(Nicht ganz so) perfekt

(Nicht ganz so) perfekt

Melanie Abgottspon


EUR 13,90
EUR 8,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 68
ISBN: 978-3-99048-294-0
Erscheinungsdatum: 28.10.2015
Nach der Trennung ihrer Eltern durchlebt Mia eine Achterbahn der Gefühle. Denn das Leben als Scheidungskind ist alles andere als einfach! Wie schafft es Mia, damit klarzukommen? Und wer ist wohl ihr geheimnisvoller Verehrer …?
Tierische Überraschung

„Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter …“ Die Türklingel unterbrach die Melodie des Weihnachtsliedes und meine Familie und ich wurden aus unserer festlichen Stimmung auf den Boden der Realität gerissen. Leah drückte den armen Kater vor Schreck noch fester an ihre Brust, wobei dieser ein keuchendes Geräusch von sich gab. Fluchend stand Mama auf und eilte zur Tür, um den Unruhestifter zur Rede zu stellen. „Wer kann das bloß sein? Wenn es wieder einmal die Nachbarskinder mit ihren dummen Streichen sind, dann können sie sich diesmal auf etwas gefasst machen. An Weihnachten stört keiner unsere wunderbare Familienatmosphäre.“ Eine wunderbare Familienatmosphäre war das nun bestimmt nicht, was bei uns herrschte, aber Mama hatte sich wohl gewünscht, es wäre so gewesen. Mit einem kräftigen Ruck öffnete sie die Tür und stand einem Paketboten gegenüber. „Ich habe hier eine Lieferung für Mia Setter.“ Ich traute meinen Ohren kaum. Ein Päckchen für mich. Ich stieß ein Weihnachtgeschenk, das mir im Weg stand, unsanft mit meinem Fuß zur Seite und rannte zur Tür. „Ich bin Mia Setter. Das Paket ist für mich!“, schrie ich auf dem Weg zur Haustür und prallte dabei fast mit dem Schuhschrank im Flur zusammen. Der Mann streckte mir eine riesengroße Pappschachtel entgegen und meinte: „Vorsicht, junge Dame. Es ist sehr schwer und du musst behutsam damit umgehen.“ Er lächelte mich an und bat dann meine Mama um eine Unterschrift. Ich hielt mein Geschenk in den Armen und schlurfte in Gedanken versunken ins Wohnzimmer zurück. Im Hintergrund konnte ich noch die Weihnachtswünsche meiner Mama und des Päckchenboten hören. Danach schloss meine Mutter die Tür und eilte hinter mir her.

Auf dem Paket standen in Druckschrift mein Name und die Adresse, sonst nichts. Nun wurde auch langsam meine kleine Schwester neugierig. Als ich die Kiste auf das Sofa stellte, schnupperte Milu gespannt daran, stellte dann die Nackenhaare auf und sprang auf den Tisch. „Wieso hat Milu Angst?“, fragte Leah im Flüsterton. Das war eine sehr berechtigte Frage. Wieso benahm sich unser sonst so gelassener Stubentiger plötzlich so ängstlich? In dem Moment, als meine Mutter ganz langsam auf das Paket zuging, wackelte es und gab komische Piepslaute von sich. „Du meine Güte. Mia, wer hat dir bloß dieses Geschenk geschickt? Da ist ja ein Tier drin.“ In völliger Panik, dass das arme Tier ersticken könnte, riss meine Mama die Verpackung auf. Ganz gespannt starrten wir auf das Geschenk, welches sich langsam von selbst anfing auszupacken. Ich traute meinen Augen kaum. Ein schwarzes Wollknäuel mit einer roten Schleife um den Hals purzelte aus dem Geschenkpapier heraus und schaute mit großen Kulleraugen zuerst auf meine Mama, dann abwechselnd zu Leah und zu mir. Als es ungefähr das dritte Mal zwischen meiner Schwester und mir hin und her gesehen hatte, entdeckte es die Katze. Danach ging alles ganz schnell. Milu sprang fauchend vom Sofa, nachdem das schwarze Knäuel, welches sich als Hundewelpe entpuppte, wie wild angefangen hatte zu bellen. Das Hündchen hatte anscheinend das Gefühl, dass dies ein lustiges Spiel wäre. Denn auch Leah hatte wie wild angefangen zu schreien und somit das ganze Spektakel musikalisch unterlegt. Mit einem großen Satz landete der Hund neben Milu, der verzweifelt versuchte, den Weihnachtsbaum hochzuklettern. Der Kater hatte aber nicht damit gerechnet, dass das Wollknäuel auch den Baum anspringen könnte und ihn somit mitsamt der Katze zu Fall brachte. Ich stand wie angewurzelt da und beobachtete alles, während meine Mutter irgendetwas von „Halte ihn!“ und „Stopp!“ durch das Zimmer schrie und verzweifelt versuchte Leah zu beruhigen.

Was für ein Durcheinander. Leah saß weinend auf dem Fußboden, Milu stand fauchend auf dem Wohnzimmerschrank, Mutter kniete auf dem Sofa und betrachtete die Überreste des Spektakels. Ich stand immer noch einfach nur rum und unser nicht ganz so gewollter Familienzuwachs lag völlig erschöpft auf dem Teppich. Meine Mutter stand langsam auf und schloss die Katze in der Küche ein. Beim Zurückkommen nahm sie meine kleine Schwester auf den Arm und setzte sich mit ihr wieder auf das Sofa. „Mia? Hallo? Hörst du mir zu?“ Meine Mama fuchtelte wie wild mit ihren Händen vor meinen Augen herum und hatte mir, wie es scheint, eine Frage gestellt. Ich kniff die Augen einmal ganz fest zusammen, um zu sehen, ob das Ganze nicht doch nur ein Traum gewesen war. Doch als ich sie wieder öffnete, war alles noch da. Langsam brachte ich den Mund wieder auf und stammelte: „Mutti, was soll das? Wieso bekomme ich ein Päckchen mit einem Hund? Und vor allem, von wem?“ „Ach Süße, wenn ich das wüsste. Such doch bitte in dieser Unordnung, ob sich ein Brief an der Schachtel befindet.“ Ich suchte zwischen den Tannenästen, abgebrochenen Kerzen und Geschenkpapier, in der Hoffnung einen ungeöffneten Brief zu finden. Nach einigen Minuten hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, als ich unter Leahs neuem Puzzle eine rote Briefecke entdeckte. Ich zog einen großen Briefumschlag hervor und setzte mich damit neben meine Mutter aufs Sofa. Mit zitternden Fingern öffnete ich ihn und zog eine Karte mit vielen Herzen darauf heraus. Ich drehte sie langsam um und las den langen Text auf der Rückseite.

Liebe Mia
Fröhliche Weihnachten!
Endlich ist es so weit und ich darf bei dir sein. Ich bin ein Neufundländerrüde und erst 9 Wochen alt, deshalb kann es auch mal passieren, dass ich mein Geschäft nicht immer draußen in der Natur verrichte. Dafür entschuldige ich mich schon jetzt. Ich brauche natürlich viel Bewegung und genug Platz in eurer Wohnung. Mein Weg hat mich zu dir geführt, weil mir jemand verraten hat, dass du dir schon sehr lange einen Hund wünschst. Deine Eltern waren aber immer nur mit ihren Problemen beschäftigt, weshalb sie deinen Wunsch einfach überhörten. Nun hab ich es aber zu dir geschafft, und weil ich noch so jung bin, hab ich auch noch keinen Namen. Eigentlich versteht sich meine Rasse sehr gut mit anderen Tieren, weshalb das Zusammenleben mit deinem Kater kein Problem darstellen sollte. Falls doch, entschuldige ich mich dafür und bitte dich, Geduld zu haben und mir einfach genug Zeit zu lassen, um mich an alles zu gewöhnen.
Wir werden bestimmt eine super Zeit miteinander verbringen.
Ein Riesenkuss von deinem Wauwau

Wow, ich war sprachlos. Jemand hatte mir einen Hund geschenkt. Einen Hund für mich ganz alleine und sonst niemanden. Meine Mama hatte über meine Schultern gelinst und den Brief auch gelesen. Nun saß sie mit offenem Mund und großen Augen da und starrte auf den Welpen. Als ob dieser gespürt hätte, dass sich unsere Gedanken nur um ihn drehten, stand er auf und watschelte auf seinen viel zu großen Pfoten auf uns zu. Fast bei uns angekommen, legte er eine Pause auf Muttis Lieblingsteppich ein und entleerte kurz seinen Blaseninhalt. „Halt! Doch nicht auf meinen schönen Teppich“, schrie meine Mama völlig entsetzt, sprang auf, packte den Hund und rannte mit ihm die Treppe hinab. Ich befreite den armen Kater aus der Küche. Er rannte sofort zu Leah und rieb sein Köpfchen an ihrem Rücken. Sie streichelte den Kater liebevoll und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich liebe dich trotzdem noch viel mehr als den Hund.“ Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, wie süß meine kleine Schwester doch war. Wir hörten, wie jemand die Treppe raufkam und kurze Zeit später setzte meine Mutter das Fellknäuel neben das Sofa und meinte völlig außer Puste: „Also das mit dem Pipi machen, müssen wir noch lernen. Ich habe nicht die blasseste Ahnung, wer zur Hölle dir dieses Weihnachtsgeschenk gemacht hat.“ Ich zuckte mit den Schultern und wandte meinen Blick von ihr ab. Ich wusste nämlich ganz genau, wer mir diesen Hund geschenkt hatte. Nur einem Menschen auf dieser Welt hatte ich erzählt, dass ich mir einen Neufundländer wünschte. Meinem Papa.

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