Anschaffung einer Eisenplastik

Anschaffung einer Eisenplastik

Pierre Emile Aellig


EUR 15,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 80
ISBN: 978-3-99064-190-3
Erscheinungsdatum: 30.01.2018
Eine Behörde beschließt, dass auf einen Pausenhof ein Kunstwerk realisiert werden soll. Doch „Was soll es sein?“ und „Wer soll es machen?“. Hindernisse über Hindernisse stellen sich dem Projekt in den Weg. Kommt es dennoch zustande?
1. Vorwort
Ort des Geschehens: Bezirkshauptort Dielsdorf im Zürcher Unterland, am Fuße der Lägern. Ein Tatsachenbericht.



„Kunst ist lange bildend, eh sie schön ist.“
(J. W. von Goethe)

Wenn eine Behörde beschließt, auf öffentlichem Grund ein Kunstwerk zu realisieren, so sind die Schwierigkeiten, die Probleme, die Unebenheiten, die Stolpersteine bereits gegeben. Manchmal sind die möglichen Schwierigkeiten latent vorhanden, manchmal vorausschaubar, manchmal überraschend, unverhofft, ungewollt, unbeabsichtigt.
Das liegt in der Natur der Sache, denn „degustibus (et coloribus) non est disputandum“ (über Geschmack soll man nicht streiten, denn es gibt unendlich viele Farbtöne wie auch Geschmacksrichtungen).
Fragen werden gestellt, wie: „Was für eine Kunst soll es sein? Abstrakt oder konkret oder figurativ?“ „Wo soll das Werk stehen, hängen …?“ Falls eine Skulptur in Frage kommt: „Soll das Werk aus Stein sein, aus Holz, aus Eisen oder sonstigem Metall?“ „Vielleicht lässt sich mit Wasser etwas machen?“ „Was darf es kosten, wie hoch sind die Kosten, die die öffentliche Hand bewilligen muss?“ Fragen über Fragen also.
Die Wahl eines Künstlers resp. Kunstschaffenden bringt bereits Kontroversen mit sich: Soll es ein renommierter sein?
Ein Nobody?
Ein Freund?
Ein ausländischer Künstler?
Die Wahl eines Künstlers bestimmt die Art des Kunstwerkes, denn die meisten Künstler haben sich in einer eigenen Kunstrichtung festgelegt. Der Ort, wo das Kunstwerk stehen soll, ist vielfach maßgebend für die Art des Werkes. Oft platzierte man früher Kunstwerke in Kirchen (Marienstatuen oder „Der Gekreuzigte“) oder auf Brücken wie der heilige Nepomuk. Heute dienen Verkehrskreisel an Straßenkreuzungen, auch Dorf- oder Stadtplätze, Parkanlagen, Flughafenanlagen, Bahnhofhallen als beliebte Standorte.
Im hier beschriebenen Fall einigte sich die Schulbehörde auf einen Standort auf dem großen Pausenplatz zwischen zwei Schulhausgebäuden.
Als Erstes wurde eine Kunstkommission bestellt. Es wurden drei Lehrpersonen und zwei Frauen als Behördevertreterinnen gewählt. Die so gebildete Kunstkommission konstituierte sich selber. Jetzt erst begannen die hektischen Diskussionen über die Art des Kunstwerkes, das den Pausenplatz zwischen den beiden Schulhäusern zieren sollte. Ausgiebig wurde für die Erstellung eines Brunnens plädiert, wobei eine aus Stein gehauene, kunstvoll gestaltete Skulptur mit Wasserspielen in Betracht gezogen wurde Eine der Ansichten war die: Man wollte ein lebendiges, schülergerechtes Werk gestaltet haben. Ein Mitglied bemerkte, man habe mit Brunnen und Wasser in früheren Jahren schlechte Erfahrungen gemacht. Der Brauch einer nahe gelegenen Druckerei, ihre Lehrlinge nach Lehrabschluss zu „gautschen“, das heißt in den nächstgelegenen Brunnen zu werfen, verlockte die Schuljugend der Sekundarstufe, diesen Brauch mit Schülern und Schülerinnen, die aus der Primarschulstufe übertraten, zu übernehmen. Das Gautschen brachte Ärger mit sich. Aufgebrachte Eltern der gegautschten Kinder verunglimpften die Lehrpersonen und beschimpften sie als unfähig, für Ruhe und Ordnung auf dem Pausenplatz zu sorgen. Die Brunnenidee wurde fallengelassen.
In der Nähe der Schulgemeinde befindet sich am Fuße des Lägernhöhenzuges ein zum Teil stillgelegter Steinbruch. Vom Besitzer wurde dort mehreren Kunstschaffenden ein Teil des Steinbruches zur Verfügung gestellt, damit sie dort in aller Ruhe und Abgeschiedenheit ihrer gestalterischen Arbeit nachgehen können. Es waren in der Regel Stein- und Holzbildhauer, Metallplastiker, Tonplastiker mit eigenen Brennöfen …
Stein sei zu klotzig, zu schwerfällig, wurde argumentiert. Man sah deshalb von einer Steinskulptur ab. Auch Holz kam nicht unbedingt in Frage, da das Material wetteranfällig sei. Im nächsten Dorf lebte und arbeitete ein bekannter Eisenplastiker. Man könnte doch mit ihm Kontakt aufnehmen, wurde vorgeschlagen. Schließlich fand diese Idee Anklang und man beschloss, Kontakt mit dem Eisenplastiker aufzunehmen.

Zu den beteiligten Personen bei der Beschaffung des Kunstwerkes
Die Schulbehörde der Oberstufe Dielsdorf wählte Herrn André Marmet als Präsident der Kunstkommission (Kuko).
Weitere Mitglieder der Kuko:
Der Verfasser des Berichts, Pierre Aellig, war gleichzeitig Mitglied der Kunstkommission, Lehrer an der Oberstufenschule, selber Kunstschaffender, Schriftsteller und Galeriebesitzer
Eine weitere Lehrkraft der Oberstufe
Zwei Damen der Schulbehörde
Der Name des Künstlers ist echt, vollständig und unverändert übernommen (siehe Vita).
Die Namen der meisten Mitglieder der Kunstkommission sind aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes weggelassen.
Die Namen der Behördenmitglieder (Schulpfleger) werden aus dem gleichen Grund (mit wenigen Ausnahmen) nicht erwähnt. Einige sind verstorben, andere längst nicht mehr im Amt.
Die Berichtsverfasser in der Regionalpresse werden namentlich erwähnt.
Die Leserbriefschreiber werden lediglich mit den Initialen gekennzeichnet, sind aber der Redaktion der Regionalzeitung bekannt.
Der Beitrag von Roy Oppenheim, Kunstkritiker und Kunstsachverständiger, Freund des Verfassers, wird genannt, da er in der Regionalpresse publiziert hat.










2. Ausschlaggebend



In den Jahren 1971/72 wurde das neue Oberstufenschulhaus erstellt. Man verzichtete damals bewusst auf einen künstlerischen Schmuck in den Außenanlagen, um zuerst die Bepflanzung wachsen zu lassen. Erst dann wollte man den Bedarf abklären und einen Standort festlegen. Im Jahre 1983 wurde am alten Schulhaus ein Sammlungs- und Lehrerzimmer angebaut. Man beschloss, die Außenanlage, die zwischen den beiden Schulhäusern entstand, neu zu gestalten. Man war der Meinung, der entstandene Platz sei geeignet, eine freistehende Plastik oder Skulptur aufzunehmen. Diese sollte die Jugendlichen einerseits erfreuen, andererseits auch zur Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk führen. Dabei würde ein künstlerischer Schwerpunkt auf dem Schulareal gesetzt werden, sozusagen ein Zentrum gebildet. Auch dürfte ein Kunstwerk die erwachsene Bevölkerung, die Turnhallen, Singsaal und andere Kurslokalitäten benützen, anregen, nicht einfach daran vorbeizueilen.

Die Kunstkommission erhielt mehrere künstlerische Vorschläge. Von Anfang an überzeugte die Idee Silvio Mattiolis. Der Präsident der Kommission wurde beauftragt, mit Mattioli einen ersten Kontakt herzustellen. Das geschah vorerst telefonisch.
Eine Figur der vorgeschlagenen Eisenplastik










3. Erster Kontakt



Der Präsident erläuterte Herrn Mattioli das Anliegen der Kunstkommission. Mattioli ist an der Schaffung einer Eisenplastik auf dem Schulareal interessiert. Als Nächstes besichtigte er das Areal, um sich ein Bild zu machen, wo die Eisenplastik stehen könnte. Kurz danach legte er eine Bleistiftskizze über einen möglichen Standort vor.

Er wollte mit seinem Projekt bewusst an die Jugend gelangen und hat deshalb an etwas Gegenständliches gedacht. Die Skizzen zeigen zwei miteinander in Beziehung stehende Figuren. Eigentlich sind es Clowns. Ihrer äußeren Erscheinung nach könnten sie der Commedia dell’arte, einer der Stegreifkomödien des 16. bis 18. Jahrhunderts, entnommen worden sein. Die Skizzen zeigen die Wechselbeziehungen zwischen der sitzenden und der stehenden Figur sehr anschaulich. Die stehende Figur hat Herr Mattioli im Modell ausgearbeitet. Seine Idee für die Skulptur schickte er dem Präsidenten. Herr Mattioli wurde eingeladen, ein fertiges Projekt für das Schulareal einzureichen.
Die aus Behördenmitgliedern und Lehrerschaft zusammengesetzte Kunstkommission war von der Idee und den Skizzen begeistert, auch der Standort überzeugte. Die Kommission entschied sich einstimmig für den Vorschlag von Herrn Silvio Mattioli, Schleinikon,

Die beiden Figuren in Eisen, geschmiedet nach Modell, farbig patiniert, sind offeriert zum Preis von Fr. 20’000.- Für das Verzinken sowie Transport und Sockel wird mit einem Betrag von zusätzlich etwa Fr. 3’000.- gerechnet. Dieser Betrag sollte dem ordentlichen Verkehr belastet werden.
Die Kommission beschloss im August 1984, Silvio Mattioli als zu beauftragenden Künstler der Schulbehörde vorzuschlagen. Die Schulbehörde beschloss anschließend einstimmig, Antrag auf die Ausführung des Mattioli-Projektes an die Gemeindeversammlung zu stellen.










4. Beschluss der Schulbehörde



„Die Behörde der Oberstufenschule hat das vorliegende Projekt genehmigt und beantragt der Kreisgemeindeversammlung, den Fonds von Fr. 20’000.00 für die Realisierung der Skulptur, einer Eisenplastik von Herrn Silvio Mattioli, zu verwenden. Vorgesehener Standort: Fläche zwischen dem Singsaal des neuen und dem Sammlungsraum des alten Oberstufenschulhauses.“

Dielsdorf, 21. August 1984 Die Oberstufenschulbehörde
Der Präsident: …
Der Aktuar: …




(Schreiben an Mattioli, Kopie, Abschrift des Originalschreibens ohne Unterschrift)

Herr
Silvio Mattioli
Zythüslistr.120
8165 Schleinikon

Dielsdorf, 22. August 84

Sehr geehrter Herr Mattioli,

an der gestrigen Schulpflegesitzung konnte ich den Antrag der Kunstkommission der Gemeindeschulpflege unterbreiten.
Ich darf Ihnen mitteilen, dass die Schulpflege einstimmig beschlossen hat, der Kreisgemeindeversammlung Antrag auf Ausführung Ihres Projektes zu stellen.

Ich selber erhielt dabei den Auftrag, einen schriftlichen Antrag zu formulieren, der dann mit den übrigen Unterlagen zur Kreisgemeindeversammlung in alle Haushaltungen der drei Gemeinden verschickt wird. Den Antrag muss ich bis Mitte November der Schulpflege vorlegen.

Herr Mattioli, dürfte ich Sie nun bitten, mir Ihre Offerte nicht erst wie besprochen auf anfangs Dezember, sondern schon auf Ende Oktober zu schicken. Für Ihr Verständnis und Ihre Mühe danke ich im Voraus bestens.

Viele, die von Ihrem Projekt jetzt schon Kenntnis haben, freuen sich sehr auf dessen Realisierung!

Mit freundlichen Grüssen
A. Marmet
Präsident der Kunstkommission










5. Offerte



Im Oktober 1984 reicht Herr Mattioli seine Offerte ein. Diese lautet wie folgt:

Silvio Mattioli
Bildhauer
Zythüslistr. 120
8165 Schleinikon/ZH

An den Präsidenten
der Kunstkommission
Oberstufenschulpflege
8157 Dielsdorf

Schleinikon, 17. Okt. 1984

OFFERTE

Gestaltung von zwei Figuren in Eisen, geschmiedet nach Modell,
farbig patiniert:
Fr. 20’000.---

Verzinken, Transporte und Sockel sind in obiger Summe nicht inbegriffen. Falls Sie eine der beiden Figuren bewegbar wünschen, gäbe es noch einen Preisaufschlag. Wie hoch dieser wäre, kann ich heute noch nicht sagen.
Gerne würde ich diese Arbeit für den Pausenplatz in Dielsdorf ausführen.

Mit freundlichen Grüssen
S. Mattioli

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