Hema - Das Herz einer indischen Löwin

Hema - Das Herz einer indischen Löwin

Hemalata Naveena Gubler


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 248
ISBN: 978-3-99107-665-0
Erscheinungsdatum: 27.07.2021
Karrierefrau, Ehefrau, Mutter - was ist die moderne Frau von heute nicht alles zugleich? Aber hat ihr Tag deshalb mehr als 24 Stunden? Nicht immer gelingt der Spagat mühelos, ohne seelische oder gesundheitliche Folgen. Eine junge zweifache Mutter erzählt.
1
Vorwort

Liebe Leserin und lieber Leser!

An dieser Stelle will ich erwähnen, dass dieses Buch auf meinem Leben mit meinen eigenen Erlebnissen und Erfahrungen beruht.

Personen, welche einen Teil meiner Geschichte einnehmen, sind real, die Namen jedoch frei erfunden. Die betroffenen Institutionen führen ebenfalls nur eine allgemeine Bezeichnung und auch deren Standorte dürfen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht namentlich erwähnt werden.

Damit aus meinen Erzählungen keine Schlussfolgerungen zu Personen oder deren Beziehungen gemacht werden können, habe ich diesbezüglich manchmal etwas weggelassen oder nur umschrieben. Ziel davon ist, diese Personen aufgrund ihrer Persönlichkeitsrechte so weit wie möglich und vertretbar zu schützen.



2
Der Tag, der alles veränderte

Der 4. Juli dieses Sommers war ein Tag wie jeder andere auch. Für mich ein normaler Samstag im Familienwahnsinn mit zwei kleinen Kindern, einer langen To-do-Liste und vorausgesagten dreißig Grad im Schatten. Ich musste jedoch bald feststellen, dass es dennoch genau jener Tag war, an welchem alles anders wurde. Ich veränderte mich und somit veränderte sich alles. Aber ich möchte am Anfang meiner Geschichte beginnen.

Mama von zwei kleinen Kindern zu sein und somit morgens keinen Wecker stellen zu müssen, hatte den Vorteil, dass ich keine Schlummertaste drücken konnte, welche mich weiterschlafen ließ - was von anderen durchaus auch als Vorteil gewertet werden durfte - und andererseits den Nachteil, dass ich nie wusste, um welche Zeit ich aufstehen musste. Mein Sohn war an jenem Tag bereits kurz nach fünf Uhr wach und schrie aus Leibeskräften, als hätte er seit Tagen nichts mehr in den Magen bekommen. Ich war stolz darauf, dass er bereits mit sechs Wochen das Beistellbett an meiner Seite verlassen hatte und in sein eigenes Zimmer umziehen konnte. Seit er in seinem eigenen Zimmer schlief, kam auch ich endlich wieder zu etwas mehr Schlaf. Von viel war jedoch nicht die Rede. Vielleicht war Mama sein Teil eines wissenschaftlichen Experiments, um zu beweisen, dass Schlaf für das menschliche Überleben nicht essenziell notwendig war. Wenn Leon durchschlief, war bestimmt seine Schwester wach und wollte zu uns ins Elternbett oder suchte mitten in der Nacht nach ihrem Schnuller oder sonst einem Kuscheltier, welches sie unbedingt brauchte, um weiterzuschlafen. Meistens war es ihr heiß geliebter Teddy, welcher alles mitmachen und miterleben durfte. Doch in so einer Nacht musste es bestimmt noch ein anderes Kuscheltier sein, welches sie seit Wochen eigentlich gar nicht mehr vermisst hatte. Ich glaubte, als Mama von zwei kleinen Kindern kommt man selten bis nie in die Tiefschlafphase, mit einem Ohr ist man immer wach. Denn wenn eines der Kinder einen Laut von sich gab, und war es noch so ein leises Wimmern, selbst abgedämpft durch Spucktuch und Kuscheltier, hörte ich es und war sofort wach und augenblicklich bereit, aufzustehen, um nach ihnen zu sehen. Gerade die ersten Wochen und Monate mit einem Baby waren da sehr anstrengend. Mit geschlossenen Augen zog ich mich aus dem Bett hoch, tapste durch den dunklen Flur, quer durch das Wohnzimmer, hob meine Füße dort, wo ich wusste, wo am Boden noch ein Spielzeug lag, weil ich es vor dem Schlafen nicht mehr aufräumen wollte, und gelangte in unsere Küche. Den Schoppen konnte ich auch im Halbschlaf zubereiten, eine Superkraft von Eltern. Anfangs hatte ich beide Kinder noch gestillt, doch auch das hatte seine Vor- und Nachteile. Wie auch immer, heute war Leon früh auf und obwohl ich mir gestern Abend erlaubt hatte, endlich wieder einmal einen Film zu Ende zu schauen, es also später wurde und ich somit nur knappe fünf unruhige Stunden Schlaf hatte, war ich stolz darauf, dass der Kleine bereits schon so viele Stunden am Stück durchschlafen konnte. Lilly schlief noch tief und fest in ihrem Bett. Und nur das zählte für mich, dass es meinen Kindern gut ging.
Nichtsdestotrotz war ich bereits in aller Früh gestresst und schlecht gelaunt. Heute war die Vier-Monats-Kontrolle beim Kinderarzt angesagt. Ich hatte bewusst den ehestmöglichen Termin morgens um acht Uhr gewählt, da ich wusste, dass Leon und ich einerseits schon wach und andererseits keine anderen Kinder da sein würden. Die Zeit im Wartezimmer würde also nur kurz sein. Und wenn es etwas gab, was ich nicht ertragen konnte, war es, in einem Wartezimmer beim Arzt zu sitzen. Vor allem mit einem Baby. Leon strahlte mich an, als ich zu ihm ans Bettchen kam, und beim Anblick seines begehrten Schoppens gluckste er fröhlich. Er stürzte die warme Milch in einem Zug hinunter. Ich sah ihm dabei zu und überlegte mir unterdessen, was an diesem heutigen Tag alles erledigt werden musste. Eigentlich wusste ich das, denn ich hatte vor dem Zubettgehen nochmals alles aufgezählt und in meinem Handy kontrolliert, ob ich auch alles eingetragen hatte. Meine To-do-Liste lag im Wohnzimmer auf dem Esstisch und wartete darauf, dass ich endlich mit der ersten Aufgabe beginnen und diese auf der Liste als erledigt markieren oder durchstreichen würde.
Heute war für Leon die erste Impfung an der Reihe. An dieser Stelle will ich nicht näher auf die Thematik, sein Kind impfen zu lassen, ja oder nein, eingehen. Jede Mutter, jeder Vater sollte das machen, was für das eigene Kind richtig erscheint. Die Untersuchung an sich würde nicht lange dauern. Die Autofahrt zum Kinderarzt war auch nur fünf Minuten lang, für die Wartezeit – obwohl ich mit keiner wirklichen Wartezeit rechnen durfte – plante ich zehn Minuten ein und für die Untersuchung nochmals fünfzehn Minuten. Also war es eigentlich eine schnelle Sache und dann würden wir bereits wieder zu Hause sein und mit meinem Mann und Lilly gemeinsam frühstücken. Bis wir zurück waren, waren sie bestimmt auch schon auf und würden hungrig sein. All diese Gedanken schnellten wie grelle Lichtblitze durch meinen Kopf und so bemerkte ich zuerst gar nicht, dass Leon den Schoppen bereits leer getrunken hatte. Ich hob ihn hoch, damit er sein Bäuerchen machen konnte, und lobte ihn dafür. Nachdem ich den Kleinen frisch gewickelt und angezogen hatte, setze ich ihn in seine Lieblingsschaukel und gab ihm eine Holzrassel in die Hand. Obwohl der Greifreflex bereits ab Geburt bei einem Baby vorhanden ist, konnte er die Rassel natürlich noch nicht so richtig halten. Dennoch war er fasziniert von den bunten Farben und dem Geräusch der Holzperlen, welche gegeneinander schlugen.
Ich ließ mir einen Kaffee aus der Maschine und verschwand kurz im Badezimmer, um mich anzuziehen, und versuchte, meine langen Haare in irgendeine anständige Position zu bringen. Zurück im Wohnzimmer zog ich die Rollläden hoch und kochte Wasser ab, damit ich es dann für einen allfälligen Schoppen unterwegs mitnehmen konnte. Wenn man mit einem Baby auch nur eine halbe Stunde weg musste, hatte man den halben Haushalt dabei. Das fing an bei frischen Windeln und Feuchttüchern, ging weiter über Schnuller und Schoppenpulver, abgekochtes Wasser, Spucktücher, Impfbuch, Spielzeug, Ersatzkleider und noch vieles mehr. Ich hatte den Wickelrucksack bereits gestern Abend mehrmals kontrolliert und wollte trotzdem nochmals sicher gehen, dass ich auch wirklich nichts vergessen hatte, was ich vielleicht hätte brauchen können.
Ich fühlte mich mies. Ich wollte nicht los, obwohl es ja wirklich keine große Sache war. Aber als Mama war man wahrscheinlich trotzdem nervös, da man sich unentwegt um die Gesundheit der Kinder sorgte. Wuchs der Kleine gut, wie viel würde er wiegen, hatte er endlich zugenommen – denn anfangs konnte Leon kaum zunehmen, was auch der Grund war, dass ich ihm zusätzlich nach dem Stillen noch den Schoppen geben musste –, wie war der Stand der Entwicklung? Mama zu sein, hieß, die Stärke zu finden, von der man nicht wusste, dass man sie hatte, und die Ängste zu bewältigen, von denen man nicht ahnte, dass es sie gab. Jedes Kind hatte seinen eigenen Rhythmus und dennoch hatte ich eine App, in welcher immer der nächste Entwicklungsschritt erklärt und veranschaulicht wurde. Diesen Prozess zu verfolgen, war natürlich sehr interessant und für mich irgendwie auch beruhigend, weil ich so dachte, dass ich es im Griff hätte. Was genau ich dabei im Griff hatte oder worüber damit auch die Kontrolle, war mir zwar nicht klar. Ich nahm mal an, das Mama sein selbst. Kinder entwickelten sich so, wie es sein musste, und jedes in seinem Tempo. Wie ungesund es war, stets eine solche Kontrolle haben zu wollen und zu brauchen und dabei auch noch zufrieden damit zu sein, wenn alles nach Norm und Plan lief, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, und es sollte mir noch zum Verhängnis werden.

In den ersten vier Monaten geschah bei diesem winzigen Würmchen bereits schon so unglaublich viel. So ein Menschchen war wahrhaftig ein Wunder. Natürlich, manchmal raubten sie einem wirklich den letzten Nerv, aber um nochmals darauf zurückzukommen, es ging darum, dass ich mich als Mama immer um meine Kinder sorgte. Ob sie gesund und glücklich waren, ob ich ihnen das Richtige beibringen konnte, ob ich sie genügend fördern würde und ob sie dennoch genügend Kind sein durften. Ob ich genug Zeit zum Kuscheln mit dem Kleinen und zum Spielen mit der Großen hätte. Obwohl, ich wollte auch mit ihr kuscheln. Also, mit beiden Kuscheln. Und Spielen. Mich plagten unendlich lange Sorgenketten und die gewaltigen Problemberge, welche sich direkt vor mir auftürmten, schüchterten mich immer wieder ein, und immer öfter erschien es mir hoffnungslos, diese zu bezwingen. Nebenbei gab es aber auch noch die Dinge, die ich sowieso zu erledigen hatte, wie etwa den Haushalt, sich bei meinen Freunden zu melden, die Freunde einzuladen und bei diesen Einladungen für die Gäste auch etwas zu kochen oder zu backen. Ich machte das gerne, vor allem Apéros mit selbst zubereitetem Fingerfood. Doch neben zwei kleinen Kindern, welche einem ununterbrochen brauchten, war es tatsächlich manchmal eine Meisterleistung, gleichzeitig noch Gemüse zu rösten oder schöne Drinks vorzubereiten, und somit auch stressig. Den heutigen Arzttermin mit Leon wollte ich einfach schnell hinter mich bringen und vom Kinderarzt zu hören bekommen, dass es meinem kleinen Sohn gut ging.

Leon war in seinem Maxi-Cosi und wir fuhren los. Der Kinderarzt war nur wenige Autofahrtminuten weg. Natürlich war ich wie immer einige Minuten zu früh und die Türe war noch verschlossen. Also musste ich mit Leon im Treppenhaus warten. Nachdem ich dann den Impfausweis abgab, durften wir direkt in das Behandlungszimmer gehen. Ich zog Leon bereits bis auf die Windeln aus, damit der Kinderarzt ihn dann direkt untersuchen konnte. Leon jammerte ungeduldig, schließlich war es ja auch etwas frisch, aus dem warmen Auto und dem kuscheligen Maxi-Cosi herauszukommen und nun halbnackt auf diesem Wickeltisch zu liegen. Ich versuchte, ihn mit dem Mobile abzulenken, und zupfte an den mit Nylon befestigten Schmetterlingen. Während ich in Leons wunderschöne hellgrüne Augen sah, merkte ich plötzlich, wie ich unruhig wurde. Mein Kleiner war weiterhin unzufrieden und ließ sich auch vom Mobile nicht ablenken.
Auf einmal hatte ich Magenschmerzen, die innert wenigen Sekunden immer heftiger wurden. Ich verspürte Übelkeit und während ich Leon mit beiden Händen an seinen Armen hielt, schloss ich die Augen. Unangenehme, flackernde Bilder blitzten vor meinem inneren Auge auf und so öffnete ich sie wieder. Dann drehte sich alles. Der Anblick von Leon war verschwommen, ich hörte sein Weinen, welches mittlerweile zwar lauter war, für mich sich dennoch wie aus weiter Entfernung und gedämpft anhörte. Ich bemerkte, wie meine Beine an Kraft verloren, und lehnte mich deshalb nach vorne, mit dem Bauch direkt an den Wickeltisch, um nicht umzufallen. Ich kannte solche Momente, sie kamen dann, wenn ich kurz davor war, ohnmächtig zu werden. Grund dafür war meistens mein niedriger Blutdruck. Seit der Primarschule passierte mir das ab und zu, wenn ich zu wenig oder nichts gegessen hatte, was ja auch heute Morgen der Fall war, oder wie so oft, wenn ich zu wenig geschlafen hatte und übermüdet war. Bis dahin war das kein Problem, ich wusste, dass, wenn ich mich zwanzig Minuten hinlegte und die Beine hochlagerte, das Blut wieder zurück in den Kopf fließen konnte. Zucker in Form von Sirup, Traubenzucker oder Red Bull half meistens, damit sich der Kreislauf schnell wieder stabilisieren konnte. Danach war alles wieder gut. Heute war es aber anders. Heute hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Angst davor, schwach zu sein und ohnmächtig zu werden. Ich durfte nicht ohnmächtig werden. Was, wenn meine Beine nachgaben, wenn Leon dann alleine, ohne meine schützenden Arme um ihn, auf diesem Wickeltisch lag und er mich suchte, sich versuchte, zu drehen, und dann vom Wickeltisch hinunter auf den Boden fiele. Er wäre tot. Ich würde mein Baby verlieren, mein Mann seinen Sohn und Lilly ihren kleinen Bruder. Ich musste also stark bleiben. Doch es wurde immer schlimmer, ich kniff die Augen so fest zusammen, dass sie sogar schmerzten, und hielt mich krampfhaft am Gedanken fest, dass ich das hier überstehen musste. Ich musste schließlich für Leon stark sein, welcher jetzt geimpft würde, und dann musste ich mit ihm auch wieder sicher nach Hause kommen.
Wie jedes Mal kurz vor einer Ohnmacht begann das hohe Pfeifen in meinem Ohr. Und wenn dieses Pfeifen da war, so wusste ich, dass es sich jeweils nur noch um Sekunden handelte, bis ich das Bewusstsein verlor. Ich hörte mein Herz klopfen, so laut, dass es mich wahnsinnig machte. In diesem Moment hörte ich den Kinderarzt ins Zimmer kommen. Ich öffnete die Augen wieder und sah wie durch einen Schleier, wie er sich dem Wickeltisch näherte. Ich hörte ihn etwas sagen, weiß heute jedoch nicht mehr, was es war, vermute aber, dass er uns einfach begrüßt hatte.
Er bemerkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, und sagte, ich solle mich kurz hinsetzen. Ich beobachtete mich selber wie in Zeitlupe, wie meine Hände von Leons Armen glitten und der Kinderarzt übernahm. Ich machte zwei kleine Schritte zum Stuhl und setzte mich hin. Ich sah dem Kinderarzt zu, wie er Leon auf seinen Arm nahm und eines der Fenster öffnete, und hörte ihn wieder aus weiter Entfernung sagen, dass die Luft hier etwas stickig sei. Ich rutschte vom Stuhl auf den Boden hinunter, weil ich dachte, ich könnte vom Stuhl fallen, kroch zum Wickelrucksack hinüber und öffnete ihn. Mit zittrigen Händen drehte ich den Verschluss der kleinen Wasserflasche auf und trank sie bis zur Hälfte leer. Leon schrie unterdessen bereits, es tat mir im Herzen weh, ihn so zu hören. Er spürte, dass etwas nicht gut war und ein fremder Mensch ihn im Arm hielt. Leon konnte mich weder sehen, hören noch riechen. Ich saß am Boden und fühlte mich wie ein kleines Kind, als der Kinderarzt mich frage, ob ich heute Morgen schon etwas gegessen hätte. Ertappt verneinte ich. Ich sagte aber auch, dass das wieder vorbei gehen würde und ich solche Schwächeanfälle kannte. Der Kinderarzt und Leon verließen das Zimmer und ich saß alleine auf dem kalten Boden. Und dann kam sie, die Panik. Unangemeldet, unerwünscht und in voller Wucht. Mit aller Macht brach sie über mich herein. Mein Herz raste, es drohte buchstäblich aus meinem Brustkorb herauszuspringen und angsterfüllt riss ich meinen Mund auf, um mehr Sauerstoff zu bekommen. Nun fiel mir das Schlucken auf einmal schwer, es tat richtig weh. Was passierte mit mir, was war da bei mir los? Wo war der Kinderarzt und wo war mein Baby? Eine Arztgehilfin kam rein. Sie gab mir ein Glas Sirup. Nervös suchte ich nach Traubenzucker im Wickelrucksack, fand aber keinen, egal wie oft ich jedes Fach darin durchwühlte. Wann hatte ich das letze Mal solch einen Schwächeanfall, dass ich keinen Traubenzucker dabei hatte? Das musste ewig her sein. Und obwohl ich einerseits die Schwindelgefühle kannte und wusste, dass das aufgrund des niedrigen Blutdrucks und des geschwächten Kreislaufs war, wusste ich genau, dass es heute anders war als sonst. Auch Monate später konnte ich dieses Gefühl nicht beschreiben und in Worte formulieren, ich spürte es einfach. Etwas war anders. Ich wusste, dass ich nervös war, weil die Impfung ausstand und ich noch nicht mal erzählt hatte, wie es Leon überhaupt ging, wie viel er zur Zeit trank und wie die ersten Monate verliefen. Und als der Kinderarzt mit Leon endlich wieder bei mir war, fragte er mich etwas völlig Neues: „Haben Sie Panik?“ Ich starrte ihn verdattert an und war fassungslos. Panik? Ich hatte niemals Panik, weil ich immer alles im Griff hatte. Ich wusste, was ich wollte und was ich machte. Ich hatte also nie Panik. Ich dachte, dass ich jetzt Ruhe bewahren musste, wir waren schon länger da, als ich es geplant hatte. Obwohl der Kinderarzt meinte, es sei vielleicht besser, wenn ich mich auf die Liege legen würde, blieb ich auf dem Boden, mittlerweile jedoch nicht mehr sitzend, sondern auch liegend. Ich hatte Angst, dass ich bei diesem starken Schwindel von der Liege herunter fallen würde. Ich sollte meinen Mann anrufen, hieß es. Also rief ich ihn an. Ich konnte kaum sagen, was los war. Nur, dass es mir nicht gut ginge und er sofort herkommen solle. Lilly musste er natürlich mitnehmen. Sie müssten sich zuerst anziehen, da sie erst gerade aufgestanden wären und beide noch im Pyjama seien, sagte Dave. Die Magen- und Schluckbeschwerden waren mittlerweile ziemlich heftig. Ich klammerte mich mit schwitzigen Händen am kühlen Stuhlbein fest. Die Zeit, bis mein Mann mit Lilly auftauchte, kam mir wie eine Stunde vor. Angeblich waren es nur knappe zwanzig Minuten. Lilly legte sich zu mir auf den Boden und fragte mich, ob ich Bauchaua hätte. Sie meinte natürlich Bauchschmerzen. Ich nickte müde. Mein Mann kümmerte sich mit dem Kinderarzt um Leon. Die Impfung ging schnell und wir konnten endlich gehen. Der Kinderarzt sagte meinem Mann, dass er sich am Nachmittag bei uns melden würde, um sich zu vergewissern, dass es mir gut gehe. Lilly nahm mich bei der Hand und wir gingen zum Auto. Wie die Kleine mich an der Hand nahm und mir so signalisieren wollte, dass sie jetzt für mich stark war und für mich da war, das war unglaublich schön und gleichzeitig tat es so weh, weil ich doch diejenige von uns war, welche stark sein musste. …
5 Sterne
Tief berührt - 02.11.2023
Mirjam Spörri

Das Buch hat mich zu einer Zeit gefunden, wo es mir gar nicht gut ging. Es kam genau zum richtigen Zeitpunkt, denn es hat mich begleitet und mir die Augen geöffnet. Ich wusste, dass ich sofort handeln musste damit es bei mir nicht ganz soweit kommt wie Hema im Buch. Die Ehrlichkeit und die Offenheit die die Autorin an den Tag legt hat mich zu tiefst berührt. Ich bewundere ihre Stärke was sie geschafft hat und dieses Buch geschrieben hat.

5 Sterne
Ein Buch welches man gelesen haben muss !!!  - 05.02.2022
Vanessa Guidi

Dieses Buch kann ich von Herzen nur empfehlen. Ein Buch welches das Leben nicht nur immer von den schönen Seiten zeigt sondern auch von den schweren Zeiten in dene mann einfach funktionieren muss. Wenn man das Buch anfängt zu lesen, will man gar nicht mehr aufhören, da es in gewissen Zeilen sein eigenes Leben wiederspiegelt. BRAVO HEMA

5 Sterne
Ein tolles Buch, das zum Nachdenken anregt  - 12.09.2021
Sven

Dieses Buch ist absolut empfehlenswert und regt dazu an, den eigenen Lebensstil zu überdenken.Muss immer alles perfekt laufen? Muss alles getaktet und organisiert sein? Wie viel Zeit habe ich für mich und was tut mir wirklich gut? ... Hema beschreibt auf eine tolle und packende Weise, was passieren kann, wenn man zu wenig auf sich selbst achtet.Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung und Enttabuisierung des Themas Depression, Panik und mentale Gesundheit. Danke, dass Du Deinen Weg mit uns teilst!

5 Sterne
Fesselnd und bewegend - 30.08.2021
Fabienne

Das Buch ist wirklich sehr fesselnd und es lässt einem zum denken anregen. Es kann wirklich jeden treffen mit einer Depression und dafür sollte man sich nicht schämen! Das hat Hema einem sehr gut vor Augen geführt.

5 Sterne
Ehrlich, fesseln und authentisch - 29.08.2021
Marina

Für mich eine perfekte Mischung aus Biografie und Ratgeber. Der Seelenstriptease der Autorin zeigt einen tiefen Einblick in die menschliche Abgründe und gibt ein klare Message; Man darf um Hilfe bitten und mal nicht so funtionieren, wie es heute von einem erwartet wird. Absolut emfehlenswert! Tausend Dank für das Buch!

5 Sterne
Absolute Herzensempfehlung - 23.08.2021
Annina

Sehr spannendes und fesselndes Buch. Die Autorin zeigt sehr eindrücklich die nackte Wahrheit über eine Angsterkrankung auf. Hab mich in vielen Erzählungen wiedergefunden. Damit leistet sie einen grossen Beitrag zur Aufklärung dieser doch eher stillgeschwiegenen, aber sehr belastenden und einschränkenden Erkrankung. Meinen grössten Respekt an die Autorin für den Weg, den sie auf sich genommen und hinter sich gebracht hat und für ihren unermüdlichen Kampfgeist.

5 Sterne
Offen, ehrlich, authentisch und vorallem mutig - 18.08.2021
Jasmine

Über die dunkelsten Seiten seines Lebens zu schreiben und es auch noch zu veröffentlichen erfordert waaaaaahnsinnig viel Mut und vorallem aber Kraft. Meinen grössten Respekt an die Autorin! Einfach nur stark! Als aussstehender "gesunder" Mensch kann man vielleicht nicht wirklich nachvollziehen, was die Autorin durchmachen musste, nur nachfühlen...MICH hat das Buch zutiefst berührt. Einerseits wegen den schlimmen Ereignissen, andererseits aber viel mehr, dass der Schritt gewagt wurde, sich Hilfe zuholen, die Hilfe dann auch 100 Prozent anzunehmen, es durchzuziehen und im Hintergrund einen Ehemann zuhaben der hinter einem steht und letzt endlich über ALL DAS ein Buch zu verfassen... Ich bin überwältigt. Herzergreifende und mitreissende Geschichte, welche ich nur empfehlen kann.

5 Sterne
Sehr authentisch und emotional - 17.08.2021
Céline

Man findet sich in der Geschichte wieder!Sie schreibt einem aus der Seele..Vorallem auch in unserem System in dem man als Mutter einfach funkzionieren "sollte" und wenn es dann halt nicht mehr so geht wie man gerne möchte!Sehr berührende Geschichte!Tolle Frau und wirklich empfehlenswert.

5 Sterne
Einfach nur empfehlenswert!  - 02.08.2021
Simona Egli

Eine junge Mutter fand den Mut ihr eigenes Schicksal niederzuschreiben und mit der Menschheit zu teilen. Über ein LEIDER immer noch grosses Tabuthema in der Gesellschaft - Angstzustände, Panikattacken und Depressionen. Grossartig, emotional, eindrücklich und zutiefst ehrlich geschrieben. Ich war wie gefesselt beim Lesen und habe es regelrecht verschlungen.Absolut empfehlenswert!

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