Familienstellen als sichtbar gewordene Liebe

Familienstellen als sichtbar gewordene Liebe

Angela Gangl


EUR 17,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 110
ISBN: 978-3-99038-848-8
Erscheinungsdatum: 26.02.2015
Alkoholabhängigkeit, sexuelle Übergriffe und schmerzhafte Trennungen gehörten zur Kindheit der Autorin, wodurch sie viel über ihren heutigen Beruf lernte. Im vorliegenden Buch erzählt Angela Gangl in sehr persönlicher Weise von ihren Erfahrungen als Familienaufstellerin.
Wie es zu diesem Buch kam

Nach jedem Aufstellungs-Seminar werde ich von den Teilnehmern gefragt, wo sie denn mehr über das Familienstellen, so wie ich es mache, nachlesen können.
Zwar kann ich einige Bücher empfehlen, doch diese sind für Laien oft nicht ganz leicht zu verstehen. Deswegen bin ich der Bitte meiner Teilnehmer und meinem inneren Wunsch gefolgt, dieses Werk auf die Welt zu bringen. Schon sehr lange fühle ich in mir den Wunsch, das Wissen meiner täglichen Arbeit nach außen zu tragen.
Das Buch soll Aufschluss darüber geben, welche Themen uns in der Familie immer wieder beschäftigen:

Welche Wirkung hat die Familie auf uns, und zwar unser gesamtes Leben?

Was wollen uns unsere Lebenssituationen sagen?

Was zeigen uns unsere Kinder auf? Kinder als Boten unserer Ist-Situation.

Welche Möglichkeiten und Botschaften liegen hinter den Problemen?

Damit die Themen nicht zu theoretisch bleiben, werde ich immer wieder Begebenheiten und Erfahrungen aus meinem Leben erzählen. Vielleicht bekommt ihr dabei den Eindruck, dass mein Umgang mit meinen ganz persönlichen Herausforderungen immer so locker und leicht war. Aus heutiger Sicht, wenn ich davon erzähle, klingt es leicht. Aber als ich mittendrin steckte – in meiner Kindheit, die von Gewalt und Armut geprägt war, in schmerzhaften Beziehungen und in Momenten, wo ich mein Leben beinahe weggeworfen hätte – war gar nichts leicht. Oft bin ich einen sehr schmalen Grat gegangen, dem Abgrund oft näher als dem festen Boden. Aber egal wie schwierig es war, es gewann immer jene Stimme in mir, die „Ja, ich will leben!“ sagte. Diese Stimme ist meine Kraft, meine Lebensfreude und meine Liebe zu diesem wunderbaren Geschenk: meinem Leben.
Ich wünsche dir eine schöne Reise durch mein Buch!
Für dich und für die ganze Welt.
Alles Liebe,
Angela



Wie funktioniert eine Familienaufstellung

Eine Familienaufstellung bringt das zusammen, was getrennt wurde.
Der Ablauf einer Familienaufstellung ist ganz einfach. Meist arbeite ich dazu mit Gruppen. Derjenige, der mithilfe einer Aufstellung ein Problem lösen mag, ist der Aufsteller. Aus der Gruppe der Teilnehmer werden nach einer kurzen Einführung sogenannte Stellvertreter für die Familienmitglieder des Aufstellers ausgewählt. Sie kennen die von ihnen dargestellten Personen und auch die Geschichte dazu nicht. Sobald die Stellvertreter auf ihrem Platz stehen, beginnen sie so zu fühlen, wie jene Person, die sie darstellen. Es kann sein, dass sie zu zittern beginnen oder Gefühle von Traurigkeit oder Heiterkeit empfinden. Dieses Phänomen lässt sich mit herkömmlichen Vorstellungen nicht erklären. Es wirkt hier eine Energie, die Bert Hellinger „das wissende Feld“ nennt. In diesem Feld sind die früheren Ereignisse in einer Gruppe (z. B. Familie) im gemeinsamen Gedächtnis gespeichert. Der Biologe Rupert Sheldrake, der Hellingers Arbeit selbst erlebt hat, spricht vom lebendigen Universum mit eigenem Gedächtnis und nennt es ein „morphogenetisches Feld“.
Die Stellvertreter lassen sich von dieser Energie führen, die wie eine innere Kraft von selbst wirkt. Hin- und Wegbewegungen, Körperhaltungen, Blicke – dies passiert von selbst und entzieht sich der Kontrolle des Einzelnen. Das Bild, das entsteht, gleicht einem lebendig gewordenen Stammbaum und zeigt, was in einer Familie bisher im Verborgenen gewirkt hat und welche unbewussten Gefühle auf Erlösung drängen. Der Verstand wird in diesen Momenten völlig still, weil er nicht erfassen kann, was hier passiert. Umso spürbarer ist die Wirkung. Jahrelang erlebte Verwirrungen weichen einem plötzlichen Verstehen.
Ziel einer Aufstellung ist es, unerledigte Situationen aus der Familiengeschichte, die verdrängt wurden, zu einem guten Abschluss zu bringen, sie zu lösen. Oftmals geht es um Verzeihung, Abschied oder eine Wieder-Zusammenführung mit ausgeschlossenen Familienmitgliedern. Kinder geben Eltern zurück, was sie für diese getragen haben, Eltern übernehmen wieder die Verantwortung für diese Dinge und entlasten damit ihre Kinder.
Der Aufsteller kann entweder von Beginn an selbst seine Rolle „spielen“ oder sucht einen Stellvertreter für sich und beobachtet eine Zeit lang das Geschehen von außen. Den Moment der Lösung muss der Aufsteller aber selbst erleben, damit sich eine tiefe Wirkung entfalten kann. Ich hole ihn also zu einem passenden Zeitpunkt in die Gruppe. So kann er bisher nicht wahrgenommenen oder verdrängten Gefühlen begegnen, ohne dass sie ihm Angst machen. Das Ergebnis ist oft große Erleichterung und das Gefühl von Einverstandensein.
Mit Hilfe von sogenannten Lösungs- oder Kraftsätzen, die ich den Aufstellern vorgebe, lassen sich lange verfahrene Situationen zu einer guten Lösung bringen. So kann zum Beispiel eine Mutter zu ihrem Sohn, der ein Problem für sie getragen hat, sagen: „Ich bin deine Mutter. Ich bin die Große. Du bist der Kleine.“ Der Stellvertreter des Sohnes sagt zur Mutter: „Ich bin der Kleine. Du bist die Große.“ Die Sätze klingen sehr einfach, haben aber eine tiefe Wirkung. Wenn sich lange Unterdrücktes gelöst hat, können wir den Rückhalt spüren, den uns unsere Familie, inklusive aller Ahnen, gibt. Wir werden uns unserer Wurzeln bewusst und die Lebenskraft kann wieder frei fließen. Verurteilungen und Ablehnung verwandeln sich in Achtung und Wertschätzung, egal was passiert ist. Familienaufstellung ist eine Bewegung hin auf Frieden.
Die Einsatzmöglichkeiten dieser Methode sind vielfältig. Neben der mittlerweile weitverbreiteten Familienaufstellung werden auch Aufstellungen für Firmen, mit schwer kranken Menschen oder mit Strafgefangenen gemacht. Auch Objekte, Gefühle und Persönlichkeitsanteile können aufgestellt werden. Es wird in der Gruppe, aber auch in Einzelsitzungen aufgestellt und statt mit Personen wird auch mit Figuren, Sesseln, bunten Matten oder Zetteln gearbeitet. Die Wirkung ist die gleiche.
Den Ursprung des Familienstellens findet man schon bei alten Naturvölkern. Wenn es im Stamm ein Problem gab, ging man zum Schamanen des Stammes. Dieser machte dann mit den Beteiligten eine Aufstellung, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.
Aus dem Afrikanischen und zu uns in den deutschsprachigen Raum brachte diese Methode der Psychoanalytiker Bert Hellinger. Er gilt als der Begründer der systemischen Familienaufstellung. Sein Leben widmete er der Erforschung jener Ordnung, die unbewusst in allen Familien wirkt, und den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Familienaufstellung. Über die Jahre veränderte er die Art und Weise des Familienstellens laufend und führte sie immer mehr zur ursprünglichen Form zurück. Im Gegensatz zur systemischen Aufstellung wird in der geistigen Aufstellung so gut wie nicht gesprochen. Dann werden Gefühlsimpulse besser wahrgenommen und der Verstand kann zur Ruhe kommen. Erklärungen und Interpretationen werden weggelassen. So bekommt das Heilende und Lösende Raum, sich zu entfalten.
Bert Hellinger leitet seine geistigen Aufstellungen mit folgender Ausrichtung:

Die innere Haltung
Der Leiter einer Aufstellung lässt sich in jeder Hinsicht und bei jedem Schritt von der Bewegung des Geistes führen. Sie gibt ihm vor, mit wem er arbeitet und was er aufgreifen darf, wie weit er gehen und wann er aufhören muss.

Die Zustimmung,
zu allem, wie es ist, und zu jedem, wie er ist – ohne Urteil, mit Achtung und Liebe.

Keine Sorge, weil er jeden Teilnehmer von dieser Bewegung des Geistes geführt anerkennt, egal was auch sein Schicksal und seine Schuld sein mag.
Keine inneren Bilder darüber, was für ihn oder den anderen richtig oder falsch ist. Daher ist er für jeden Hinweis offen, der ihm aus der genauen Beobachtung und dem Einklang mit den Bewegungen des Geistes gegeben und aufgetragen wird.



Meine erste Familienaufstellung

Ich war 24 Jahre jung, lebte schon seit einigen Jahren in der Schweiz und steckte mitten in einer Umbruchphase. Nachdem ich ein halbes Jahr verheiratet war, ließ ich mich schon wieder scheiden. Das war auch der Grund, warum ich mich für eine Familienaufstellung entschied.
Meine Arbeitskollegin gab mir einen Schubs in diese Richtung. Sie meinte, ich solle doch einmal hinschauen. Damals verstand ich nicht, was sie damit meinte – ich solle mal hinschauen. Heute sage ich das selbst oft zu meinen Klienten.
Ich fuhr also zu der Aufstellung und hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. In einem großen Seminarraum saß ich inmitten von 25 fremden Menschen. Als der Aufstellungsleiter fragte: „Wer traut sich zuerst?“, rannte ich förmlich zu ihm hin. Irgendetwas schob mich an, sodass ich gar nicht anders konnte.
Es ging alles so schnell. Ich ließ mich vom Aufstellungsleiter führen, hatte nichts zu tun, außer Personen für meine Mutter, meinen Vater und meinen Exmann aus der Gruppe auszuwählen. Meine Hinbewegung zum Vater war fast nicht möglich. Ich fühlte so einen heftigen Schmerz in mir, dass ich zu Boden ging. Dabei stieß ich einen so lauten Schrei aus, dass sich alle die Ohren zuhielten. Dieser Schrei war ein tiefer, innerer Seelenschrei.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich meinen Vater anschauen konnte. Als es mir nach einiger Zeit doch möglich war, auf ihn zuzugehen, tat es so gut, ihn zu fühlen. Das erste Mal in meinem Leben habe ich Vaterliebe genommen! Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen.
In der Aufstellung kamen noch sehr viele andere Themen zum Vorschein. Eines davon waren die von meiner Mutter übernommenen Verhaltensweisen in Bezug auf Männer. So wie ich war auch meine Mutter ohne Vater aufgewachsen und auch sie hatte keine glücklichen Partnerschaften.
So zeigten sich viele Dinge und mir wurde einiges klar. Von diesem Zeitpunkt an veränderte sich mein ganzes Leben. Meine bewusste Reise hatte begonnen. Ich brauchte zwar noch eine Weile, bis ich alles verarbeitet hatte und die Dinge so annehmen und deuten konnte. Doch ein Anker war gesetzt.
Wer hätte gedacht, dass ich zehn Jahre nach diesem Ereignis selbst Aufstellungsgruppen leiten würde? Ich jedenfalls nicht.



Verstrickungen

Jeder hat das gleiche Recht, da zu sein:

Mutter und Vater
Kinder, Geschwister
Tanten und Onkel
Großeltern
Tote, abgegangene, abgetriebene oder verunglückte Kinder
Opfer von Gewalttaten und deren Familie
Mörder

Jeder, der ausgeschlossen wird oder wurde, bekommt seinen Platz durch eine andere Person oder ein Syndrom (z. B. Krankheit) wieder. Eine höhere Ordnung, die in jedem (Familien)System wirkt, arbeitet für uns und sorgt dafür, dass der Familienkreis immer komplett ist, ohne Rücksicht auf eine einzelne Person.
Stellt euch einen Kreis vor. Der Kreis ist bestrebt, sich immer wieder zu schließen, um diese Gruppe oder Familie zu schützen. Wenn eine Person ausgeschlossen wird, vertritt eine andere Person dessen Position, um den Kreis aufrechtzuerhalten.

Aus meinem Leben
Meine Mutter wurde aus ihrer Familie ausgeschlossen bzw. hat sich selbst ausgeschlossen. Ich fühlte als Kind das Gleiche wie sie. Später fühlte ich mich in Gruppen oft ausgeschlossen.
Meine Mutter war als lediges Kind eines Russen zur Welt gekommen. Sie hatte keinen Platz daheim. Da ihre Mutter wieder heiratete, wuchs sie bei ihrer Oma auf. Sie erzählte oft davon, wie sie sich von ihrem Stiefvater und ihren Halbgeschwistern ausgeschlossen gefühlt hatte. Zu ihrem Vater hatte sie gar keinen Kontakt.
Wenn man sich unsere Familiengeschichte anschaut, erkennt man eindeutig Wiederholungen: Wir sind drei Geschwister und haben alle einen anderen Vater. Mein zweiter Bruder kennt seinen Vater gar nicht und ich habe meinen Vater im Alter von 20 Jahren gegen den Willen meiner Mutter aufgesucht.

Mein Lehrer Bert Hellinger sagt: „Alle haben das gleiche Recht, da zu sein.“ Alles, was in einer Familie ausgeschlossen wurde, wird durch eine andere Person ersetzt, damit die Gruppe zusammen in ihrer Kraft wirkt und bleibt. Der Gruppenenergie ist es egal, welches Familienmitglied diesen Platz einnimmt. Energie hat kein Gewissen. Es geht nur darum, die Gruppe zusammenzuhalten und die Ausgeschlossenen wieder in den Kreis zu holen. Damit lösen sich die Verstrickungen und jeder kann wieder sein eigenes Leben leben.
In meinen Beratungen frage ich die Klienten oft: „Wem in deiner Familie geht es noch so wie dir? Wer hat das Gleiche erlebt? Mit wem bist du verstrickt?“ Man spricht von einer Verstrickung, wenn man das Gleiche erlebt oder fühlt wie jemand anderer aus der Familie. Dabei spielt es keine Rolle, ob man dieses Familienmitglied kennt, ob es noch lebt oder schon gestorben ist.
5 Sterne
Wunderbare Einsichten  - 26.12.2020
Katharina Taucher

Ein unglaublich berührendes- leicht zu lesendes und verständliches Buch zum komplexen Thema der familienaufstellung! Sehr empfehlenswert!

5 Sterne
Familienstellen sichtbar geworfene Liebe - 01.11.2015
Barbara Kölbl

Nicht nur zum großen Nutzen für meine Familie!! Ich konnte das Gelesene auch sehr gut in meinem Betuf als Shiatsupraktikerin verwenden.

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