Der Ruf des Knuddelmonsters

Der Ruf des Knuddelmonsters

Richard Soborski


EUR 17,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 150
ISBN: 978-3-99146-159-3
Erscheinungsdatum: 23.10.2023
Jakob ist ein gewöhnlicher Junge, doch als er das Knuddelmonster Knuddi trifft, ändert sich sein Leben schlagartig. Schließlich möchte er Knuddi dabei helfen, das neue Zeitalter einzuläuten. Wird dies dem neu gewonnenen Freund trotz Widerständen gelingen?
Kapitel 1: Ein geheimnisvoller Brief


„Meine Wanderung am Fuße des sagenumwobenen Berges Waldesgard wurde plötzlich unterbrochen, als mich ein Lichtstrahl erfasste und in die Höhe forttrug. Ich schwebte an den dichten Bäumen vorbei, die am Fuße des Berges noch förmlich wucherten und, je höher ich hinaufstieg, immer weniger wurden, bis nur noch eine kahle und felsige Landschaft übrigblieb und von den unwirtlichen Lebensbedingungen in dieser großen Höhe zeugte. Dennoch pulsierte mein Herz beim Anblick des Gipfels und es durchfuhr mich ein Gefühl tiefer Liebe zum Berg und zu allem, was meine Augen von dieser Höhe aus in weiter Ferne erblicken konnten: die umliegenden Wälder, die große Stadt im Süden und alle zwei- und mehrbeinigen Bewohner, die diese Gegend ihre Heimat nannten.
Hoch oben, unweit des Gipfels, befand sich hinter einem schweren Stein versteckt der Eingang in das Innere von Waldesgard. Der Stein glitt zur Seite und ein schmaler Stollen führte in den Berg hinein. Ich durchschritt den Stollen, der durch zwei Wandkerzen in einem dämmrigen Licht schimmerte, als sich vor mir ein Stein zur Seite bewegte und unter dem Stein versteckt ein Schlüssel im Kerzenlicht glitzerte. Ich nahm den Schlüssel an mich und schritt weiter, bis ich vor einem verschlossenen Tor stand. Der Schlüssel passte in das Schloss, die Tür öffnete sich und ich trat in einen weiteren dämmrigen Raum, in dessen Mitte ein ringförmiger Stein lag.
Neben dem Stein tauchte wie aus dem Nichts eine Statue auf, die in der rechten Hand eine Kristallkugel hielt. Wie auf einer Kinoleinwand sah ich, wie vor langer Zeit ein großgewachsener bärtiger Mann und jemand von meiner Spezies gemeinsam die Statue aus einem mächtigen Steinblock gemeißelt hatten.
Plötzlich wurde mir die Kristallkugel wie von unsichtbarer Hand in die Hände gelegt, die ich in der Mitte des Steins platzierte. Aus dem Kristall gingen Lichtstrahlen aus, die keinen Bewohner dieses Planeten nicht irgendwo tief im Herzen berührt hätten.“

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages drangen durch das Dickicht des Waldes und hüllten Knuddis felsige Höhle in ein honigfarbenes Gelb. Knuddi drehte sich auf seinem mit Gras und Blättern ausgelegten Schlafplatz auf den Bauch, um den Traum noch eine Zeit lang nachwirken zu lassen, doch dieser Tag sollte sich als der Anfang eines ungewöhnlichen Abenteuers entpuppen.
„Guru, Guru!“, drang es an sein Ohr und holte ihn schrittweise in das Hier und Jetzt zurück. „Guru, Guru“, ertönte es immer wieder vom Höhleneingang.
„Sei bitte leise, ich will noch meine Ruhe haben!“ Knuddi drehte sich grummelnd auf die Seite und verdeckte seine Augen mit seiner großen, mächtigen Tatze.
„Guru, Guru!“ Das Gurren wurde immer lauter. Knuddi war keine Ruhe mehr vergönnt. Er richtete sich von seinem Schlafplatz in seiner Höhle auf und taumelte benommen in Richtung Ausgang. Mit seinem Kopf streifte er die Decke und stand nach wenigen Schritten draußen vor dem Eingang. Mit seinen scharfen Krallen, seinen spitzen Eckzähnen und der Größe eines Basketballspielers hätte er wohl jedem Tier Angst einjagen können. Doch das Lächeln auf seinem Gesicht und die Gutmütigkeit, die er ausstrahlte, nahmen jedem sofort jegliche Angst.
Der Störenfried war schnell ausgemacht. Eine weiße Taube wartete draußen neben einem Holunderstrauch, der den Höhleneingang fast vollständig verdeckte. Vor ihr lag ein violetter Umschlag, den sie auf dem Waldboden abgelegt hatte.
Sie gurrte erneut und zeigte mit dem Schnabel auf das Kuvert.
„Ist das für mich?“
Der Vogel nickte mit seinem kleinen Kopf, als wollte er die Frage mit einem „Ja“ beantworten.
Unsicher, was ihn erwartete, hob Knuddi den Um­-
schlag von der Erde auf und betrachtete mit einem argwöhnischen Blick abwechselnd mal die Vorderseite, mal die Rückseite.
Die Taube verabschiedete sich daraufhin mit einem letzten lauten Gurren, bevor sie wieder zwischen den dicht bewachsenen Baumgipfeln aus dem Blickfeld verschwand. Sie hatte sich nicht geirrt. Auf dem Kuvert stand sein Name: „Knuddi“. Ein Absender war allerdings nicht vermerkt und er hatte nicht die leiseste Idee, von wem der Brief sein könnte. Außer Weihnachtsgrüßen von seinen Eltern bekam er nie Post, sodass seine Neugier immer größer wurde. Mit seinen Krallen zerschnitt er den Umschlag und nahm den Inhalt heraus. Er entfaltete das Blatt, das ihn mit seinen abgerundeten Rändern an die Schatzkarte einer Piratenbande erinnerte.
Es war eine Karte, welche die Umrisse des großen Waldes von Waldesheim zeigte, der auch sein Zuhause war. Am südlichen Ende war die Stadt Waldesheim eingezeichnet, die auch die Namensgeberin für den Wald war und an den Wald angrenzte. An der Grenze zwischen dem Wald und der Stadt war ein X vermerkt. Von der Stadt zeigte ein Pfeil zum Berg Waldesgard, der im Osten abgebildet war und ebenfalls an den Wald angrenzte. Auf dem Gipfel des Berges war eine Kugel abgebildet, deren Ähnlichkeit mit jener aus seinem Traum unverkennbar war. Seine Hände zitterten und sein ganzer grün-behaarter Körper bebte vor Aufregung. Der Traum von heute Morgen und der Brief hingen offenbar zusammen.
Ungewiss darüber, was er jetzt tun sollte, stieg er mit dem Brief in der Hand in großen Schritten den Hügel hinauf, an dessen Fuß sich seine Höhle befand, und ließ sich auf dem großen Stein nieder, der einen guten Ausblick auf die Umgebung bot. Nachdem sich seine Aufgewühltheit wieder gelegt hatte, schweifte sein Blick Richtung Süden, wo die Stadt Waldesheim mit ihren engen Gassen und historischen Bauten rund einen Tagesmarsch entfernt lag. Dann drehte er sich in Richtung Osten, wo er vom Hügel aus in weiter Entfernung den Gipfel von Waldesgard sehen konnte, der von seiner Höhle rund zwei Tagesmärsche entfernt war.
Wie ein Blitz durchfuhr ihn das Gefühl, einen speziellen Auftrag ausführen zu müssen. Der Traum von heute Morgen und die Karte waren unverkennbare Zeichen. „Von wem war die Karte?“, ging es ihm immer wieder durch den Kopf. Von wem auch immer, er musste sich auf den Weg machen. Aber auf welchen Weg und wohin und weshalb? Egal, ihn drängte das Gefühl, keine Zeit verlieren zu dürfen. Ungewiss darüber, wo ihn seine Reise hinführen würde, schnappte er sich seine ganzen Habseligkeiten, seinen Trinkbecher und sein Liederbuch, stopfte sie gemeinsam mit der Karte in seine Umhängetasche und machte sich auf den Weg Richtung Süden, zu jener Stelle, an der das X auf der Karte vermerkt war.



Kapitel 2: Die Reise beginnt


Die Sonnenstrahlen, die durch die dichten Blätter schimmerten, ließen die Waldwege in einem malerischen Licht glänzen. Neben dem Weg zeugten seltsam geformte Steine von der Mystik des Waldes, die diesen zweifellos umgab.
„Dieser Ort ist schon etwas Besonderes“, ging es Knuddi immer wieder durch den Kopf, als er unterwegs die Herrlichkeit und Einzigartigkeit seiner Heimat betrachtete.
Wo auch immer er vorbeiging, begrüßten ihn die Tiere des Waldes, indem sie sich ganz dicht an sein Fell schmiegten oder die Vögel ganz knapp über seinen Kopf hinwegflogen. Hin und wieder legte Knuddi eine Rast ein, meistens in der Nähe eines Baches, um seinen Becher mit frischem Waldwasser aufzufüllen. Dabei sang er gerne die alten Lieder aus seinem Liederbuch, in denen die guten alten Zeiten besungen wurden, als seine Artgenossen noch weite Teile der Erde in so großer Zahl bevölkerten, dass man sie kaum hätte alle zählen können.
Als er schon ganz nahe bei Waldesheim war, kündigte die rot gefärbte Sonne das nahende Tagesende an und er beschloss, sich für die Nacht einen Schlafplatz einzurichten. Von einer Wiese auf einer Anhöhe aus, die durch die letzten Sonnenstrahlen des Tages in einem saftigen Grün glänzte, konnte er schon die Umrisse der historischen Bauwerke erkennen. Er war nicht mehr weit entfernt. Müde nach der langen Wanderung fielen ihm die Augen schnell zu. Knuddi, gut verborgen durch das hohe Gras, versank im Land der Träume.

Bei Tagesanbruch sprang er von seinem Schlafplatz auf, schnappte sich seine Sachen und wagte sich so nah an die Waldgrenze, dass er bereits zwischen den Bäumen die angrenzenden Häuser erblicken konnte. Schließlich kam er auch an der Stelle an, an der das X auf der Karte vermerkt war.
Da war er nun, an der mysteriösen Stelle, zu der ihn die Karte und sein Traum geführt hatten. Unklar darüber, was ihn erwartete, ließ Knuddi zuerst seine Blicke in die Gegend schweifen. Er schaute nach rechts, dann nach links und schließlich nach hinten und wieder nach vorne, doch abgesehen von Buchen, Eichen und einem sich sanft zwischen den Bäumen schlängelnden Waldbach war nichts zu erkennen.
„Ein ganz normaler Wald. Was soll ich hier finden? Bin ich hier überhaupt an der richtigen Stelle?“ Knuddi fing an zu grübeln.
Die Karte war ja auch schließlich klein im Vergleich zum großen Wald. Das X könnte ja auch ein paar hundert Meter in einer anderen Richtung liegen. Knuddi ging den Waldweg hin und her und betrachtete jeden Winkel mit einem scharfen Auge. Auf einem Baum spazierte ein Eichhörnchen mit einer Eichel im Mund auf und ab. Auf dem anderen saß eine Nachtigall und zwitscherte ein lieblich klingendes Lied. Doch außer dem Wald und seinen üblichen Bewohnern war weit und breit nichts Außergewöhnliches zu sehen. Knuddi betrachtete jeden Busch und jeden Baum in der näheren Umgebung.
Als Nächstes kniete er auf dem Waldboden und inspizierte ihn. Wie ein Baby krabbelte er auf allen vieren und begutachtete jede Bodenunebenheit. Außer Käfern und Waldpilzen hatte der Boden allerdings nicht viel zu bieten.
„Das bringt doch nichts. Wonach suche ich überhaupt? Nach einer Kristallkugel oder nach etwas anderem?“ Nachdem er jeden Winkel untersucht hatte, richtete er sich wieder auf und schaute sich nochmals um, bevor er sich zu Boden fallen ließ und seinen Rücken an den dicken Stamm einer Eiche anlehnte. Langsam ließen Zweifel über die Sinnhaftigkeit seines Abenteuers das beinahe immerwährende Lächeln auf seinem Gesicht verschwinden, als plötzlich ein dumpfes Rascheln seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.



Kapitel 3: Ein neuer Freund


In Windeseile richtete sich Knuddi auf und sprang mit einem Riesenschritt hinter einen dicht bewachsenen Wacholderbusch. Er spähte hindurch und sah einen offenbar jungen Burschen, der den Weg entlangspazierte. Auf dem Rücken trug er einen Rucksack. Eine Kappe verdeckte sein auf den Boden gerichtetes Gesicht, sodass dieses nur unklar erkennbar war. Kopfhörer steckten in seinen Ohren und von seinen Lippen ertönte eine Pfeifmelodie. Knuddi beobachtete den Burschen eine Weile skeptisch. Sein Misstrauen gegenüber den Menschen ließ ihn zunächst vorsichtig sein, doch schließlich gewann seine Natur die Oberhand.
Er vergaß völlig, weswegen er dort war, und sprang von seinem Versteck auf. Mit der Knuddel-Melodie „Uuuu-aaaaahhh Uuuuu-uuhhhh“ bekundete er seine Bereitschaft zum Knuddeln. Der Junge sah und hörte ihn gar nicht und spazierte einfach weiter.
Knuddi probierte es nochmals aus ganzer Kehle: „Uuuu-aaaaahhh Uuuuu-uuhhhh.“
Nun blieb der Junge stehen und lauschte gespannt, während Knuddi mit ausgestreckten Armen, die er abwechselnd rauf und runter bewegte, von hinten auf ihn zuging und seinen Gesang erneut wiederholte. Diesmal mit Erfolg.
Der Junge drehte sich um und schaute aus einem Meter Entfernung einem großen grün-behaarten Wesen direkt in die Augen. Das Gesicht des Burschen verfärbte sich kreidebleich und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Das Monster blieb stehen und musterte den Jungen. Er war klein und schien keine Gefahr darzustellen. Ganz im Gegenteil, er wirkte mit seinen braunen Haaren und kleinen blauen Augen wie ein kleiner Teddybär. Am liebsten hätte er ihn sofort in die Arme genommen. Seine anfängliche Skepsis war vollständig verschwunden.
Der Junge atmete tief ein und aus und fasste sich allmählich wieder. Die Aufregung wich beim Anblick des liebeswerten und lächelnden Gesichts langsam von ihm. Schließlich verdrängte die Neugier das letzte Gefühl der Angst. „Wer bist du denn?“, fragte der Junge.
„Hallo, mein Name ist Knuddi.“
„Knuddi, das ist ja ein lustiger Name. Bist du etwa ein Knuddelmonster?“
„Ja, genau. Hast du schon von uns gehört?“ Knuddi lachte erfreut. Schon lange hatte er sich mit keinem Menschen mehr unterhalten.
„Meine Eltern haben mir die alten Geschichten von den Knuddelmonstern erzählt. Ich wusste aber nie, ob es euch wirklich gibt oder alles nur Märchen sind.“
„Ich bin echt, du kannst gerne mein Fell anfassen.“
Der Bursche streichelte über Knuddis haarigen Unterarm. „Fühlt sich sehr weich und kuschelig an.“
„Ich muss mein Fell regelmäßig mit Waschen und Einölen pflegen, damit es so bleibt. Und wie heißt du?“, wollte Knuddi wissen.
5 Sterne
Der Ruf des Knuddelmonsters - 30.11.2023
Serkan Izgin

Dieses Buch von Richard Soborski finde ich spannend und fantasievoll.Es hat mich in meine Kindheit entführt, wo ich auf längst vergessene Gedanken und Gefühle gekommen bin.Es ist leicht zu lesen und sogar für Erwachsene empfehlenswert.

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