Bruchpilot
Marc Maurer
19.06.2009Buchvorstellung
Tessiner Zeitung
Ein tragischer Flugunfall sollte Bernards bewegtes Leben ein weiteres Mal auf den Kopf stellen. Seine tragische Liebesbeziehung zur Tochter eines Landarztes zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und findet ein unerwartetes bitteres Ende. Menschliches Leid, Tragödien, Liebe, Tod, Erfolg und Reichtum sind der Stoff, aus dem diese Erzählung gewoben ist. Eindrücklich gewährt uns der Autor Einblick in die Welt einer sizilianischen Adelsfamilie, die aus der Asche ihres verstorbenen Sohnes und mit Paolos Hilfe ein humanitäres Lebenswerk erschafft, das über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung finden sollte. Es ist aber auch die Geschichte von einfachen Landarbeitern und ihren Familien, ihren Sorgen und Hoffnungen auf eine bessere Welt. Ungeschminkt, schamlos und mit tiefgründiger Sensibilität führt uns der Autor durch diese Familiensaga und die Geschichte, die das Leben schrieb.
19.06.2009Ein tragischer Unfall stellt Bernards Leben auf den Kopf
Tessiner Zeitung
Als Vorabdruck präsentieren wir den Beginn des 1. Kapitels von Marc Maurers Roman Bruchpilot.Bernard war noch keine Stunde geflogen, als plötzlich und ohne jede Vorwarnung der Motor seiner alten Maule zu husten und zu keuchen begann und schliesslich vollends erstarb. Schon am Vortag hatte er einige Angstminuten mit derselben durchlebt. Trotzdem hatte er es unterlassen, seine Maschine vor dem Start nochmals überprüfen zu lassen. Denn der auf Kleinflugzeuge spezialisierte Mechaniker des Aeroporto Marconi in Bologna hatte ihm gar nicht gefallen. Auf keinen Fall hätte er seine geliebte Maule irgendeinem Italiener zur Reparatur anvertraut. Eigentlich war er als Pilot in allen Belangen immer seriös und verantwortungsbewusst gewesen. Aber diesmal, und das wurde ihm in diesem Augenblick bewusst, hatte er sich äusserst egoistisch, ja unprofessionell verhalten. Wie ein Blitz kam ihm ein famoser Spruch seines Fluglehrers in den Sinn: „Eine alte Frau muss sich bei jedem sexuellen Akt bewusst sein, dass dies ihr letzter sein könnte. Das Gleiche gilt auch für ein altes Flugzeug. Denn ab einem gewissen Alter wird jeder Flug zum Wagnis.“Als er an seinen Fluglehrer und dessen komische Verknüpfungen von Beispielen dachte, huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Aber war dies der richtige Augenblick für Überlegungen dieser Art? Bernard versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er musste das unerwartete Problem vernünftig angehen!Er befand sich noch auf einer Flughöhe von rund 1400 Metern und der Boden kam bedrohlich schnell näher. Nachdem seinen Bemühungen, den Motor wieder in Gang zu bringen, kein Erfolg beschieden war, suchte er den Horizont nach einem geeigneten Notlandeplatz ab. Langsam ging er in den Gleitflug überVor ihm sah er das Gemeindegebiet von Piegaro und dessen gleichnamiges Dorf. Der ellipsenförmige Distrikt befindet sich teilweise auf einem Hügel. Unter ihm lag die Hauptstrasse Pievaiola, die Perugia mit der Cittá della Pieve verbindet. Links von ihm sah er das Flussbett des Nestore. Seit Jahrtausenden fliesst er durch diese Landschaft, ergiesst sich an einigen Stellen in Form kleiner Wasserfälle. An anderen Orten staut er sich und bildet kleine, muldenartige Seen.Mit Schrecken stellte Bernard fest, dass er die Kontrolle über sein Fluggerät verloren hatte. Unausweichlich steuerte es auf ein undefinierbares Hindernis zu.Mit hoher Vertikalgeschwindigkeit schlug die Maule heftig auf einem Hochspannungsmast auf. Sie blieb in bedrohlicher Schräglage mit dem Heckbeil, oder was davon übrig geblieben war, an diesem hängen.Das Letzte, was Bernard hörte, war ein unheimlicher Knall. Dann blieben nur noch schwarze Leere und unendliche Stille. Das Flugzeug hatte einen Totalschaden erlitten. Höhen- und Seitenruder waren beim harten Aufsetzen abgetrennt worden. Das Fahrwerk baumelte invalid und verlieh dem Ganzen ein groteskes Aussehen.Bernard hatte seine Sinne verloren. Er hing angeschnallt und in verkrümmter Haltung im Cockpit. Blut, das pausenlos aus seiner grossen Platzwunde an seiner Stirn tropfte, schlängelte sich über sein Gesicht. Aufgeschreckt durch die Explosion, strömten unzählige Einwohner des nahe gelegenen Dorfes herbei. Alt und Jung versammelten sich neugierig unter dem lädierten Mast. Es wurde aufgeregt und gestikulierend beraten, was nun zu tun sei. Natürlich konnte ohne Paolo, den Sindaco und wichtigste Person der Gemeinde, absolut nicht entschieden, gar berührt werden.Also schickte man Giorgio, den Dorfbäcker, zu ihm. Als passionierter Sportler war er sicher der Schnellste unter ihnen. Er musste nicht lange suchen. Obwohl die Zeit drängte, hielt er einen kurzen Moment bei seinem Haus, denn er musste ein dringendes Geschäft auf der Toilette erledigen.Er hetzte die Treppen hinauf. Aus seinem Schlafzimmer drangen seltsame Geräusche. Sein Herz klopfte, als er die Türe aufriss. Er erschrak. Lag da doch seine Frau Solange splitternackt in den Armen des Sindaco. Als sie seiner gewahr wurde, stiess sie einen leisen Schrei aus. Sie entledigte sich kurzerhand ihres Liebhabers und versuchte, mit dessen blauem Hemd ihre Blöse zu verbergen. Aber es war zu spät. Giorgio war wie gelähmt. Ungläubig schaute er auf die beiden. Er überlegte einen kurzen Augenblick, machte kehrt und schloss, ohne ein Wort zu sagen, eiligst die Zimmertüre von aussen ab. Wie von einer Tarantel gestochen rannte er ums Haus. Aus der Werkstatt nahm er einige Holzplatten und riesige, enorm dicke Nägel mit. Mit einem Hammer und kräftigen Schlägen verschloss er die grünen Schlafzimmerfensterläden. Als ob er seinem Werk selbst nicht traute, stellte er seinen Lieferwagen gen die soeben gebaute Barrikade. Die beiden konnten nicht mehr entkommen! Aufgwühlt, aber zufrieden mit seiner Tat rannte Giorgio zurück zum Unfallort.Man hatte den Piloten inzwischen aus seiner misslichen Lage befreit und ihn auf seinen Heuwagen gelegt. Giorgio kam mit erhobenen Armen den Rettern entgegen und erklärte verzweifelt, dass der Gemeindepräsident nirgends aufzufinden sei.Auch der Dorfpfarrer war eingetroffen. Er musste natürlich das Seinige beitragen. Pflichtbewusst und mit Würde erteilte er dem Verletzten die Letzte Ölung ...
19.06.2009Buchvorstellung
Tessiner Zeitung
Ein tragischer Flugunfall sollte Bernards bewegtes Leben ein weiteres Mal auf den Kopf stellen. Seine tragische Liebesbeziehung zur Tochter eines Landarztes zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und findet ein unerwartetes bitteres Ende. Menschliches Leid, Tragödien, Liebe, Tod, Erfolg und Reichtum sind der Stoff, aus dem diese Erzählung gewoben ist. Eindrücklich gewährt uns der Autor Einblick in die Welt einer sizilianischen Adelsfamilie, die aus der Asche ihres verstorbenen Sohnes und mit Paolos Hilfe ein humanitäres Lebenswerk erschafft, das über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung finden sollte. Es ist aber auch die Geschichte von einfachen Landarbeitern und ihren Familien, ihren Sorgen und Hoffnungen auf eine bessere Welt. Ungeschminkt, schamlos und mit tiefgründiger Sensibilität führt uns der Autor durch diese Familiensaga und die Geschichte, die das Leben schrieb.
19.06.2009Ein tragischer Unfall stellt Bernards Leben auf den Kopf
Tessiner Zeitung
Als Vorabdruck präsentieren wir den Beginn des 1. Kapitels von Marc Maurers Roman Bruchpilot.Bernard war noch keine Stunde geflogen, als plötzlich und ohne jede Vorwarnung der Motor seiner alten Maule zu husten und zu keuchen begann und schliesslich vollends erstarb. Schon am Vortag hatte er einige Angstminuten mit derselben durchlebt. Trotzdem hatte er es unterlassen, seine Maschine vor dem Start nochmals überprüfen zu lassen. Denn der auf Kleinflugzeuge spezialisierte Mechaniker des Aeroporto Marconi in Bologna hatte ihm gar nicht gefallen. Auf keinen Fall hätte er seine geliebte Maule irgendeinem Italiener zur Reparatur anvertraut. Eigentlich war er als Pilot in allen Belangen immer seriös und verantwortungsbewusst gewesen. Aber diesmal, und das wurde ihm in diesem Augenblick bewusst, hatte er sich äusserst egoistisch, ja unprofessionell verhalten. Wie ein Blitz kam ihm ein famoser Spruch seines Fluglehrers in den Sinn: „Eine alte Frau muss sich bei jedem sexuellen Akt bewusst sein, dass dies ihr letzter sein könnte. Das Gleiche gilt auch für ein altes Flugzeug. Denn ab einem gewissen Alter wird jeder Flug zum Wagnis.“Als er an seinen Fluglehrer und dessen komische Verknüpfungen von Beispielen dachte, huschte ein Grinsen über sein Gesicht. Aber war dies der richtige Augenblick für Überlegungen dieser Art? Bernard versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er musste das unerwartete Problem vernünftig angehen!Er befand sich noch auf einer Flughöhe von rund 1400 Metern und der Boden kam bedrohlich schnell näher. Nachdem seinen Bemühungen, den Motor wieder in Gang zu bringen, kein Erfolg beschieden war, suchte er den Horizont nach einem geeigneten Notlandeplatz ab. Langsam ging er in den Gleitflug überVor ihm sah er das Gemeindegebiet von Piegaro und dessen gleichnamiges Dorf. Der ellipsenförmige Distrikt befindet sich teilweise auf einem Hügel. Unter ihm lag die Hauptstrasse Pievaiola, die Perugia mit der Cittá della Pieve verbindet. Links von ihm sah er das Flussbett des Nestore. Seit Jahrtausenden fliesst er durch diese Landschaft, ergiesst sich an einigen Stellen in Form kleiner Wasserfälle. An anderen Orten staut er sich und bildet kleine, muldenartige Seen.Mit Schrecken stellte Bernard fest, dass er die Kontrolle über sein Fluggerät verloren hatte. Unausweichlich steuerte es auf ein undefinierbares Hindernis zu.Mit hoher Vertikalgeschwindigkeit schlug die Maule heftig auf einem Hochspannungsmast auf. Sie blieb in bedrohlicher Schräglage mit dem Heckbeil, oder was davon übrig geblieben war, an diesem hängen.Das Letzte, was Bernard hörte, war ein unheimlicher Knall. Dann blieben nur noch schwarze Leere und unendliche Stille. Das Flugzeug hatte einen Totalschaden erlitten. Höhen- und Seitenruder waren beim harten Aufsetzen abgetrennt worden. Das Fahrwerk baumelte invalid und verlieh dem Ganzen ein groteskes Aussehen.Bernard hatte seine Sinne verloren. Er hing angeschnallt und in verkrümmter Haltung im Cockpit. Blut, das pausenlos aus seiner grossen Platzwunde an seiner Stirn tropfte, schlängelte sich über sein Gesicht. Aufgeschreckt durch die Explosion, strömten unzählige Einwohner des nahe gelegenen Dorfes herbei. Alt und Jung versammelten sich neugierig unter dem lädierten Mast. Es wurde aufgeregt und gestikulierend beraten, was nun zu tun sei. Natürlich konnte ohne Paolo, den Sindaco und wichtigste Person der Gemeinde, absolut nicht entschieden, gar berührt werden.Also schickte man Giorgio, den Dorfbäcker, zu ihm. Als passionierter Sportler war er sicher der Schnellste unter ihnen. Er musste nicht lange suchen. Obwohl die Zeit drängte, hielt er einen kurzen Moment bei seinem Haus, denn er musste ein dringendes Geschäft auf der Toilette erledigen.Er hetzte die Treppen hinauf. Aus seinem Schlafzimmer drangen seltsame Geräusche. Sein Herz klopfte, als er die Türe aufriss. Er erschrak. Lag da doch seine Frau Solange splitternackt in den Armen des Sindaco. Als sie seiner gewahr wurde, stiess sie einen leisen Schrei aus. Sie entledigte sich kurzerhand ihres Liebhabers und versuchte, mit dessen blauem Hemd ihre Blöse zu verbergen. Aber es war zu spät. Giorgio war wie gelähmt. Ungläubig schaute er auf die beiden. Er überlegte einen kurzen Augenblick, machte kehrt und schloss, ohne ein Wort zu sagen, eiligst die Zimmertüre von aussen ab. Wie von einer Tarantel gestochen rannte er ums Haus. Aus der Werkstatt nahm er einige Holzplatten und riesige, enorm dicke Nägel mit. Mit einem Hammer und kräftigen Schlägen verschloss er die grünen Schlafzimmerfensterläden. Als ob er seinem Werk selbst nicht traute, stellte er seinen Lieferwagen gen die soeben gebaute Barrikade. Die beiden konnten nicht mehr entkommen! Aufgwühlt, aber zufrieden mit seiner Tat rannte Giorgio zurück zum Unfallort.Man hatte den Piloten inzwischen aus seiner misslichen Lage befreit und ihn auf seinen Heuwagen gelegt. Giorgio kam mit erhobenen Armen den Rettern entgegen und erklärte verzweifelt, dass der Gemeindepräsident nirgends aufzufinden sei.Auch der Dorfpfarrer war eingetroffen. Er musste natürlich das Seinige beitragen. Pflichtbewusst und mit Würde erteilte er dem Verletzten die Letzte Ölung ...