Hinter jedem Schatten ist Licht

Hinter jedem Schatten ist Licht

Meine Jahre als Ärztin in Afrika

Sandra Kiel


EUR 16,90
EUR 13,99

Format: 12 x 19 cm
Seitenanzahl: 110
ISBN: 978-3-99131-837-8
Erscheinungsdatum: 07.03.2023
Eine Ärztin reist mit ihrem kleinen Sohn nach Namibia, verliebt sich in das Land und in einen Mann. Bei ihrer Arbeit in der Krebsheilkunde kommt sie den Menschen und ihrer Kultur näher. Und sie wird Zeugin von viel Leid und Tapferkeit, von Licht und Schatten.
Vorwort


„Von den Vorstellungen nimmt die Seele ihre Farbe an“
Marc Aurel

Wie die meisten Leben ging auch mein Leben bisher über viele Hürden und oft hatte ich das Gefühl, es meinem Sternbild Krebs gleichzutun, die berühmten zwei Schritte vor und einen zurück. Und doch sehe ich jetzt in meinem Leben all die wundervollen Dinge, die ich lernen durfte, die mich dahin geführt haben, wo ich heute stehe. Als Ärztin musste ich meine Patienten durch schlimmste Zeiten begleiten und ihnen beistehen, um dann zu erkennen, wie viel wir voneinander lernen durften. Die Erkenntnis, dass wir alle eins sind, wurde durch endlose Gespräche und Teilen des Leides gestärkt. Der lang gehegte Wunsch, ein Buch zu schreiben und dadurch mehr Menschen zu erreichen, als ich es persönlich je würde schaffen können, wurde mehr und mehr bestärkt durch die tiefste Dankbarkeit für all die Menschen, die in vollstem Vertrauen mir ihr Leid mitteilten und mir damit klar machten, dass es nicht das Leid selbst und unsere Erfahrungen sind, die uns zu dem machen, was wir sind, sondern die Art, wie wir die Dinge sehen und aufnehmen (im Engl. perception). Also, dass nicht das Leid uns leiden lässt, sondern das, was wir daraus machen. Ich wünsche mir aus ganzem Herzen, dass diese Zeilen an Sie Ihr Leben bereichern, Sie lachen und stellenweise auch weinen lassen und vor allem Sie erkennen lassen, dass, wenn wir einander vertrauen, in der Gewissheit, alle miteinander verbunden zu sein, die Welt zu einer besseren wird. Wenn Sie also nun dieses Buch in den Händen halten, weiß ich, dass mein Traum in Erfüllung geht und danke Ihnen aus ganzem Herzen.

Ihre Sandra Kiel



1. Josy


„Nur ein Herz, dem der Tod nichts Unbekanntes ist,
kann das Geschenk des Lebens mit einem
so tiefen Gefühl der Freude würdigen.“
Bruder David Steindl-Rast

Josy war blind. Von Geburt an. Er hatte keine Augen mit ins Leben bekommen. Aber er hatte das unglaublichste Lächeln als Geschenk an andere mitbekommen. Wenn er mit einem sprach und einen dann einfach so aus seinem Innersten anlächelte, konnte man die afrikanische, wärmende Sonne spüren, den Wind über den Steppen, das Lachen von spielenden Kindern und seine Liebe zu den Menschen. Ganz besonders die Liebe zu seiner Mutter, dabei war sein größter Kummer, sie an seinem Leid teilhaben lassen zu müssen. Josy war an einem seltenen Tumor (blue cell tumor, eine Art Knochenkrebs) erkrankt, der, angefangen an einer kleinen Stelle an seinem rechten Arm, allmählich von seiner Schulter und seinem Brustkorb Besitz ergriff. Er war aus dem Norden des Landes, aufgewachsen wie so viele Kinder inmitten von Staub und Trockenheit, scharfen Gerüchen des Lebens, hineingeboren in eine kinderreiche Familie, gewohnt, alles zu teilen und nichts wirklich sein eigen nennen zu können. Eingebunden in den natürlichen Kreislauf des Lebens, geboren werden in einem harten Umfeld, dem das Überleben ohne große Dramatik als Merkmal anhaftete, um dann wieder gehen zu müssen, all das verlieh Josy eine unglaubliche Ruhe. Nicht erklärbar für mich waren allerdings diese unglaubliche Kraft und das Vertrauen, sein Schicksal ohne Wenn und Aber anzunehmen. Seine Mutter, aufgelöst in der Sorge um ihren Sohn, durchlief all die Stadien, die die Konfrontation mit einer unheilbaren Krankheit beeinhalten. Ihr Hadern mit dem Schicksal und dem Leid ihres Sohnes versuchte eben dieser mit einer grenzenlosen Geduld abzufangen. Josy durchlief all die Behandlungen mit einer Gelassenheit, die mich als seine behandelnde Ärztin immer wieder mit mir selbst konfrontierte und an meine Grenzen führte. Gewohnt an extreme Gemütsschwankungen meiner Patienten, grenzenlose Angst, Wut, Verzweiflung und Ohnmacht, die ich mitzutragen und zu erarbeiten gewohnt war, blieb mir selbst nur noch Bewunderung, Liebe und ruhiger Beistand. Hinzu kam allerdings ein Ohnmachtsgefühl meinerseits, das ich zwar schon kannte und von dem ich auch wusste, es ganz besonders bei meinen Krebskindern zu empfinden, aber Josys unglaubliche mir entgegengebrachte Dankbarkeit, dass ich mich um ihn kümmerte und ihm zuhörte, brach mir fast das Herz. Das, was den Arztberuf unter anderem auszeichnet, nämlich etwas tun zu können, wo der Patient es nicht kann und auf meine Hilfe und Wissen angewiesen ist, nun genau das wurde weniger und weniger, um dann am Ende zu bloßem Dasein, Beistand und Symptombehandlung reduziert zu werden. Ich werde genau auf diesen Punkt in meinem Buch noch öfters zurückkommen, da dieser Moment, diese Wende, ein ganz entscheidender Teil in der Beziehung zwischen Patient und Arzt ist. Er ertrug all die Nebenwirkungen der Behandlungen, hörte geduldig meinen Erklärungen zu, stimmte dem Behandlungsplan mit ruhigen Nachfragen zu und … lächelte. Als zur Schmerzkontrolle sein rechter Arm amputiert werden musste, tröstete er seine Mutter. Da er wegen des ausgedehnten Behandlungsprogramms auf der Station im Krankenhaus aufgenommen wurde, war er wegen seiner Blindheit angewiesen auf das Hilfspersonal des Krankenhauses, um ihn in die Ambulanz zu bringen. Aber auch dort wie in so vielen Bereichen, herrschte Personalmangel, sodass er an einem Tag im Trubel quasi vergessen wurde. Er hatte es irgendwie geschafft, zum Aufzug zu kommen und sich dann davor mit seinem Infusionsbeutel in der Hand auf den Boden gesetzt. Gewohnt an seine Zuverlässigkeit war ich auf die Suche nach ihm gegangen und fand ihn dort vor. Ich kniete mich zu ihm auf den Boden und fragte ihn, was er da mache, woraufhin er mir sein wundervolles Lächeln schenkte und mir erklärte, er habe gewusst, ich würde kommen, um ihn zu holen. Für eine mögliche Heilung eines bösartigen Tumors, ist die Früherkennung die wichtigste Voraussetzugng. Josy befand sich leider schon in einem sehr fortgeschrittenen Stadium seiner Erkrankung als er zu uns kam. Mit vielen Gesprächen und gemeinsamen Gebeten schafften wir es zusammen, Josy, seine Familie und ich, das unweigerliche Fortschreiten seiner Erkrankung anzunehmen.
Er starb an einem Freitagnachmittag, nachdem er sich von mir verabschiedet hatte, sich für all meine Zuwendung bedankt und mir erklärt hatte, er habe keine Angst zu gehen, nur vor den Schmerzen habe er Angst, welche ich versprach, ihm zu nehmen. Unter Schmerzbehandlung schlief er friedlich ein. Sein unglaubliches Vertrauen und seine Dankbarkeit werden mich immer begleiten und auch jetzt in diesem Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, empfinde ich tiefe Trauer, aber bin auch ganz erfüllt von Liebe und Dankbarkeit, dies erlebt haben zu dürfen. Geschichten von Zuwendung und geteiltem Leid sollten in den kommenden Jahren als Krebsärztin in Afrika meine ständigen Begleiter werden.



2. Wo ist eigentlich Namibia?


Weder Geschichte noch Erdkunde waren nur annähernd meine Lieblingsfächer und so war es auch nicht verwunderlich, dass ich erst mal meinen alten Diercke Weltatlas herauskramte, als mein Onkel seine Familie zu einem Urlaub nach Namibia einlud. Zu dieser Zeit lebte ich in Freiburg mit meinem Sohn als alleinerziehende Medizinstudentin. Der Wunsch, Ärztin zu werden, war schon immer da. Ich kann nicht sagen, wann mir klar war, dass dies mein Beruf sein würde, es war eher so, wie man weiß, dass am nächsten Morgen die Sonne wieder aufgeht. Der Weg dorthin allerdings war beschwerlich. Die Vorklinik mit ihren naturwissenschaftlichen Fächern hatte mir sehr zu schaffen gemacht. Und als meine große Liebe zu einem Mitstudenten kurz nach der Geburt unseres Sohns Fabian zerbrach, entschloss ich mich an die Universität Freiburg zu wechseln. Als ich mich dann nach einer Eingewöhnungszeit etwas eckig vorbereitet an das Staatsexamen wagte und prompt durchfiel, tröstete mich mein dreijähriger Sohn, nachdem ich ihm zur Erklärung meiner Traurigkeit den Vergleich mit einem extra aufwendig gebauten und hohen Legoturm, der kurz vor dem Vollenden zusammenbricht, lieferte, mit den Worten, ich hätte dann wohl den Turm zu hoch gebaut. Und so war es sicherlich all die Jahre schwierig, mit Kind zu studieren, aber ich weiß auch, dass mein Sohn mir immer die richtige Relation zum Leben und was darin wirklich zählt, ermöglicht hat, sodass er für immer meine größte Motivation und Wichtigkeit war und sein wird. So machte ich mich also mit meinem fünfjährigen Sohn und mulmigem Grundgefühl im Gepäck auf in das weite, fremde Afrika. Ich kann nicht sagen, dass ich das Land sah und mich sofort das Afrikafieber packte, es war eher eine hart erarbeitete, hürdenhafte Liebe, die sich in mein Herz schlich und dort auch für immer bleiben wird. In unseren Reiseleiter Erich, ein guter Freund meines Onkels, allerdings verliebte ich mich vom ersten Moment an mit der mir bekannten inneren Stimme, die mir verriet, dass ich diesen Mann heiraten würde.
5 Sterne
Beeindruckend  - 31.03.2023

Das Buch gibt einen tiefen Einblick in das Leben einer mutigen Frau, Ärztin, Mutter und Entdeckerin. Ein unglaublich beeindruckendes und inspirierendes Buch!

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