Ich will glücklich sein!

Ich will glücklich sein!

10 Regeln für die wichtigste Reise zu einem glücklichen Leben

Stephan Oberacher


EUR 24,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 92
ISBN: 978-3-99130-302-2
Erscheinungsdatum: 11.10.2023
Glücklich zu werden ist einfacher, als Sie denken. Was es dazu braucht, erzählt dieses Buch in erlebnisreicher, leicht verständlicher Weise. Eine Lebensphilosophie, die im Alltag jedes Menschen integriert und erfolgreich gelebt werden kann – für Ihr Glück!
Kapitel 1

Der Hamster im Laufrad


Wie jeden Morgen weckte ihn sein Handy und holte ihn aus dem Tiefschlaf. Zum Glück hatte es einen Später-Button, der ihm nochmals 10 Minuten im Bett gönnte. Doch diese 10 Minuten vergingen immer wie im Flug. Er dachte an die vielen Dinge, die ihn heute schon wieder erwarteten. Sein Job ging ihm schon die längste Zeit auf die Nerven und eigentlich hatte er gar keine Lust, ins Büro zu gehen. Doch er musste. Und wie so oft hatte er auch heute wieder einen Termin um 9 Uhr und musste jetzt endlich aufstehen. Er schleppte sich ins Bad, sah seine Augenringe, schaute sich skeptisch im Spiegel an, strich sich über die kurzen Haare und stellte fest, dass die lichten Stellen inzwischen immer lichter wurden. Ja, auch er wurde nicht jünger, obwohl er sich eigentlich noch jung fühlte. War er doch früher der Super-Sportler gewesen, doch die Zeiten hatten sich geändert. Sein Job vereinnahmte ihn zu sehr, die Zeit war zu knapp, um viel Sport zu treiben. Und am Wochenende war meist das Wetter schlecht. Im Fitness-Studio war er seit 2 Jahren und er hatte sich schon oft vorgenommen, regelmäßig drei Mal pro Woche zu trainieren. Er war stolz auf sich, wenn er es schaffte, aber allzu oft kamen Kundentermine und Geschäftsessen dazwischen. Am meisten nervten ihn jedoch Meetings im Büro, die sich im Kreis drehten und nicht enden wollten. Wenn dann um 9 Uhr abends entschieden wurde, das Thema auf den nächsten Tag um 9 Uhr morgens zu vertagen, hatte er auch keine Lust mehr, im Fitness-Studio Hanteln zu stemmen. Dann fuhr er wieder nach Hause, kochte Nudeln und machte sich eine Flasche Wein auf, legte eine seiner alten Platten auf und stellte fest, dass er wieder einen anstrengenden Tag hinter sich hatte. Er kam sich oft wie ein Kaninchen im Laufrad vor. Und das Schlimmste daran war, dass er inzwischen festgestellt hatte, dass auch ein Erhöhen der eigenen Geschwindigkeit nichts an seiner Situation änderte. Das Laufrad drehte sich nur schneller, aber raus kam er dadurch nicht. Wie oft hatte er versucht, Dinge in seinem Leben zu ändern, wie oft wollte er seinen Job wechseln, aber er hatte es nie gemacht. Er wollte konsequent sein und war davon überzeugt, dass man die Dinge, die man im Leben anfängt, auch zu Ende machen sollte.
Als die Flasche Weißwein leer war, legte er eine neue Platte auf. The Smith waren früher in England eine Kultband. Er kaufte sich seine erste Smith-Platte, als er 18 Jahre alt war und hörte sie immer noch. Morrissey sang: „Heaven knows, I’m miserable now.“ Mit einem gewissen Maß an Melancholie und einer großen Portion Sehnsucht dachte er an die guten alten Zeiten. Doch auch damals war nicht alles so einfach. Auch damals hatte er verschiedenste Probleme und Schwierigkeiten. Vielleicht hatte er einfach die negativen Erinnerungen verdrängt, vergessen und heute nur noch die schönen Dinge im Kopf. Vielleicht waren auch damals die vielen Sorgen gar nicht wirklich wesentlich gewesen. Vielleicht hatte er sich völlig umsonst über dieses und jenes Gedanken gemacht. Und am Ende hatte es sich als eine positive Entwicklung herausgestellt. Er machte eine zweite Flasche Wein auf, schließlich war es noch nicht so spät und er dachte, er könne ja nicht nur arbeiten. Eigentlich konnte er ganz zufrieden sein mit seinem Leben. Er war erfolgreich, verdiente gutes Geld. Was wollte er mehr? Auf dem Nachhauseweg hatte er im Autoradio gehört, dass 70 % der Deutschen den Sinn des Lebens darin sehen, glücklich zu sein. Aber nur 7 % bezeichnen sich als „glücklich“. Deutschland liege, was den Glücksindex angehe, im Durchschnitt der Industrienationen, hatte der Nachrichtensprecher gesagt. Toll, dachte er sich jetzt, dass wir auch hier wieder nur Durchschnitt sind. Doch jetzt fragte er sich, ob er denn eigentlich glücklich sei. Wenn man ihn gefragt hätte, dann hätte er auch nicht guten Gewissens angeben können, er sei wirklich glücklich oder gar der glücklichste Mensch der Welt. Warum eigentlich nicht? Die Frage konnte er sich auch nach dem nächsten Glas Wein nicht beantworten. Also ging er ins Bett – nur noch 6 Std. 16 Minuten bis zum nächsten Weckerklingeln. Jetzt aber schnell schlafen, zum Meeting morgen früh wollte er nicht wieder zu spät kommen.

„Eine Flasche Wasser und zwei Glas Sancerre“, bestellte sein alter Freund und Geschäftspartner am nächsten Abend in dessen Lieblingsrestaurant in der Innenstadt. Der Laden war chic und teuer. Die Flasche Wasser kostet dort so viel wie woanders eine Flasche Wein. Aber das schien dort niemanden zu interessieren. Auch seinen Freund nicht, der fast jeden Tag dort war und als Stammgast per Handschlag begrüßt wurde. „Ich muss dir unbedingt von großen Neuigkeiten erzählen“, hatte er ihm am Telefon angekündigt. Nach dem ersten Schluck Sancerre rückte er raus mit der Sprache. Er hat eine Freundin, parallel zu seiner Frau. Er ist total verliebt und überglücklich mit ihr. Der Sex sei der beste, den er je hatte. Er wusste gar nicht, dass es solch tollen Sex überhaupt geben könne. Wenn er nicht verheiratet wäre, wäre er jetzt wirklich glücklich, meinte sein eigentlich immer korrekter Geschäftsfreund. Da war es wieder, das Thema „Glück“, dachte er sich kurz. Schon wieder einer, der fast glücklich ist, aber nicht wirklich. Die Ehefrau und die Kinder waren scheinbar schuld, dass er nicht uneingeschränkt glücklich sein konnte. Ob er jetzt seine Frau verlassen wolle, fragte er ihn. Nein, das sei zu früh, die Beziehung sei ja noch zu frisch und die Kinder, ja die Kinder gehen ja noch in die Schule, also das dauerte noch ein wenig, bis er das machen könne. Er rechnete kurz nach und meinte, die Jüngste sei ja erst in der 4. Klasse, also noch 8 Jahre bis zum Abitur. Dann wäre es für die Familie zu verkraften und dann sei er 50 – dann könne er sich von seiner Frau trennen und eine glückliche Beziehung führen und endlich glücklich sein. Auf dem Weg nach Hause dachte er über die Worte seines Geschäftsfreundes nach und schüttelte den Kopf. Der Gedanke, noch 8 Jahre in einer unglücklichen Ehe leben zu müssen und erst dann in Freiheit zu kommen, ließ ihn erschaudern. Er könnte das nicht, er war ein Mann der Entscheidungen, dachte er sich. Die meisten seiner Beziehungen hatte er beendet. Warum eigentlich? War er so anspruchsvoll? Oder war er in zunehmendem Alter immer weniger bereit, Kompromisse einzugehen? Jedenfalls, dachte er sich, als er in die Garage einbog, der ist auch nicht glücklich, außer wenn er mit seiner neuen Geliebten im Bett liegt und nicht über sich und sein Leben zuhause nachdenkt.

Es war wieder einer dieser verregneten Samstage, an denen jegliche Freizeitplanung umgeworfen werden musste. Wie so oft an solchen Wochenenden fuhr er in die Innenstadt. Mal sehen, ob er nicht etwas schönes Neues zum Anziehen findet. An solchen Samstagen war er mit seiner Idee nicht alleine. Es drängten sich viele Leute durch die Straßen. Erst als er in die teuerste Straße der Stadt einbog, wurden die Leute weniger. Aber dafür umso chicer. Hier war man nicht nur, um viel Geld auszugeben, sondern auch um sehen und gesehen zu werden. Frauen mit hohen Schuhen oder Stiefeln und eleganten Mänteln liefen durch die Straßen, Männer trugen Anzüge, obwohl sie keine Termine hatten. Für ihn war der Anzug immer nur eine Verpflichtung zu Geschäftsterminen. Aber am Wochenende? Nein, das war ihm zu angeberisch. Er musste niemandem zeigen, dass er viele Anzüge zuhause im Schrank hängen hat. Und er musste auch nicht wichtig sein, an einem verregneten Samstagvormittag. Als er in ein Schaufenster schaute, sah er im Geschäft eine alte Freundin, die gerade dabei war, das Geschäft zu verlassen. Er hatte sie schon seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Sie kam auf ihn zu, zögerte kurz, als sie ihn sah, strahlte spontan vor Freude und schrie dann „Halloooo“. So laut, dass es die halbe Straße hören konnte. „Wie geht’s dir? Das ist ja toll, dass ich dich hier treffe. Ich wollte mir gerade ein neues Kleid kaufen und kann mich wieder nicht entscheiden.“ Sie küsste ihn links und rechts und war völlig aufgeregt, ihn zu sehen. Sie kannten sich noch vom Studium und hatten sich damals auch oft gesehen, gingen zusammen aus. Sie war damals immer unterwegs, jedes Wochenende in den angesagten Clubs der Stadt. Für ihn war sie zuviel Party-Queen und eigentlich war sie auch nicht sein Typ, aber sie konnte ganz nett sein. Insbesondere wenn man mit ihr alleine war. Aber sobald sie von mehr als einer Person umgeben war, war sie unglaublich wichtigtuerisch und übertrieben. Das hatte ihn damals schon genervt. Und jetzt, als sie ihn begrüßte, mitten auf der Straße, war sie schon wieder so laut und übertrieben. „Wir müssen einen Kaffee trinken gehen“, hatte sie sogleich bestimmt und ihm die Richtung zum nächsten Lokal angezeigt. Natürlich war es der neue In-Laden, wo sie ihn hinführte. Es saßen bereits viele Leute an den kleinen, schwarzen Tischen, tranken Kaffee, frühstückten und einige von ihnen rauchten. Sie setzten sich in eine ruhige Ecke, während sie aufgeregt erzählte, dass sie sich für die Hochzeit ihrer besten Freundin ein neues Kleid kaufen muss und sich nicht entscheiden könne, ob ihr das Gucci- oder das Prada-Kleid besser stehen würde. Als sie beide ihren Kaffee bestellt hatten, fragte er sie ganz ruhig: „Und, wie geht es dir?“, mit der Betonung auf „dir“. „Gut“, sagte sie und lächelte etwas gekünstelt. „Wie gut“, fragte er nach. „Ja gut“, gab sie zurück und wurde dabei schon unsicherer. „Das klingt ja nicht überzeugend“, meinte er provokant und schlürfte an seinem Kaffee. Jetzt war sie völlig verunsichert, wusste nicht mehr, was sie sagen sollte. „Was fehlt dir denn?“, fragte er etwas direkt. Die Frage hatte anscheinend ins Herz getroffen, denn sie fing plötzlich an zu weinen. Sie versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken, aber es gelang ihr nicht sonderlich. Sie war offensichtlich von ihrer eigenen Reaktion überrascht worden. Einen Moment später hatte sie sich wieder gefangen, zog dennoch ihre Sonnenbrille aus ihrer kleinen Handtasche und setzte sie schnell auf. Es war ihr sichtlich peinlich, öffentlich in Tränen auszubrechen. Sie schaute sich um, ob sie jemand in dem Café erkannt hatte. Nein, niemand da, der wichtig wäre. Sie war erleichtert. „Ich weiß nicht, was mit mir ist“, sagte sie. „Ich bin seit einiger Zeit unglücklich“, meinte sie. „Und mir fehlt wirklich etwas, wie du das gerade richtig gefragt hast. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber ich habe seit Jahren schon keinen Freund mehr. Ich finde einfach keinen Mann, der zu mir passt. Es gibt keinen Mann, der mich gut findet. Ich bin zu dick, ich sehe scheiße aus … und alle meinen Freundinnen heiraten jetzt oder bekommen Kinder … und ich, ich finde keinen.“ Jetzt fing sie wieder zu weinen an und er nahm sie in den Arm, hielt ihren Kopf und tröstete sie. Er beteuerte, dass das gar nicht stimme, was sie sagte, sie sehe gut aus und wäre gar nicht zu dick und außerdem gebe es viele Männer, die auf mollige Frauen stehen. Er fragte nach, woran das denn liegen würde und dass er sich gar nicht vorstellen könne, dass sie keinen Mann finden würde, wo sie doch so oft abends ausgehe, so viele Leute kenne. Sie meinte, es gäbe nur Männer, die einen One-Night-Stand suchen würden, aber keinen, der mit ihr eine ernsthafte Beziehung beginnen würde. Ihre Eltern würden sie auch immer fragen, wann sie denn nun einen ordentlichen Mann mit nach Hause bringen würde, jetzt, wo sie doch schon 33 geworden ist. Sie träumte eigentlich davon, mal einen Mann und 2 Kinder zu haben, in einem schönen Haus zu wohnen und glücklich zu sein. Und was hatte sie? Einen Job, der okay war, und einen großen Kreis an Freunden, die sie jedes Wochenende in den Clubs traf. Immer auf der Suche nach dem richtigen Mann. Doch alle, die ihr gefielen, interessierten sich nicht für sie. Und wenn sie dann mal einen hatte, der wenigstens teilweise ihren Vorstellungen entsprach, dann war es höchstens eine Affäre, die meist nur bis zum nächsten Morgen andauerte. Und sie blieb zurück, alleine und unglücklich. Er konnte ihr auch nicht helfen, denn auch er kam nicht in Frage, die von ihr so sehnlichst gewünschte Rolle einzunehmen. Er redete ihr gut zu und machte ihr Hoffnung. „Eines Tages wirst du den perfekten Mann schon finden.“ Er warte selbst auch noch auf die perfekte Frau, meinte er, aber das sei nun mal schwierig. Sie verabschiedeten sich und jeder von beiden ging in eine andere Richtung. Er dachte über das überraschende Gespräch mit ihr nach und wunderte sich: Die immer gut gelaunte, immer tolle Party-Queen ist eigentlich zutiefst unglücklich.

Der Montagmorgen begann wie jeder. Man kann sich an einem Wochenende bereits angewöhnen, länger zu schlafen. Zwei Tage reichen schon aus, um den Körper darauf zu programmieren, einfach länger zu schlafen. Er quälte sich aus dem Bett und ins Büro, holte sich einen Kaffee und setzte sich ins berühmte Montagsmeeting. Einer seiner Kollegen hatte ein Problem, das er nach dem Meeting mit ihm besprechen wollte. Er war einer seiner besten Mitarbeiter im Team, obwohl er erst seit einem Jahr in der Firma war. Dem Mitarbeiter war es sichtlich unangenehm, das Gespräch zu beginnen, er holte etwas aus und meinte, er würde sich doch sicher noch daran erinnern, dass in seinem Lebenslauf stünde, dass er schon mal verheiratet war und inzwischen getrennt leben würde. Und dass er früher auch mal selbstständig war, als kleine 2-Mann-Firma. Er hatte den Lebenslauf nicht mehr so genau im Kopf, nickte nur und wartete ab. Der Mitarbeiter holte tief Luft und erklärte, dass das Finanzamt noch Geld von ihm aus seiner Selbstständigkeit wolle, Steuernachzahlungen von über 20.000 Euro. Aber das sei noch nicht alles. Seine Scheidung sei jetzt durch und er müsse ab sofort monatlich für sein Kind 400 Euro bezahlen. Und an die Frau selbst auch noch mal 1.000 Euro. Da er während seiner Selbstständigkeit schon jeden Euro in seine Firma gesteckt hatte, war er schlicht pleite. Sein Gehalt, von dem ja nicht mal zwei Drittel netto übrig blieben, reiche gerade für sein normales Leben, seine Wohnung und was er sonst noch so brauche. Die 400 Euro für das Kind würde er vielleicht noch schaffen, mit einer kleinen Gehaltserhöhung, aber die 1.000 Euro zusätzlich und dann noch das Geld fürs Finanzamt. Kurzum: Er müsse Privatinsolvenz anmelden. Er war völlig am Boden zerstört und saß wie ein Häufchen Elend vor ihm. Die Woche fing diesmal wirklich wieder hervorragend an. Er war ein zuverlässiger Mitarbeiter, ein loyaler Mann, der gut im Team arbeiten konnte und wirklich was drauf hatte. Und da saß er, völlig am Ende, alle Hoffnungen auf ein berufliches und privates Fortkommen waren zunichtegemacht. Er hatte sich bereits informiert, er dürfe zukünftig nicht mal mehr 1.000 Euro verdienen, den Rest seines Gehaltes müsse die Firma dann an den privaten Insolvenzverwalter bezahlen. Für die nächsten drei Jahre müsse er auf diesem Niveau leben. Damit ist gerade die Wohnung bezahlt und 100 Euro pro Woche für Lebensmittel. Das war’s. Kein Urlaub, kein Auto, kein Geld, um mal mit einer hübschen Frau zum Essen zu gehen. Ein Mann mit knapp 40 Jahren steht vor seinem eigenen Leben, das einem Trümmerhaufen gleicht. Er zeigte Verständnis für dessen Situation, sagte dem Mitarbeiter, dass er ihn und seine Arbeit wirklich in höchstem Maße schätze, was auch stimmte, und dass er gerne auch bereit wäre, sich für eine Gehaltserhöhung in der Firma einzusetzen, wenn das noch etwas bringen würde. Aber es war zu spät und so groß konnte die Gehaltserhöhung gar nicht ausfallen, dass sein Schicksal verhindert werden konnte. Er klopfte ihm auf die Schulter, als sie aufstanden. Der Mitarbeiter bedankte sich für das Verständnis und meinte, er hätte auch gerne mal Glück im Leben. „Aber das scheinen nur ein paar Leute gepachtet zu haben und für die anderen gibt’s das nicht.“ Als er am Abend in seinem Firmenwagen ins Fitness-Studio fuhr, dachte er an seinen Mitarbeiter, der jetzt wohl gerade unglücklich in der U-Bahn saß. Was hatte der zum Schluss gesagt? Nur ein paar Leute haben Glück und die anderen alle nicht? Wozu würde er denn dann zählen? Unglücklich war er ja nicht wirklich. Und er saß immerhin in einem ordentlichen Firmenwagen und das Thema „Privatinsolvenz“ war für ihn nie ein Thema gewesen. Also müsste er doch eigentlich zu den Glücklichen auf dieser Welt zählen.

Die Woche im Büro war verlaufen wie immer. Viel Arbeit, interne Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitarbeitern, Termine, die schlecht vorbereitet waren, weil die Zeit dazu fehlte, Kollegen, die krank wurden und andere, die das ausbaden mussten, Kunden, die sich beklagten, dass der Service besser sein müsste und so weiter. Das übliche Programm. Es war anstrengend und zehrte an seinen Nerven. Früher war er in alle Abläufe und Projekte permanent involviert. Das hatte ihn aufgerieben. Jetzt hatte er einen gewissen Abstand gefunden, mehr Verantwortlichkeiten auf Mitarbeiter übertragen, war aber immer noch voll im Geschehen. Und wenn etwas schiefgelaufen war, war er derjenige, der als Trouble Shooter das Problem lösen musste. Ein undankbarer Job, dachte er sich oft. Aber es gab keinen anderen in der Firma, der diesen Job machen konnte. Man brauchte anscheinend eine besondere Gabe dazu, in scheinbar ausweglosen Situationen einen konstruktiven Lösungsweg zu finden. Und man brauchte ein gewisses Maß an Autorität, um diese Lösung bei allen in dem Problem involvierten Parteien durchzusetzen. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um rein interne Probleme zwischen verschiedenen Abteilungen in der Firma handelte oder ob es Kunden- und Lieferantenbeziehungen waren. In letzteren Fällen ging es oft um viel Geld, was die Angelegenheit meist noch heikler werden ließ. Aber auch in solch schwierigen Fällen war er ein umsichtiger Mensch, der es verstand, sich in der Sache zu engagieren und der dem Geschäftspartner das Gefühl gab, sich für ihn und eine für beide Seiten faire und saubere Lösung einzusetzen. Er verstand es auch, Leute für sich und seine Ideen zu begeistern. Für ihn war es wichtig, dass er selbst daran glaubte, was er sagte. Dann kam es auch mit dem notwendigen Maß an Begeisterung aus ihm heraus und dann gelang es ihm auch, die Leute in seinen Bann zu ziehen und sie für seine Sache zu interessieren. So war er es auch, der neue Projekte und neue Kunden akquirierte, was in den letzten Jahren immer schwieriger wurde. Wie in allen Branchen war der Wettbewerb härter geworden, die Margen kleiner und die Auftragslage allgemein schlecht. Er hatte auch immer das Gefühl, besonders in Deutschland auf viele zögerliche, pessimistische Leute zu treffen. Hatte er Termine mit Kunden, wusste er immer sehr schnell, für wen das Glas halbvoll und für wen es halbleer war. Unnötig zu sagen, dass es für ihn selbst immer nur halbvoll gab. Auch wenn so gut wie kein Tropfen mehr im Glas war. Für ihn war es fast voll. Das war seine grundsätzlich positive Einstellung. Und die hätte er am liebsten von allen Menschen erwartet, die ihn umgaben, mit denen er zu tun hatte. Aber das war ein Wunschtraum, der sich für ihn in Deutschland nicht erfüllen werden würde, dachte er immer dann, wenn er aus einem Meeting kam, in dem wieder nur halbleere Menschen um ihn herumsaßen. Das besondere Problem dieser Spezies ist es, dass sie grundsätzlich perspektivlos durch die Welt liefen. Die eigene negative Einstellung auf alles übertrugen, was sie umgab. Also auch die Projekte und Themen, die ihn betrafen. Sobald er begeistert einen Weg aufzeigte, das Projekt erfolgreich umzusetzen, hatten diese Menschen nichts anderes im Kopf, als irgendwelche Eventualitäten zu suchen, die im worst case dazu führen könnten, dass das Projekt so nicht klappen könnte. Eine Verquickung unendlicher unglücklicher Umstände und Marktveränderungen wurde in das Thema hinein projiziert, bis sich der positive Lösungsweg zum unbegehbaren, minenverseuchten Feldweg verändert hatte. Das war es, was ihn am meisten Kraft kostete. Immer gegen solche Wände anzukämpfen. Wände des Pessimismus. Als er wieder in einem dieser Meetings saß und sich alles im Kreis zu drehen schien, alle gangbaren Wege als unmöglich zerredet waren, dachte er an seine kürzlichen Gespräche mit seinen Freunden, die alle unglücklich waren. Und er erkannte, dass alle seine Gesprächspartner, die ihm gerade gegenüber saßen, sicher ebenso zu der Spezies der Unglücklichen zählten. Richtig, dachte er sich. Alle, für die das Glas halbleer ist, müssen permanent unglücklich sein. Die können gar nicht glücklich sein, wie sollten sie denn? Sie würden beim ersten Anflug von Glück schon das Haar in der Suppe suchen, daran zweifeln, dass das so nicht sein könnte. Es schon gleich wissen, dass Glück nicht ewig hält und dass man sich am besten erst gar nicht irgendwelche Illusionen machen darf.

Am Wochenende darauf war das Wetter schön. Endlich. Er frühstückte auf seiner Terrasse und las die Zeitung. Im Wirtschaftsteil war ein interessanter Artikel über die Unterschiedlichkeiten in den Mentalitäten der globalen Geschäftsleute. In Japan war ein erfolgreicher Geschäftsmann einer, der überarbeitet und bleich aussah. Einer, der die Sonne nie sieht, weil er immerzu nur arbeitet. Einer, der zurückhaltend ist und sich anpasst, nicht aus dem Rahmen fällt und korrekt gekleidet ist. Das war das Idealbild des japanischen, erfolgreichen Geschäftsmannes. In den USA, so stand es in dem Artikel, war es das komplette Gegenteil. Der Prototyp des erfolgreichen Amerikaners war braungebrannt, immer lächelnd und smart. Dabei durfte der Amerikaner gerne zeigen, wie erfolgreich er war. Ein großer Wagen, gerne auch ein Porsche Cabriolet, gilt dort als klarer Beweis dafür, dass es sich hier um einen erfolgreichen Geschäftsmann handelt.
5 Sterne
Glücklich sein ist eine Entscheidung …. - 19.10.2023
Georg S.

…..Und der erste Schritt dazu ist schon einmal die richtige Entscheidung getroffen zu haben, dieses Buch gekauft zu haben. Schön, kompakt und nachvollziehbar- es lohnt sich!

5 Sterne
Glücklich sein ist eine Entscheidung …. - 19.10.2023
Georg S.

…..Und der erste Schritt dazu ist schon einmal die richtige Entscheidung getroffen zu haben, dieses Buch gekauft zu haben. Schön, kompakt und nachvollziehbar- es lohnt sich!

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Herrlich erzählter Lebensratgeber - 19.10.2023
Ilona Albert

10 Regeln die man tatsächlich jeden Tag umsetzen kann, toll erzählt….

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