Gott im Schlepptau

Gott im Schlepptau


EUR 26,90
EUR 21,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 426
ISBN: 978-3-99130-126-4
Erscheinungsdatum: 16.08.2022
Hat alles, was dir widerfährt, einen tieferen Sinn? Mit ihrer berührenden und dennoch verspielten Art, über Tiefschläge des Lebens zu erzählen, nimmt Bonnie dich mit auf eine Reise zu sich – und letztendlich zu dir selbst.
Gott im Schlepptau

Zu meiner Person:
Ich komme aus dem letzten Jahrhundert, genau genommen aus dem Jahr 1973. An meinem Geburtstag war in unserem Dorf Fasnacht. Dieses Fest war mir eher ein Gräuel als eine Freude. Die Masken und Verkleidungen waren mir lange ein Rätsel. Weshalb gehen Menschen als eine andere Person oder gar als Tier verkleidet zu einem Fest?
Ich wurde von Geschichten geprägt, kaum konnte ich lesen, zog ich mich in mein Zimmer zurück und ließ die Geschichten aus dem Buch lebendig werden. Mein erstes Buch habe ich bestimmt drei Mal hintereinander gelesen. „Fridolin der Dackel“, der sein Halsband verlor, sich auf die Suche danach machte und es wiederfand.
Pippi Langstrumpf war meine Freundin, sie machte mir Mut, ohne Erziehung überleben zu können. Als Kind mochte ich alle Geschichten von Michael Ende. „Die unendliche Geschichte“ ließ mich viele Tränen vergießen. Und Fuchur der weiße Drache wurde zu meinem starken Freund in der Fantasie. „Jim Knopf“ zog mich auf die Insel, und ich ließ mich auf die Fantasiereise ein.
Besonders gefiel mir „Momo“, diesen Film sah ich mir immer wieder an.
Am allerliebsten schaue ich Tierdokumentationen. Die Ordnung in der Tierwelt, und wie sich jede Art ihrer Umgebung anpasst, sich auf sich selber konzentriert und dennoch zum Wohl aller lebt, bewundere ich noch heute.
Beim Menschen wäre das auch möglich. Was vielen im Weg zu einem harmonischen Miteinander steht, ist die Gier nach mehr, nach Macht und danach, Recht zu haben.
Als Jugendliche und junge Erwachsene zog ich mir wohl alle Walt-Disney-Filme rein. Walt Disney, ein Mann mit einer Gabe, Lebensweisheiten in Zeichentrickfilme zu verpacken.
Mein Lieblings-Walt-Disney ist „Die Schöne und das Biest“.
„Das Dschungelbuch“ und „Tarzan“ berührten mich sehr. Kinder, die von Tieren aufgezogen wurden, erinnerten mich an mich selber. Als Erwachsene gefielen mir „Matrix“, „The Sixth Sense“, „The Fifth Element“ und natürlich ein Walt-Disney-Film, „Alles steht Kopf“. Enorm berührt hat mich der Film „Dr. Dolittle“. Für mich sind es nicht bloß schöne Geschichten, sondern Botschaften aus dem Leben, erzählt von weisen Menschen.

Ich halte mich gerne in Wäldern auf oder in den Bergen und an kleinen Seen. Die Bewegung ist ein gutes Werkzeug, um Gefühle in mir zu verarbeiten, sei es auf dem Bike, im Fitnesscenter, mit dem Hund durch den Wald zu rennen oder ganz achtsam und ruhig zu spazieren. Ich mag die Ruhe in der Natur, höre gerne den Klängen des Windes und der Vögel zu. Ich gehe auch drei bis vier Mal im Jahr zu einem Festival, wo es laute Musik gibt, dazu zu tanzen, befreit mich. Musik mag ich, Pop, Rock, Techno und sogar ein wenig Hardstyle. Je nachdem, was gerade passt. Ländler, Jazz und Opern finde ich grauenhaft. Grauenhaft sind auch Horrorfilme, da bin ich einfach zu stark im Mitgefühl. Ich fühle alles, was ich im TV sehe, an meinem Körper. Das Abgrenzen fällt mir schwer. Ich bin gerne alleine und dennoch ein Familienmensch. Tiere sind mir, seit ich mich erinnern kann, treue Begleiter. Und ich vertraue ihnen noch heute, mehr als den Menschen.
Meine Lieblingszahl ist die 2. Und seit ich zwei Jahre alt bin, weiß ich, dass das Jahr 2022 das Jahr des großen Wandels sein wird und ich Menschen das Naturwissen weitergeben darf.
Ich mag Ringelsocken und Kapuzenshirts, damit lebe ich meine Kindlichkeit aus.
Ich begleite drei Kinder durchs Leben. Ich sehe mich bei ihnen als Grenzensetzerin (in Ausbildung), Begleiterin, Beraterin und vor allem als liebende Mutter. Meine Kinder zu beobachten erfüllt mich besonders. Diese Wunder gleich drei Mal zu erleben ist für mich das Höchste. Sie darauf aufmerksam zu machen, worum es in einem für sie aktuellen Thema geht, und zu sehen, wie sie oft meine Ratschläge nach erstem Abwehren annehmen, umsetzen und sich etwas verändert, finde ich die dankbare Seite des Mutterdaseins. Die Launenabtreterin oder die fiese, strenge und nervende Mutter zu sein gehört eben auch dazu.
Ich koche gerne und esse noch lieber, die vielen Geschmäcker sind etwas ganz Besonderes. Ich bin eine Genießerin, ob ein gutes Essen, eine Massage, oder Sonne im Gesicht oder einfach mal faul in der Badewanne rumzuliegen. Ich bin ein „Sumsi mit Po“, was rückwärts Optimismus heißt. Das ist meine stärkste Eigenschaft. Die hält mich am Leben. Und die anderen Tage, an denen vieles schiefzulaufen scheint, kuschle ich mich gerne an eine meiner Katzen. Ihr Schnurren ist ein Seelenbalsam für mich. Oder ich lege mich in den Arm meines Partners Allen, denn nirgends beruhige ich mich so schnell wie bei ihm.
Ich wecke gerne Gefühle in anderen Menschen, dazu reflektiere und provoziere ich sehr gerne.
Ich kann eine Klugscheißerin sein, manchmal bin ich eine Prinzessin, ein Clown, und manchmal verhalte ich mich kindisch oder auch stur. Mit Kritik kann ich noch schlecht umgehen, das lässt mich überheblich oder gar verletzend werden nur um meine innere Unsicherheit zu überspielen. Ich habe akzeptiert, dass ich eben nie alles kontrollieren kann, auch wenn ich das immer noch gerne möchte. Ich bin geduldig mit meinen Mitmenschen und ungeduldig mit mir, denn ich möchte Erkanntes schneller verändert haben. Und ich möchte am liebsten alles perfekt machen. Doch das geht nicht, und das zu akzeptieren, ist eine schwere Sache für mich. Ich weiß von meiner Betriebsblindheit, und bin dennoch häufig beratungsresistent. Ich hebe auch mal ab, am liebsten im Korb des Heißluftballons.
Ich träume gerne, ebenso in der Nacht. Ich liebe es, mit Worten zu jonglieren, und schreibe sehr gerne, da bin ich in meinem Element, da vergesse ich die Zeit. Und da ich lange Geschichten mag, schreibe ich viel, ich bin eine Frau. Dennoch gebe ich mir Mühe, auf den Punkt zu kommen.
Ein Mann, ein Wort, eine Frau, ein Wörterbuch.

Weshalb schreibe ich dieses Buch:
In erster Linie schreibe ich dieses Buch für mich. Als Martin Fürst in einem Kommunikationsseminar den Spruch mit dem Projektor an die Wand projizierte:

„Manchmal muss man sprechen, um zu verstehen, was man denkt.“
dachte ich mir:
„Ich sollte mir mal alles aufschreiben, um zu verstehen, wie ich funktioniere.“

Wie oben erwähnt faszinierte mich der Film „Momo“ enorm. Und wenn ich mich heute so umschaue, vor allem im TV und in den Zeitschriften, denke ich, sind wir da angekommen, was der Film erzählt. Wir leben in einer Gesellschaft, wo Bücher mit dem Titel „Generation Beziehungsunfähig“ geschrieben werden, wo Menschen arbeiten, um Dinge zu kaufen, die sie häufig gar nicht benötigen, nur um andere Menschen zu beeindrucken, denen sie oft sogar egal sind.
Schmerzen werden betäubt, Symptome bekämpft. Unreinheiten im Gesicht werden weggeschminkt, Falten weggespritzt, und wenn alles nichts mehr hilft, gibt es die Schönheitschirurgie. In den Zeitschriften wird mit perfekt geschminkten und „gephotoshopten“ Modellen suggeriert, wie wichtig ewig jugendliches, frisches, perfektes Aussehen ist. Ein Mann mit grauen Haaren nennt die Welt sexy, eine Frau mit grauen Haaren wird als alt und verbraucht gesehen.
Es sind heute nicht rauchende, graue Männer wie im Film „Momo“, sondern mimiklose Stars, die unsere Zeit stehlen wollen. Wie viel Zeit wir Menschen geben, um unseren inneren Durst nach mehr, besser, schneller, schöner zu stillen, ist enorm gestiegen. Und wozu das alles? Um Anerkennung von außen zu erhalten? Macht das langfristig zufrieden?
Ich war lange der Meinung, dass mich solche Werbung oder Bilder überhaupt nicht beeinflussen. Bis ich mich eines Morgens vor dem Spiegel fragte, ob ich wohl meine Zornesfalte mit Botox behandeln lassen sollte. In meinem Buch geht es nicht um Oberflächlichkeit, ich gehe tiefer, viel tiefer. Unser Unterbewusstsein hat mehr Einfluss auf uns, als uns bewusst ist. Eine Psychologin meinte einmal, dass das Unterbewusstsein ein Dreiviertel unserer Handlungen beeinflusst und dies ohne, dass wir es bemerken. So viel zum freien Willen.
Mein bildlicher Vergleich dazu:
Die Spitze des Eisberges, welche aus dem Wasser schaut, entspricht etwa dem Teil, der uns bewusst ist. Unter dem Wasser ist er aber der größere und vor allem tragende und wirkende Teil.

Ich schreibe dieses Buch, weil ich erfahren will, weshalb ich als Erwachsene so geworden bin, wie ich als Kind niemals werden wollte. Eine Erwachsene, welche mehr in der Vergangenheit oder Zukunft lebt als im Moment, die Ja sagt, obwohl sie Nein sagen will, eine Frau, die lächelt, obwohl sie traurig, schockiert oder verunsichert ist. Die schlecht zuhört und lieber lange spricht, als etwas zu tun. Ich wollte mich bewusst mit meinen Lebensthemen, Mustern und meinen Bewältigungsstrategien auseinandersetzen. Ich wollte erkennen, wie ich kompensiere, wenn mir Gefühle oder Erlebnisse zu unangenehm werden. Das Schreiben half mir wirklich dabei, und ich begann die Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Ich habe sehr viel geschrieben und damit alte Geschichten aus der vergessenen Schublade heraufgeholt, habe die daraus entstandenen Gefühle verarbeitet. Ich habe mein Geschriebenes nochmal gelesen. Danach kam die schwierigste Aufgabe, zu kürzen, eben auf den Punkt zu kommen. Ich will ein Buch schreiben und kein Drehbuch für eine Serie.

In diesem Buch geht es darum, wie es ist, sich von Fremdbeeinflussung zu befreien und das angehäufte Wissen über sich und seine Strategien im richtigen Moment auch abrufen und in seinen Alltag einbringen zu können. Wie ich mich aus der Opferhaltung durch die Prägung des Umfeldes und meinen bisherigen Erfahrungen befreite und mich zum Schöpfer meines Lebens entwickelte. Mit viel Witz und Lebensweisheiten erzähle ich euch zum Teil sehr persönliche und auch schmerzhafte Geschichten. Es sind Anregungen dazu, dass egal was dir geschehen ist, du es zugelassen hast, es immer den Moment der Wende gibt – und das beginnt mit der Selbstverantwortung. Es lohnt sich, die authentische Reise zu dir.
Da ich dieses Buch in erster Linie für mich schreibe, schreibe ich im Du, denn ich sage nun mal „du“ und nicht „Sie“ zu mir.
Alles, was du hier liest, beruht auf meinen Erfahrungen und ist meine persönliche Meinung.
Also lege nicht jedes Wort auf die Goldwaage, aber achte auf die Gefühle, die sich melden, wenn du dieses Buch liest.
Es ist mir auch wichtig mitzuteilen, dass ich nichts Neues schreiben kann, aber ich kann Vergessenes oder Verdrängtes wieder in Erinnerung bringen.
Ich mag Sprichwörter und Lebensweisheiten. Denn in solchen Sätzen verbirgt sich eine große Kraft. Und vor allem bringt ein Sprichwort Lebensgeschichten mit wenigen Worten auf den Punkt. Und das fasziniert mich als Frau besonders. Hier meine erste eigene auf mein Leben selbst geformte Lebensweisheit:

„Ich war ein Opfer meiner Vergangenheit, heute bin ich Schmied meiner Zukunft.“
Bonnie Bless


Wer ist Gott, und wo lebt er?

Als Kleinkind war für mich die Welt in Ordnung. Ich lebte mit meiner Mutter alleine in einem Zweifamilienhaus in einem ländlichen Kleinort namens Herzogenbuchsee. Ich war ein lebensfrohes Kind, mit einem ungekämmten hellblonden Lockenkopf, ähnlich wie Momo, und hatte große strahlende blaue Augen. Meine linke Wange zierte ein rotes Muttermal, das wie ein Klecks von der Erdbeermarmelade des zu schnell verzehrten Frühstücksbrotes aussah. Was absolut zu mir passte, denn meine Mutter nannte mich öfters Schmutzfink. Ich hatte oft schmutzige Finger, weil ich mich tagsüber nur draußen aufhielt und gerne in der Natur war.
Ich hatte viele Fragen übers Leben, welche mir meine Mutter jedoch kaum beantwortete. Ich dachte, sie sei einfach dumm. Mein Vater lebte in einem anderen Haus, da er meine Mutter nicht mehr liebte. Ich hatte einen besten Freund, Redli. Einer, der auf alles eine Antwort wusste und wirklich immer recht hatte.
Wir trafen uns meistens draußen, manchmal besuchte er mich auch zu Hause. Wir spielten mit den Bauklötzen, bemalten die Straßen mit bunten Kreidebildern, beobachteten die Bäuerin, welche über den schmalen Weg links neben unserem Häuschen wohnte. Diese Bäuerin nahm sich manchmal Zeit für mich, hörte mir und meinen Erlebnissen mit Redli zu und lachte herzhaft darüber.
Manchmal spielten Redli und ich mit den Kindern der großen Familie, welche die Straße entlang in einem riesengroßen Haus lebten, das neben dem Wohn- und Schlafzimmer auch Schulzimmer hatte. Von ihrem großen Spielplatz sah man direkt auf den eingezäunten Wiesenplatz des Freibades, wo mein Vater das Restaurant führte.
Jedenfalls fühlte ich mich bei diesen Kindern wohl. Sie lachten, wenn sie fröhlich waren, und nie über mich, sie schrien, wenn sie wütend waren, und sie weinten, wenn sie traurig waren. Sie waren echt, so wie sie Redli nannte. Doch meine Mutter mochte diese Kinder nicht, denn als sie mich mit ihnen spielen sah, verbot sie mir nochmal dorthin zu gehen. Als ich wissen wollte, weshalb sie mir es verbot, erklärte sie mir:
„Die sind nicht gut für dich. Die haben nicht alle Tassen im Schrank.“
Und ich fragte mit meinen 2,5 Jahren nach:
„Warst du bei denen zu Hause, dass du das weißt?“
Ich konnte mit zwei Jahren sehr gut sprechen, zum Erstaunen vieler Menschen, bis auf den Buchstaben F, den ersetzte ich mit dem S.
Ich erhielt wie so oft die Antwort:
„Ach du wieder.“ Und sie erklärte mir: „Die sind behindert.“
Ich schloss für mich damit ab, die Familie behindert, hat nicht alle Tassen in den Schrank geräumt und haben somit eine Unordnung, so wie ich im Zimmer. Mochte mich meine Mutter deswegen nicht, weil ich unordentlich war?
Meine Mutter stand in der Küche unseres wirklich sehr ordentlich gehaltenen Haushaltes und trank ihren Kaffee wie immer, bevor sie das Abendbrot auf den Tisch legte, daher ging ich in mein Zimmer und setzte mich zu Redli und den bunten Bauklötzen. Im TV hatte ich zuvor eine Sendung gesehen, wo sie Farben gemischt hatten. Aus Gelb und Blau war Grün geworden. So nahm ich einen blauen und gelben Bauklotz und stellte den blauen auf den gelben. Doch es entstand kein Grün.
„Weshalb funktioniert das bei mir nicht?“, wollte ich von Redli wissen.
„Weil sie zu fest sind.“
„Was bedeutet sest?“
„Sie sind hart. Wenn du dir so einen Bauklotz auf den Kopf schlägst, schmerzt es dich.“
Ich testete es natürlich sogleich und oha, das schmerzte wirklich sehr, so sehr, dass ich weinen musste. Meine Mutter blickte in mein Zimmer und fragte, was geschehen sei. Ich erklärte ihr, dass ich mir den Bauklotz auf den Kopf geschlagen hatte.
„Weshalb machst du den sowas?“
„Redli hat mir erklärt, dass ein Bauklotz hart ist, und ich wollte wissen, ob das stimmt.“
„Ach du wieder. Geh noch etwas raus, aber bleib hier vor dem Haus.“ Befahl sie mir mit müden Worten. Sie fügte noch hinzu:
„Warte kurz, ich habe noch etwas von deiner Patentante für dich mitgekriegt.“ Als sie wieder vor mir stand, hielt sie ein Geheimnis hinter ihrem Rücken fest.
Ich freute mich enorm, als sie mir die kleine Schachtel mit Straßenkreide vor mein Gesicht hielt. Ich packte sie mir, eilte aus dem Haus und setzte mich auf die Straße. Es war eine kaum befahrene Straße, sie führte nur zum Haus der „Familie behindert“. Zu meiner Kindheitszeit durften Kinder noch bedenkenlos auf Straßen ihre farbigen Kunstwerke bis zum nächsten Regen verewigen.
Redli saß neben mir und schaute mir zu. Ich entdeckte blaue und gelbe Kreide. So konnte ich mein Experiment weiterführen. Ich hielt die gelbe und die blaue Kreide aneinander und wieder wurde es nicht grün. Enttäuscht blickte ich zu Redli, welcher mich anlächelte und aufbot einen Kreis zu malen.
Ich nahm zuerst Gelb und malte einen Kreis, was eher einem Ei glich. Während ich malte, begriff ich, dass die harte Kreide auf der Straße in viele kleine Teile zerbrach und dadurch weich wurde. Danach griff ich voller Aufregung zur blauen Kreide und begann über das Gelb zu malen. Und es wurde wirklich grün. Ich war begeistert und blickte dieses Wunder lange an. Ich stellte fest, dass wenn ich viel Blau auf wenig Gelb malte, es ein anderes Grün gab, als wenn ich wenig Blau auf Gelb malte. Am besten gefiel es mir, wenn ich zuerst Blau malte und dann mit Gelb darüberfuhr. Ich experimentierte so lange, bis meine Mutter mich rief. Ich wollte ihr unbedingt meine Erkenntnis zeigen. Doch wie meistens hatte sie für mich bloß einen müden Blick und die mir so bekannten Worte „ach du wieder“ übrig.

Ich erlebte viele spannende Abenteuer mit Redli. Wir erkundeten zusammen das ganze Dorf.
Wenn ich meiner Mutter erzählte, was ich während ihrer Abwesenheit mit Redli erlebte, hörte sie mir kaum zu. Bis ich einmal zusammen mit Redli bei der Schulhaustreppe auf dem kleinen Steg, wo die Velos rauf- und runterfuhren, stürzte und mir Redli beim Aufstellen des Dreirades nicht helfen wollte. Ich versuchte mit aller Kraft mein Dreirad aufzustellen, doch ein Rad blieb an der untersten Stufe hängen, und nach vorne konnte ich es auch nicht ziehen, da es einfach zu schwer war.
Ich zog und schob, doch nichts half. Redli machte mich darauf aufmerksam, dass es bald dunkel werde. Er meinte:
„Komm, wir holen deine Mutter.“
„Nein, ich will mein Dreirad nicht alleine lassen.“
„Dann warte ich hier auf dich, bist du wiederkommst.“
Ich rannte die etwa einen Kilometer lange Strecke nach Hause und weinte. Umso dunkler es wurde, umso ängstlicher wurde ich. (Kurze Information. Ich hatte bis zu meinem Alter von 42 Jahren Angst im Dunkeln. Erst jetzt, als ich diesen Teil schrieb, verstand ich, wo diese Angst entstanden war. Ich habe sie aufgearbeitet, wie, erzähle ich erst später.)
Nirgends war ein Mensch draußen, ich fühlte mich alleine. Dumm von mir, Redli beim Dreirad zu lassen. Meine kurzen Beine brauchten eine Ewigkeit für den Heimweg. Zu Hause angekommen sah meine Mutter sehr verärgert aus, bis sie meine Tränen sah. Ich erklärte ihr, dass mein Dreirad liegen geblieben sei.
„Bist du sicher, dass es in diese Richtung geht? Die Nachbarin hat dich in die andere Richtung fahren sehen.“
Ich war mir sicher, obwohl ich auch wusste, dass ich zuvor mit Redli den anderen Weg gefahren war. Doch dieser Weg war der richtige.
„Es ist dort, wo die großen Kinder in die Schule gehen.“
„Das ist doch viel zu weit weg.“ Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als ihrer kleinen 2,5-jährigen Tochter, die sie willensstark an der Hand zog, zu folgen.
Als wir beim Dreirad ankamen, war es bereits ganz dunkel, das Dreirad war da, Redli war weg.
„Redli wollte auf mein Dreirad aufpassen, während ich dich hole.“
„Hör auf zu lügen und von diesem Redli zu sprechen, den gibt es gar nicht, du warst alleine unterwegs, die Nachbarin hat dich gesehen.“
5 Sterne
Danke! - 20.03.2024
Ailya

Danke Bonnie Bless.Dein Buch war die Rettung in Not.Es war spannend dein Buch zu lesen, es holte viele Emotionen aus mir raus.Kann das Buch nur weiterempfehlen.

5 Sterne
Gott im Schlepptau - 24.08.2022
Melissa E.

Mutige Berufung. Einfacher Schreibstil.Spannend, witzig und tiefgründig.An einem Stück durchgelesen.Wie geht es weiter?

5 Sterne
Gott im Schlepptau - 23.08.2022
Brigitte

Sehr berührend geschrieben. Immerwieder stiegen mir beim Lesen Tränen in die Augen. Zu erkennen was ich selbst alles vergessen hatte, erstaunte mich.Vielen Dank für denen Mut, deine Offenheit und deine witzige Art über Trauriges zu schreiben. Gerade in einer entwickelnden Welt stehen wir noch immer vor Tabuthemen. Ich kann dieses Bich jeder Frau empfehlen.

5 Sterne
Gott im Schlepptau - 23.08.2022
Brigitte

Sehr berührend geschrieben. Immerwieder stiegen mir beim Lesen Tränen in die Augen. Zu erkennen was ich selbst alles vergessen hatte, erstaunte mich.Vielen Dank für denen Mut, deine Offenheit und deine witzige Art über Trauriges zu schreiben. Gerade in einer entwickelnden Welt stehen wir noch immer vor Tabuthemen. Ich kann dieses Bich jeder Frau empfehlen.

5 Sterne
Interesse wurde geweckt - 18.08.2022
Julia Lena

Höhrt sich sehr spannend an?Direkt bestellt, komme zurück wenn ich es gelesen hab.

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