Gott in Fribourg

Gott in Fribourg

Joachim Otto Mahrer


EUR 15,90
EUR 12,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 144
ISBN: 978-3-99131-454-7
Erscheinungsdatum: 23.06.2022
Das Christentum hat in den letzten Jahren an Bedeutung verloren und die Menschen führen ein maßloses Leben, ein Leben ohne Gott eben. Gott schickt Jesus daher nochmals zur Erde. Jesus soll die Menschen davon überzeugen, dass sie auf dem falschen Weg sind.
Berühmte Zitate von zwei berühmten
evangelischen Theologen

Wir gehen einer völlig religionslosen Zeit entgegen; die Menschen können einfach, so wie sie nun einmal sind, nicht mehr religiös sein.
(…) es zeigt sich, dass alles auch ohne ‘Gott’ geht, und zwar ebenso gut wie vorher. Ebenso wie auf wissenschaftlichem Gebiet wird im allgemeinen menschlichen Bereich ‘Gott’ immer weiter aus dem Leben zurückgedrängt, er verliert an Boden.

Bonhoeffer, Dietrich, Berliner Kriegsgefängnis, 1945


Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testamentes glauben.

Bultmann, Rudolf, Frankfurt a. M., 1941



Der Bericht

Es ist Mittwoch und ein wunderschöner Morgen, der letzte Tag im Juni. Thierry Cognac, Abt des Alexanderklosters in Paix und Onkel meiner Mutter, hat uns gestern in Grindelwald besucht. Er hat uns mitgeteilt, Gott wolle Jesus nochmals zur Erde schicken. Die Menschen führen schon wieder ein maßloses Leben, ein Leben ohne Gott eben. Jesus müsse die Menschen davon überzeugen, dass sie auf dem falschen Weg seien und Gott nötig haben. Der Schock fährt meiner Mutter tief ins Herz. Nun wird ihr Ehemann und mein Vater nach dreißig Jahren plötzlich wieder bei uns erscheinen. Ich selber freue mich natürlich riesig darauf, meinen berühmten Vater, Jesus von Nazaret, das erste Mal in meinem Leben in die Arme zu schließen. Thierry hat uns versprochen, dass Jesus schon bald nach Grindelwald komme.
Die ersten Touristinnen und Touristen fahren bereits in Scharen mit der Gondelbahn zur Kleinen Scheidegg hoch. Ich sitze hinter unserer Bar, welche wir seit über dreißig Jahren betreiben, und höre, wie meine Mutter die Tische für die Hungrigen und Durstigen bereit macht. Darunter sind viele Wallfahrerinnen und Wallfahrer, welche die Ehefrau Jesu unbedingt einmal sehen wollen und ebenso den Ort, wo Jesus seine Bergpredigten gehalten hat. Thierry hat mir sein Buch „Jesus in Bern“ mitgebracht, dessen letzte Seite ich nun gerade zu Ende gelesen habe. Er hat darin die dramatischen Ereignisse festgehalten, die sich vor dreißig Jahren in der Schweiz zugetragen haben. Der Inhalt ist mir allerdings nicht neu. Meine Mutter hat meiner Schwester Esther und mir immer wieder von den Ereignissen erzählt, vor allem während der langen Winternächte am Kaminfeuer. Wir haben über die vielen Toten und Verbrechen geweint und uns gegenseitig schaudernd festgehalten. Selbst ein Papst sei umgekommen, erbärmlich ertrunken in einem finsteren Weinkeller.
Thierry hat mich gebeten, sein Buch fortzuschreiben und von den neuen Ereignissen zu berichten, welche nun mit dem Erscheinen meines Vaters zwangsläufig eintreten werden. Er selber sei jetzt zu alt zum Recherchieren und zum Schreiben. Es ist mir selbstverständlich eine große Ehre, seine Bitte zu erfüllen.
Während des Schreibens des Berichtes ist mir immer wieder Jean Paul in den Sinn gekommen, der gesagt hat, Gott entspräche nicht mehr unseren Vorstellungen. In seiner berühmten „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei“ sagt er:

„Ich ging durch die Welten. Ich stieg in die Sonnen und flog mit den Milchstraßen durch die Wüsten des Himmels; aber es ist kein Gott. Ich stieg herab, soweit das Sein seine Schatten wirft und schaute in den Abgrund und rief: Vater, wo bist du? Aber ich hörte nur den ewigen Sturm, den niemand regiert.“

Stephanie Nazaret, Grindelwald



Vor den Ereignissen

Reise zur Erde

Sie stehen vor dem festlich geschmückten Bauernhaus und warten auf Rosa Ochsenbein, Paulus von Tarsus und Martin Luther. Sie wollen sich von Jesus verabschieden, der mitten in einer kleinen Gruppe steht: Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen, Simone, dann natürlich Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus, Thomas, Matthäus, Jakobus (der Sohn des Alphäus), Thaddäus, Simon und Judas. Sie würden jetzt normalerweise auf dem Felde arbeiten und am Nachmittag Früchte und Gemüse in die Stadt bringen. Heute aber ist ein besonderer Tag. Gott schickt nach dreißig Jahren Jesus nochmals zur Erde, um nach dem Rechten zu sehen.
Rosa, Paulus und Martin lassen nicht lange auf sich warten. Fröhlich und aufgestellt erreichen sie den Bauernhof, der im fruchtbaren Tal der Freude liegt. Nach einer kurzen, herzlichen Umarmung fahren die vier dann auch gleich wieder los und winken aus dem dunkelblauen Universum der immer kleiner werdenden Schar noch lange nach.

Donnerstag
Die Reisenden kommen am frühen Morgen im schweizerischen Paix an. Der Ort liegt unweit der Städte Bern und Fribourg. Jesus sitzt zusammen mit Thierry, dem Abt vom Alexanderkloster, unter einer riesigen, uralten Eiche am Ufer der Ach. Der kleine Fluss fließt träge durch das Gebiet des Kantons Fribourg hinab zum Murtensee. Hunderte von Forellen springen nach Mücken. Jesus stellt freudig fest, dass sich die Natur gut erholt habe. Ja, meint Thierry, es habe aber sehr viel gebraucht, damit die Menschen endlich gehandelt haben. Sogar das Militär habe man gegen die Klimasünder auffahren müssen. Der gute Zustand der Natur dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen schon wieder maßlos und arrogant geworden seien und nicht mehr an Gott glauben. Jesus klopft Thierry beruhigend auf die Schulter und sagt, deshalb sei er ja auch hier. Er werde die Menschen schon wieder zu Gott zurückbringen. Thierry nickt zuversichtlich mit dem Kopf. Er sei froh, dass Jesus zusammen mit Rosa, Paulus und Martin gekommen wären. Die Menschen werden halt nie gescheiter und immer wieder in ihr altes, unmoralisches Leben zurückfallen.
Die beiden können über die Ach hinweg das Alexanderkloster und etwas weiter dahinter die futuristischen Glasbauten des Jesus-Zentrums sehen. Thierry sagt, sie besuchen dieses heute noch kurz. Pietro Palermo, der Leiter des Zentrums, könne es kaum erwarten, ihnen das Zentrum zu zeigen. Thierry macht mit der rechten Hand eine abschätzende Bewegung. Die Entwicklung des Zentrums gefalle ihm gar nicht. Aber vielleicht sei er mit seinen neunzig Jahren auch zu alt. Manchmal verstehe er die Menschen nicht mehr und sehe nur noch schwarz für die Zukunft. Jesus lacht laut heraus. Er schaut mit Stolz auf seinen kräftigen Körper und dann mit einem Kopfschütteln frech zum gebrechlichen von Thierry hinüber. Im Himmel würde man halt weder krank noch älter werden. Thierry hätte mit ihm vor dreißig Jahren eben auch in den Himmel gehen sollen. So wäre dieser jetzt ebenfalls dreißig Jahre jünger und so fit wie er. Nun fängt Thierry an zu grinsen und zu lästern. Vielleicht wäre es besser gewesen, Jesus wäre damals auch auf der Erde geblieben. So müsste er jetzt nicht als junger Mann vor seiner dreißig Jahren älteren Ehefrau Carla und den beiden Töchtern, die kaum älter wären als ihr Vater, erscheinen. Jesus lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und spielt den Gelassenen. Er werde einfach nach Grindelwald fahren und so tun, als gebe es keinen Altersunterschied. Die nächsten beiden Tage wolle er aber hier in Paix bleiben und mit Rosa, Martin, Paulus und Pietro darüber diskutieren, was auf der Erde alles schiefgelaufen sei und was man retten könnte.


Ungute Gefühle

Rosa, Paulus und Martin haben in der Zwischenzeit ihre Zimmer im Gästehaus des Klosters bezogen. Nach einem kurzen Lunch mit Jesus und Thierry marschieren alle zusammen zum Jesus-Zentrum hinüber. Dort sehen sie zum ersten Mal den riesigen Gebäudekomplex. Sieben Hochhäuser aus Glas sind sternenförmig um einen Park angelegt. Menschen aus verschiedenen Kulturen kommen ihnen entgegen und grüßen sie freundlich. Kleinbusse fahren lautlos zwischen den Gebäuden hin und her. Thierry führt die Gruppe in die Mitte des Parks zu einer fünf Meter hohen Skulptur mit zwei Elfenbeinkugeln. Pietro Palermo wartet dort bereits auf sie und winkt ihnen freudig entgegen. Nach einer herzlichen Umarmung erklärt er ihnen den Aufbau des Zentrums. Er zeigt ihnen, wo sich die Administration mit der großen IT-Abteilung, die Theologische Hochschule, die Bibliothek, der Campus mit den vielen Aufenthaltsräumen und Restaurants sowie das Hotel für Gäste aus aller Welt befinden. Dreihundert Leute arbeiten hier, viele aus dem ehemaligen Vatikan, dann vor allem IT-Spezialisten. Die IT sei das Herzstück des Zentrums. Die Kirchen seien, wie sie alle wüssten, vor dreißig Jahren als lokale Institutionen vom Erdboden verschwunden. Damit sei leider auch der persönliche Kontakt zu den Menschen weggebrochen. Sie seien deshalb leider gezwungen gewesen, den Weg über Social Media zu wählen, um mit den Menschen in der ganzen Welt zu kommunizieren. Jesus und Paulus blicken sich immer wieder erstaunt und fragend in die Augen. Rosa schaut Pietro genau an. Dieser hat sich seit ihrem ersten Treffen in Frascati vor dreißig Jahren kaum verändert. Er hat immer noch die asketische Figur und das hagere Gesicht mit den kühl und kalkulierend dreinblickenden Augen. Jetzt trägt er ein langes, dunkelgraues Gewand, das ihm bis zu den Füßen reicht.
Pietro beendet seine kurze Einführung und zeigt dann schmunzelnd auf das Denkmal mit den beiden Elfenbeinkugeln. Er müsse wohl nicht von diesen Kugeln sprechen, welche einst Judas gehört hätten. Jesus habe die Originale vor dreißig Jahren sicher in den Himmel gebracht. Das sei so auch gut gewesen. Die Kugeln könnten jetzt keinen Schaden mehr auf der Erde anrichten. Dann lädt er alle zu einer Besichtigung der Gebäude ein. Sie erschrecken, als lautlos ein Helikopter tief über ihre Köpfe hinwegfliegt und hinter einem der Gebäude verschwindet, gefolgt von zwei Drohnen. Jesus und Paulus schauen sich gegenseitig wieder in die Augen. Martin brummt etwas vor sich hin und schüttelt verärgert den Kopf.
Pietro stellt dann in einem der Gebäude seine wichtigsten Mitarbeitenden vor, sechs Frauen und sechs Männer. Zwei der Männer, Rinaldo Chiesa und Sergio Armani, die beiden ältesten, haben noch im Vatikan gearbeitet, Rinaldo als Leiter des Obersten Gerichtes, Sergio als Vorsteher der Kongregation für die Evangelisierung der Völker. Die Anwesenden begrüßen Jesus, Rosa, Paulus und Martin mit einer leichten Verbeugung. Martin findet die Begrüßung eher kühl und distanziert, so als wären sie gar nicht willkommen. Eine der Frauen, welche Pietro mit dem Namen Ulla Kaiser vorstellt, ist Chefin der wichtigen IT- und Kommunikationsabteilung und als solche gleichzeitig seine Stellvertreterin. Sie schaut Jesus mit einem durchdringenden und fast bösen Blick an.
Rosa findet, die Leute haben mit Ausnahme von Pietro und Sergio sektenhafte Züge. Sie sehen alle gleich aus. Ihre Haare sind hellblond gefärbt und zu einem Pagenschnitt geformt. Sie tragen alle ein hellgraues, langes Gewand, schwarze, spitze Schuhe und eine breite Goldkette, die ihnen bis über die Brust hängt. Die Kette hat am Ende ein weißes Amulett mit einem blaugefärbten Glas in der Mitte, welches wie künstliche Augen aussieht. Jesus erfährt später, dass hinter den Augen Minikameras eingebaut sind. Diese senden fortlaufend Videos von der Umgebung an einen geheimen Cloud-Speicher tief im Erdboden des großen Paix-Geländes. Martin hat das Gefühl, in einem Fantasy-Film wie Star Wars zu stecken. Eigentlich sieht er sich solche Filme im Himmel sehr gerne an. Hier aber ist ihm die ganze Szenerie zuwider.
Die Atmosphäre im Raum ist kühl und steif. In der Mitte stehen schneeweiße Lederstühle um einen ebenso weißen Marmortisch. Es gibt keine Pflanzen und keine farbigen Bilder an den Wänden. Thierry klopft Jesus freundschaftlich auf die Schultern und zeigt durch die riesigen Glasscheiben auf eine ferne Bergkette. Dort hinten liege Grindelwald. Jesus nickt mit dem Kopf und sagt, er würde am liebsten Paix sofort verlassen und zur Familie gehen. Es gefalle ihm hier überhaupt nicht.
Pietro bittet dann alle, sich an den Tisch vor einen der Bildschirme zu setzen. Auf den Bildschirmen rotiert die Erde. Paix ist als roter Punkt eingezeichnet, von dem aus schwarze Pfeile in die ganze Welt gehen.
Jesus verliert sofort die Konzentration und schweift mit den Gedanken zur Familie in Grindelwald. Er hört noch, wie Pietro von einem straff geführten Unternehmen mit klaren organisatorischen und theologischen Regeln und Vorgaben spricht. Als dem eingeschlafenen Paulus die Kaffeetasse auf den Boden fällt, kehrt Jesus mit seinen Gedanken zurück. Pietro bedauert gerade den Niedergang des Glaubens und die Verluste bei den Mitgliedern. Die Aufspaltung der Jesusbewegung in immer neue Glaubensgruppierungen mache ihm große Sorgen. Er sieht dann Jesus mit einem vorwurfsvollen Blick an. Hierzu gehöre auch die Konkurrenz durch Carla, welche vor dreißig Jahren eine eigene religiöse Bewegung erfolgreich auf die Beine gestellt hat.
Pietro fährt mit seinen Klagen fort. Es gebe noch viele weitere Probleme. Die Kirchen seien zwar verschwunden, die vielen Klöster haben aber überlebt. Diese seien nun zum Hort des Widerstandes und zu erbitterten Gegnern des Jesus-Zentrums geworden. Sechs Schweizer Äbte und eine Äbtissin haben sich zusammengefunden, um das Zentrum zu verteufeln und schlechtzureden. Sie haben sich radikalisiert und betrachten sich als Krieger Gottes. Pietro wird immer lauter. Die Klöster fordern die Menschen auf, zur christlichen Tradition und zum biblischen Jesus Christus zurückzukehren. Sie lehnen den echten Jesus, der hier sitze, strikt ab. Ihr Kriegsruf Zurück zu Jesus Christus! sei zum Symbol der klösterlichen Gegenbewegung geworden.
Pietro hat gehofft, seine Gäste wachzurütteln und aufzuschrecken, aber genau das Gegenteil ist eingetroffen. Diese sind müde geworden. Sie wollen zurück in das Kloster und frühzeitig ins Bett gehen. Am nächsten Tag stünden schwierige Gespräche an. Zudem möchten sie endlich einmal ein Bier trinken. Beim Anstoßen meint Paulus, das Jesus-Zentrum gefalle ihm gar nicht, fast noch weniger als der frühere Vatikan. Es sei eine Schande, aus der Bewegung, welche vor dreißig Jahren so erfolgreich begonnen habe, einen derartigen Irrläufer wie das Jesus-Zentrum zu machen. In diesem Moment kommt der Verwalter des Klosters, Gottfried Renner, in den Raum gerannt. Die Verwaltung von Gurmins habe soeben angefragt, ob Thierry nicht kurzfristig das Amt des interimistischen Gemeindepräsidenten übernehmen könnte. Thierry erklärt den anderen, Paix gehöre zur Gemeinde Gurmins, einem Dorf mit viertausend Einwohnerinnen und Einwohnern. Der Gemeindepräsident sei vor einer Woche an einem Herzinfarkt gestorben. Er beauftragt Gottfried, der Gemeinde einen positiven Entscheid zu geben. Er habe die Verwaltung schon früher einmal für kurze Zeit interimistisch geführt. Die Arbeit habe ihm damals als Abwechslung zum monotonen Klosterleben viel Spaß gemacht.

Freitag
Erste Sonnenstrahlen fallen durch die beiden Fenster in den kleinen Besprechungsraum von Thierry und erhellen den kargen, aber gemütlichen Raum. Sie sitzen alle schon da und trinken einen ersten Kaffee. Jesus bittet Thierry, das Kruzifix von der Wand zu nehmen. Dieses bilde Jesus Christus ab und nicht ihn. Das Holzstück störe ihn. Dann schaut er allen in die Augen:
Rosa Ochsenbein, der fünfzigjährigen, ehemaligen Soziologieprofessorin von der Universität Bern, sportlich, elegant, mit blauen Augen und kurzen, blonden Haaren;
Paulus, dem sechzigjährigen, großartigen Denker und Theologen, aus Tarsus, mittelgroß und von schmaler Gestalt, mit tiefschwarzen, stechenden Augen, einem Bart und einer Glatze;
Martin Luther, dem sechzigjährigen Theologieprofessor und Initiator der Reformation, aus Eisleben, klein und rundlich, mit einem schwulstigen, sonnenverbrannten Gesicht und einem großen, kahlen Kopf;
Pietro Palermo, dem fünfundachtzigjährigen Leiter des Jesus-Zentrums, aus Neapel, früher unter Papst Gregor XVII. Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, asketisch und großgewachsen, vor dreißig Jahren ins Lager von Jesus übergelaufen;
Thierry Cognac, dem sechsundachtzigjährigen, langjährigen Abt des Alexanderklosters in Paix, Franzose, großgewachsen, hager und glatzköpfig, Onkel von Carla.
Jesus sagt, er sei verärgert. Die Lage sei eindeutig und eine Katastrophe. Man stehe exakt wieder dort, wo man schon vor dreißig Jahren einmal gestanden habe, nämlich vor dem Abgrund. Damals haben sie in der Villa von Papst Gregor in Frascati einen Ausweg aus der Krise gesucht und einen solchen auch gefunden. Er sei dann auf das Jungfraujoch gegangen und habe dort erfolgreich eine neue Botschaft vom Reich Gottes verkündet:

Nicht höher als Gott, nicht höher als die Seele, nicht höher als die Natur

Trotz Widerstand der Kirchen seien die Menschen in Scharen auf den Berg gekommen, um ihn zu hören. Sie seien zu Gott zurückgekehrt und haben einen neuen Sinn im Leben gefunden. Und nun dies! Die Menschen seien in ihr maßloses und egoistisches Leben zurückgefallen und stellen sich wieder über Gott und die Seele. Was sei schiefgelaufen? Könne man das Rad noch einmal zurückdrehen und die Menschen ein zweites Mal zur Umkehr bewegen?
Jesus lehnt sich zurück und verschränkt die Arme. Er schaut die anderen herausfordernd an. Rosa meint als Erste, sie nehme das Ganze nicht so ernst. Die Menschen seien halt nun einmal so. Sie können nicht ständig in Demut und absoluter Gerechtigkeit leben. Die meisten fielen ganz einfach wieder in die alte Routine zurück und stellen dabei fest, dass es auch ohne Gott ganz gut gehe.
Thierry sagt, die Menschen haben nicht alles schlecht gemacht und zum Beispiel viel für die Natur getan. Der CO2-Ausstoß betrage heute fast null. Allerdings sehe auch er, dass die Menschen jetzt wieder in die falsche Richtung laufen und erneut viel Schaden anrichten. Es gebe neue Kriege, neue Flüchtlingsströme und neue Spaltungen in der Gesellschaft.

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