Unterwegs in fernen Ländern

Unterwegs in fernen Ländern

Bildung durch Reisen

József Wieszt


EUR 32,90
EUR 26,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 692
ISBN: 978-3-99131-613-8
Erscheinungsdatum: 17.05.2023
Reisen intensiv, das Leben laut und bunt. Ob unterwegs im damals sozialistischen Osten Europas oder im Westen: Zusammen mit jungen Leuten engagiert sich der Autor auf Studienreisen für internationale Begegnungen politischer und kultureller Art.
Vorbemerkung

In den Erinnerungen an meine Berufstätigkeit lege ich ein Schwergewicht auf die Darstellung von Studienreisen und internationalen Jugendbegegnungen bei uns und im Ausland. Vom Umfang her nahmen sie nur den geringeren Teil meiner Arbeit in Anspruch. Zumeist waren es inklusive Vorbereitung, Tagungen zur Finanzierung und Mittelbeschaffung, Kontaktpflege mit den Partnerorganisationen im Inland und Ausland, Organisation, Programmgestaltung, Gewinnung der eigenen TeilnehmerInnen, Durchführung Auswertung und Nacharbeit etc. nur etwa ein Drittel ein. In der übrigen Arbeitszeit führte ich andere Seminare in unserer Bildungsstätte durch.
Wenn ich ein bestimmtes Land bereiste, habe ich mich selbstverständlich so weit wie möglich über dessen Geschichte und Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, Kultur, Kunst, Literatur und Alltagsleben informiert. Die Gruppen wurden in Seminaren von zwei Tagen bis zu einer Woche in einem Überblick in diese Gegenstände eingeführt. Sie erhielten Hinweise zu weiterführender Literatur. Soweit ich darüber verfügen konnte, zeigte ich auch aktuelle Beiträge des Fernsehens zu ausgewählten Aspekten der jeweiligen Staaten oder Regionen. Insbesondere kam es mir darauf an, auf Traditionen, „Sitten und Gebräuche“ in den Ländern aufmerksam zu machen, die wir besuchen wollten. Die TeilnehmerInnen an den Studiengruppen sollten dadurch nützliche Orientierungen für ihr Verhalten in dem Gastland erhalten.
Insofern unterschieden sich diese Reisen grundsätzlich von touristischen oder bloßen Urlaubsreisen. Sie waren insgesamt gut vorbereitete Studienreisen. Dennoch war mir bewusst, dass wir von der gastgebenden Seite nur das zu sehen bekommen sollten, was ihr genehm war. Um das ein Stück weit zu konterkarieren, habe ich, soweit es sich machen ließ, versucht, die Aufnahme von Familienbesuchen in die Programme durchzusetzen, in der Annahme, dass die TeilnehmerInnen bei solchen Begegnungen einen direkteren Einblick in das Leben der Einheimischen bekommen konnten.
Aus dem gleichen Grunde setzte ich bei den Vorgesprächen zu den Programmen auch durch, dass die BesucherInnen genügend Freizeit erhielten, um sich nach Belieben eigene Eindrücke von dem Gastland zu beschaffen. Häufig war ich überrascht von den Berichten, die „meine Leute“ von diesen Ausflügen mitbrachten. Oft trafen sie auf junge Menschen, die sich auf Englisch verständigen konnten, oder sie erfanden mimische, gestische oder sonstige Mittel, um sich verständlich zu machen. Dabei spielte bei den Jugendlichen der Fußball eine wichtige Rolle. Als man feststellte, dass sie Deutsche seien, wurden sie mit dem Namen „Beckenbauer“ freudig begrüßt. Alles Weitere ergab sich dann von selbst.
Für die inhaltlichen Vorbereitungen lud ich gelegentlich Referentinnen und Referenten von den Bonner Botschaften ihrer Länder oder aus dem jeweiligen Land selbst ein (Polen, Ungarn). Dennoch war mir schmerzlich bewusst, dass wir bei noch so guten Vorbereitungen durch einen einmaligen Besuch nur oberflächliche Eindrücke und Informationen gewinnen konnten. Wenn ich aber bestimmte Länder oder Staaten häufiger besuchte, wie Polen, Ungarn und die Sowjetunion, stand die Sache etwas anders.
Um Beispiele zu nennen: In Polen und Slowenien freundete ich mich mit KollegInnen aus der dortigen Bildungsarbeit an, mit denen ich auch privat verkehrte. Sie waren zur Politik ihres Landes eher kritisch eingestellt und ließen mich an ihrer Skepsis teilhaben. Durch sie bekam ich für Außenstehende sonst nicht zugängliche Informationen und Einblicke, konnte Ihre Familien kennenlernen und gelegentlich an ihren Festen teilnehmen. In Ungarn und Polen befreundete ich mich mit DolmetscherInnen, für die auf etwas andere Weise Vergleichbares galt. Ihnen verdanke ich sehr viel für meine Arbeit. In Ungarn konnte ich zudem auf verwandtschaftliche Beziehungen zurückgreifen. In der DDR pflegte ich den Kontakt zu einigen Menschen, die mir zu einem wertvollen Kompass durch den „real existierenden Sozialismus“ wurden. Sie verhalfen mir zuletzt auch zu Kontakten mit oppositionellen Kreisen ermöglichten.
Mein Vorteil bestand darin, dass ich Gruppen aus den besuchten Ländern zu Gegenbesuchen in der BRD einladen konnte. Die TeilnehmerInnen dieser Gruppe sprachen in vielen Fällen Deutsch, sodass ich mich mit ihnen ohne Hilfe von DolmetscherInnen unterhalten konnte. Die Frage liegt nahe, warum ich nicht die Sprachen der jeweils besuchten Länder gelernt habe. Das war mir aus Gründen der sonstigen Arbeitsbelastung aber vermutlich auch wegen meiner nicht sehr entwickelten Sprachbegabung kaum möglich. Einige Versuche habe ich gemacht, kam aber über Grundkenntnisse dieser Sprachen nicht hinaus (Polnisch, Italienisch, Ungarisch).
Gelegentlich wurde ich gefragt, welchen Sinn die Veröffentlichung der Erinnerungen von Reisen in Länder und Staaten heute hat, deren politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Situation sich nach dem Untergang des „real existierenden Sozialismus“ grundlegend verändert hat. Die Frage ist berechtigt. Meine Antwort könnte folgende sein:
Jede Reise in andere Länder gibt dem Besucher nur einen Einblick in deren gerade gegebene Situation. Wenn ein ganzes Herrschaftssystem untergeht, sind Berichte über die Zeit davor wichtig für die Einschätzung der Zeit danach. Was ist untergegangen, und was hat überlebt, bzw. was ist wieder auferstanden? Es ist bekannt, dass gesellschaftliche und kulturelle Traditionen von Menschen und Völkern unter der Oberfläche von politischen Herrschaftssystemen in ihrem Kern weiter bestehen. Es ist also wichtig, sie zu vergleichen, Goethe hat einmal gesagt, man müsse 2000 Jahre in die Vergangenheit blicken, um die Gegenwart zu verstehen. Ein Blick zurück auf 70 Jahre „Sozialismus“ ist demnach nicht zu viel verlangt. Ich habe mich bemüht, über das, was ich zu sehen bekam, kenntnisreich, unterhaltsam und kurzweilig zu berichten, nach dem Motto: Langeweile ist der Feind der LeserInnen.



Korsika 1972
Wir halfen einem Freund

Im Frühjahr besuchte ich mit einem Freund 14 Tage Korsika. Unser gemeinsamer Freund G. baute dort ein gebrauchtes Segelboot um. Er wollte damit eine Tauchschule eröffnen. Wir fuhren hin, um ihm dabei zu helfen. Ab Marseille fuhren wir mit der Fähre. Die Überfahrt in der Nacht dauerte etwa sieben Stunden. Auf der Fahrt nach Süden hatte uns ein eiskalter Mistral mit Eisregen und Schnee überschüttet. Auch auf der Fähre war es sehr kalt. Dennoch schliefen wir auf einer Bank an. Wegen der viele Passagiere war es unten laut und die Luft war sehr stickig. Auf Deck war es ruhig, nass und kalt. Wir froren in unseren unzureichenden Schlafsäcken, obwohl wir eine windgeschützte Stelle gefunden hatten. Der eisige Wind pfiff durch die Reling.
Am Anleger in Bastia wartete ein etwa 70-jähriger Mann auf uns. Er stellte sich vor, Keyserlingk, und erklärte, unser Freund sei gerade verhindert und habe ihn gebeten, uns abzuholen. Rasant fuhr er mit uns die vierzig Kilometer bis zu unserem Ziel die Küstenstraße entlang. Wir hatten das Gefühl, an einer Rallye teilzunehmen.
Herr Keyserlingk erklärte uns, dass wir auf seinem Grundstück wohnen würden. Es sei eine Plantage, wo er vor allem Mandarinen anbaue. Früher habe er eine Plantage in Afrika betrieben, musste sie aber wegen der unsicheren Verhältnisse dort aufgeben. Er sei dann ins Westfälische gezogen. Das Rentnerdasein dort habe er nicht lange ausgehalten und sich auf Korsika Land gekauft. Er sei noch gerade rechtzeitig auf die Insel gekommen, die jetzt aus Algerien vertriebene „Pieds Noirs“ (Schwarzfüße), überschwemmten, Algerienfranzosen, die wegen des Befreiungskrieges ihre dortigen Siedlungen und Farmen verließen. Später erfuhren wir dann, dass er ursprünglich aus dem Baltikum stamme. Wie viele seiner Landsleute habe er sein Zuhause 1939 nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Paktes verlassen müssen. Es war zur sowjetischen Einflusssphäre erklärt worden.

Foto von unserem letzten Besuch, das Haus wurde umgebaut

Als erkennbar wurde, dass die Sowjetarmee ins Baltikum einmarschierte, sei er nach Afrika „abgehauen“. Wir wohnten unter dem Dach eines alten Hauses aus Naturstein, in das etwa acht Schlafkojen aus Holz eingebaut waren. Zwei oder drei davon fanden wir bereits belegt vor. An der Giebelwand war eine offene Dusche zu Weg hin, und in dem einzigen großen Kellerraum befand sich ein Gasherd zum Kochen und ein Tisch mit einigen Stühlen. Die Mitbewohner im Haus waren auch Freunde unseres Bootsbauers, zwei Studentinnen und ein Student. Wie sich herausstellte arbeiteten sie beim Bootsbau und in der Plantage mit und hatten dafür Kost und Logis frei. Unser Freund hatte sich in der Nähe ein „Nurdachhaus“ gebaut und wohnte dort. Am Abend trafen alle in der Küche zusammen, und es begann eine fröhliche Begrüßungsparty. In der Nacht lagen oben Männer und Frauen in dem einen Raum. Den Sitten der Zeit entsprechend genierten sie sich nicht voreinander. Dennoch war ich etwas überrascht, als ich am anderen Morgen aus dem Schlafraum kam und eine „unserer Frauen“ splitternackt unter der rundum offenen Dusche stand. Sie begrüßte mich freundlich und fuhr in ihrer Morgentoilette fort. Diesem Verhalten passten wir Neuen uns nach kurzem Zögern an.


Ein Boot wird renoviert

Auf einem Platz in der Nähe unseres Hauses stand ein größeres Holzboot, man konnte es auch als eine kleine Jacht ansehen, bei dessen Renovierung wir halfen. Mir fiel es zu, Bootslack auf die Außenwand aufzutragen. Unser gemeinsamer Freund, der in Köln Sport studiert hatte, stellte während eines Urlaubs in einem Touristenkamp in der Nähe eine Umfrage an. Dabei kam heraus, dass die damaligen Urlauber gern ein Angebot zum Tauchen gehabt hätten. Kurz entschlossen nahm er einen Kredit auf und kaufte das Boot, an dem wir arbeiteten, um eine Tauchschule zu eröffnen. Um weitere Touren machen zu können, kaufte er sich später ein größeres Boot. Wir waren zunächst mit dem ersten beschäftigt, manchmal nur für Stunden oder halbe Tage. Die restliche Zeit konnten wir für die Erkundung der Insel oder zum Baden im Meer verwenden.


Eine Rundreise

Während einer Arbeitsphase hielt ein Motorradfahrer dicht neben unserem Boot an. Er war ein bärtiger junger Mann, der uns mit seiner tiefen Bassstimme lautstark begrüßte. Er wolle sich nach dem Stand der Arbeit erkundigen, dröhnte seine Stimme lachend über den kleinen Platz. „Dafür bist du ja bestens geeignet“, antwortete ihm ebenso lachend unser Freund. Der Bärtige war nämlich ein Kunstschmied. Beide kannten sich aus Köln, und Letzterer war hier, um die Insel mit dem Motorrad zu erkunden. Ob denn jemand Lust habe, morgen mit ihm eine Tour zu machen. Als sich niemand meldete, fragte ich unsere Freund: „Kann ich morgen frei haben?“ „Nur zu“, rief er lachend, „aber halt dich gut fest, der hat noch nicht lange den Führerschein.“ Das stimmte natürlich nicht.
So kam es, dass ich am anderen Morgen auf den Sozius einer 250er BMW stieg und mit dem bärtigen Brummbären losfuhr. Vorher hatte er mir noch „befohlen“, mir eine wärmere Jacke anzuziehen. „Da oben auf den Bergen ist es morgens noch ziemlich kalt um diese Zeit.“ Das sollte ich bald feststellen, als er mit mir über die sehr kurvenreiche Hangstraße nach Norden fuhr. „Wo fahren wir hin?“, fragte ich ihm bei einem Halt. „Es gibt weiter oben eine Stelle, von der du beide Küsten der Insel sehen kannst. Es ist sehr schön dort.“ In der Tat, es war ein grandioser Anblick, von da oben die „italienische“ und das „spanische“ Küste der Insel sehen zu können. Tief unter uns wie im Modell lagen sie in hellem Sonnenlicht. „Das ist ja super“, rief ich begeistert aus, „wie hast du denn die Stelle gefunden?“ „Durch Zufall bei einer meiner früheren Fahrten“, brummte er etwas amüsiert in seinen schwarzen Bart hinein. „Aber die Einheimischen kennen sie alle. Sind übrigens nette Leute. Wenn sie ihren Stolz überwunden haben, kannst du auch ihr Freund werden.“ „Hast du korsische Freunde?“ „Ja, doch, wenige. Einen wirst du heute noch kennenlernen.“ „Dann warst du sicher schon öfter hier?“ „Schon, seit mehr als zehn Jahren.“
Dann erzählte er mir etwas über die Korsen. „Ihre Dörfer und Städte haben sie immer in den Bergen oder auf hohen Felsen an der Küste gebaut, weil ihre Insel so oft erobert wurde. Ich hab mir das mal angesehen. Der Reihe nach waren es Karthager, Griechen, Etrusker, Römer, Vandalen, Franken, Genuesen, Franzosen. Die Engländer waren auch mal für ein paar Jahre hier, und zuletzt Deutsche.“ „Ihre Sprache klingt aber irgendwie italienisch.“ „Sag das nur keinem Korsen, dann ist er für immer beleidigt.“ „Aber es ist doch so?“ „Ja, genuesisch. Sie gehörten auch etwa 300 Jahre zu Genua. Das färbt doch ab, oder? Die Korsen halten ihren Dialekt für eine eigene Sprache, für ‚corsu‘, Korsisch eben. Sie gehören aber schon seit über zweihundert Jahren zu Frankreich, daher sprechen die meisten heute auch Französisch.“
Wir fuhren durch die Berge zu dem von ihm schon erwähnten Freund. Er wohnte in einem Dorf auf der „spanischen“ Seite. An den Hängen rechts und links der Straße blühte die Macchia oder der Maquis, je nachdem, ob Korsen oder Franzosen das Wort aussprechen. Der würzige Duft dieser um das gesamte Mittelmeer verbreiteten sogenannten „Trockenstrauchvegetation“, ist überall auf der Insel präsent. Tag und Nacht atmet man ihn ein. Nachts ist er intensiver als tagsüber. Die fetthaltigen Blätter dieser Büsche brennen häufig, sie entzünden leider auch die Wälder, und der Schaden ist jedes Mal immens.
Das Haus des Freundes stand am Hang unterhalb der Straße. Gebaut war es aus Feldsteinen und gedeckt war es mit Steinplatten, vermutlich Schiefer. Ein Zaun aus Stangen und Stöcken zäunte den Garten ein, der sich den Hang hinunter zog. Erstes Grün zeigte sich auf den Beeten. Nach der freundlichen Begrüßung bot uns der Mann einen Wein an. Es war fast rosarot, relativ trocken und duftig. „Der ist von meinem Bruder auf der anderen Seite. Hier oben wächst ja keiner.“ „Gut ist er aber er trotzdem.“ „Na klar, was sonst?“ Dann brachte er uns auch noch etwas zu essen: Weißbrot, trockene korsische Wurst, Ziegenkäse und Oliven. „Lasst es euch schmecken, sind lauter korsische Produkte.“ Während des Essens tauschten die beiden Freunde Neuigkeiten aus. Mein Kölner, C., so hieß er wohl, sprach gut Französisch. Während die beiden sich unterhielten, sah ich mir die schroffe Felsenlandschaft ringsum genauer an. Sie war von Wind und Wetter, Hitze und Kälte gezeichnet und durch Erosion geformt. Kiefern. Lärchen, Zedern und gelegentlich Esskastanien wuchsen bis zu unserer Höhe die Abhänge herauf. Wälder gibt sie aber nur noch in den Bergen, ansonsten wächst nur das erwähnte mannshohe Gebüsch der Macchia mit wenigen Lichtungen. „Hier gibt es bestimmt Wildschweine“, dachte ich laut. C. übersetzte, und sein Freund betätigte es eifrig. „Sie sind manchmal eine richtige Plage. Damit es nicht zu viele werden, knallen wir ab und zu eins ab.“ Dabei zwinkerte er uns mit den Augen zu. „Ist das erlaubt?“, fragte ich, die Antwort schon kennend. „Nein“, gab er entrüstet zurück, „natürlich nicht, aber jeder echte Korse hat ein Gewehr.“ Es wurde Zeit, wir mussten weiter. Mit herzlichem Dank für die Gastfreundschaft verabschiedeten wir uns. „Au revoir.“ „À bientôt.“ Bis bald. Wir fuhren weiter, talwärts. Unterwegs hielt C. an Felsen an, die zu großen Löffeln ausgehöhlt waren „Da kannst du mal sehen, was der Wind hier kann.“

Haut zum Trocknen. Wildschwein oder verwildertes Hausschwein?

„Oh ja, imponierend. Das ist aber sicher ein weicher Stein.“ „Kannst ja mal probieren.“ Ich stieg ab und kratzte an so einer Höhlung herum. „Da kann ich mit den Nägeln nichts abkratzen, ist wohl doch nicht so weich.“ „Der Wind macht das ja auch nicht mit den Fingernägeln. Er treibt Sandkörner vor sich her. Die prallen auf den Felsen und schleifen den Felsen wie mit Schleifpapier. Das geht ja über die Jahrhunderte so nach dem Motto: Stetes Sandkorn höhlt den Stein. Für Nachschub an Sand sorgt hier der Scirocco. Er bringt große Mengen Wüstensand von der Sahara nach Korsika.“ Auf dem Weg nach unten sah ich an den Hängen und sogar ganz oben auf den Felsen mehrere Ziegenherden. „Sie können von den mageren Gewächsen der Berge gut leben“, meinte C. „Andere, im Grund wild lebende Haustiere wie Schweine und Rinder treiben sich ganzjährig ebenfalls in der Macchia herum. Allerdings kennen die Bauern ihre Tiere sehr genau. Sie respektieren gegenseitig ihr Eigentum. Kein Schwein landet in der falschen Küche.“ In den Dörfern weiter unten begegneten wir häufig Eseln. Sie dienen als Last und Reittiere. Nach vielen weiteren Kurven, Abfahrten und Anstiegen kamen wir zu einem kurzen Tunnel, der ohne Absicherung den Felsen durchbrach. Von oben stürzte Wasser herunter, das eine Brücke überquerte.
In mehreren Stufen fällt das Wasser etwa 80 Meter herunter. „Ihr könnt gut zu Fuß hingehen. Unten ist eine große Felsenwanne mit einem Vorplatz. Dort könnt ihr ein Feuer machen und feiern. Bei Vollmond ist es am schönsten.“ „Prima Tipp. Ich werde dran denken.“
Danach hielt C. an. Wir stiegen ab und gingen zum Brückengeländer. „Dort unten links wohnt ihr, man kann die Häuser von hier noch nicht sehen. Das ist hier der größte Wasserfall Korsikas.“

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