Erik und seine Freunde

Erik und seine Freunde

Abenteuer auf der Schauenburg

Julian Forten


EUR 19,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 110
ISBN: 978-3-99130-418-0
Erscheinungsdatum: 21.11.2023
Ein Nachmittag im Wald wird für Erik und seine Freunde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Plötzlich gefangen in einer anderen Zeit bestreiten sie spannende Abenteuer auf einer echten Ritterburg fernab ihrer eigenen Realität.
Die Überschreitung der magischen Grenze

Es war ein trüber Herbsttag, genauso, wie die meisten Menschen sich einen trüben Herbsttag vorstellen. Nieselregen, tiefziehende graue Wolken und schwaches Tageslicht, bei dem man nicht genau wusste, ob es Nachmittag oder schon früher Abend war. Da Erik gerade von der Schule nach Hause ging, musste es gegen halb zwei sein.
Er war in Gedanken an den gestrigen Nachmittag versunken, den er mit seinen Freunden Fin und Joren verbracht hatte. Sie waren im Wald gewesen und hatten dabei die Zeit vergessen. Auch Eriks neue Armbanduhr half in solchen Fällen nicht weiter, da er beim Spielen meist nicht auf seine Uhr schaute. Eigentlich wollten die drei Jungs heute ihr Versteck in den hohen Baumkronen weiter bauen, doch bei diesem Wetter würde Mama das bestimmt nicht erlauben. Die Nägel aus Papas Werkstatt hatten ihnen dabei schon wertvolle Dienste geleistet. Heute wollten sie das Lattengerüst fertigstellen, welches sie zwischen den starken Ästen angebracht hatten. Es musste nun noch mit Reisig umgeben werden, sodass ihr Versteck nicht entdeckt werden konnte. Im Wald roch es um diese Jahreszeit immer nach Moos, Erde und feuchter, kühler Luft. Der Dunst vom Waldboden trieb einem den Geruch von herabgefallenem Laub in die Nase. Papa erzählte immer, wenn Erik ihn nach seiner Kindheit fragte, dass er gleich nach der Schule seinen Schulranzen in die Ecke gestellt hatte und in den Ritterstieg gegangen war.
Der Ritterstieg war nach Papas Schilderung ein dunkler, steiler Hochwald, durch den einst Ritter von ihrer Burg in das Tal geritten waren. In den damaligen Zeiten hatten sich im Lauf der Jahrhunderte die verschiedensten Burgherren abgelöst. So hatten in den späteren Zeiten auch Raubritter auf der Burg gehaust, welche die Kaufleute auf dem Handelsweg über den Heuberg überfallen hatten.
Der Heuberg war eine wichtige Verbindung in das angrenzende Nachbarland gewesen und Raubritter waren nach Papas Schilderungen Burgbewohner, die auf ihren Burgen die Handelswege beobachteten und den Kaufleuten den Weg versperrten, um Geld von ihnen zu erpressen. Mit ihren voll beladenen langsamen Pferde- oder Ochsenkarren waren die schwerfälligen Wagen oftmals eine leichte Beute für die rauen Gesellen von den Burgen. Die Kaufleute, die kein Lösegeld aufbringen konnten, keines zahlen wollten oder auch keine begehrten Waren anbieten konnten – etwa wertvolle Tücher für die Burgfrauen, Wein oder wichtige Werkzeuge und Baumaterialien – wurden auf die Ritterburg verschleppt und im Burgturm gefangen gehalten. Dort blieben sie, bis sie von anderen Kaufleuten oder ihren Familien ausgelöst wurden. Eine bewaffnete Begleiteskorte war damals sehr teuer und viele Kaufleute wollten oder konnten sich diese nicht leisten.
Das war also Papas Wald, in welchem er als Kind immer gespielt hatte. Nur zu gut erinnert sich Erik an Papas spannende Erzählungen. Dort hatte dieser mit seinen Freunden nach der Schule meist den ganzen Nachmittag verbracht, Baumhäuser in die Wipfel der hohen Fichten und Verstecke auf dem Waldboden gebaut und dabei auch die Zeit vergessen. Er kam oft spät nach Hause, wo ihn seine Mutter bereits erwartete. Sie wirkte meist etwas streng, da sie sich Sorgen machte, denn es konnte ja unterwegs viel passieren. Noch dazu, wenn sie nicht wusste, wo Papa war, obwohl sie es oft ahnte. Aber in einem großen, weitläufigen Wald waren die Kinder kaum zu finden.
Erik versank in Gedanken immer mehr in Papas damalige Zeit und in die Geschichten, die er ihm oft vor dem Einschlafen abends erzählte. Dabei merkte Erik schon gar nicht mehr, wie der leichte Regen auf seinen Umhang fiel und das Wasser seitlich an ihm herunterlief. Er hörte plötzlich Stimmen, die ihn riefen. „Eeeriiik!“ Es waren seine Freunde, Fin und Joren, die in der Siedlung ein paar Häuser weiter entfernt wohnten. Der Regen hatte inzwischen nachgelassen und so begaben sich die drei gemeinsam auf den Weg in den Wald.



Der dunkle Ritter

„Halt, wohin des Weges?“, erscholl auf einmal eine laute, kräftige Männerstimme. Die drei erschraken, sahen auf und ein dunkler Ritter stand plötzlich vor ihnen. „Wer ist denn das und woher kommt er, ich habe ihn zuvor niemals gesehen“, dachte Erik so bei sich. Fin und Joren waren über die plötzlich aufgetauchte finstere Gestalt ebenso erschrocken und versuchten, sich zu verstecken. „Wir … wir sind auf dem Weg zu unserem Baumhaus“, sagte Erik zu der fremden Gestalt, die nun näher auf die Kinder zukam. „Das wollten wir heute weiterbauen.“ „Ihr wisst, dass ihr euch in dem Wald des Grafen zu Schauenburg befindet“, dröhnte es aus der Ritterrüstung. Beim Näherkommen quietschten die Gelenke seiner Rüstung und das lange Schwert schlug an den Beinschutz des Ritters. „Die Rüstung könnte auch mal etwas Schmierung vertragen“, dachte Fin so bei sich, sprach es aber nicht laut aus.
„Ich, äh, wir … wir wollten doch nur ein wenig im Wald spielen“, fiel Joren ein, und das sei doch wohl nicht so schlimm. Doch der Fremde reagierte nicht darauf. „Ich werde euch jetzt mit auf die Burg nehmen, dort könnt ihr alles dem Grafen erzählen.“ Die Kinder waren wie gelähmt und an ein Wegrennen war nicht zu denken, denn das Pferd des Ritters hätte sie bestimmt gleich wieder eingeholt und außerdem würde die dunkle Gestalt sicherlich wütend werden. Der Fremde band jedem von ihnen ein langes, kräftiges Seil um den Leib. „So“, sagte er, „damit mir keiner von euch Zwergen wegrennt.“ Er lachte dröhnend. Der Ritter befestigte nun die Seile an seinem Sattel, rief dem Pferd ein Kommando zu, welches wie „Ho, ho!“ klang und so ging unsere kleine Gruppe den schmalen Weg hinauf, allen voran der Ritter, der ebenfalls zu Fuß gehen musste, da es recht steil bergauf ging und Friedhelm sein Pferd schonen wollte. Sein Schwert hatte er inzwischen längs an das Sattelzeug seines Pferdes gebunden. Die Kinder folgten ihm stumm und im Wald war auch keine weitere Menschenseele zu sehen, auch Vogelstimmen waren nicht zu hören. Erik konnte es gar nicht so recht glauben – nun ist er selbst in dem Wald, von dem Papa immer erzählt hatte, und aus irgendeinem Grund in diese Situation hineingeraten, die ihm immer noch so unwirklich vorkam. Es sah alles so aus, wie es Papa in seinen Geschichten, die er gerne abends erzählte, beschrieben hatte. Der Bach, den sie überquert hatten, der hohe dunkle Wald und der schmale Pfad, der zickzackförmig steil bergauf zu einer alten Burg führte.
Es begann bereits dämmrig zu werden und die Luft kühlte stark ab. Die Feuchte des Waldes war bereits beim Atmen zu spüren und aus den Nüstern des Pferdes drang warme Luft, die in der Kühle des Abends sichtbar wurde. Dem Pferd fiel es offensichtlich nicht schwer, den steilen Pfad bergauf zu gehen, was bedeutete, dass es diesen Weg öfter geführt wurde.
Nachdem unsere kleine Gruppe ein ganzes Stück des schmalen, steilen Weges zurückgelegt hatte, bat Fin den Fremden um eine kleine Verschnaufpause. Das schien auch dem dunklen Ritter willkommen und er willigte ein, denn auch er war anscheinend erschöpft. „Vielleicht war er ja auch schon den ganzen Tag unterwegs“, dachte Fin. „Wer weiß, wen er alles schon überfallen und ausgeraubt hat“, sprach er seine Gedanken leise vor sich aus, sodass auch sein Bruder Joren sie vernahm. „Aber vielleicht war er ja auch als Bote zu einer anderen Burg unterwegs, das könnte doch möglich sein“, entgegnete dieser. „Ja, mag schon sein“, sagte Fin, „aber ich habe keine Lust mehr, hier weiterzulaufen.“ Da kam das barsche Kommando des Fremden: „Los, weiter!“ Fin erschrak. Der Fremde redete so gut wie gar nicht, nur ab und an war ein unverständliches Brummeln zu hören. So ging es wohl noch eine gute Stunde weiter.



Am Schauenburgteich

Unsere kleine Gruppe kam nun an einem kleinen Waldsee vorbei, der am Ufer dicht mit Schilf und anderen Gräsern bewachsen war. „Ist das hier alles saftig und grün“, sagte Erik zu seinen beiden Freunden, „vielleicht hat nach dem heißen Sommer die Natur jetzt noch einiges aufgeholt.“ Sie legten abermals eine Pause ein und das Pferd des Ritters fraß von dem noch recht frischen Gras am Waldsee. Das musste der Schauenburgteich sein, so wie ihn Erik sich anhand von Papas Erzählungen vorgestellt hatte. Rings um den kleinen See standen alte Weiden, die ihre Äste bis tief auf die Wasseroberfläche neigten. Die Ufer waren recht steil und aus dem Abfluss des Bergsees floss ein kleines Rinnsal in Richtung des Tales, aus dem unsere kleine Gruppe gekommen war. Das Pferd des Ritters trank nun begierig aus diesem kleinen Rinnsal. „Ihr dürft euch auch etwas Wasser nehmen“, tönte dessen scharfe, schnarrende Stimme. Joren schöpfte mit seiner Hand vorsichtig etwas von dem kühlen Wasser aus dem Bächlein und reichte es seinem kleineren Bruder Fin. Dann trank er selbst einen kühlen Schluck. Erik machte derweil einen Liegestütz und sog aus dieser Stellung das kühle Nass direkt in seinen Mund. „Wie herrlich das schmeckt“, dachte er, „klares, frisches Wasser, das findet nur jemand, der auch in der Natur unterwegs ist.“

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