Kleine Gedankensplitter
Silvia Lausmann
EUR 13,90
EUR 8,99
Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 44
ISBN: 978-3-99107-466-3
Erscheinungsdatum: 11.02.2021
Was man noch in Erinnerung hat von früher. Als man sich noch nicht so viele Gedanken darum machte. Familie, Schule, Job und Psychotherapie, mit Humor im Rückblick notiert. Österreichischer Alltagswahnsinn in gesamtkosmischem Kontext.
FF – Viel Vergnügen
FF hat er immer gesagt, wenn er besonders gut aufgelegt war, der Vater – viel Vergnügen. Hatte man ja auch, früher. Lachen ohne Ende, bis man Muskelkater bekam – „die lachen über jeden krummen Eckstein“, kommentierte die Mutter das Gekreische von uns fünfen oft.
Wir fünf, das war eine eingeschworene Geschichte. Fünf Mädels – eigentlich waren wir vier, die sich so richtig gut verstanden, die fünfte war fünftes Rad am Wagen. Muss man leider sagen. Und fair waren wir auch nicht, aber so war es, und die eine trieb einen schon auch zur Weißglut. Immer eifersüchtig – sehr anstrengend. Fast schon habschimäßig. Ich konnte keinen Schritt alleine tun – alleine in die Stadt fahren und Schuhe shoppen beispielsweise ein Ding der Unmöglichkeit. Wurde streng geahndet.
Immer in der beliebten Gruppe zu sein und gleichzeitig die beliebte Gruppe zu sein macht schon auch arrogant. Man hat es ja nicht nötig, man wird ja gemocht, es reißen sich die Mädels um die Freundschaft mit einem. No ja, man hat es auch ausgenutzt. Obwohl man sich nicht viele Gedanken darum machte, früher.
Da fällt mir ein, da gab es noch die Frau Funkhauser aus Graz, eine Erscheinung mit Dutt, einem pechschwarzen und sehr stattlich. Die hat in der Grazer Zweigstelle meines Vaters gearbeitet. Also nicht seine Zweigstelle, er war Angestellter und dann Direktor bei der „OMG“, und die hatte in Graz eine Zweigstelle, aber er „war ja mit der OMG verheiratet“, wie Muttern oft etwas verhärmt bemerkte – Verhärmung vollkommen zu Recht, weil da gab es auch Weibergeschichten, also nicht nur Büro. „Ah, ein Mädchen aus der OMG“, sagte der Vater und bremste sich unvermittelt ein, auf der Landwiedstraße, einer Durchzugsstraße am Bindermichl. Weil da so eine schwarzhaarige Junge ging – „Never ever eine aus der OMG“, dachte ich mir, machte aber gute Miene zum bösen Spiel. Unterschätzung nervt.
Die Figur
„Denken hilft“ – haben sie in so einem T‑Shirt-Shop auf einem Leiberl drauf. Und „Prada-Meinhof“, das gefällt mir besonders gut. Aber Apothekenpreise und Puppengrößen. No ja, abnehmen! Und sie sollten „Unterschätzung nervt“ mit ins Programm aufnehmen. Obwohl, so gut auch wieder nicht. Und abnehmen wegen eines Leiberls ist auch ein Blödsinn. Da hilft die Body-Positivity. Kein Freibrief zum Fressen, bis der Arzt kommt, sondern eine Bewegung, bei der der Status quo figurtechnisch angenommen wird, egal ob dick, dünn, groß oder klein.
Der Stenmark
Landwiedstraße: Da gab es in einer Seitengasse die Frau Gruber. Die hatte einen „Kraut und Kampl bei der Fettn“-Laden. Vor allem dealte sie mit den Skifahrer-Abziehbildern und den dazugehörigen Einkleb-Alben. War Riesensache damals. Den Ingemar Stenmark hatte ich x‑mal, weil ich fand, der ist es: so scheu und so elegant in seiner Rasanz vor allem im Slalom. Ich hab mir dann vorgestellt, wie ich mit ihm in Tärnaby in einem Holzhaus lebe und beseelt bin von seiner Anwesenheit. Praktisch null Anspruch an die Herren der Schöpfung. Schön blöd. Viele damalige Freundinnen waren in der Hansi-Hinterseer-Fraktion, hab ich nicht verstanden, war mir zu plakativ, Ken-artig. Aber Geschmäcker und Ohrfeigen sind nun mal verschieden, wie meine Mutter zu sagen pflegte.
Frühe Jagd
Dann ist mir noch der Auhof in Erinnerung. Da wohnte der Beiringer Kurt, der hat mich sehr inspiriert – warum, weiß ich nicht mehr. Die Jagd nach ihm – übrigens erfolglos – war Perfektion. Durchgeplant über zwei Kumpels, die mit ihm zur Schule gingen und mir entscheidende Eckdaten durchgaben, wie z. B. wann der „Beiri“ bei der Bushaltestelle Hatschekstraße abzupassen ist und dergleichen. Und den „Beiri“ hat die nackte Angst gepackt, als er mich sah an der Bushaltestelle. Ich Sieger-Sepp-mäßig hab gesagt: „Servas, Beiri“, und das als Riesentriumph verbucht – oje, Themenverfehlung, aber was soll’s?
Grätzlleben
Wien, Mariahilf, 30 Jahre später: Es geht um keine Haltestelle, obwohl die auch in der Nähe ist, die vom 57 a. Es geht um Weißrussen. Gegenüber von meiner Wohnung haben sie vor ein paar Jahren einen Dachboden ausgebaut, und dann haben sich besagte Weißrussen eingemietet und auffällig geprotzt am Balkon, der aber recht klein ist, und stinken tut’s auch sicher, weil die Gumpendorfer Straße ja doch gut befahren ist. Aber den Weißrussen hat es sehr gefallen in Mariahilf, wobei so gut auch wieder nicht, weil nach vielleicht einem Monat sind sie wieder ausgezogen und seitdem steht der Kobel leer. Ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass es Weißrussen waren, aber das viele Glitzi und der Pomp erinnerten mich ans Russische. Weißrussisch vielleicht, weil sie recht bleich waren, wenn man sie ab und zu am Balkon stehen sah. Und schon hab ich für mich den Weißrussenfilm laufen gehabt.
Und unten drinnen in diesem riesigen Altbau, der ums Eck weit in die Brückengasse reicht, ist das Café Sarina, das sich durch den Besitzer, den Herrn Hans, und seinen Kater Burschi aufs Angenehmste hervortut. Kater Burschi pendelt fast täglich von Niederösterreich nach Wien im Transportkorb, den der Herr Hans auf einer kleinen Rodel transportiert. Und untertags sitzt er dann im Windfang – der Kater Burschi – und lockt die Gäste ins Café. Das klappt gut, und drinnen passt dann alles, vor allem die Sarina-Torte. Geile Nugat-Butter-Creme in Schichten – Trennkost, weil pures Fett.
Wieder die Figur
Die Abnehmerei war auch immer Thema. Bin von Haus aus eher kompakt und bindegewebsschwächelnd gebaut, „weiblich“ sagt man auch, wenn man Spezialist ist – und dann kommt noch der Aszendent Fisch dazu, der ja die Süchte gern gepachtet hat. No, mehr braucht es nicht – erste Langzeit-Diät mit 14, da hab ich ein Jahr lang am Abend nix gegessen, bin richtig auf die Essbremse gestiegen. Die Ernährungsgurus müssen sich nix auf ihr Anti-aging-nix-am-Abend-Essen einbilden, weil das hab ich schon in den 70ern betrieben. Danach war ich recht schlank und knackig und hab mir eine Fiorucci-Jeanshose gekauft, die in Wahrheit keine gute Figur gemacht hat, weil zu hüftig. Hab voll verbaut damit ausgschaut. Aber der Glaube versetzt ja bekanntlich Berge – ich war obenauf.
Lachen
Praktisch Sieger-Sepp! Das hat der Sepp Koller immer beim Kartenspielen geschrien. Gewonnen hat er meistens beim „Hosen-Owi“-Kartenspiel. Ich weiß gar nicht, wie das richtig geheißen hat, das Kartenspiel. Der Sepp war der Mann von der Elfi, und die wiederum die beste Freundin meiner Mutter. Eine Seele von Mensch und sehr humorig. Da hat dann auch meine Mutter wen zum Lachen gehabt, weil daheim nicht so oft, mit dem Herrn Direktor.
Und jetzt sitze ich da mit 50 something und schreibe mein Buch. Kraut und Rüben könnte man meinen, aber es hat schon einen roten Faden … somehow.
Jobgedanken
Meine Jobs sind auch so eine Sache. Nach dem Studium, das sich gezogen hat wie ein Strudelteig, gab es erst mal das Akademikertraining. Im Prinzip Praktikum. Hab ich bei einem deutschen Verlag absolviert, wollte ins Lektorat, kam eben dort hin und hab mich am zweiten Tag so fadisiert im Kammerl, alleine beim Lektorieren von Jugendbüchern. Keine Ansprache, Jugendbücher damals für mich praktisch Valium – ganz schlecht. Ging dann in die Pressestelle und deponierte mein Begehr der Versetzung in selbige, weil gutes Terrain fürs Quatschen, Schreiben und Telefonieren. Das war es dann, befand ich – aber behalten haben sie mich nicht nach dem Training.
Behalten haben sie mich dann bei einem großen Verein in Salzburg, dort war ich in der Presseabteilung in Amt und Würden. Mir hat es dort recht gut gefallen, menschlich betrachtet. Die Burschen haben zwar anfangs ordentlich gefremdelt, aber bald begriffen, dass die Frau Doktor keine taube, hochnäsige Nuss ist, sondern durchaus rustikal an der derben Witzkultur mit partizipiert und auch aktiv in diesem Genre einiges zu bieten hat. Da war dann das Eis gebrochen. So war ich auch die erste Frau, die sie in dieser Abteilung angestellt haben.
Das Rustikale liegt dem Oberösterreicher genauso wie das Unkomplizierte. Hemdsärmelig arbeitet er anständig, auf ihn kann man sich verlassen, und zum Intrigieren neigt er auch nicht.
Sprach-Gender-Sperre
Für alle Sprach-Gender-Beseelten: Hier seid ihr nicht richtig. Das Gender-Sprach-Viech ist mir während meiner Grazer Zeit als Trainerin und Coach so dermaßen auf die Nerven gegangen, dass ich zu meiner Ursprungsform zurückgekehrt bin. Weil warum: Erstens haut dir die Genderei jeden Text zusammen, vor allem jeden Pressetext. Da hört der Journalist schon beim ersten Absatz auf zu lesen. Und zweitens wurde bei besagten Trainer- und Coachjobs zwar sprachgegendert bis krumpelfünfzehn, die besser bezahlten Jobs, mit Ausnahmeregelungen die Arbeitszeit betreffend, bekamen dann aber ausschließlich die Windeier-Burschen, die prahlerischen Nichtskönner und Speichellecker. Also mir nicht mit der Sprach-Gender-Scheiße daherkommen. Zuerst die Gehältersache gleich behandeln, dann reden wir weiter.
Wieder Job
Aber jetzt zum großen Verein: Unser Chef, der Herr Meier, hat sich nicht getraut mit mir per Du zu sein, weil Frau Doktor und so. Als Zugeständnis hat er dann nach geraumer Zeit „Frau Lausi“ entwickelt, meist in Zusammenhang mit „nehmen S’ bitte die Post mit, Frau Lausi“, wenn ich nach getaner Arbeit den Heimweg antrat. War irgendwie rührend. Aber die Rührung hat dann den kargen Lohn auch nicht ausgeglichen, und ich fand, ich sollte mich verbessern, und bewarb mich bei dem zweiten Salzburger Verein als Pressesprecherin. Die haben mich genommen – was mich damals sehr freute –, und ich begann beseelt bei diesen „Brüdern“ zu arbeiten. Gehaltsmäßig Verbesserung, menschlich eindeutig Verschlechterung. Das Gute aus dieser Zeit ist meine Freundin Gudrun, die ich dort kennenlernte und mit der ich viele Jahre auch privat um die Häuser gezogen bin, wenn wir uns vom Sofa lösen konnten.
Die Misere liegt aber in der PR-Branche an und für sich. Weil man ist immer der Gelackmeierte als PR-Mensch. Denn alle können immer alles besser, und reingequatscht wird einem, dass sich die Balken biegen. Bei dem zweiten Verein hatte ich drei Chefs (praktisch Triptychon), einer gscheiter als der andere und alle drei beseelt davon, über meine Pressetexte drüberzugehen und Korrekturen von enormer Wichtigkeit zu tätigen. Die geballte Fachkompetenz des Triptychons hat es damals fast geschafft, mich für ein legereres Waffengesetz zu gewinnen.
Dazu kommt noch, dass der Vereinsbereich gerne mal eine menschlich überschaubare Branche ist. Weil im Gegensatz zur hehren Sache, zählt der Mitarbeiter an sich nicht viel und wird oft ausgewrungen wie ein Abwaschfetzen, verschlissen möchte man sagen, was auch die hohe Mitarbeiter-Fluktuation in diesem Bereich zeigt. Da bin ich doch lieber in meiner jetzigen Profit-Tätigkeit, herrlich pragmatisch und eine klare Sache. Ursache-Wirkung-Behebung. Läuft!
Das Reiten
Genug herumgehärmt. Da fällt mir ein ganz anderes Thema ein, nämlich das Reiten. Jetzt ist es doch so, dass ein Pferd nicht mit einem Zweibeiner am Rücken auf die Welt kommt. Also schon klar, dass ein Pferd nicht unbedingt beritten werden will, soll, muss. Und wenn man bedenkt, was so alles auf einen Klepper raufsteigt, da wird es einem ja ganz angst und bang. Nicht umsonst ist der Jockey ein magersüchtiges Zniachtel. Aber der Amateurreiter meistens ein Bröckerl. Bin ich auch, steig aber auch nicht auf einen Klepper. Zu meiner großen Verwunderung sehen aber nur ich (und Gudrun) die Sache dergestalt.
Fadesse
Mir war als Kind oft so fad, dass ich es gar nicht sagen kann. Und auch im reifen Alter holt sie mich ab und zu heim, die olle Fadesse. Inzwischen find ich sie ja ganz brauchbar, weil Naturentschleuniger – wo sie eh alle vom Burn-out reden. Also mit der Fadesse im „Gnack“ kann man nicht ausbrennen. Sehr praktisch. Dann natürlich auch gut, wenn man sie überwindet, sonst Depri-Gefahr. Apropos Depri. Kindheit ja oft Grund für alle möglichen Psychoteile. Bei mir auch. Mich haben sie ja adoptiert, letztlich. Weil zuerst hätten mich Menschen aus Villach gewollt, dort habe ich aber nichts gegessen (???), darum wieder zurückgeschickt worden. Meine Vermutung: Mir hat Villach grundsätzlich nicht zugesagt. Und dann kam meine Mutter ins Spiel, und da hab ich unverzüglich eingeschnitten, also was man mit knapp 1,5 Jahren halt so einschneidet. Das war sehr super bei meinen Eltern, ich bin regelrecht aufgetaut und habe durchgequatscht bis krumpelfünfzehn. Küchenpsychologisch würde ich sagen, Vertrauen war auf Anhieb da. Also alles paletti vorerst.
Energetisch
Hellotz, jetzt habe ich noch gar nicht von meiner energetischen Seite berichtet. Nicht fürchten, esomäßig wird es nicht, also nicht zu sehr. Wie kam’s – eigentlich klassisch. Der PR-Bereich im Non-Profit-Kontext ist mir nach 10 Jahren auf die Nerven gegangen, aber so was von, und da war dann ein beruflicher Richtungswechsel nur logisch. Die Findungsphase hat sich etwas gezogen, und der Entschluss, Vitaltrainerin für Entspannung zu werden, kam mehr zufällig. Weil ich hab mir gedacht, sehr praktisch, zuerst entspanne ich, und dann entspann ich den Rest der Welt. Was nach meinem dritten Vereinsjob höchst notwendig war. Als Einstieg in die Relax-Branche bin ich auf eine wunderschöne Insel geflogen und hab mir dort den rauen Wind um die Ohren jagen lassen und bin gegangen und gegangen, als gäb’s kein Morgen. Weil, wie soll sich was bewegen, wenn ich mich nicht bewege. Guter Ansatz – hat geklappt. Nur die Flugsache hatte einen Haken, einen ganz entscheidenden. Von Hamburg aus checkte ich mich bei einer kleinen Fluggesellschaft ein, die Inselflüge anbietet. Geflogen wird da mit Cessnas. Blöderweise hatte ich nur vergessen, dass ich erhebliche Höhenangst habe. Also bei großen Fliegern kein Problem, praktisch Autobus – aber die kleinen, wackeligen – auweh. So kam’s, dass ich bleich in der Cessna neben dem flotten Piloten Platz nahm. Meine Frage, ob es eventuell eine „Kotztüte“ gäbe, wurde sehr höflich, aber bestimmt verneint. Mir wurde gleich noch schlechter – ich sah aber ein, da muss ich durch. Den Flug verbrachte ich starr nach oben stierend – hatte nachher Nackenverspannung hoch zehn –, zum Glück ohne Magenrebellion. Die Insel hat mich dann für alle Qualen großzügigst entschädigt. Die See ist einfach der Wahnsinn, der Geruch, die Dünen, was will man mehr! Der Insulaner wiederum herrlich schrullig bis in die Knochen, staubtrocken, sehr wortkarg – pro Woche ein Satz –, aber unglaublich liebenswert. Und kulinarisch ganz meins, weil Matjes und Labskaus und Rote Grütze einmalig. Innerlich und äußerlich gestärkt kam ich tiefenentspannt nach Wien zurück.
Stylingkrieg
Mein Vater war eine eigene Nummer. Ich hatte gute Karten bei ihm grundsätzlich, nur in einem lagen wir uns in jungen Jahren gerne in den Haaren – in meiner Stylingfrage. Der Vater hätte mich gerne klassisch bieder gehabt, also, Gymnasium, Tanzschule, Matura und dann einen Fadsack aus der Tanzschule ehelichen, das wäre so seins gewesen. Matura deswegen, weil dann kann die Hausfrau moderat mitreden, wenn der Chef des Mannes zum Essen eingeladen wird. Das ganze natürlich in artiger Kleidung. Am besten Rock und Rüschenbluse. Ich schon damals durchaus clever in der Causa, was mir nicht steht, sah natürlich rot, wie Charles Bronson in dem gleichnamigen Film. Weil Rüschenbluse eine dralle böhmische Köchin aus mir zauberte, die ich verständlicherweise nicht sein wollte. Das Thema Rock in dem Sinne, wie der Vater es verstand, keines für mich. Weil eigentlich meinte er eine „Schoß“, also bis zum halben Wadel, leicht ausgestellt und gacksi, wie ich fand. Ein Showdown von uns beiden fand dann einstens in der Boutique Chantalle am Linzer Hauptplatz statt. Vorweihnachtlicher Einkauf war der Oberbegriff. Der Vater fand, ich bräuchte dringend was Gscheites zum Anziehen. Ich noch nervlich stabil, dachte mir, na gut, lass es uns einfach probieren. In der Boutique kam dann das Unvermeidliche. Die beflissene, tantige Verkäuferin brachte Schoß und Rüschenbluse und fand, das stünde mir hervorragend. Der Vater verfolgte die harte Linie – das nehmen wir –, ich die klassisch trotzige – aber das werd ich nie anziehn!!!!! – Fakt war, es wurde gekauft ums „expensive money“ – und ich hatte es in Phasen des wenigeren Gewichts zweimal an. Immerhin.
Elefantös
Ich mit meinem Elefantengedächtnis merk mir ja alles – das ist ein wahrer Fluch. Da haben die anderen schon alles vergessen, weiß ich noch wie, was, wann und wer das Ungeheuerliche getan oder gesagt hatte. Da wär ich recht gerne unbedarft und wurschtig, aber aus seiner Haut kann der Mensch nicht raus.
Vergebung deshalb auch so ein Herausforderungsthema meinerseits. Ich tu mir schwer damit, merk mir alles Schlechte, das mir widerfahren ist, fast mit digitaler Zeitanzeige. Sogar das Schlechte, das Nahestehenden widerfahren ist. Da kann es schon passieren, dass die das längst vergessen haben und ich sie recht wichtig wieder darauf aufmerksam mache, dass 1998 der Wolfi das und das getan hat. Eigentlich eine blöde Angewohnheit, oder eben doch Anlage irgendwie. Sicher horoskopisch oder kosmisch bedingt, sag ich mal.
FF hat er immer gesagt, wenn er besonders gut aufgelegt war, der Vater – viel Vergnügen. Hatte man ja auch, früher. Lachen ohne Ende, bis man Muskelkater bekam – „die lachen über jeden krummen Eckstein“, kommentierte die Mutter das Gekreische von uns fünfen oft.
Wir fünf, das war eine eingeschworene Geschichte. Fünf Mädels – eigentlich waren wir vier, die sich so richtig gut verstanden, die fünfte war fünftes Rad am Wagen. Muss man leider sagen. Und fair waren wir auch nicht, aber so war es, und die eine trieb einen schon auch zur Weißglut. Immer eifersüchtig – sehr anstrengend. Fast schon habschimäßig. Ich konnte keinen Schritt alleine tun – alleine in die Stadt fahren und Schuhe shoppen beispielsweise ein Ding der Unmöglichkeit. Wurde streng geahndet.
Immer in der beliebten Gruppe zu sein und gleichzeitig die beliebte Gruppe zu sein macht schon auch arrogant. Man hat es ja nicht nötig, man wird ja gemocht, es reißen sich die Mädels um die Freundschaft mit einem. No ja, man hat es auch ausgenutzt. Obwohl man sich nicht viele Gedanken darum machte, früher.
Da fällt mir ein, da gab es noch die Frau Funkhauser aus Graz, eine Erscheinung mit Dutt, einem pechschwarzen und sehr stattlich. Die hat in der Grazer Zweigstelle meines Vaters gearbeitet. Also nicht seine Zweigstelle, er war Angestellter und dann Direktor bei der „OMG“, und die hatte in Graz eine Zweigstelle, aber er „war ja mit der OMG verheiratet“, wie Muttern oft etwas verhärmt bemerkte – Verhärmung vollkommen zu Recht, weil da gab es auch Weibergeschichten, also nicht nur Büro. „Ah, ein Mädchen aus der OMG“, sagte der Vater und bremste sich unvermittelt ein, auf der Landwiedstraße, einer Durchzugsstraße am Bindermichl. Weil da so eine schwarzhaarige Junge ging – „Never ever eine aus der OMG“, dachte ich mir, machte aber gute Miene zum bösen Spiel. Unterschätzung nervt.
Die Figur
„Denken hilft“ – haben sie in so einem T‑Shirt-Shop auf einem Leiberl drauf. Und „Prada-Meinhof“, das gefällt mir besonders gut. Aber Apothekenpreise und Puppengrößen. No ja, abnehmen! Und sie sollten „Unterschätzung nervt“ mit ins Programm aufnehmen. Obwohl, so gut auch wieder nicht. Und abnehmen wegen eines Leiberls ist auch ein Blödsinn. Da hilft die Body-Positivity. Kein Freibrief zum Fressen, bis der Arzt kommt, sondern eine Bewegung, bei der der Status quo figurtechnisch angenommen wird, egal ob dick, dünn, groß oder klein.
Der Stenmark
Landwiedstraße: Da gab es in einer Seitengasse die Frau Gruber. Die hatte einen „Kraut und Kampl bei der Fettn“-Laden. Vor allem dealte sie mit den Skifahrer-Abziehbildern und den dazugehörigen Einkleb-Alben. War Riesensache damals. Den Ingemar Stenmark hatte ich x‑mal, weil ich fand, der ist es: so scheu und so elegant in seiner Rasanz vor allem im Slalom. Ich hab mir dann vorgestellt, wie ich mit ihm in Tärnaby in einem Holzhaus lebe und beseelt bin von seiner Anwesenheit. Praktisch null Anspruch an die Herren der Schöpfung. Schön blöd. Viele damalige Freundinnen waren in der Hansi-Hinterseer-Fraktion, hab ich nicht verstanden, war mir zu plakativ, Ken-artig. Aber Geschmäcker und Ohrfeigen sind nun mal verschieden, wie meine Mutter zu sagen pflegte.
Frühe Jagd
Dann ist mir noch der Auhof in Erinnerung. Da wohnte der Beiringer Kurt, der hat mich sehr inspiriert – warum, weiß ich nicht mehr. Die Jagd nach ihm – übrigens erfolglos – war Perfektion. Durchgeplant über zwei Kumpels, die mit ihm zur Schule gingen und mir entscheidende Eckdaten durchgaben, wie z. B. wann der „Beiri“ bei der Bushaltestelle Hatschekstraße abzupassen ist und dergleichen. Und den „Beiri“ hat die nackte Angst gepackt, als er mich sah an der Bushaltestelle. Ich Sieger-Sepp-mäßig hab gesagt: „Servas, Beiri“, und das als Riesentriumph verbucht – oje, Themenverfehlung, aber was soll’s?
Grätzlleben
Wien, Mariahilf, 30 Jahre später: Es geht um keine Haltestelle, obwohl die auch in der Nähe ist, die vom 57 a. Es geht um Weißrussen. Gegenüber von meiner Wohnung haben sie vor ein paar Jahren einen Dachboden ausgebaut, und dann haben sich besagte Weißrussen eingemietet und auffällig geprotzt am Balkon, der aber recht klein ist, und stinken tut’s auch sicher, weil die Gumpendorfer Straße ja doch gut befahren ist. Aber den Weißrussen hat es sehr gefallen in Mariahilf, wobei so gut auch wieder nicht, weil nach vielleicht einem Monat sind sie wieder ausgezogen und seitdem steht der Kobel leer. Ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, dass es Weißrussen waren, aber das viele Glitzi und der Pomp erinnerten mich ans Russische. Weißrussisch vielleicht, weil sie recht bleich waren, wenn man sie ab und zu am Balkon stehen sah. Und schon hab ich für mich den Weißrussenfilm laufen gehabt.
Und unten drinnen in diesem riesigen Altbau, der ums Eck weit in die Brückengasse reicht, ist das Café Sarina, das sich durch den Besitzer, den Herrn Hans, und seinen Kater Burschi aufs Angenehmste hervortut. Kater Burschi pendelt fast täglich von Niederösterreich nach Wien im Transportkorb, den der Herr Hans auf einer kleinen Rodel transportiert. Und untertags sitzt er dann im Windfang – der Kater Burschi – und lockt die Gäste ins Café. Das klappt gut, und drinnen passt dann alles, vor allem die Sarina-Torte. Geile Nugat-Butter-Creme in Schichten – Trennkost, weil pures Fett.
Wieder die Figur
Die Abnehmerei war auch immer Thema. Bin von Haus aus eher kompakt und bindegewebsschwächelnd gebaut, „weiblich“ sagt man auch, wenn man Spezialist ist – und dann kommt noch der Aszendent Fisch dazu, der ja die Süchte gern gepachtet hat. No, mehr braucht es nicht – erste Langzeit-Diät mit 14, da hab ich ein Jahr lang am Abend nix gegessen, bin richtig auf die Essbremse gestiegen. Die Ernährungsgurus müssen sich nix auf ihr Anti-aging-nix-am-Abend-Essen einbilden, weil das hab ich schon in den 70ern betrieben. Danach war ich recht schlank und knackig und hab mir eine Fiorucci-Jeanshose gekauft, die in Wahrheit keine gute Figur gemacht hat, weil zu hüftig. Hab voll verbaut damit ausgschaut. Aber der Glaube versetzt ja bekanntlich Berge – ich war obenauf.
Lachen
Praktisch Sieger-Sepp! Das hat der Sepp Koller immer beim Kartenspielen geschrien. Gewonnen hat er meistens beim „Hosen-Owi“-Kartenspiel. Ich weiß gar nicht, wie das richtig geheißen hat, das Kartenspiel. Der Sepp war der Mann von der Elfi, und die wiederum die beste Freundin meiner Mutter. Eine Seele von Mensch und sehr humorig. Da hat dann auch meine Mutter wen zum Lachen gehabt, weil daheim nicht so oft, mit dem Herrn Direktor.
Und jetzt sitze ich da mit 50 something und schreibe mein Buch. Kraut und Rüben könnte man meinen, aber es hat schon einen roten Faden … somehow.
Jobgedanken
Meine Jobs sind auch so eine Sache. Nach dem Studium, das sich gezogen hat wie ein Strudelteig, gab es erst mal das Akademikertraining. Im Prinzip Praktikum. Hab ich bei einem deutschen Verlag absolviert, wollte ins Lektorat, kam eben dort hin und hab mich am zweiten Tag so fadisiert im Kammerl, alleine beim Lektorieren von Jugendbüchern. Keine Ansprache, Jugendbücher damals für mich praktisch Valium – ganz schlecht. Ging dann in die Pressestelle und deponierte mein Begehr der Versetzung in selbige, weil gutes Terrain fürs Quatschen, Schreiben und Telefonieren. Das war es dann, befand ich – aber behalten haben sie mich nicht nach dem Training.
Behalten haben sie mich dann bei einem großen Verein in Salzburg, dort war ich in der Presseabteilung in Amt und Würden. Mir hat es dort recht gut gefallen, menschlich betrachtet. Die Burschen haben zwar anfangs ordentlich gefremdelt, aber bald begriffen, dass die Frau Doktor keine taube, hochnäsige Nuss ist, sondern durchaus rustikal an der derben Witzkultur mit partizipiert und auch aktiv in diesem Genre einiges zu bieten hat. Da war dann das Eis gebrochen. So war ich auch die erste Frau, die sie in dieser Abteilung angestellt haben.
Das Rustikale liegt dem Oberösterreicher genauso wie das Unkomplizierte. Hemdsärmelig arbeitet er anständig, auf ihn kann man sich verlassen, und zum Intrigieren neigt er auch nicht.
Sprach-Gender-Sperre
Für alle Sprach-Gender-Beseelten: Hier seid ihr nicht richtig. Das Gender-Sprach-Viech ist mir während meiner Grazer Zeit als Trainerin und Coach so dermaßen auf die Nerven gegangen, dass ich zu meiner Ursprungsform zurückgekehrt bin. Weil warum: Erstens haut dir die Genderei jeden Text zusammen, vor allem jeden Pressetext. Da hört der Journalist schon beim ersten Absatz auf zu lesen. Und zweitens wurde bei besagten Trainer- und Coachjobs zwar sprachgegendert bis krumpelfünfzehn, die besser bezahlten Jobs, mit Ausnahmeregelungen die Arbeitszeit betreffend, bekamen dann aber ausschließlich die Windeier-Burschen, die prahlerischen Nichtskönner und Speichellecker. Also mir nicht mit der Sprach-Gender-Scheiße daherkommen. Zuerst die Gehältersache gleich behandeln, dann reden wir weiter.
Wieder Job
Aber jetzt zum großen Verein: Unser Chef, der Herr Meier, hat sich nicht getraut mit mir per Du zu sein, weil Frau Doktor und so. Als Zugeständnis hat er dann nach geraumer Zeit „Frau Lausi“ entwickelt, meist in Zusammenhang mit „nehmen S’ bitte die Post mit, Frau Lausi“, wenn ich nach getaner Arbeit den Heimweg antrat. War irgendwie rührend. Aber die Rührung hat dann den kargen Lohn auch nicht ausgeglichen, und ich fand, ich sollte mich verbessern, und bewarb mich bei dem zweiten Salzburger Verein als Pressesprecherin. Die haben mich genommen – was mich damals sehr freute –, und ich begann beseelt bei diesen „Brüdern“ zu arbeiten. Gehaltsmäßig Verbesserung, menschlich eindeutig Verschlechterung. Das Gute aus dieser Zeit ist meine Freundin Gudrun, die ich dort kennenlernte und mit der ich viele Jahre auch privat um die Häuser gezogen bin, wenn wir uns vom Sofa lösen konnten.
Die Misere liegt aber in der PR-Branche an und für sich. Weil man ist immer der Gelackmeierte als PR-Mensch. Denn alle können immer alles besser, und reingequatscht wird einem, dass sich die Balken biegen. Bei dem zweiten Verein hatte ich drei Chefs (praktisch Triptychon), einer gscheiter als der andere und alle drei beseelt davon, über meine Pressetexte drüberzugehen und Korrekturen von enormer Wichtigkeit zu tätigen. Die geballte Fachkompetenz des Triptychons hat es damals fast geschafft, mich für ein legereres Waffengesetz zu gewinnen.
Dazu kommt noch, dass der Vereinsbereich gerne mal eine menschlich überschaubare Branche ist. Weil im Gegensatz zur hehren Sache, zählt der Mitarbeiter an sich nicht viel und wird oft ausgewrungen wie ein Abwaschfetzen, verschlissen möchte man sagen, was auch die hohe Mitarbeiter-Fluktuation in diesem Bereich zeigt. Da bin ich doch lieber in meiner jetzigen Profit-Tätigkeit, herrlich pragmatisch und eine klare Sache. Ursache-Wirkung-Behebung. Läuft!
Das Reiten
Genug herumgehärmt. Da fällt mir ein ganz anderes Thema ein, nämlich das Reiten. Jetzt ist es doch so, dass ein Pferd nicht mit einem Zweibeiner am Rücken auf die Welt kommt. Also schon klar, dass ein Pferd nicht unbedingt beritten werden will, soll, muss. Und wenn man bedenkt, was so alles auf einen Klepper raufsteigt, da wird es einem ja ganz angst und bang. Nicht umsonst ist der Jockey ein magersüchtiges Zniachtel. Aber der Amateurreiter meistens ein Bröckerl. Bin ich auch, steig aber auch nicht auf einen Klepper. Zu meiner großen Verwunderung sehen aber nur ich (und Gudrun) die Sache dergestalt.
Fadesse
Mir war als Kind oft so fad, dass ich es gar nicht sagen kann. Und auch im reifen Alter holt sie mich ab und zu heim, die olle Fadesse. Inzwischen find ich sie ja ganz brauchbar, weil Naturentschleuniger – wo sie eh alle vom Burn-out reden. Also mit der Fadesse im „Gnack“ kann man nicht ausbrennen. Sehr praktisch. Dann natürlich auch gut, wenn man sie überwindet, sonst Depri-Gefahr. Apropos Depri. Kindheit ja oft Grund für alle möglichen Psychoteile. Bei mir auch. Mich haben sie ja adoptiert, letztlich. Weil zuerst hätten mich Menschen aus Villach gewollt, dort habe ich aber nichts gegessen (???), darum wieder zurückgeschickt worden. Meine Vermutung: Mir hat Villach grundsätzlich nicht zugesagt. Und dann kam meine Mutter ins Spiel, und da hab ich unverzüglich eingeschnitten, also was man mit knapp 1,5 Jahren halt so einschneidet. Das war sehr super bei meinen Eltern, ich bin regelrecht aufgetaut und habe durchgequatscht bis krumpelfünfzehn. Küchenpsychologisch würde ich sagen, Vertrauen war auf Anhieb da. Also alles paletti vorerst.
Energetisch
Hellotz, jetzt habe ich noch gar nicht von meiner energetischen Seite berichtet. Nicht fürchten, esomäßig wird es nicht, also nicht zu sehr. Wie kam’s – eigentlich klassisch. Der PR-Bereich im Non-Profit-Kontext ist mir nach 10 Jahren auf die Nerven gegangen, aber so was von, und da war dann ein beruflicher Richtungswechsel nur logisch. Die Findungsphase hat sich etwas gezogen, und der Entschluss, Vitaltrainerin für Entspannung zu werden, kam mehr zufällig. Weil ich hab mir gedacht, sehr praktisch, zuerst entspanne ich, und dann entspann ich den Rest der Welt. Was nach meinem dritten Vereinsjob höchst notwendig war. Als Einstieg in die Relax-Branche bin ich auf eine wunderschöne Insel geflogen und hab mir dort den rauen Wind um die Ohren jagen lassen und bin gegangen und gegangen, als gäb’s kein Morgen. Weil, wie soll sich was bewegen, wenn ich mich nicht bewege. Guter Ansatz – hat geklappt. Nur die Flugsache hatte einen Haken, einen ganz entscheidenden. Von Hamburg aus checkte ich mich bei einer kleinen Fluggesellschaft ein, die Inselflüge anbietet. Geflogen wird da mit Cessnas. Blöderweise hatte ich nur vergessen, dass ich erhebliche Höhenangst habe. Also bei großen Fliegern kein Problem, praktisch Autobus – aber die kleinen, wackeligen – auweh. So kam’s, dass ich bleich in der Cessna neben dem flotten Piloten Platz nahm. Meine Frage, ob es eventuell eine „Kotztüte“ gäbe, wurde sehr höflich, aber bestimmt verneint. Mir wurde gleich noch schlechter – ich sah aber ein, da muss ich durch. Den Flug verbrachte ich starr nach oben stierend – hatte nachher Nackenverspannung hoch zehn –, zum Glück ohne Magenrebellion. Die Insel hat mich dann für alle Qualen großzügigst entschädigt. Die See ist einfach der Wahnsinn, der Geruch, die Dünen, was will man mehr! Der Insulaner wiederum herrlich schrullig bis in die Knochen, staubtrocken, sehr wortkarg – pro Woche ein Satz –, aber unglaublich liebenswert. Und kulinarisch ganz meins, weil Matjes und Labskaus und Rote Grütze einmalig. Innerlich und äußerlich gestärkt kam ich tiefenentspannt nach Wien zurück.
Stylingkrieg
Mein Vater war eine eigene Nummer. Ich hatte gute Karten bei ihm grundsätzlich, nur in einem lagen wir uns in jungen Jahren gerne in den Haaren – in meiner Stylingfrage. Der Vater hätte mich gerne klassisch bieder gehabt, also, Gymnasium, Tanzschule, Matura und dann einen Fadsack aus der Tanzschule ehelichen, das wäre so seins gewesen. Matura deswegen, weil dann kann die Hausfrau moderat mitreden, wenn der Chef des Mannes zum Essen eingeladen wird. Das ganze natürlich in artiger Kleidung. Am besten Rock und Rüschenbluse. Ich schon damals durchaus clever in der Causa, was mir nicht steht, sah natürlich rot, wie Charles Bronson in dem gleichnamigen Film. Weil Rüschenbluse eine dralle böhmische Köchin aus mir zauberte, die ich verständlicherweise nicht sein wollte. Das Thema Rock in dem Sinne, wie der Vater es verstand, keines für mich. Weil eigentlich meinte er eine „Schoß“, also bis zum halben Wadel, leicht ausgestellt und gacksi, wie ich fand. Ein Showdown von uns beiden fand dann einstens in der Boutique Chantalle am Linzer Hauptplatz statt. Vorweihnachtlicher Einkauf war der Oberbegriff. Der Vater fand, ich bräuchte dringend was Gscheites zum Anziehen. Ich noch nervlich stabil, dachte mir, na gut, lass es uns einfach probieren. In der Boutique kam dann das Unvermeidliche. Die beflissene, tantige Verkäuferin brachte Schoß und Rüschenbluse und fand, das stünde mir hervorragend. Der Vater verfolgte die harte Linie – das nehmen wir –, ich die klassisch trotzige – aber das werd ich nie anziehn!!!!! – Fakt war, es wurde gekauft ums „expensive money“ – und ich hatte es in Phasen des wenigeren Gewichts zweimal an. Immerhin.
Elefantös
Ich mit meinem Elefantengedächtnis merk mir ja alles – das ist ein wahrer Fluch. Da haben die anderen schon alles vergessen, weiß ich noch wie, was, wann und wer das Ungeheuerliche getan oder gesagt hatte. Da wär ich recht gerne unbedarft und wurschtig, aber aus seiner Haut kann der Mensch nicht raus.
Vergebung deshalb auch so ein Herausforderungsthema meinerseits. Ich tu mir schwer damit, merk mir alles Schlechte, das mir widerfahren ist, fast mit digitaler Zeitanzeige. Sogar das Schlechte, das Nahestehenden widerfahren ist. Da kann es schon passieren, dass die das längst vergessen haben und ich sie recht wichtig wieder darauf aufmerksam mache, dass 1998 der Wolfi das und das getan hat. Eigentlich eine blöde Angewohnheit, oder eben doch Anlage irgendwie. Sicher horoskopisch oder kosmisch bedingt, sag ich mal.