Das vielfältige Leben des Christoph Mayerhofer

Das vielfältige Leben des Christoph Mayerhofer

Die Biografie eines Wiener Bürgers zur Jahrtausendwende – in glasklarer Prosa und beglückender Poesie

Christoph Mayerhofer


EUR 21,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 106
ISBN: 978-3-903861-83-1
Erscheinungsdatum: 14.11.2022
Christoph Mayerhofer gibt in seiner Autobiografie Einblick in sein vielfältiges Leben und Schaffen. Prosa und Poesie reichen einander die Hand und sorgen für ein Leseerlebnis der besonderen Art.
Christoph Mayerhofer als katholischer Christ, der sich gedrängt fühlt, Gott auch für die Gabe der Wollust zu danken


Ich bin von meinen Eltern katholisch erzogen worden und bisweilen auch unter der Woche zur Hl. Messe gegangen. Erst als Student wurde ich von Mauer und Klostermann überzeugt, dass man als Christ eine Gemeinde braucht. So bin ich der Katholischen Hochschuljugend beigetreten. Als Assistent des Wiener Strafrechtsprofessors Graßberger wurde ich von dem damaligen Seelsorger des Katholischen Akademikerverbandes darauf angesprochen, einen Arbeitskreis zur Erörterung von Fragen der Strafrechtsreform einzurichten und zu leiten. Dem habe ich entsprochen. Das Ergebnis des Arbeitskreises wurde dem Präsidium der Katholischen Aktion Österreichs vorgelegt. Das Ergebnis weiterer Beratungen wurde der Bischofskonferenz vorgelegt. Diese hat von jeder Diözese zwei Fachleute in ein Beratungsgremium gebeten, darunter auch mich. Schließlich hat die Bischofskonferenz mich dem Bundesminister Dr. Broda als Gesprächspartner benannt. Dr. Broda hat es vorerst abgelehnt, sich mit einem jungen Bezirksrichter zusammenzusetzen. Er vermutete offenbar, das Anliegen der Kirche würde diese selbst nicht für sehr wichtig halten. Daraufhin hat die Bischofskonferenz ihren für Anliegen von „Kirche und Gesellschaft“ zuständigen Referatsbischof Dr. Kostelecky als Unterhändler entsandt. Dieser wurde nur vom zuständigen Sektionschef Dr. Serini empfangen. Ihm erklärte der Bischof, er wolle im Namen der Bischofskonferenz alle bisherigen Anliegen zurückstellen, wenn es nur gelänge, den Umfang der Bestrafung der Abtreibung im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten. Das war ein aussichtsloses Begehren, weil der Parteitag der SPÖ in Villach das Gegenteil gefordert hatte. Auch die Abgeordneten der SPÖ zum Parlament hatten sich diesbezüglich schon abgesprochen. Der einzige nicht unbeachtliche Erfolg aller Bemühungen war, dass in die öffentliche Meinung die Gewissheit eindrang, dass für die Bischöfe der Embryo so schutzwürdig wie ein geborenes Kind ist.
Ich war inzwischen in der zwanzigjährigen Reformdebatte zum Strafrecht in der katholischen Laienbewegung vom Präsidenten des Akademikerverbandes zum Vizepräsidenten der Katholischen Aktion und zum Vorsitzenden des Laienrates aufgestiegen. Ich hatte im Laienapostolat zwar niemanden zum Glauben bekehrt, aber doch manche von einem übereilten Austritt aus der katholischen Kirche mit der Begründung abgehalten, eine gelungene Reform würde der Menschheit eher nützen.
Im Österreichischen Synodalen Vorgang, der die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils in den Diözesen wirksam werden lassen sollte, wurde mir in der langen Phase der gründlichen Beratungen vor einer Abstimmung der Vorsitz der Kurie „Gesellschaft und Kirche“ aufgedrängt. Die ausschließlich von den Bischöfen ernannten, also vorgesiebten Kandidaten haben unter meiner Führung sehr fruchtbringend diskutiert, und die Bischöfe haben selbst mitgetan! Und zur allergrößten Freude (gerade auch der Bischöfe) wurden verfehlte Vorurteile gegeneinander revidiert. Die Laien waren friedlicher als die Priester an der Front in den Pfarren, und die Bischöfe sahen ehrlich um die Anliegen besorgte Menschen einmal in ihrem Nahbereich. Ich erinnere mich an einen als ultrakonservativ verschrienen Bischof, der unter dem Eindruck der einmütigen Gemeinschaft bei einem Entschluss mitgestimmt hat, was keiner für möglich gehalten hätte. Später hat er sich dann doch wieder distanziert. 1975 wurde über alle Texte in einem Plenum mit satten Mehrheiten abgestimmt. Und das hat schon was gebracht. Zur Kontrolle wurde ein Beschluss gefasst, alle fünf Jahre einen Bericht über die gesellschaftliche Wirksamkeit der Kirche in Österreich zu verfassen. Den ersten Bericht habe ich gemeinsam mit dem Politologen Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schneider erstellt. Die Bischöfe haben sehr freundlich gedankt und diesen Bericht bei ihrem wiederkehrenden Besuch im Vatikan (Ad-limina-Besuch) mitgenommen. Das war die letzte freundliche Geste mir gegenüber. Dann sind die Laien insgesamt in Ungnade gefallen. Die folgende traurige Periode erstreckt sich bis in die heutige Zeit. Die Gläubigen sind zuletzt in Scharen aus der Kirche ausgetreten.


Die Lehren aus der Hinrichtung Christi nach den Kriterien der heutigen Strafrechtswissenschaft

Ich gehe von folgendem Sachverhalt aus: Der jüdische Wanderprediger Jesus wurde hingerichtet, weil er öffentlich behauptet hat, der Sohn Gottes zu sein. Die Anklage lautete, er habe den Glauben an einen einzigen Gott in Frage gestellt. Für diese Beleidigung des wahren Gottes war nach damaliger Auffassung die Todesstrafe angemessen.
Die Behauptung, der Sohn Gottes zu sein, war aus christlicher Sicht zutreffend, der Ein-Gott-Glaube wurde dadurch nicht in Frage gestellt. Der Irrtum der Juden war entschuldbar, weil die angebliche Dreifaltigkeit Gottes unbekannt war.
Hingegen ist die Frage, ob die Hinrichtung rechtswidrig war, aus heutiger Sicht zu bejahen. Mangels eines damals nicht erforderlichen Tatbestandes war nach dem Rechtsgut zu fragen, das geschützt werden sollte. Gott bedarf freilich keines staatlichen Schutzes. In Frage käme der Schutz des Glaubens einer geschlossenen Gesellschaft. Wird die Existenz eines Gottes in einer staatlichen Gesellschaft überhaupt in Frage gestellt, ist ein Glaubensschutz überflüssig. Eine Beleidigung des Glaubens der Mitbürger war jedoch schon damals eher zweifelhaft. Jedenfalls war die Todesstrafe nicht angemessen. Überdies waren damals mehrere „Söhne Gottes“ unterwegs, ohne dass es zu öffentlicher Erregung gekommen wäre. Das Recht auf Meinungsfreiheit war in der Geschichte des Volkes Israel und im christlichen Mittelalter freilich völlig unbekannt. Der Großinquisitor hat von einem Recht auf freie Meinungsäußerung überhaupt nichts gehalten. Im Mittelalter war das Recht auf Tötung von Ketzern, Hexen und dergleichen Gesindel durchaus gottgefällig. Der Kreuzestod Christi mahnt uns gerade heute zur Toleranz gegen ungern gehörte Meinungen. Auch im heute geltenden Strafrecht sind Beschimpfungen, das ist die Herabwürdigung von Personen bloß durch Äußerungen, weiter strafbar. Die bloß abschätzige Bewertung von Tatsachen ist hingegen straflos.

Die auch rechtlich verfehlte Verurteilung Christi ist für die Menschheit ein Mahnmal, niemanden bloß für die Äußerung seiner Meinung zu bestrafen. Das bei uns erst reichlich verspätete Grundrecht auf Meinungsfreiheit als ein verbrieftes Menschenrecht gibt Antwort auf verschiedenen Gebieten. Wir sind da noch nicht ganz sattelfest. Zwei Beispiele aus der gängigen Tagespolitik.

Zur Strafbarkeit von Abtreibung (Biden gegen die US-Bischofskonferenz)

Die katholische Kirche lehrt, Gott gibt Leben und nimmt es am Ende zu sich zurück. Wir geborenen Menschen sollten Gott da nicht dreinpfuschen. Viele unserer Mitbürger glauben aber nicht an die Existenz eines Gottes. Unter diesen sind viele, die dennoch unser höchstes Gut – das menschliche Leben – durch ein staatliches Strafgesetz geschützt sehen wollen. Bei der Abtreibung geht es vorerst um die Frage, wie der Rechtsbegriff „Mensch“ zu definieren sei. Das gezeugte menschliche Wesen mit der Potenz, ein Mensch zu werden, muss nicht schlechthin schon ein Mensch sein. Weder die Biologie noch die Theologie können darauf eine überzeugende Antwort liefern. So darf auch das Strafrecht keine für alle Mitbürger verbindliche Entscheidung treffen. Glauben Sie denn wirklich, dass die Frauen durch die Androhung einer angemessenen Strafe ihre Lebensgestaltung umplanen werden? Wie viele Verurteilungen hat es denn in den letzten Jahren wirklich gegeben? Sehen Sie denn nicht, dass das Strafrecht in die persönliche Entscheidung so weit eingreifende Fragen nicht für alle verbindlich regulieren kann? Unter dem Schutz des Kreuzes wird sich mit reinem Herzen eine Lösung finden lassen.

Zur Eheschließung von Homosexuellen

Allmählich hat sich die wissenschaftliche Erkenntnis durchgesetzt, dass die Homosexualität auf einer Veranlagung beruht. Auch im Tierreich kennt das die Natur. Sie kann in sich nicht widersprüchlich sein. So können auch solche Seelen den Wunsch hegen, sich zu vermählen, um einander vor der Welt zu versprechen, gemeinsam durch das Leben zu gehen. Warum auch nicht? Es spießt sich wieder an der Begrifflichkeit. Für die katholische Kirche gehört der Kinderwunsch begrifflich essenziell zur Ehe. Bekennt ein heterosexuelles Paar anlässlich der Eheschließung, den Kinderwunsch ausdrücklich abgelehnt zu haben, kann die Ehe von einem kirchlichen Gericht ab ovo für nichtig erklärt werden. Somit kann ein homosexuelles Paar das Sakrament der Eheschließung nicht empfangen. Gibt es bei diesem Definitionsproblem wirklich gar keine befriedigende Lösung? Vertragen wir uns doch unter dem mahnenden Kreuz Christi!


Welche Vorschriften der Moral sind der Menschheit nicht (mehr) zuzumuten und wo fehlt die Kirche?

Wir stehen mitten im Prozess des massenhaften Abfalls von der christlichen Kultur des Abendlandes.

Die andauernden massenhaften Austritte aus der katholischen Kirche haben ihre Glaubwürdigkeit arg ins Wanken gebracht. Als gläubiger Katholik suche ich Wegweisungen in der Bibel. Da finde ich zwei Gleichnisse, die sich auf Verwalter beziehen: Einmal auf den unredlichen, aber pfiffigen Kerl, der es versteht, sich unrechtmäßig Freunde für seine düstere Zukunft zu verschaffen. Das Ergebnis seiner Tätigkeit ist keineswegs zu loben, aber seine raffinierte Methode soll auch den Kindern des Lichtes imponieren. Christus wendet sich gegen die bloße Resignation. Das andere Gleichnis spricht von einem Verwalter, der im Unterschied zu seinen aktiven Berufskollegen das ihm übergebene Talent vergraben hat, statt einen Gewinn zu erzielen. Er hat aus Ängstlichkeit seine Chancen vertan, Gottes Schöpfung durch „Wertschöpfung“ zu bereichern. Wir haben uns daran gewöhnt, unsere Sünden in verfehlten Handlungen zu suchen. Aber gerade Unterlassungen können schwere Sünde sein!

Gott hat Seine Schöpfung in unsere Hände gelegt: „Macht Euch die Erde untertan“. Und die Menschen haben die Erde seit jeher erforscht und dadurch auch bereichert. Die Erfindung ist zumeist wertneutral. Die Moral betrifft erst die Frage, was man damit anfängt. Heute stehen wir an einer Wende, die uns erkennen lässt, dass wir durch die Schädigung der Erde ihren Untergang beschleunigen können. Die Schädigung der Schöpfung wäre ein wichtiges Thema der Moral im Beichtstuhl. Resignation ist nicht nur in den Gleichnissen, sondern auch in unserem Leben die schlechteste Antwort auf die anstehenden Probleme. Die Kirchengebäude zu verkaufen und zu verschenken ist bloß Resignation.

Lassen Sie mich meine Ausführungen auf die Probleme beschränken, die die Kirche heute nicht im Sinne ihrer stärksten Kritiker gelöst hat. Historisch am auffallendsten war das Verbot der Pille. Wir haben mit der Regelung der Fruchtbarkeit nicht in Gottes Schöpfung hineingepfuscht, sondern das Leben der Frauen lebbarer gemacht. Endlich sind die Zahlen der vielen Morde an noch ungeborenen Kindern gesunken!

Unterschwellig, aber noch viel weitreichender war die Verteufelung der Wollust als unmoralische „Fleischeslust“, und zwar durch Jahrhunderte abendländischer Kultur. Die sexuelle Lust ist eine Gottesgabe, für die wir Menschen zu danken haben. Die Moral betrifft erst die Frage, was wir mit dieser Gabe anfangen!

Heute divergiert in unserer Gesellschaft das tatsächliche Paarungsverhalten der Menschen immer mehr vom sakramentalen Verständnis der Ehe. De facto wird ein Großteil unserer gläubigen Mitbürger von der Kirche – der Theorie nach – ausgeschlossen. Wenn selbst ein konsekutiv gelebtes zweites Eheleben durch die neue geschlechtliche Begegnung schwer sündhaft ist und wohl auch gar nicht bereut werden kann, ist selbst eine Beichte ausgeschlossen. Welcher Mann lebt heute noch sein ganzes Leben nur mit einer Frau zusammen? Damit bleibt theoretisch einem Großteil der gläubigen Menschen der Zugang zu den Sakramenten verschlossen. Sie werden vielleicht einwenden, die Kirche habe dieses Problem seelsorglich gelöst. Wer will dennoch einer Kirche angehören, die so etwas Liebloses lehrt? Mein liebevolles Verhalten zu meinem erwählten Partner soll täglich wirklich Sünde sein? Das ist leider kein Randproblem einer vom Heiligen Geist geführten Kirche. Schon der hl. Petrus hat Christus auf die Unlebbarkeit eines edlen Gedankens hingewiesen. Christus erwiderte: „Wer es fassen kann, der fasse es.“ Das heißt, wer dem Ideal nicht nachkommen kann, wird deshalb nicht ins ewige Feuer geworfen. „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“ Gottes hingebungsvolle Liebe, die jedem verlorenen Schaf nachgeht, erlöst gerade die Sünder. Mit dem Sakrament der Beichte wird jedem Sünder ein Neuanfang ermöglicht, das gehört zur Verheißung der „frohen Botschaft“ des Evangeliums. Der sündhafte Partner kann nicht dafür Verzeihung erlangen, dass er auch noch die zweite Partnerin im Stich lässt! In der Interpretation der katholischen Schriftgelehrten kann da etwas nicht stimmen. Trifft etwa da zölibatär lebende Männer die Schuld? Die Resignation ist auch hier nicht gottgefällig. Die Kirche schweigt dazu, weil sie sich schämt. Sie verfehlt damit aber ihre Stellung als Hirte der Gemeinde. Die Kirche hätte noch Autorität, auf wen sollte man denn sonst blicken?

Verzeiht mir meinen Stich ins Wespennest!

Siehe auch dieselben Gedanken in der Form von Gedichten in meinem Buch „Ja, da freut sich mein Gemüt“ im Abschnitt „Religion“, Seite 7 ff.

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