Weisheiten aus dem Herzen

Weisheiten aus dem Herzen

Pinar Akdag


EUR 15,90
EUR 9,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 144
ISBN: 978-3-99107-655-1
Erscheinungsdatum: 16.02.2022
Eine junge Frau namens Kuvvet begibt sich mit einem Weisen auf die Suche nach Wahrheiten. Er lehrt sie Weisheiten über die Menschen, Tiere, Natur, die Welt und den Schöpfer, bis Kuvvet ihren Weg allein fortsetzt und selbst zu erzählen beginnt.
Leidenschaftliches Brennen



„Ich brenne, leide und wüte.
Das ist meine urgewaltige Leidenschaft!“, hallte es aus dem lodernden Wald.
„Ich breite mich aus, so weit es nur geht, umfasse die Welt mit meinen Fängen! Alles ist mein, alles soll zu mir gehören! Ein jeder soll erkennen: Ich lebe bis in meine kleinsten Ecken hinein, meine gigantische Fülle!“
Dies schallte aus den züngelnden, flackernden, wallenden und tobenden Flammenmengen. Das gewaltige Feuer brannte und zerstörte das Land und den erzitternden Wald.
„Ich nehme keine Rücksicht auf schwaches Leben, denn meine Erfüllung bestimmt meinen Drang. Und meine Erfüllung ist die Leidenschaft, die versengende Liebe in meinem Innersten, sie soll sich ausweiten und alles erfassen.
Denn zu groß ist mein Sehnen, danach die höchsten Höhen und entlegensten Ufer zu erreichen!“
So nahm das gewaltige Flammenmeer keine Rücksicht und wuchs an zu einem zerstörerischen Ungeheuer.
Doch sodann hielt es kurz inne, es vernahm ein bekanntes Geräusch.
Ein Flehen und Rufen drang bis hin zu seinen Ohren.
Es war ein Lagerfeuer weit entfernt.
Es erkannte im Dunkeln den Verwandten in der Ferne.
„Halte an, du rücksichtsloses, unersättliches Feuer. Willst du denn vernichten diese unschuldigen Wälder? Sie dazu zwingen, für dich unterzugehen? Willst du reines Leben auslöschen, die Wälder und Blumen und das Getier? So sage, willst du diese feine Welt für deine Eitelkeit zu Grunde richten? So halte ein, denn sonst wirst du einer der Ungerechten sein!“
Das Flammenmeer hielt kurz inne, um dann ärgerlich aufzuglühen.
„Seit jeher ist es dem Feuer eigen, zu brennen, bis alles in Schutt und Asche liegt. Denn je mehr es isst, desto mehr hungert es! So rede nicht weiter, ich suche, mein Wesen zu erfüllen! So unersättlich, so voller Überfluss!“
Das Lagerfeuer sprach nun eindringlich.
„Siehst du denn nicht, dass Leidenschaft, die ungebändigt ist und ohne lichte Grenzen, nur zerstört? Trübt sich dein Geist? Lässt du deine Zügel und deinen klaren Verstand los? Egal was, es schadet nur. Du hast keinen Nutzen mehr. Denn alles, was zu viel ist, wird schaden. Wo bleibt deine Tugend? Hast du das Recht, für deine Ziele zu zerstören und die Wälder zu vernichten? Ist es denn gut, hochmütig zu sein und andere als wertlos zu sehen und als überflüssig zu bezeichnen? Darf denn nicht der Schöpfer allein über Sein und Nichtsein entscheiden?
Gebärdest du dich nicht als eine Göttlichkeit, und wird das nicht im ewigen Verlust enden? Und doch, wärest du auch eine Göttlichkeit, warum hinterlässt du nur Tod und Vernichtung, wo du doch Leben säen sollst?
So sieh mich an: Ich bin ebenso voller Leidenschaft, doch wahre ich meine Grenzen. Ich bin hier, unter Kontrolle und voller Nützlichkeit. Denn ich spende den Menschen Wärme und halte sie dadurch sogar am Leben.
Denn weißt du nicht, dass völlige Kälte und völlige Hitze sie zerstört? Angenehm warm und mild, ja, das lässt sie munter werden. So nutzen sie mich und stellen ihre Nahrung her.
Ja, in gewisser Weise besitzen auch die Menschen ein lichtes Feuer in sich.
Sie nennen es Liebe und Leidenschaft.
In gesunden, guten Mengen beflügelt sie dieses Feuer und lässt sie wahre Wunder bewirken.
Alles, was zu viel ist, zerstört sie.“
Schon wollte das große Flammenmeer amüsiert auflachen, als Menschen rettend erschienen und den Zerstörer angriffen.
… Nach und nach verlor das große Feuer an Kraft und wurde kleiner.
Sodann rief es verzweifelt in banger Angst zu dem Lagerfeuer.
„Es scheint, die Zeiten zerstörerischer, todbringender Leidenschaften hätten nun ein Ende. Die Menschen fanden hier einen Weg, mein zerstörerisches Wüten zu beenden. So hattest du Recht, du Lagerfeuer von menschlicher Hand.
… Ich sehe, ich werde von Erden schwinden.
Doch habe ich rechtzeitig erkannt:
In dieser Welt ist rastlose Leidenschaft in urgewaltiger Form kaum noch möglich … Doch so höre, ich bin und bleibe Leidenschaft. Keine argen Absichten hatte ich. Doch auch du sprachst richtig: Ich habe kein Recht, anderen Leid und Pein aufzuerlegen.
Aber ich habe dank dir, mein Freund, einen Weg gefunden, zu überleben: … Ein Lagerfeuer will ich nicht sein, das engt mich zu sehr ein. Denn weiterhin will ich bis in alle Ewigkeit brennen … Und dazu wähle ich den klugen Menschen. Mein Wesen soll nach diesem Misserfolg auf edle Menschen übergehen und sie aufrecht halten in ihrer Lebensprüfung auf Erden.
Denn in Wahrheit galt meine Leidenschaft nur einem: dem Schöpfer allein.
Die Liebe zu Ihm versengte meinen Verstand. So sage, war ich denn ein endloser Tor, so rücksichtslos und gewaltvoll zu sein, da ich vor lauter versengender Liebe nicht mehr zu sehen vermochte?
… So lasset mich ein in die Brüste reiner, kluger und begabter Menschen.
… Sicher, sie werden in Atemnot geraten. Sie werden unzählige Male an den Flammenwogen erzittern, verbrennen und innerlich sterben … doch egal, was auch geschieht, sie werden mich fest umfassen und den Verfall der Leidenschaften in das Irrige vermeiden.
Nein, die Leidenschaften werden die Guten beflügeln.
Denn jene verwerfen Schlechtes, bekämpfen Boshaftes und meiden Sündhaftes.
Und sie laufen entgegen dem Reinen Tugendhaften und kämpfen dafür und verteidigen es.
… Fortan soll mein Feuer in diesen Menschen brennen und sie beflügeln auf Erden, sie aufrecht halten auf dem Wege, der zu Allah allein führt …“
… Und als die letzten Flammen des Feuers erstarben, sprach es seine letzten Worte:
„… O mein Schöpfer, … ich war doch nur so völlig erblindet vor endloser Liebe zu Dir, so vergib diesem Tor und erfülle seinen letzten Wunsch … O Du mein Schöpfer …“
… Die fleißigen Menschen hatten es geschafft. Das Feuer war gelöscht. Erfreut jubelten sie und ebenso trauerten sie um den zerstörten Wald.
… Plötzlich umhüllte jenen Ort ein strahlend helles Licht, hob sich an in die Höhe und flog funkelnd davon in alle Himmelsrichtungen.
… Das Lagerfeuer, das zuvor mitleidig um das verschwundene Feuer, den törichten Verwandten, getrauert hatte, jubelte nun voller Heiterkeit.
„Dein Wunsch geht nun in Erfüllung, du armes Feuer … Denn du hattest auf Erden zu viel Kraft und hast dadurch nur Zerstörung bewirkt. Doch nun gehe ein in gute Leiber.
Jene werden mit dir durch Kampf um Kampf schreiten und an und mit dir wachsen.
… Erinnere sie stets daran, besonders wenn die Menschen zu vergessen drohen: Allah allein ist, was zählt. Und für Ihn kämpfen und leiden wir gerne.“








Die stille Brust


In den Tiefen der finsteren Nacht wurde ein gleißendes, helles Licht geboren.
Doch das Licht stieg nicht auf in die Höhe, um die Erde zu erleuchten. Denn dieses Licht nahm das Offenkundige nicht als seine Heimat an.
Das Licht, war ja nicht aus dem Ur-Licht entstanden und folgte keinen vorgegebenen Bahnen.
Dieses Licht war von dem ehrwürdigen Schöpfer aus dem Ur-Sein erschaffen worden … aus dem ewigen Schweigen, dem Nichts, der Schwerelosigkeit … und der grundlosen Tiefe.
… Ein stiller Mensch, der doch so gerne in den endlosen Weiten seiner schweren Brust schwelgte, schöpfte aus dem allumfassenden Ozean, fand dieses so feine, klare Licht und nahm seine Bitte an.
„Nimm mich auf in deine Brust, die seit jeher so hold mit sich und den Welten kämpft, nicht oft offenkundig, doch im Geheimen an einem Ort, zu dem kaum jemand den Weg findet. Wo Kämpfe und Schlachten toben und der Welt Leben einhauchen.
So lege mich in die geheimste Ecke deines Herzens, in die kein Lebewesen Einlass findet.
Lass mich dort Wurzeln schlagen und mit dir wachsen.
Nimm mich auf und nenne mich einen Teil von dir.
Nimm mich auf und lerne, die Wahrheit zu erkennen und mit Weisheit und Mut zu verstehen.
Nimm mich auf … und du wirst deinen Weg finden … ob bald oder später … der Weg wird nicht mehr fern sein.
Und wenn du mich dann aufgenommen hast, gehst du ein heiliges Bündnis ein:
Du wirst brennen. Sehnsucht erfüllt dich so sehr …
Du wirst suchen. Eine ewige Wanderschaft trittst du an …
Du wirst leiden. Doch so schön sind lichte Leiden und stärken dich vom Grunde aus …
Du wirst lieben. Eine göttliche Liebe, ein urgewaltiges Vertrauen und eine machtvolle Stütze erfassen dich …
… Hast du mich erst einmal aufgesogen in deine noch düstre Brust, die leidet in dunkler Nacht und doch das Kämpfen nicht aufgibt, so hast du einen Freund und Helfer in jeder Not.
Und ist deine Prüfung auf Erden dann noch so schwer, so erfüllt dich doch eine Seligkeit von einer so endlosen, tiefen Quelle, sie mag nie mehr verebben.
… Manches im Leben will dich sodann zu sich locken und dich betören.
… Ach … Ich werde dich zurückreißen sodann, zurück zu mir … Denkst du denn, ich ließe von dir? …
Denkst du denn, du seist nicht länger ein Teil von mir? … Und glaubst du denn wirklich, meine endlose Liebe würde noch von dir weichen?
O weh … Verstehe doch, Geliebter, du bist mir zu kostbar, um in der Versenkung zu verschwinden …
Bis hierher hast du gekämpft. Ich bin nun dein Lohn … Und ich werde dich stets an mich reißen, wenn du dich vergisst.
… Wenn du vergisst, wer du wirklich bist.
… Wenn du nicht mehr daran denkst, wie heilig du doch bist.
… Denn ach, du Geliebter, du bist Sehnsucht.
… Du bist der zarte Hauch des allgegenwärtigen, allwissenden und allmächtigen, vollkommenen Schöpfers.
Du! Denn du bist der Statthalter auf Erden, zu bezeugen, wer du bist.
Sei gut, entscheide dich stets für das Rechte und bemühe dich mit Herz und Seele für das Gute.
… Und wenn auch niemand wahrnimmt, was in deiner Brust brennt, wie sehr du mit deinem strahlenden Licht kämpfst:
Der Schöpfer sieht alles, ob offenkundig oder im Geheimen.
… Gib niemals auf.
… Der Schöpfer ist mit uns.
… Und ich, dein Licht, werde stets dein Begleiter sein …“
… Und der kämpfende Mann wurde bald ein Held, ein Heiliger und ein Mythos …
… Und die Welt? … So schmerzlich es auch ist … Sie lernte diesen Mann nicht kennen … Denn dieser ging einsam seinen Weg in der grauen, lauten Welt … Insgeheim war er der Kämpfer des Lichts … Und überließ allen Lohn dem Herrn der Welten … Und die Welt blieb aufrecht bestehen dank dieses verborgenen Schatzes des Göttlichen … Und aller Lohn und alle Wahrheit über jenen stillen Kämpfer und weitere, verstreut auf der ganzen Welt kämpfende Helden wurden offenbar und offenkundig beim Eintritt in das wirkliche Dasein:
Zu Beginn des ewigen Daseins.
… Dann wird der Herr der Welten alles offen darlegen:
Was war in deinen Taten … Was war in deinen Absichten und deinen Zielen. Und was war in deiner Brust und deinem Herzen.
Wähltest du das Licht oder die Nacht?
… Oder gingst du irgendwo dazwischen unter?
Wähltest du den ewigen Sieg oder die endlose Niederlage?
Wähltest du den Schöpfer oder wähltest du die Verdammnis?
… Niemand zwingt dich zu etwas.
Auch nicht der Schöpfer.
Im Leben entscheidest du.
… Und in der Ewigkeit wählt sodann der Schöpfer.
So gehe … Das Licht steht jederzeit bereit … bis zum Schluss deiner Erdenprüfung … Du allein wirst entscheiden.
… Der Schöpfer möge mit dir sein.









Das Feuer


In einem Land brach einst ein Feuer aus.
Es brannte lichterloh und wuchs mit gefährlicher Schnelligkeit an.
Bald nannte man dieses Land „die sengende Hitze“.
Und die Einwohner dieses Landes wurden zu dem Feuer geführt.
„Kommt zu mir und erlangt Macht“, sprach das tiefe Rot.
Und die Menschen kamen.
Die, die dieser gefährlichen Einheit widersprachen, wurden vertrieben und isoliert und die, die dagegen ankämpften, vertilgt.
„Folgt mir und erhebt euch über andere“, frohlockte die Glut.
Und die Menschen sammelten sich zu einer großen Einheit.
Bald, da sie geblendet waren, erwuchs eine Einfältigkeit in den Massen.
Man sah nur noch den Wunsch, zu überleben und überlegen zu sein.
Jeder wollte den anderen übertreffen, sodass sie sich hoffnungsvoll einreihten und die brennende Hand des Feuers zu küssen suchten.
Und schon bald waren sie ebenso Feuer.
Die Haut kann schließlich der Hitze nicht lange widerstreben, sie schmilzt dahin.
Das Herz verliert seinen Willen und zerspringt.
Der Verstand will Macht, so öffnet er sich.
Macht.
Gebt doch noch mehr Macht.
Überfluss.
Gebt doch noch mehr Überfluss.
Das Feuer entdeckte einen Bienenschwarm.
Dieser kämpfte an gegen den Feind.
„Ihr besitzt etwas, das mir gefällt“, raunte das Flammenmeer.
Und es holte sich den goldenen Honig der Bienen.
„Dies ist unsere Existenz, lass ab. Kein Recht hast du zu deinem Tun“, riefen die arbeitsamen Tierchen.
Dennoch nahm das Feuer, was es wollte.
Es nahm alles von denen, die nicht zu ihm gehören wollten.
Den sich Widersetzenden wurde das Lebensgut geraubt.
„Nun endlich kommt auch ihr“, sprach das Feuer.
Viele gaben auf.
Nur noch eine Hand voll blieb zurück.
„Nein!“, riefen sie.
„Es gibt noch Hoffnung für uns. Der Schöpfer wird uns erretten.“
Das Feuer lachte.
„So lange schon wüte ich umher. Und noch immer hat mir euer Herr keinen Einhalt geboten.
Ich tue mit euch, wie mir beliebt, und dennoch bin ich es, der belohnt wird.
Wo nur, sagt mir, ist euer Gott?“
Mit letzter Kraft richteten sich die Freien auf.
„Damit du noch mehr Unheil anrichten kannst und dich damit tiefer in Schuld verfängst, lässt dich der Herr gewähren.
Im Leben nach dieser Prüfung, wo die Ewigkeit wartet, wirst du mit voller Wucht ergriffen und gerichtet werden.
Und was uns anbelangt - wir hatten uns entfernt von des Schöpfers gnadenreicher Hand und anderem mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Wir wurden selbst zu Weltabhängigen.
Und nun stehen wir mit leeren Händen da.
Nun gibt es für uns keinen Schutz mehr vor dem Feuer.
Aber höre dies:
Mit Leib und Seele eilen wir nun zu des Schöpfers Thron und bitten Ihn um Vergebung.
Er ist unser Erschaffer und wir flehen Ihn um Beistand an.
Und auch wenn wir nun verenden sollten, wir werden uns nicht von Ihm trennen!“
Das Feuer lachte.
„So sterbet endlich.“
Mit Grausamkeit und Unabwendbarkeit näherten sich die Flammen und umschlossen die wenigen Rechten, bis ein Donnern erscholl vom Himmel.
Gemeinsam blickten sie auf und schauten empor, erschrocken und verwirrt.
Graue Wolken schwebten schwer und düster über ihnen und mit dem nächsten Donnergrollen platzte Regen auf Erden hernieder.
„Weißt du denn nicht, du großspuriges Feuer, dass jeder, ob gut oder schlecht, auf im Erdreich seine Frist erhält? Wusstest du denn nicht, dass auch du bald von der Weltenbühne verschwinden würdest und dich dann des Schöpfers gerechter Lohn erwartet? Nun wisse auch, dass der Schöpfer für alles ein Gegenmittel hat, und ohne direkt einzugreifen, um sich zu Gunsten der Prüfung zu verbergen, straft Er mit der Hand seiner Diener.
Nun verschwinde endlich mit deinem armen Gefolge und erscheine hier niemals wieder. Andere Schlechte werden kommen. Doch auch sie werden gehen.
Und ihr, ihr glücklichen Widerstrebenden, lebet wieder frei und zufrieden, doch tragt ihr ebenso Schuld.
Lasst das Übel schon am Anfang nicht gewähren, bevor es so viel Macht erlangt, dass ihr ihm nicht mehr widerstreben könnt.
So sehet.
So versteht ihr nun …“ Das Feuer erlosch krachend.
„… dass alles Schlechte schwach ist.
Denn es hat keinen, der hinter ihm steht.“


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