, dass es um mich gehen sollte. Mein Paps liegt da, hat Schmerzen, kann schlecht atmen und schaut wie ein gehetztes Tier. Es bricht einem das Herz, ihn so zu sehen! Ist das, was auf uns wartet? Ist das der Weg des Körpers, bis er loslassen kann? Es ist schrecklich und ich bin enorm dankbar, dass ich meine Mitgliedschaft bei EXIT habe!


Tag 2

Durchgeschlafen! Seit langer Zeit! Ich stand erst um 7 Uhr auf und es fühlt sich an wie Ferien. Ein Hochgefühl bemächtigte sich meiner und ich spazierte mit Leo zur COOP-Tankstelle, um Gipfeli zu holen. Heute ist ein Tag nur für uns, dachte ich … Aber Hektik kam auf, warum auch immer … Ich wollte einiges an Bürokratie erledigen, wollte ein Telefonat machen und kam nicht durch … Alltägliches, das einen Tag verzerren kann … Danach fühlte ich mich sehr müde, hatte Kopfweh und Schmerzen im Bauch. Ich frage mich, ob das von der Untersuchung kommt. Es schmerzt mich alles, ich bin gebläht und ich denke, es ist gut, wenn das „Rösslispiel“ beginnt … Mein Papi ist in einer schlimmen Verfassung. Heute wird der Darm entleert, weil der Arme so starke Schmerzen und einen ganz aufgeblasenen Bauch hat. Eventuell wird sogar operiert. Es ist schrecklich, dem zuzusehen. Und wo blieb ich heute? Irgendwie auf der Strecke. Ich bin k. o., als hätte ich einen Tag durchgearbeitet, dabei ist Sonntag!


Tag 3

Heute warte ich sehnlich auf meine Termine, auf einen Anruf, darauf, dass es für MICH losgehen darf. Ich möchte für mich sein, bei mir sein, heute mal nicht für andere rumrennen, aber es wird schwierig, weil ich eben nicht allein bin. Wir sind ja alle miteinander verbunden und dadurch auch in gewisse Aufgaben eingebunden. Mir graut es vor den vielen Nachrichten, die ich beantworten will und gar nicht muss … das Leid aus den Augen der anderen zu sehen. Ich muss jedoch nicht mit ihnen leiden, sie auch nicht retten, ich darf aber mit ihnen fühlen, weil jeder nun seinen eigenen Prozess durchmacht!
Als ich beim Zahnarzt im Wartezimmer sass, las ich die Nachricht von meiner lieben „Channelfrau“. Ich kenne sie schon lange und wenn ich Fragen an die geistige Welt habe, wende ich mich an sie. Nun war sie gerade selber erkrankt, leidete an Corona und sie schrieb, dass sie mir keine Nachricht aus der geistigen Welt übermitteln könne … Das traf mich so, als hätte mich der Himmel fallen lassen, als stünde ich allein da. Ich habe ihre Nachricht so verstanden, als gäbe es aus der geistigen Welt keine Antwort, als wollten sie nicht. Erstmals seit der Diagnose musste ich weinen, ausgerechnet beim Zahnarzt. Nun denn, es gibt Schlimmeres. Ich fühle mich plötzlich so müde und kraftlos. Ich hätte gerne etwas Mut zugesprochen bekommen, die Idee von „du schaffst das“, den Weg, meine ich. Ich habe mir überlegt, dass ich nichts, aber auch gar nichts zu verlieren habe, nicht einmal das Leben, denn dieses habe ich ja gelebt. Das ist so erleichternd! Alles ist gut, wenn man daran denkt, dass heute heute ist, dass der Augenblick zählt und nur der Moment …Nach dem Mittagessen kamen zwei Telefonate rein und es war cool, sie nicht abnehmen zu müssen. Das freute mich so. Dass es im Moment nur um mich geht, das zeigt sich gerade gar nicht. Ich würde mich gerne zurückziehen und einfach mal für mich sein, aber das scheint nicht möglich zu sein. Der Alltag ist tatsächlich das, was einen am Leben am meisten schlaucht! Am Nachmittag holte ich Mami ab und wir fuhren ins Spital. Wir wären ohne Notlüge nicht einmal auf den Parkplatz gekommen! Zu sehen, wie die alten Menschen an Rollatoren, an Krücken, in Rollstühlen in langen Schlangen vor dem Impfzelt auf den Booster warten, war so schlimm für mich … Wo sind wir da reingeraten – in was für einer Welt, was für einer Zeit leben wir? Will ich da überhaupt weitermachen?
Als ich am Krankenbett meines Papi stand, wurde mein Herz wieder weit und leicht aus Liebe, obwohl er so krank und schwach aussah. Er lag im Bett mit Sauerstoff und Infusionen, mit Katheter und es ist einfach schrecklich, ihn so zu sehen. Wirklich fürchterlich! Wir konnten jedoch ein paar Themen austauschen, die mich natürlich brennend interessieren. Ob er sich bewusst ist, dass er die Entscheidung in Händen hält, um loszulassen? Ja, wir glauben, dass er aufräumt, sich viele Gedanken macht zwischen den Ängsten und den Schmerzen. DAS sollte doch niemand mitmachen müssen, oder? Für mich ist die Frage betreffend EXIT so klar wie niemals zuvor. Auch das ist eine Entscheidung, MEINE und die ist richtig. Er schenkte mir ein Taschentuch, das von seinem Grossvater stamme … Ich weinte, es war ein so berührendes Geschenk. Es ist so viel Liebe da!


Tag 4

Ich geniesse gerade den Modus „wie Ferien“ extrem. Heute früh konnte ich für zwei Klienten arbeiten, eine dritte Anfrage war zu viel. Ich spürte, dass es mir zu viel wird, die Auseinandersetzung mit einem neuen „Fall“. Ich will jetzt mein Abenteuer erleben und konzentriere mich auf dieses Gefühl, das ich hatte, als wir in Peru waren, hoch über dem Titicacasee, und ich mich fühlte, als wäre ich nie kraftvoller gewesen. Das war wunderbar und ich spürte, dass ich Abenteuer erleben will, keine graue Suppe, in der ich dümple. Das ist mir so klar geworden! Ich meditiere viel mit den Ideen von Rüdiger Dahlke. Er ist mir diesbezüglich ein langjähriger Begleiter. Ich liebe seine Meditationen, sie machen mir klar, was da abgelaufen ist und weshalb sich hier eine Zelle entschieden hat, aus der Reihe zu tanzen und nun versucht, alles Terrain einzunehmen.
Ich habe mich immer kleiner gemacht, immer weniger Raum eingenommen … Mal schauen, wie es weitergeht. Ich bin gespannt, neugierig und so dankbar, innerlich so voller Freude, dass es mal um mich geht. Ich habe gar nichts zu verlieren, weshalb ich auch keine Angst habe. Ich bin einfach nur neugierig und happy, dass ich noch ein Abenteuer bestreiten darf. Ich spüre, wie eintönig und lasch mein Leben geworden ist … und ich fand es gut so … Plötzlich regen sich andere Kräfte. Das tägliche Einerlei, dieses Dahinwabern auf einer mittelmässigen Linie hat mir nie entsprochen und doch habe ich mich da hineingezwungen, um des lieben Friedens willen, aus Angst vor Ablehnung, vor Kritik, vor „Nichtgefallen“. Ich wollte Hampi gefallen, wollte wichtig und richtig für ihn sein, ich habe mir hier eine rechte Zwangsjacke angezogen, ohne mir dessen bewusst zu sein, ohne dass Hampi mich dazu gedrängt hätte. Nein, ICH bin meinem Muster gefolgt und habe mich dabei ins „Aus“ manövriert. Für meine Eltern würde ich einfach alles tun und so oft habe ich gedacht, wie schön es wäre, sich auf der Welt ausbreiten, ausdehnen zu können, auszuwandern und dass es nicht möglich sei, wegen meiner lieben Eltern und weil ich einfach nah bei ihnen sein will … Meine Eltern haben niemals erwähnt, dass sie nicht möchten, dass ich auswandere oder was auch immer. Das waren meine Ideen, meine Überzeugung, um zu gefallen. Meine Praxis, wo ich für alle da sein wollte, immer, rund um die Uhr und mich damit stresste, die Welt gesund machen zu wollen, sollen … Es tönt überheblich, wenn ich das so lese, denn was glaube ich eigentlich? Gott zu sein? Nein, ich habe einfach alle Verantwortung übernommen, ob sie gefragt wurde oder nicht.
In der Zwischenzeit war ich auf einem Spaziergang mit Gabrielle, meiner besten Freundin. Ich merke, dass ich gerade nicht so offen bin für die Probleme der Welt. Es ist DAS, was mich krank machte, und jetzt muss ich dem Einhalt gebieten, zumindest für den Moment, mir MEINEN Raum nehmen, um nicht Opfer zu sein. Während des Spaziergangs kam das Telefon, dass ich um 12 Uhr zum CT kommen müsse, nüchtern. Um einmal mehr nichts essen! Also, gehen wir das nun an und ich bin gespannt, was herauskommt. Ich habe Angst, das muss ich sagen, denn irgendwie würde es mich sehr überfordern, wenn doppelt und dreifach schlechte Nachrichten da wären. Ich fürchte in meinem angeborenen Pessimismus, dass es so sein wird. Es könnte aber auch sein, dass ich fliegen kann. What if I fall? But what if I fly? Ich will und werde fliegen, ein weiteres Mal. Ich bin schon einmal geflogen! Ich hatte in meinem Leben viele wichtige Entscheidungen zu treffen und ich habe sie immer für mich entschieden, vor allem früher. Wo ich plötzlich nachgelassen habe, mich untergeordnet habe, mich unterbuttern liess, ist effektiv in den Beziehungen, die mich als Erstes unter dem Deckmäntelchen des religiösen Glaubens in eine „richtige“ Richtung bringen wollten! Was ging da schief? Ich habe mich um der Liebe willen in eine Ecke zurückgezogen, die immer kleiner wurde. Um welcher Liebe willen? Um die Liebe, die nur existiert, wenn ich funktioniere? So, wie es mir das Leben in manchen Situationen offensichtlich und schmerzlich zeigte? Ja, vor lauter Angst, nicht mehr zu gefallen, habe ich mich völlig aufgegeben. Ich will das nicht mehr. Ich will auch mal NICHT gefallen, unbequem sein. Gerade hadere ich mit meiner Mutter, also nicht offiziell, sondern innerlich. Es ist so viel mit Papi und die Köpfe rauchen und es ist eine schwere Zeit. Jeder sagt, dass ich für mich schauen muss, aber ich scheine für alle weiterhin funktionieren zu sollen, einfach so! Es ist selbstverständlich, die Besuche im Spital, die Telefonate hier und da … Ich will mich da raus wickeln, mich entwickeln! Aber das geht Schritt für Schritt … und vor allem geht es nicht darum, darauf zu hoffen, dass andere mich schonen, sondern dass ich sage: Sorry, das ist mir jetzt zu viel.
Das CT war eine kurze Angelegenheit und ziemlich unspektakulär. Dennoch ist jetzt der Moment, der alles Weitere bestimmt. Ich war so niedergeschlagen und mutlos, so ausser mir und fand nicht zurück. Ich war wütend auf Hampi und beschuldigte mich selber … Ich wäre gerne zum Vielfrass geworden, aber Fressen ist jetzt definitiv nicht mehr das, was helfen, ablenken, beschönigen kann. Ich habe Angst davor, erneut zu versagen, dieses Ding nicht zu schaffen, dass ich mich unterkriegen lasse, sodass es heissen könnte, ich sei selber schuld. Hätte, hätte, Fahrradkette! Das bringt also gar nichts, diese Gedanken kann ich locker weiterziehen lassen. Ich muss irgendwas Gutes tun, denken, viel mehr meditieren … Ich mache nicht genug … Ich bin lasch. So wird das nie was … Auch diese Gedanken sind ständig da und sollten weiterziehen dürfen. Sie bringen gar nix. Da steck ich manchmal fest. Das Muster von der „Macherin“ ist stark!

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