Die Frau in der roten Corsage – Karriere wider Willen?

Die Frau in der roten Corsage – Karriere wider Willen?

Das Leben der Inge Letz

Karin Assadian


EUR 18,90
EUR 15,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 146
ISBN: 978-3-99131-662-6
Erscheinungsdatum: 27.03.2023
Inge Letz war die erste Live-Regisseurin im deutschsprachigen Showbusiness und hielt unter anderem bei „Dalli Dalli“, „Wünsch dir was“ und „Tritsch Tratsch“ die Fäden in der Hand. Ihre Biografie gibt Einblick in ein spannendes Kapitel Fernsehgeschichte.
VORWORT


INGE LETZ, DIE KARRIERE MACHTE, OHNE ES ZU WOLLEN

Inge Letz, geboren am 24. März 1941 mitten im Zweiten Weltkrieg mit Mädchennamen Luft, war schon immer eine erstaunliche, beeindruckende Erscheinung. Bei einem Mann würde man auf gut Wienerisch sagen „ein g’standenes Mannsbild“, bei Inge entsprechend „eine adrette Person“. Ihre weißen Haare, ihre hochgewachsene, schlanke Figur, der silberne Ohrschmuck, die intellektuelle Brille und das Schwarz der Kleidung. Selbstsicher und selbstbewusst.
Das war nicht immer so. Betrachtet man aufmerksam die vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos ihrer Volksschulzeit, ist ein Anflug von Schüchternheit und Verletzlichkeit zu sehen.
Ihr Charme ist ungebrochen, auch nach so vielen Jahren, jetzt im höheren Alter. Wer immer Inge begegnet, spricht von ihrem Lächeln. Es ist ein sanftes, wissendes, ein liebevolles und fürsorgliches Lächeln, so ganz ungewöhnlich für die sonst in Wien geborenen und lebenden Menschen, die immer „granteln“. Auch wenn Kränkung, Sorge, Kummer, Ärger und Enttäuschung über ihr Gesicht huschen, nach einem kurzen Moment ist all das verflogen und das Lächeln ist wieder da.
Die Geschichte von Inge ist die Geschichte der Nachkriegszeit und einer Ära des Fernsehens, die es heute in dieser Art nicht mehr gibt.
In den 1970er-Jahren war der Aufbruch der Frauen zu spüren. Sie wurden vermehrt erwerbstätig, verdienten ihr eigenes Geld. Sie wurden ein wenig unabhängiger, stießen vereinzelt in Männerdomänen vor und erhoben sich, vor allem Künstlerinnen wie Valie Export, Renate Bertlmann, Birgit Jürgenssen und Friederike Pezold. In den Siebzigern fand der erste große Bruch mit gesellschaftlichen Konventionen statt, in vielerlei Hinsicht, für Künstlerinnen und Intellektuelle wurde es zum kunstpolitischen Programm – der Feminismus nahm erkennbare Formen an.
Inge begann ihre Karriere beim Österreichischen Rundfunk (ORF). Aus der Filmkomparsin und Fernsehregieassistentin wurde recht bald die erste Fernsehregisseurin von Live-Unterhaltungsshows im deutschsprachigen Raum. Am 25. Juli 1982 schrieb „Wochenschau“-Mitarbeiter Hademar Bankhofer: „Sie ist die einzige Frau, die im deutschsprachigen Fernsehen Spitzenkarriere als Regisseurin in der Show-Branche gemacht hat.“
Sie führte Regie von 1978 bis 1986 bei „Tritsch Tratsch“ (ORF), „Dalli Dalli“ (ZDF) mit rund 30 Millionen Zuschauern, „Wünsch dir was“ (ORF), „Die große Chance“ (ORF), „Dinner für acht“ (ORF) mit Ernst Meister, „Stadtgespräche“ (ORF) mit dem ORF-Direktor und späteren Wiener Bürgermeister Helmut Zilk, „Am laufenden Band“ (ARD) mit Rudi Carrell, „Glücksspirale“ (ARD), Sonntagskonzert (ZDF), bei der ARD-Sendung „Zum Blauen Bock“, „Wir“ (ORF), bei der Mona-Lisa-Sendung (ZDF) und viele mehr. In den Achtzigern kamen Multimedia-Shows in Montreux und in Hamburg für Opel (Burda TV) dazu.
Inge arbeitete mit Hans Rosenthal, seine „Spitze“-Sprünge entstanden am Mischpult mithilfe eines Technikers, mit Showgästen wie Peter Alexander, Harald Juhnke, mit dem damals noch ganz jungen Peter Kraus oder der jungen Dagmar Koller, mit Curd Jürgens, Liza Minnelli, mit Caterina Valente, Udo Jürgens, Roberto Blanco, Wencke Myhre, Karel Gott, Mireille Mathieu, Rainhard Fendrich, Georg Danzer, Wolfgang Ambros, Charles Aznavour und vielen, vielen anderen Showgästen, die gerade noch der Generation, die in den 1970er-Jahren geboren wurde, bekannt sind.
Für Kinder von heute sind die großen Stars von damals schon längst keine mehr. Heutzutage wird gestreamt – auf Netflix, Amazon & Co. Deutsche Shows haben nicht mehr die Bedeutung von damals, als es in den 1970ern bis 1980ern gerade einmal zwei Fernsehprogramme, ORF 1 und ORF 2 (ehemals FS1 und FS2), in Österreich zur Auswahl gab. Die Umstellung von Schwarz-Weiß auf Farbe erfolgte erst 1969, Premiere war das Neujahrskonzert. Damals und heute. Das sind zwei ganz verschiedene Welten.
Inge hat nach ihrer Karriere im Ruhestand nie viel über ihre Zeit beim Fernsehen gesprochen. Ihr Beruf war Fernsehregisseurin und Punkt. Wenn man sie danach fragt, meint sie: „Das ist so lange her.“ Die Erinnerung verblasst allmählich, oft sind es nur noch Fragmente, die Jahreszahlen verschwimmen im Gedächtnis. Auch bei ihren Weggefährtinnen und -gefährten, von denen die meisten schon verstorben sind. Im Gespräch, nach mehrmaligem Nachfragen, erinnern sie sich und erzählen, wie Dieter Böttger, der als ORF-Unterhaltungschef das Show-Fernsehen nachhaltig in den Sechzigern und Siebzigern prägte, oder Günter Wilding, ORF-Produktionsleiter, mit dem Inge „Die große Chance“ machte, oder Fritzi Gubik, die rechte Hand von Prof. Elfriede Ott, die mit Elfriede Ott 25 Jahre lang die Stadtwohnung oberhalb von Inges bewohnte und die natürlich die Unterhaltungswelt in- und auswendig kennt.
Inge ist spontan, leidenschaftlich, großzügig und einer der uneitelsten Menschen, die man in dieser Branche kennt. Im Leben hätte ihr sicherlich ein wenig Egoismus gutgetan. Viel, viel später eröffnet sich, wenn man die Zeitungsartikel in den Medien der 1980er-Jahre liest, welche Bedeutung ihre Karriere in der Fernsehgeschichte hatte. Die erste Frau als Fernsehregisseurin, wie ungeheuerlich! Sie hat Ähnliches erfahren wie Käthe Kratz, die erste Frau an der Wiener Filmakademie. Das Boykottieren, das Schikanieren der männlichen Kollegen, der Chauvinismus und der teils versteckte oder teils offensichtliche Kampf der beiden Geschlechter. Anders als Käthe Kratz und wie viele andere Frauen in den Achtzigerjahren auch, machte Inge ihr Wirken, ihren Erfolg nicht zum feministischen Programm. Vielmehr tat sie einfach das, was sie exzellent konnte.
Die Geschichte von Inge Letz ist eine Geschichte von vielen Frauen: von jenen, die Berge versetzten, jedoch im Hintergrund sowie im wahrsten Sinne des Wortes hinter den Kulissen und unbemerkt von einer von Männern geprägten Öffentlichkeit blieben. Man wird von Inge keinen Wikipedia-Eintrag oder Erwähnungen in fernsehgeschichtlichen Dokumentationsarbeiten finden. In den 1970ern bis zu den späten 1980ern war das Leben von Frauen, die einen Beruf ergriffen, von Spannung geprägt. Auf der einen Seite der Kinder- und Familienwunsch, was auch dem gängigen Gesellschaftsbild entsprach, auf der anderen Seite der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung sowohl im Beruf als auch als Individuum selbst. Frauen wurden behindert, rieben sich in den Machtspielen der Männer auf, stießen an die gläserne Decke. In den Jahrzehnten danach wurde es nicht leichter. Vieles ist noch unerreicht, ungerecht. 2023 sollte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen kein Thema mehr sein, auch wenn sie sich für eine Karriere ohne Kinder entscheiden. Vielleicht stellt sich auch aus medizinisch-biologischen Gründen gar nicht die Frage. Ihr „Wert“ für die Gesellschaft sollte nicht nach ihrer Reproduktionsfähigkeit definiert werden. Einfach nur sein, einfach nur tun. Sich Ziele stecken und Träume verwirklichen. Ohne Grenzen und ohne bewertende Moral. Einfach Frau sein.
Das vorliegende biografische Erzählwerk soll einen gesellschaftlichen Beitrag leisten, indem es nicht nur ein Kapitel der Fernsehgeschichte behandelt, sondern auch einen gesellschaftlich-feministischen Diskurs aufnimmt und so eine weitere unbemerkte, aber für die Emanzipation der Frau in den Siebziger- und Achtzigerjahren beachtenswerte Lebensgeschichte erzählt. Sie ist eingebettet in die verschiedenen Abschnitte von Inge Letz’ Zeitgeschichte, welche die Aufmerksamkeit auf eine Gesellschaft und auf eine Zeit lenkt, in der Frauen nicht selbstverständlich die Studienbank drückten und Führungsrollen übernahmen, sogar im Gegenteil in den 1970er-Jahren noch um die Erlaubnis ihrer Ehemänner für ihre Erwerbstätigkeit bitten mussten. Und dennoch wirkten diese Frauen einflussreich abseits des öffentlichen Spotlights und, wie in Inges Lebensgeschichte, hinter Kamera und Bühne. Sie waren Pionierinnen, setzten sich bewusst in einer Männerdomäne durch, ergriffen Chancen und bereiteten den Weg für die Diskussion um mehr Chancengleichheit und Gerechtigkeit zwischen den beiden Geschlechtern.
In unserer Gegenwart, in der der Schein der Gleichberechtigung trügt, in der noch immer die Lohnschere zwischen Mann und Frau auseinanderklafft und ein neues Biedermeier einzukehren droht, indem sich die Frauen selbstverständlich größtenteils noch immer allein um Kinder und Haushalt kümmern und Karriere in Männerdomänen nur schwer möglich ist, ist es wichtiger denn je, die Frauen aufzuwecken und den Ruf nach Gleichberechtigung, Selbstbestimmtheit, Gerechtigkeit in jeder Hinsicht, ökonomisch und intellektuell, nicht verstummen zu lassen. Vielleicht haben sich die Töne verändert, vielleicht sind sie auch gerade bei unseren Töchtern, die nach 2000 geboren wurden, leiser geworden, weil vieles für sie selbstverständlich geworden ist, mag sein, aber der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben ist den meisten Frauen immanent.
Die Geschichte, die hier erzählt wird, zeigt Ecken und Kanten, Höhen und Tiefen und auch altersbedingte Gedächtnislücken. Sie ist voll von Emotionen und Antworten, die nicht immer gefallen. Sie soll inspirieren, motivieren und Frauen ermutigen, an sich und ihre Fähigkeiten zu glauben, vielleicht auch Schicksalsschläge und menschliche Enttäuschungen anzunehmen und weiterzumachen.
Durch die dritte Person wird Distanz zwischen der Protagonistin Inge und den Leserinnen und Lesern aufgebaut. Das Erzählwerk gibt nur biografische Ausschnitte wieder, manches ist überspitzt formuliert, um die Leserin und den Leser bewusst aufzuschrecken, wenn sie oder er glaubt, eine bestimmte Erwartungshaltung einnehmen zu können. Die Erzählform bricht mit der streng biografischen Chronologie. So legt sich um die wahre Person hinter der Protagonistin ein schützender Mantel.

Auf den folgenden Seiten ist nun Inges Geschichte zu lesen. Vieles bleibt dabei offen, unbeantwortet und für immer ihr Geheimnis.



GLEICHBERECHTIGT ODER NICHT?


Mit 40 Jahren war Inge Letz am Höhepunkt ihrer Karriere. Sie führte Regie für eine der erfolgreichsten ZDF-Unterhaltungsshows im deutschsprachigen Fernsehen. „Dalli Dalli“ war eine der populärsten Fernsehshows des ZDF und startete am 13. Mai 1971 mit Hans Rosenthal als Moderator. In dem Fragespiel traten acht prominente Kandidaten in Zweierteams gegeneinander an. In der ersten Runde spielten zunächst jeweils zwei Kandidatenpaare gegeneinander. Die jeweiligen Verlierer spielten anschließend um den dritten Platz, die Gewinner aus der Vorrunde dann um den Sieg. 153 Sendungen folgten bis 1986 mit rund 30 Millionen Zuschauern. Unvergesslich bleibt auch Rosenthals Luftsprung, mit dem Ausruf „Sie sind der Meinung, das war …“. „Spitze!“, antwortete das Publikum. Per Knopfdruck konnten die Zuseher auf diese Weise eine besondere Leistung von Kandidaten würdigen, womit es einen Sonderpunkt gab. Das Bild mit Rosenthal im Sprung wurde sogar eingefroren, eine unglaubliche technische Herausforderung in der damaligen Zeit. Wie kam es zu dem Framestore? Dass Hans während der Proben, energisch wie er war, vor der Kamera hochsprang, daran hatte sich das Team schon gewöhnt. „Wollen wir ihn einmal in der Luft hängen lassen?“, scherzte ein Techniker. Und als Hans wieder sprang, blieb die Zeit im Bild stehen. Als Hans sich auf dem Kontrollmonitor sah, war er begeistert. Der Sprung wurde zum Markenzeichen.

Rosenthal war einer der ersten Showmaster, der gezielt Frauen förderte und in sein Team holte. Er war es auch, der durchsetzte, dass Inge dieselbe Gage bekam wie ihr Vorgänger. Gleichberechtigt oder nicht? Gleiche Gage für gleiche Leistung! Rosenthal war Feminist, zu seiner Zeit eine Provokation. Er gehörte einer Generation an, in der die meisten Männer Frauen noch als vermeintlich „rätselhaftes“ Wesen begriffen, definitiv dem Mann nicht ebenbürtig. Die Bunte schrieb am 1.10.1981: „Eine Frau regiert bei ‚Dalli-Dalli‘ – Eigentlich ist es ja eine Schande. Aber eine Frau als Regisseurin großer Fernsehsendungen – das ist bei uns immer noch eine Seltenheit. Inge Letz, ein gescheites Wiener Mädel, hat es geschafft. (…) was eine Frau so alles kann.“

Inge wurde in den Kriegsjahren geboren, erlitt das Schicksal einer vaterlosen Kindheit, erlebte als junge Frau die Wirtschaftswunderjahre und machte Karriere in den 1970er-Jahren, als der Aufschwung erneut endete, Krisen und Umbrüche Politik und Gesellschaft erschütterten. Die Stimme der Frauen schien nie stark und laut genug zu sein, um zu nachhaltig großen Veränderungen in der Gesellschaft zu führen. Ganz deutlich zeigt sich dies auch im März 2020, als das Coronavirus die ganze Welt fest im Griff hatte und stilllegte. Zur Isolation in den eigenen vier Wänden und zu sogenanntem Social Distancing gezwungen, das jeglichen Kontakt außerhalb der unmittelbaren Familie per Regierungsanordnung untersagte, waren es die Frauen, die vermehrt den gesamten Haushaltsalltag bestritten und Kinderbetreuung mit Homeschooling sowie Homeoffice unter einen Hut bringen mussten. Die Parallelen zu den Jahren des Ersten Weltkriegs und den Fünfzigerjahren mit ihrer traditionellen Familienaufstellung sind erschreckend und erstaunlich zugleich. War die Frauenemanzipation mit der Forderung nach Wahlrecht in der Suffragetten-Bewegung der Jahrhundertwende erstmals zu einem Massenphänomen geworden, so verstummte diese erneut mit dem Ausbruch der Spanischen Grippe im Jahr 1918. Sie brach in zwei Wellen über die Kontinente herein. Öffentliche Veranstaltungen wurden verboten. Verordnetes Social Distancing hielt auch hier die Frauen von Versammlungen und Demonstrationen ab, bei denen sie um ihr Wahlrecht kämpften. Dennoch triumphierten sie, als sie an der vordersten Front gegen die Pandemie kämpften. Auch 2020 und den darauffolgenden zwei Jahren waren es vermehrt Frauen, die systemrelevante Aufgaben unserer Gesellschaft erfüllten. Die Emanzipation tritt in Wellen auf, ein ständiges Vor und Zurück. Im Zweiten Weltkrieg war für das klassische Rollenverhältnis freilich kein Platz. Die Frauen mussten anpacken, die Versorgung ihrer Familie und der gesamten Bevölkerung aufrechterhalten. Sie übernahmen viele Aufgaben der durch Krieg abwesenden Männer, das Geschlechterverhältnis war getrübt. Das neu gewonnene Selbstbewusstsein der „Trümmerfrauen“, welche die in Schutt und Asche liegenden Städte aufräumten, stellte die männliche Identität infrage. Die Trümmerfrauen hatten die Aufgabe, mit bloßen Händen und einem Hammer Mörtelreste von Ziegeln abzuklopfen, sodass diese für den Wiederaufbau der Häuser in Wien verwendet werden konnten. Man erkannte die Trümmerfrauen an ihren aufgerissenen, blutigen Händen. Arbeitshandschuhe gab es nicht. Damals wurde nicht von Zwang gesprochen, jedoch beruhte die Arbeit nicht auf Freiwilligkeit, sondern die Frauen wurden in ihren jeweiligen Wohnbezirken, so wie Inges Mutter Martha im 18., dazu „beordert“. Alle hatten nur ein Ziel: bessere Zeiten. Das vereinte sie und machte das tägliche Leid erträglicher. Es sollten nicht viele Jahre nach Kriegsende vergehen, bis Frauen wieder unterrepräsentiert waren, in den machtbewussten und ökonomisch entscheidenden Gesellschaftsbereichen und letztendlich später auch in den wiederauflebenden Unterhaltungsbranchen, dort hatten zweifelsohne die Männer das Sagen. Die Leistungen der Frauen in den Kriegsjahren und danach wurden zu wenig gewürdigt. Die sozialistische Frauenzeitung „Die Frau“ ermutigte die Frauen sogar, mit den heimkehrenden Männern geduldig zu sein, still zu sein und zu allem Ja und Amen zu sagen. Waren Gleichberechtigung und die Forderungen der Frauenbewegungen in Inges Leben ein Thema? Das nie. Auch die Mutter tat, was notwendig war, ohne viel zu hinterfragen. Umso mehr überrascht es, dass Inge sich in einer Männerdomäne emanzipierte und dieses, so wie viele Frauen ihrer Generation, gar nicht angestrebt hatte.

Eine der ersten Sendungen, bei der Inge Regie führte, war die österreichische ORF-Unterhaltungssendung „Tritsch Tratsch“, die zwischen 1979 und 1984 in 50 Ausgaben gesendet wurde. Nach einem Unfall des ersten Moderators Guido Baumann im Oktober 1979 wurde sie vom Redakteur der Sendung, Josef (Joki) Kirschner, moderiert. Erfunden wurde die Sendung von Dieter Böttger (ORF-Unterhaltungschef), Joki Kirschner und Felix Dvorak. Bekannte Bestandteile waren das „Ladlspiel“, Felix Dvoraks humoristische Solos und das Tritsch-Tratsch-Mädchen. Als solches begann Vera Russwurm ihre Karriere. Auch Rainhard Fendrich hatte hier 1981 mit dem Lied „Zweierbeziehung“ (eines Mannes mit seinem Auto) sein Fernsehdebüt als Sänger. Es gab ein Kästchen mit sechs Laden und unterschiedlichem Inhalt, darunter auch ein Brillantring im Wert von damals 70.000 Schilling. Die Anrufer, die nicht wussten, welcher Preis in welchem Ladl verborgen war, mussten sich für eines entscheiden,
dessen Inhalt sie dann gewannen. Moderator Kirschner versuchte, mit Bargeld den Anrufer vom Öffnen der Lade abzubringen. Manchmal gewann jemand den Ring, andere wiederum erhielten verrückte Preise.

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