Wildau – ein starkes Stück Ostdeutschland

Wildau – ein starkes Stück Ostdeutschland

Ein langjähriger Bürgermeister blickt zurück

Uwe Malich


EUR 22,90
EUR 13,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 84
ISBN: 978-3-903271-99-9
Erscheinungsdatum: 19.04.2021
Ein früherer Bürgermeister zieht Bilanz. Über sein Wildau, gelegen außerhalb der Tore Berlins. Bekannt als wichtiger Wirtschafts- und Hochschulstandort. Sein vorübergehendes Urteil? Nach schwierigen Wendejahren heute wieder im deutschen Spitzenfeld!
VORSPIEL

Natürlich wurde auch in Wildau in der so genannten Wendezeit die Grenzöffnung im Herbst 1989 mit großer Sehnsucht erwartet. Als ich am 10.11.1989 von der Arbeit nach Hause kam, stand eine riesige Menschenmenge vor dem Einwohnermeldeamt von Wildau, um einen Stempel für Schritte über die innerdeutsche Grenze zu bekommen. Die meisten von ihnen wollten nur gucken, einige allerdings der DDR für immer den Rücken kehren.

Ich war vom Verlauf der Ereignisse damals nicht begeistert. Denn ich konnte mir als Volkswirt und Wirtschaftshistoriker klar ausmalen, was die Grenzöffnung bedeutete: den Untergang der DDR, – Verzeihung – den Anschluss der DDR an das viel stärkere Westdeutschland und die unbeschränkte Einflussnahme bundesdeutscher Eliten auf die weitere Entwicklung im Osten. Was mich anfänglich wunderte, war die zunächst zögerliche Haltung von Margarete Thatcher und Francois Mitterand. Die Britin und der Franzose wollten offenbar die dominierende Rolle ihrer Länder in Europa in Folge des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Teilung nicht einfach aufgeben, auch aufgrund ihrer historischen Erfahrungen mit einem Groß-Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Helmut Kohl war aber zu stark und zu klug, und er hatte mit Michail Gorbatschow und dem US-Präsidenten George Bush die Führer der wichtigsten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges auf seiner Seite.

Ich blieb skeptisch. Klar, es musste etwas passieren, aber nicht gerade der Anschluss des Ostens an den Westen. Selbstständige Reformen in der DDR, eine eigeninitiierte Stärkung des Landes wären sinnvoller gewesen. Doch die Sowjetunion und ihre Satelliten-Staaten, einschließlich der DDR, waren zu schwach, die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen zu verkrustet, um kurzfristig noch eigene Wege zu suchen und erfolgreich zu beschreiten. Für die meisten Ostdeutschen war vor allem die D-Mark zu attraktiv, die wollten sie möglichst schnell ihr Eigen nennen, und gegen die damit verbundenen Versprechen und Verheißungen gab es kein Halten. Ich mischte mich damals ein und schrieb einen Artikel (zeitiges Frühjahr 1990) für die Ost-taz, in dem ich die schnelle Einführung der D-Mark in der DDR mit dem Trojanischen Pferd verglich. Sinnlos. Das ersehnte neue Geld wurde freudetrunken im Land begrüßt (01. Juli 1990).

Die Wirkung der D-Mark war ambivalent. Alle Bürger erhielten endlich eine überall kaufkräftige Währung, die ihnen von der SED immer wieder verwehrt worden war. Für die ostdeutschen Betriebe bedeutete die D-Mark allerdings eine schwere Belastung. Die gerade in Umwandlung zu Kapitalgesellschaften befindlichen Unternehmen wurden über Nacht mit Weltmarktpreisen konfrontiert, mussten radikal Kosten senken, um überhaupt noch absetzen zu können. Sie waren in der Regel aber überhaupt nicht wettbewerbsfähig, weil ihnen quasi über Nacht ihr Hauptabsatzmarkt, das „sozialistische Wirtschaftssystem RGW“, wegbrach. Bei dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe handelte es sich um das zentrale Organisationsorgan für die Zusammenarbeit zwischen Sowjetunion und den Satellitenstaaten. Die langjährigen Kunden dort konnten mangels konvertierbarer Währungen nicht mehr bezahlen …
„Personaleinsparung“ wurde zum Hauptansatzpunkt. Vorher undenkbar: Massenarbeitslosigkeit und vorzeitige Berentung waren die Folgen. Auch Wildau, insbesondere der große Wildauer Schwermaschinenbaubetrieb, der vor allem für den DDR-Schiffbau-Ostexport produzierte, wurde davon hart getroffen. Mehrere Tausend, bis dahin bestens ausgebildete und gut bezahlte Arbeitskräfte wurden in Wildau und Umgebung arbeitslos – mit schlechten Aussichten auf einen neuen Job. Wie sollte es weiter gehen?

Vor diesen Fragen standen die Bürgerinnen und Bürger, der neue sozialdemokratische Bürgermeister sowie die unterschiedlichen Fraktionen in der Gemeindevertretung. Immerhin hatte Wildau von Anfang an einen gewichtigen Vorteil gegenüber anderen ostdeutschen Kommunen: die Berlin-Nähe. Schon gleich nach der Vereinigung, dem Anschluss des Ostens von Deutschland an die Bundesrepublik Deutschland, begann von Berlin aus ein starker Suburbanisierungsprozess. Viele Berliner zogen jetzt in das schöne Umland. Auch Wildau wurde davon positiv betroffen. Trotz der Massenarbeitslosigkeit stieg die Bevölkerungszahl rasant an.

Und es gab erste Investoren, die in der Nähe von Berlin, innerhalb des Autobahnringes, ihr Geld anlegen wollten. In Wildau entstanden unter anderem Tochtergesellschaften von BMW und Toyota. Eine sehr große, baurechtlich schwierige und umstrittene Investition wurde gegen viele Widerstände getätigt: das A10-Center. Für rund 300 Millionen D-Mark wurde eines der größten, wenn nicht das größte, deutsche Einkaufszentrum mit rund 1.000 Frauen-Arbeitsplätzen in den märkischen Sand gebaut, im ostdeutschen Wildau. Der Begriff „Frauen-Arbeitsplätze“ erntet heute nur noch Hohn und Spott, war aber damals in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit und der Massenabwanderung in Richtung Westen sehr wichtig. Arbeitsplätze wurden geschaffen, die trotz der relativ geringen Bezahlung sehr gern angenommen wurden, vor allem von Frauen. Man konnte mit der eigenen Hände Arbeit wieder sicher sein Geld verdienen und konnte damit auch im Osten bleiben. Die Stärkung der „Frauen-Arbeit“ war ein wichtiger demografischer Faktor für den Osten. Es gab trotzdem Widerstand, vor allem von den Nachbarn (besonders Königs Wusterhausen). Aber Wildau, der Investor und der Bürgermeister Gerd Richter setzten sich durch. Im Herbst 1996 wurde das A10 Center eröffnet.

Ich selbst war Anfang der 90er Jahre noch in Berlin beschäftigt, an „meiner“ Hochschule für Ökonomie (HfÖ) im Bereich Wirtschaftsgeschichte. 1991 kam ich in die so genannte „Warteschleife“. Im selben Jahr wurde die Hochschule abgewickelt. Einen wirklichen Grund dafür gab es aus meiner Sicht nicht. Die neue Ostberliner Politführung soll vor allem dahingehend interessiert/bestrebt gewesen sein. Ich hatte später die Gelegenheit, den damaligen regierenden Bürgermeister Walter Momper daraufhin anzusprechen. „Ihr habt Euch doch kaum gewehrt“, war seine Antwort. Er hatte leider nicht unrecht. Wir – der Bereich Wirtschaftsgeschichte – gingen immerhin den Rechtsweg gegen die Abwicklung, wenn auch erfolglos.

Von einer der gewerkschaftlichen Helferinnen hörten wir intern: „Das geschieht Euch doch recht, was hier passiert“. Eine Begründung lieferte sie nicht. Aber das Thema GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) hatte sich damit für mich erledigt.

Ich brachte parallel noch meine Promotion B zum Abschluss, vergleichbar mit der bundesdeutschen Habilitation. Anfang August 1991 hatte mich mein ehemaliger Chef Prof. Walter Becker überzeugt, die abschließenden Thesen zu schreiben, was ich dann auch mit Hilfe meiner damaligen Frau tat. Die Studien der Promotion B und die Thesen sind heute noch lesbar. Insbesondere die Studie zum ersten Weltkrieg (2018 noch einmal publiziert) ist nach wie vor aktuell und wichtig, weil sie „das Geheimnis des Krieges“ erklärt. Heute werden der russische Zar und der deutsche Kaiser gern als Traumwandler dargestellt, die mit ihrer verantwortlichen Entourage in den Krieg hineinschlitterten. Das wird den Tatsachen nicht gerecht. Zar und Kaiser sowie viele andere damals politisch Verantwortliche unterschätzten im Juli 1914 den künftigen Krieg völlig, verharmlosten das, was kam, was kommen musste. Der Krieg wurde furchtbar für die Menschen und auch für die damals „allerhöchsten Stellen“. Meine Studie wirkt heute ein bisschen Lenin-lastig. Es schien aber damals unumgänglich, diesen wichtigen Zeitzeugen mit seinen Widersprüchlichkeiten ausführlich zu zitieren, um eine neue Sicht zu begründen. Immerhin fand ich auch Rosa Luxemburg auf meiner Seite, die frühzeitig die wahre Dimension dieses Krieges erkannte. Meine B-Promotion wurde die letzte an der HfÖ.

Schon gleich danach kam der Bruch mit dieser Institution. Ich hätte ins Ausland (Japan) gehen können. Doch ich wollte in Wildau bleiben, meinem Geburtsort. Aber Volkswirte oder Wirtschaftshistoriker hatten jetzt nur geringe neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere wenn sie aus dem Osten kamen.

Ich dachte über eine Karriere in der Betriebswirtschaft nach, verwandt mit der Volkswirtschaft, aber anders und im Vergleich zur Volkswirtschaft aus meiner Sicht langweilig. Dafür ein viel größerer Markt! Ich fügte mich langsam in das Unvermeidliche: Arbeitslosigkeit, einzelne Unternehmens- und Existenzgründerberatungen sowie Unterricht zu volkswirtschaftlichen Themen bei Bildungsträgern wurden Schwerpunkte im ersten Jahr meiner beruflichen Neuorientierung. Dabei erlebte ich gleich eine Insolvenz: Eine Berliner Schulungsfirma konnte meine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Der finanzielle Verlust dadurch war relativ groß (1.000 Mark) und mir tat es in meiner damaligen Situation richtig weh.

Aufträge im Bereich der Unternehmens- bzw. Existenzgründerberatung nahmen zum Glück weiter zu, so dass ich nach einem Jahr davon leben konnte, jedenfalls mit Hilfe meiner damaligen Frau. In manchem Monat war das Einkommen richtig gut, in manchem Monat gleich null. Miete musste aber in jedem Monat bezahlt werden. Auch mit der Wissenschaft ging es weiter, die war aber im Wesentlichen eine „brotlose Kunst“. Immerhin schrieben wir damals mehrere Studien über einen Großflughafen in der Region Berlin-Brandenburg für das kommunalpolitische Forum des Landes Brandenburg (PDS-nahe, deshalb damals einflusslos in Bezug auf den Großflughafen). Wir gründeten 1991 auch eine entsprechende Studien-Gesellschaft. Ich wurde ihr erster Vorsitzender für 12 Jahre. Der Großflughafen ist inzwischen tatsächlich fertig. Die Meinung von neutralen Betriebs- oder Volkswirten wurde lange nicht gehört. Leider.

Schritt für Schritt bildete sich in diesem Durcheinander bei mir eine Spezialisierung heraus, die zunehmend Geld brachte, Spaß machte und auch für später nützlich war: Marketing. Die erste Berührung mit dem Thema hatte ich schon zu DDR-Zeiten. Es war ein russisches Buch über Marketing. Ich verstand damals noch nicht viel. Das änderte sich später, zunächst in Bezug auf den Einzelhandel, danach auch in Bezug auf die Kommune (Stadtmarketing). Insofern war dieser berufliche Zwischenschritt wichtig für mich.

1993 nahm ich noch eine ehrenamtliche Aufgabe an. Ich wurde Mitglied der neuen Leitung der Abteilung Handball des BSV Motor Wildau, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring, also für die Geldbeschaffung. Die neue Handball-Arbeit wurde sehr schwierig und sehr intensiv. Schnell war das Konzept geschrieben für den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Die Berlin-Nähe war dafür ein positiver Faktor. Aber das Geld setzte enge Grenzen. Es fehlte das große Unternehmen, das viel beisteuern konnte und wollte. Schon bald hatten wir zumindest einen bezahlten Handballer aus Berlin. Der historisch wichtigste Handballer von Wildau (Horst Leuchtenberger), ursprünglich (im zweiten Weltkrieg) ein Zuwanderer aus Schlesien, griff dafür in seine Privat-Schatulle.

Doch auch der Handball blieb rund. Selbst der Profi machte Fehler und wurde nicht jedes Mal Torschützenkönig der Mannschaft. Eifersüchteleien und schlechte Spiele waren die Folge.

Der Übergang in die nächste Stufe, den leicht bezahlten Handball, würde schwierig werden. Immerhin gab es schon 1994 einen großen Lichtblick für Wildau. Die Männer-Handballer von Motor Wildau wurden unter Trainer Michael Weiß Landes-Pokalsieger, und das als Verbandsliga-Mannschaft, unter der Oberliga spielend! Heute sind die Wildauer Männer noch in der Oberliga des Landes Brandenburg.

Manche Jugendmannschaft spielt noch höher. Der Verein hat weit über 300 Mitglieder. Noch immer aber sind das Geld knapp und die Trainingskapazitäten begrenzt. Ich verließ 1999 die Handball-Leitung. Die ehrenamtliche Arbeit war nicht mehr zu schaffen. Denn ich war im Herbst 1998 noch in die Wildauer Kommunalpolitik gewählt worden (als Fraktionsvorsitzender der PDS in der Gemeindevertretung). Außerdem war ich seit dem Mai 1997 Aufsichtsratsvorsitzender der Wildauer Wohnungsbaugesellschaft. Beide neuen Aufgaben nahmen mich sehr in Beschlag.

Im Wohnungsbau ging es damals – anders als heute – vor allem um die Sanierung der alten, zu DDR-Zeiten vernachlässigten Bestände und um die (nachzuholende) Restitution von ehemals jüdischen, in der Nazi-Zeit zu Unrecht enteigneten Immobilien. Für letztere war (zumindest teilweise) eine finanzielle Lösung möglich (Ablösung). Auch die WiWO musste aufgrund der Lasten der Vergangenheit umfangreiche Kredite aufnehmen. Dank kostendeckender Mieten war die Bonität der Gesellschaft trotzdem hoch. Sogar Neubauvorhaben waren möglich. Zum Glück angesichts der inzwischen angespannten Wohnungsmarktlage.

Neubau ist aus meiner Erfahrung unbedingt erforderlich, um den Wohnungsmarkt zu entspannen und so Druck auf die Mietpreise zu erzeugen. Denn aktuell können Investoren ihr Interesse an steigenden Mieten relativ einfach durchsetzen. Die Mieter, vor allem die Neu-Mieter, müssen Monat für Monat finanziell bluten. Das Mittel der Enteignung allein hilft gar nichts. Es muss vor allem gebaut werden, von Privaten, von der öffentlichen Hand, von Genossenschaften. Ich bin nur froh, dass wir in Wildau den Versuch der CDU, die WiWO zu privatisieren, abwehren konnten. Dass in Deutschland zu wenig neue Wohnanlagen gebaut werden, liegt aber auch an den etablierten Mietern, weil sie oft gegen Wohnungs-Neubau sind. Die Neuen könnten ja Grün zerstören oder Sicht nehmen. „Geht gar nicht“, sagen oft genug alte Mieter mit Einfluss auf die Kommunalabgeordneten.

1998 wurde ich Kommunalabgeordneter, immer noch in der Partei meiner Jugend, die inzwischen demokratisiert war, aber noch immer schwer an ihrer Vergangenheit zu nagen hatte. Bei mir kam damals noch Trotz dazu, deshalb die Kandidatur gerade für diese Partei (PDS). Eine andere Partei schaffte die absolute Mehrheit, die SPD. Sie hatte eine anerkannte Persönlichkeit als Bürgermeister und konnte auf ihre erfolgreichen kommunalpolitischen Traditionen in der Gemeinde schon Anfang der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts verweisen. Andere Parteien, auch wir, hatten es schwer damals. Dennoch verlief die Arbeit in der Gemeindevertretung oft kooperativ. Es gab so etwas wie „Burgfrieden“ zwischen den Parteien angesichts der Massenarbeitslosigkeit, „Wildauer Weg“ nannte man das damals. Und wir von der PDS waren dabei, wenngleich der SPD-Bürgermeister natürlich seine eigene klare Mehrheit hatte.



Wahlkampf 2001

Im Herbst 2000 entschloss ich mich, als Bürgermeister zu kandidieren. Ich war immerhin Fraktionsvorsitzender in der Wildauer Gemeindevertretung, Mitglied ihres Hauptausschusses und seit Ende 1998 auch als Nachrücker Kreistagsmitglied. Der beliebte Amtsinhaber durfte aus Altersgründen damals nicht noch einmal antreten. Natürlich war ich bei meiner Parteizugehörigkeit nur ein krasser Außenseiter. Favorit war ein SPD-Mann. Meine Außenseiter-Chance wollte ich aber nutzen. Der Favorit hatte eine relativ schlechte Ausgangsposition, da er sich als Ordnungsamtsleiter viele Feinde gemacht hatte. Außerdem war der Amtsinhaber relativ reserviert gegenüber seinem eigenen Partei-Mann.

Ehe der Wahlkampf so richtig losging, musste und wollte ich mit meinem Kollegen Dr. Frank Welskop noch eine Studie schreiben über den BBI. Das passierte noch bis zum Frühjahr 2001. Die Studie erlebte immerhin zwei Auflagen. Dr. Welskop erarbeitete damals den Hauptteil, ich den historischen Teil. Unsere betriebswirtschaftliche und Standortkritik fielen sehr hart aus. Die drei Gesellschafter des Flughafens, ihre hohen und höchsten politischen Repräsentanten (ein Bundesminister und zwei Landes-Regierungschefs) hatten den falschen Standort politisch bestimmt.

Und es war schon relativ viel Geld (bis heute natürlich noch viel mehr) ausgegeben worden. Da hatten Argumente kaum noch eine Chance. Immerhin war die Resonanz des allgemeinen Publikums auf unsere Studie groß, der Einfluss auf das Projekt allerdings sehr gering.

Der Wahlkampf in Wildau begann.

Dieser war nach meiner Erinnerung weniger von der Sache bestimmt, sondern von den Persönlichkeiten. Ich fühlte mich als Außenseiter. Der SPD-Kollege sah sich als Favorit. Das hing auch mit der Geschichte des Ortes vor 1933 zusammen. Durch das Schwartzkopff-Werk (Berliner Maschinenbau Actien-Gesellschaft vorm. Louis Schwartzkopff), durch die Schwartzkopff-Arbeiter, war die SPD traditionell in Wildau stark. Aber ich gewann die Wahl überraschender Weise mit 38 Prozent, vor den anderen drei Kandidaten. Der Wahlsieg war unerwartet deutlich, aber es reichte noch nicht zur absoluten Mehrheit von 50 Prozent plus einer Stimme. Eine Stichwahl der ersten beiden Kandidaten, in der der SPD-Mann und ich noch einmal antraten, musste her. Noch war nichts entschieden. Die Stichwahl fiel auch für mich aus. 58 Prozent der Wähler und Wählerinnen stimmten für mich als Bürgermeister – ein klarer Sieg.

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