Unterwegs in fernen Ländern

Unterwegs in fernen Ländern

Grand Tour weltweit

József Wieszt


EUR 32,90
EUR 26,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 712
ISBN: 978-3-99131-615-2
Erscheinungsdatum: 17.05.2023
Reisen weltweit, Gastfreundschaft international. Impressionen eines riesigen Reiseabenteuers, Station für Station. Von Londons Arbeiterbewegung über das Land, wo die Zitronen blühn, bis ins ferne Asien. Einmal große Tour global und zurück.
Reise nach London 1978

Britische Arbeiterbewegung

Auf Einladung englischer Gewerkschaften fuhren wir im Februar 1978 nach London. Die erste Überraschung, die uns dort erwartete, waren blühende Parks, in denen Millionen Krokusse bei herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen ein buntes Frühlingsbild malten. Es kam zu einer Reihe von Begegnungen mit gewerkschaftlichen und betrieblichen Funktionären, den „shop stewards“. Wir lernten das britannische System der Arbeitnehmervertretung kennen und erfuhren viel über seine Entstehung und Geschichte. In ihr spielte der Kampf um den Zehnstundentag und um höhere Löhne eine entscheidende Rolle. Er wurde verbunden mit dem Kampf um die Anerkennung der neu gegründeten Gewerkschaften und dem Kampf um das allgemeine Wahlrecht. Diese Orientierung zeigt, dass die englische Arbeiterbewegung reformistisch und nicht revolutionär war, wie in Frankreich und Deutschland. Sie war dennoch radikal. Während die Gewerkschaften ihren Kampf im Wesentlichen in den Betrieben mittels Streiks führten, denen Aussperrungen durch die Unternehmer auf dem Fuß folgten, suchten die Chartisten die Öffentlichkeit und die Parlamentarier zu beeinflussen. Ihre Ziele waren die der Gewerkschaften. Sie forderten auch die Aufhebung der Kornzölle, um den Brotpreis zu drücken.
Ihre Methoden waren daher eher politische Massenversammlungen und Demonstrationen mit dem Ziel des allgemeinen Wahlrechts und einer Parlamentsreform, um den Arbeitern mehr Einfluss auf die Gesetzgebung zu verschaffen. Bei den Massenaufmärschen kam es häufig zu Schlägereien und gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die die Bewegung mit allen Mitteln zu unterdrücken suchte. Im Unterschied zur deutschen Arbeiterbewegung kam es in England erst 1900 zur Gründung der Arbeiterpartei. Sie verfolgte ebenfalls keine revolutionären Ziele. Die von Karl Marx initiierte und intellektuell geführte Internationale Arbeiterorganisation (IAA, Erste Internationale) hatte, obwohl ihr Sitz in London war, keinen nennenswerten Einfluss auf die englische Arbeiterbewegung.


Ein Labour-Parlamentarier

Ein Besuch bei einer Untergliederung der Labour Party gehörte zu unserem Besuchsprogramm. Ein damals bekannter Parlamentsabgeordneter des linken Parteiflügels, sein Name ist mir leider entfallen, empfing uns. Er kritisierte die Politik der eigenen Regierung unter James Callaghan.
Sie würde das Ende des englischen Wohlfahrtsstaates herbeiführen. Er sagte den Wahlsieg der Konservativen voraus und damit die Regierung Thatcher, die fest entschlossen sei, die verstaatlichten englischen Industrien zu privatisieren, den englischen Sozialstaat und v. a. die starke Position der Gewerkschaften zu beseitigen.
Dabei bezog er sich auf ein im Auftrag der Konservativen erstelltes und bereits im Mai 1978 in der Zeitung Economist veröffentlichtes Papier, das für den Fall von Streiks bei einem Wahlsieg der Konservativen Partei zu härtestem Widerstand auffordert. Da diese Streiks in erster Linie von der Bergarbeitergewerkschaft ausgehen würden, die sich der Privatisierung des englischen Bergbaus widersetze, schlage das Paper, die Anlage von Kohlereserven, die Umstellung auf Ölenergie und die Forcierung der Atomkraft vor. Dass er mit dieser Prognose recht behielt, zeigt das Schicksal des Bergarbeiterstreiks von 1984/85, der nach einen Jahr mit einer schweren Niederlage der Streikenden und ihrer Gewerkschaft endete.
Unser Gesprächspartner schlug eine radikale Reform des sozialen Systems vor, um es zu erhalten. Der Kern seiner Vorschläge bestand in einer Modernisierung der englischen Industrie und der Erhöhung ihrer Produktivität, Stärkung der Einzelinitiative sowie einer größeren Beteiligung der Menschen an ihrer sozialen Sicherung. Ob er damit aber die Wahl von Frau Thatcher hätte verhindern können, bleibt dahin gestellt. Er sagte ungefähr Folgendes: „Wir tun immer noch so, als besäßen wir ein koloniales Weltreich, über dessen Ressourcen wir ohne weiteres verfügen können. Dem ist aber nicht so. Diese Zeiten sind längst vorbei. Was wir brauchen, ist eine entschlossene Modernisierung der englischen Wirtschaft. Wenn wir das nicht machen, werden die Konservativen sie uns mit ihren Zielsetzungen aufzwingen.“
So ist es dann auch geschehen. Ich war begeistert von dieser starken Rhetorik und klaren Sprache. Vergleichbares konnte man sich für die deutsche Sozialdemokratie nur wünschen. Der Mann hatte verstanden, dass eine politische Führung nur durch Klarheit, Entschlossenheit und Mut erfolgreich sein kann.


Shop Stewards

Es fanden dann noch eine Werksbesichtigung statt, und ein Treffen mit „shop stewards“, die uns ihre Art der Interessenvertretung der Arbeitnehmer erklärten. Im Grund lief sie darauf hinaus, dass zwischen ihnen und ihren Betriebsleitungen kaum eine Kommunikation stattfand. Das funktionierte – verkürzt – so: Sie stellten ihre Forderungen den Leitungen schriftlich zu. Wenn keine oder keine zufrieden stellende Reaktion erfolgte, erzeugten sie Druck durch betriebliche Protestaktionen, Demonstrationen und Streiks. Ob sie denn nicht verhandelten, fragten wir. Man könne doch von ihnen nicht erwarten, dass sie den Fuß in ein Vorstandsbüro setzen würden, war die Antwort. Nun war ja die englische Gesellschaft damals noch in viel höherem Maße eine Klassengesellschaft, in der die verschiedenen Klassen und Schichten noch viel strikter voneinander getrennt waren als in Deutschland. Aber das hätten wir nicht erwartet. Als wir ihnen unser System der geregelten Arbeitsbeziehungen und Tarifauseinandersetzungen erklärten, meinten sie, das könne doch nur zu einer Korruption der Interessenvertretungen führen.
Durch eine Stadtführung lernten wir die touristischen Höhepunkte Londons kennen und bekamen Informationen zur Geschichte und Gegenwart der Stadt, wie sie wohl jeder andere Besucher auch erhält. Auf meine Frage, ob wir auch die British Library sehen könnten, meinte unsere Begleiterin: „Of course, wir kommen ohnehin noch nach Soho, da zeige ich sie Ihnen. Interessieren Sie sich für Mister Marx?“ „Ja, doch.“ Da lächelte sie mir freundlich zu. „Eine seiner Wohnungen liegt auch in Soho. Ich zeige Ihnen das Haus in der Dean Street, wo er von 1851 bis 1856 lebte.“ Zum Besuch der British Library reichte die Zeit nicht. Am Haus in der Dean Street wies eine Plakette am ersten Stockwerk auf den berühmten Bewohner hin. Das war alles ein wenig ernüchternd.


„Ich bin Trotzkist“

Am Abend fuhr ich mit einigen der Gruppe noch einmal nach Soho hinaus. Im Vergnügungsviertel drängelten sich die Touristen. Alles war hell erleuchtet. Straßenmädchen standen in Scharen in den Hauseingängen und Höfen. Mitten in diesem Treiben stieß ich auf eine Buchhandlung. Ich ging hinein und wurde von einem jungen Inder begrüßt. „Es ist eigentlich keine Buchhandlung“, erklärte er mir, „sondern ein Restaurant mit Büchern.“ „Verkaufst du die auch?“ „Na klar.“

Ich setzte mich an einen der wenigen Tische und bestellte auf seine Empfehlung eine Fladenbrottasche mit Fleisch und Gemüse. Es sei „Šišcebap“, sagte er. In einem Ofen mit offenem Feuer wurde das Gericht gebacken. Es schmeckte hervorragend. Da keine Kundschaft im Raum war, setze er sich zu mir an den Tisch. Wir kamen ins Gespräch. Als ich mich vorgestellt und ihm den Zweck unseres Aufenthalts in London erklärt hatte, meinte er: „Ich bin Trotzkist.“ Dem folgte ein längeres Gespräch über Trotzki, das nur durch gelegentliche neue Gäste unterbrochen wurde. Es stellte sich heraus, dass er als Student nach London gekommen und nach dem Studium hier geblieben war. Er sei Mitglied der „Vierten Internationale“, d. h. einer ihrer Organisatoren in der Stadt. Die „Vierte Internationale“ ist eine weltweite lose politische Vereinigung, die sich an den Ideen Leo Trotzkis orientiert. Ich kaufte schließlich eine seiner Broschüren, und bedankte mich bei meinem Gesprächspartner für den interessanten Abend.

Am Tag nach der Stadtführung hatten wir frei. Unser Busfahrer klopfte morgens an meine Zimmertür. „Der Bus ist weg.“ „Wieso?“ „Weiß ich nicht.“ „Wo hast du ihn denn abgestellt?“ „Genau gegenüber vom Hotel.“ „Aber da ist doch Halteverbot.“ „Na ja, ich dachte, die nehmen das hier nicht so genau.“ Da hatte er sich geirrt. Mithilfe der Rezeptionen fanden wir heraus, dass der Bus von der Polizei abgeschleppt worden war. Er sei dort und dort abzuholen, gegen Bezahlung von 80 Pfund. Der Fahrer sah mich fragend an. „Aus der Reisekasse bezahle ich das nicht. Das hast du selbst zu verantworten.“ Ich fuhr aber doch mit ihm zu der bezeichneten Stelle, die wir nach einigem Herumfragen auch fanden. Er zahlte und konnte seinen Bus gegen Quittung wieder in Empfang nehmen. Mich hatte das einen Teil meiner Freizeit gekostet.



Friedhof Highgate

Anschließend fuhr ich hinaus zum Friedhof Highgate und suchte noch einmal das Grab von Karl Marx. Als ich vor dem Monument stand und mir meine Gedanken über die gewaltige Denkleistung dieses Mannes machte, sprach mich von hinten eine ältere Frau an: „Da sehen Sie, wie das geht. Im Leben sind Spencer und er oft aneinander geraten, und jetzt liegen sie hier friedlich gegenüber.“ In der Tat lag genau gegenüber das Grabmal Herbert Spencers, der in der Chartistenbewegung aktiv war und die Situation des Proletariats über das allgemeine Wahlrecht verbessern wollte, während Marx bekanntlich auf einen revolutionären Umsturz setzte. Dennoch war der Unterschied ihrer Wirksamkeit in der internationalen Arbeiterbewegung und der darauf basierten sozialistischen Politik an ihren Grabmalen deutlich ablesbar. Vor Spencers Grabstein lag ein frischer Blumenstrauß, den meine Gesprächspartnerin offenbar gerade dorthin gelegt hatte, während vor dem Marx-Monument Kränze und Bukette von Delegationen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt lagen.


Bild: Marx, Spencer

Ein Tänzchen in Ehren

Zum Abschlussabend waren wir in einem Clubhaus der Labour Party eingeladen. Was da vor sich ging, war ganz „unenglisch“, dachten wir. Während wir ein steifes, zeremonielles Treffen erwartet hatten, herrschte dort eine laute, lustige Stimmung. Eine Kapelle spielte auf, man tanzte ausgelassen, laute Zurufe flogen hin und her. Der Mann am Tresen zapfte ein Bier nach dem anderen. Die stilleren spielten Karten oder warfen Dartpfeile.
Wir blieben an der Eingangstür stehen und warteten. Bald wurde man auf uns aufmerksam, ein uns bereits bekannter Kollege rief uns herein und verteilte uns auf verschiedene Tische. Dann klopfte er an sein Glas, stellte uns als Gruppe westdeutscher Gewerkschafter vor, hieß uns herzlich willkommen und wünschte uns einen schönen Abend. Lauter Applaus und Zurufe begrüßten uns. Verschieden Leute kamen an unsere Tische und begannen eine Unterhaltung. Sie gingen selbstverständlich davon aus, dass wir Englisch sprachen. Bei einigen war das auch der Fall. Die anderen unterhielten sich, wie es eben ging. Selbst die, die ein paar Jahre Englisch in der Schule gelernt hatten, mussten feststellen, dass unsere Gastgeber ganz anders Englisch sprachen als sie. Essen und Getränke waren für uns frei, und freundliche Kolleginnen und Kollegen bemühten sich, dass unsere Gläser nicht leer blieben, und nach einigen Bieren klappte die Verständigung schon besser.
Die Kapelle spielte einen Tusch, und wir wurden zum Tanzen aufgefordert. Mir als Delegationsleiter fiel die Ehre zu, mit einer besonderen Lady zu tanzen. Sie war die Ehrenvorsitzende der Partei und, wie ich später erfuhr, 86 Jahre alt. Nicht desto weniger war sie eine sehr gute Tänzerin, die mehr mich führte als ich sie. Wir erhielten großen Beifall. Später ließ sie sich auch noch von Jüngeren aus unserer Gruppe auffordern. Der Abend endete mit beiderseitigem Dank und der üblichen Übergabe von kleinen Geschenken. Er war bemerkenswert informell verlaufen.

Auf der Rückreise nach Dover schliefen viele im Bus. Wir legten dem „Immigration Officer“ unsere Pässe vor und passierten unter seinen strengen Augen den kurzen Weg zur Zollkontrolle. Dort wurde nichts entdeckt, wofür sich der Zoll interessierte, und so konnten wir nach einer Wartezeit von einer Stunde die Fähre nach Calais besteigen. Bei leichtem Seegang schaukelten wir dahin, und nur wenige mussten sich mit gelbgrünem Gesicht über die Reling beugen. Ich sah auf die sich entfernenden weißen Klippen von Dover zurück und dachte: Wie gut, dass wenigstens ein westeuropäisches Land dem Gröfaz die Zähne gezeigt hat.



Reise nach Nordspanien 1971

Zwei entschlossene Frauen
aus den Vogesen

Zum ersten Mal hielt ich mich in Spanien (Katalonien) 1963 auf. Acht Jahre später fuhr ich mit meiner Frau, meinem Bruder und seiner Freundin, seinem Berliner Freund Heinz und dessen Freundin Marielle und einem weiteren Paar aus Berlin nach Spanien. Die beiden zuletzt genannten jungen Frauen waren Schwestern aus den Vogesen, die in Berlin lebten. Die ältere betrieb in der Nähe des Kudamms einen Kosmetiksalon. Was ihre Schwester machte, weiß ich nicht mehr. In den Vogesen hatten sie mit ihrer Familie auf einem kleinen Bauernhof gelebt. Alle Geschwister mussten von Kind auf mitarbeiten, um das Überleben der Familie zu sichern. Die älteste fuhr mit einem Dreiradauto übers Land und verkaufte Käse, den ihre Eltern herstellten. Sie wusste also aus Erfahrung sehr gut, was harte und ausdauernde Arbeit bedeutet.
Mit kleinen Ersparnissen machte sie sich auf den Weg nach Berlin und belegte Kosmetikkurse. Sie wollte weg aus den Vogesen und von dieser Arbeit. Zäh und ausdauernd verfolgte sie ihr Ziel, einen eigenen Kosmetiksalon zu betreiben, sie schaffte es schließlich. Zusammen mit einer anderen Französin eröffneten sie ihren Salon. Ihre Schwester, die von kleinbäuerlicher Arbeit ebenfalls die Nase voll hatte, folgte ihr nach Berlin. „Warum seid ihr denn nach Berlin und nicht nach Paris gegangen?“, fragte ich die ältere der beiden Schwestern einmal. „Paris war viel zu teuer für unsere Verhältnisse. Berlin war nicht so teuer und hatte den Vorteil, dass wir unsere Deutschkenntnisse verbessern konnten. Außerdem war es bei den jungen Menschen aus dem Elsass damals Mode, in Westberlin zu leben. Berlin ist für uns jung und attraktiv, gute Ideen werden gefördert, und kulturell ist hier mehr los als in Paris.“ „Komisch, für uns ist es genau umgekehrt. Uns zieht es nach Paris.“


Ist Heinz verunglückt?

Wir waren mit verschiedenen Autos unterwegs und hatten uns an einer bestimmten Raststation in Süddeutschland verabredet. Heinz arbeitete damals neben seinem Psychologiestudium in einem Projekt für gefährdete Jugendliche in Berlin. Mit einigen von ihnen war er vorgefahren, um sie zu einem Schloss in Süddeutschland zu bringen, wo sie sich mit anderen betreuten Jugendlichen zu einem gemeinsamen Urlaub treffen sollten. Als wir an der besagten Tankstelle ankamen, war Heinz nicht da. Hektische Aktivitäten begannen. Zunächst befragten wir den Tankwart, ob eine Nachricht für uns hinterlassen wurde. Das war nicht der Fall. Vielleicht hatte er sich verspätet. Also riefen wir mithilfe des verständnisvollen Tankwarts die Stationen oberhalb an. Dort gab es keine Nachricht. Also die Station weiter im Süden. Leider auch ohne Erfolg. Marielle wurde hochgradig nervös. Sie sah ihren Heinz schon blutüberströmt am Rand der Autobahn liegen und sterben. „Lass uns mal weiterfahren. Vielleicht gibt es ja eine viel harmlosere Erklärung.“
Bei der nächsten Tankstelle wiederholte sich das Ganze. Marielle telefonierte alle Tankstellen bis zur Grenze und darüber hinaus ab. So auch bei der übernächsten. Sie zitterte vor Aufregung. Als sie zum dritten Mal den gleichen Mann an einer Station am Hörer hatte, vernahmen wir Umstehenden Folgendes: „Heilig’s Blechle, Sie scho widder. Es is nix passiert. Nach Ihr’m erschte Anruf hab ich de Polizeifunk eigschalt. Es gibt keinem schweren Unfall auf der Strecke.“ Das beruhigte Marielle aber nicht. Sie telefonierte weiter. Als sie wieder in Besançon anrief, fragte sie den Mann am anderen Ende mit bebender Stimme: „Parlez-vous français?“ „Oui, Madame, naturellement.“ Ihr Heinz war nicht dort. Wir fanden ihn schließlich am nächsten Rastplatz. Mit einem Aufschrei flog ihm Marielle in die Arme. Mit breitem Lächeln fragte er uns voller Unschuld: „Wo bleibt ihr denn solange? Ist etwas passiert?“ Durch eine missverständliche Verabredung hatte er uns an einer anderen Station erwartet.
Irgendwo vor Dijon übernachteten wir und kamen am anderen Tag nach endloser Fahrt durch die französische Provinz zum Golf von Biscaya. In Biarritz hielten wir an. Zwei von uns machten sich auf die Suche nach einem bezahlbaren Hotel. Wir anderen standen an der Strandmauer, stemmten uns gegen den Sturm und sahen dem faszinierenden Schauspiel der wild anrollenden Wellen zu. Mit größter Wucht prallten sie auf die Felsenküste und schleuderten ihre Gischt bis hinauf zu uns und über die Strandpromenade hinweg. Durch eingelassene Röhren in der Mauer floss das Wasser wieder hinunter an den Strand, und schon peitschte die nächste Welle ihr Wasser gegen das Ufer. Eine solche Urgewalt tobender Elemente hatte ich zuvor nicht erlebt. Meinen staunenden Blick konnte ich kaum von dem Geschehen losreißen. Unsere Abgesandten kamen mit der Nachricht wieder dass in Biarritz kein Hotel zu einem angemessenen Preis zu finden sei. Wir fuhren weiter und fanden schließlich eine Pension im benachbarten St. Jean de Luz, wo wir übernachteten. Nach dem Frühstück fuhren wir über die Grenze ins spanische Baskenland. Wir passierten San Sebastian, Bilbao und Santander. Unser Ziel war Comillas, wo wir eine Unterkunft gebucht hatten.

Das könnte ihnen auch gefallen :

Unterwegs in fernen Ländern

József Wieszt

Mittendrin und am Rande – Lebenserinnerungen eines Vertriebenen

Weitere Bücher von diesem Autor

Unterwegs in fernen Ländern

József Wieszt

Unterwegs in fernen Ländern

Unterwegs in fernen Ländern

József Wieszt

Mittendrin und am Rande – Lebenserinnerungen eines Vertriebenen

Buchbewertung:
*Pflichtfelder