Fortsetzung folgt – nicht

Fortsetzung folgt – nicht

Erich Skopek


EUR 17,90
EUR 14,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 106
ISBN: 978-3-99146-205-7
Erscheinungsdatum: 28.08.2023
Als Friedrich Baumgartner unerwartet stirbt, übernimmt der Sohn die Firma. Seine Schwester hingegen verprasst ihr Erbe. Mittellos kehrt sie heim und wird mit offenen Armen empfangen. Friedrich ist wütend, sucht Trost in der Bibel und findet seinen Weg zu Gott.
Zu ‚Fortsetzung folgt – nicht‘ wurde ich durch das periodische Vorlesen in einem Seniorenheim inspiriert. Auch die älteren Damen und Herren betrachten die vorgetragenen Texte kritisch. Und da gute Geschichten Mangelware sind, begann ich, selbst welche zu schreiben. Schlussendlich sollen die selbst verfassten Kurzgeschichten in einer umfangreichen Familiensaga enden. Daher ist der Titel ‚Fortsetzung folgt‘ keine leere Drohung. Zu sagen wäre noch, dass sich nicht alle Geschichten zum Vorlesen in einem Seniorenheim eignen, da manche von ihnen Themen berühren, die ältere Menschen vielleicht nicht mehr so stark bewegen. Sie sind aber für das Gesamtverständnis der Geschichte unumgänglich. Der Vorleser ist daher gefordert, eine Auswahl je nach Zuhörerschaft zu treffen. Die oftmalige Wiederholung grundlegender Wahrheiten ergibt sich daraus, dass die vorliegende Erzählung abschnittsweise vorgelesen wird und daher dieses Stilmittel nicht vermeidbar ist.


***


Friedrich Baumgartner war mit seinen einhundertfünfundachtzig Zentimetern Größe und seiner sportlichen Figur eine stattliche Person. Seine vierundsechzig Jahre sah man ihm nur an, wenn er manchmal spätabends aus seiner Fabrik kam. Gekleidet war er meistens mit einem Anzug, einer Krawatte und einem weißen Hemd. Ganz anders als auf dem Golfplatz, wo er sich völlig leger gab. Aber auch dort zeigte er, wer der Platzhirsch war und erwartete, dass die anderen auf dem Rasen ihm Respekt und Achtung entgegenbrachten. Dies gefiel so manchem Arzt oder Hofrat in keiner Weise.

Auch zu Hause erwartete er, dass alle nach seiner Pfeife tanzten. Vor allem Baumgartners Sohn schmeckte das gar nicht, während es seiner Tochter ziemlich egal war. Sie war ohnehin selten zu Hause. Aber mit seinem Sohn hatte Baumgartner so manche Auseinandersetzung, die sich oft an Kleinigkeiten entzündete. Auch Friedrichs Frau betrachtete ihren Mann Jahr für Jahr immer kritischer, denn sein Lebensstil wurde immer protziger. Ein großes Auto allein reichte nicht mehr, nein, es mussten eine teure Stereoanlage und eine kleine Bar aus den edelsten Hölzern in die Limousine eingebaut werden. Die besten Ledersitze waren gerade gut genug. Auch sonst war alles vom Feinsten.

Auch die kleine Jacht in Kroatien war äußerst luxuriös. Außen und innen mussten die besten Materialien verwendet werden. Jeder sollte sehen, wie viel Geld dafür bezahlt worden war. Innen an den Wänden hingen zwei teure Bilder mit Motiven aus der Wachau, gemalt von einem bekannten Künstler aus Krems, und das Porzellan war natürlich auch vom Feinsten. Meissen stand auf jedem Stück und die gekreuzten Schwerter waren deutlich auf der Rückseite zu sehen. Silberbesteck und kunstvolle Gläser verstanden sich von selbst. Küche und Wohnraum, in dem man repräsentieren konnte, waren von einem Tischler aus den teuersten Hölzern gefertigt worden. Alles in allem: Hier konnte Friedrich Hof halten vor seinen Kunden und seinen Freunden, die sich immer zahlreich einfanden. Standesgemäß, so nannte er sein Reich.

Ebenso zeugte sein Haus mit seiner teuren Fassade und der luxuriösen Inneneinrichtung von seinem Reichtum. Baumgartners Lebensphilosophie bestand darin, seine Firma immer größer und größer werden zu lassen und neue Absatzmärkte zu erschließen. Reichtum war sein Lebensziel. Begonnen hatte er mit einer kleinen Schlosserei, die er kontinuierlich ausbaute. Aus einer Eingebung heraus begann Friedrich Spezialschrauben herzustellen. Diese wurden so nachgefragt, dass er sie nun fabrikmäßig herstellte. Natürlich gab es hie und da noch Spezialanfertigungen, die hauptsächlich beim Bau von Aussichtswarten Verwendung fanden. Im sonnigsten Bundesland seiner Heimat wurde die höchste Holzaussichtswarte mit hundert Metern Höhe erbaut. Alle Schrauben, von den größten bis zu den kleinsten, kamen aus seinem florierenden Werk. Das sorgte auch im Ausland für einen guten Ruf seiner Produkte und sicherte neue Absatzmärkte.

Baumgartner plante, sich in einigen Jahren auf seinen Lorbeeren auszuruhen und sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen, um dann nur noch die Sonnenseiten des Lebens zu genießen. Und das in vollen Zügen. Das war sein Traum. Er sah sich schon in einer Villa am Meer die Sonnenauf- und -untergänge genießen. Auf der Terrasse wollte er nur die besten Weine trinken, und die passenden Speisen dazu schmeckte er schon fast auf seiner Zunge. Dass seine Kinder sein Lebenswerk fortführen würden, war für ihn ausgemachte Sache. Doch davon später.

Bei all seinem Schaffen und seinem Lebensstil kam Friedrichs Familie immer zu kurz. Statt teurer Geschenke hätten Baumgartners Kinder gerne Zeit mit ihrem Vater verbracht. Statt luxuriöser Reisen und exklusiver Partys wäre seine Frau lieber allein mit ihrem Mann in ein kleines Hotel in den Bergen in Urlaub gefahren. Es musste nicht immer St. Moritz sein, ein kleines Dorf in den Tiroler oder Vorarlberger Bergen wäre eher nach ihrem Geschmack gewesen. Sie konnte der High Society und der Seitenblicke-Gesellschaft ohnehin nichts abgewinnen.

Als es wieder einmal zwischen den beiden Ehepartnern kriselte, platzte der Frau der Kragen: „Was hast du von all deinem Luxus, den du in der Pension genießen willst, wenn du dich jetzt für die Firma aufreibst? Deine ganze Kraft und Zeit investierst du in sie. Friedrich, dass eine Firma zu führen nicht leicht ist, verstehen wir alle, aber wenn du jetzt keine Zeit für uns hast, könnte es ein für alle Mal zu spät dafür sein. Eines Tages werden die Kinder aus dem Haus sein und wie es einmal mit der Firma weitergehen wird, ist auch noch nicht ausgemacht. Und vor allem bedenke eines: Du wirst dir einmal nichts mitnehmen können – so wie du in die Welt gekommen bist, so wirst du sie auch wieder verlassen: ohne teures Haus, ohne Jacht und ohne deine teuren Abendgesellschaften. Denn deine Freunde, die nur um dich sind, weil sie das luxuriöse Leben genießen, wirst du auch nicht ewig um dich herumhaben.“

Da lachte Friedrich Baumgartner und sagte zu seiner Frau: „Diesen Gefallen mache ich euch noch lange nicht. Ganz sicher nicht. Der Tod ist noch so weit weg, ich will nicht an ihn denken. Ich habe schließlich hart gearbeitet, bis an meine Grenzen, um mir eine sorgenfreie Zukunft zu sichern. Ich will meinen Luxus schließlich noch länger genießen. Was sollen diese Gedanken vom Tod? Darüber philosophiere ich nicht. Das ist was für alte Frauen oder greise Männer. Aber nicht für mich.“ So redete er noch lange weiter und erzählte seine Lebensgeschichte, indem er immer wieder darauf hinwies, was er alles geleistet hatte. Nachdem er sich so in Rage geredet hatte, brauchte es länger, bis er mit seiner Prahlerei endlich aufhörte. Dann legte er sich im getrennten Schlafzimmer nieder.

Als in der Früh Friedrich Baumgartner nicht zum Frühstück erschien und um zehn Uhr immer noch nicht bei Tisch saß, ging seine Frau in sein Zimmer, um nachzusehen. Als sie die Tür öffnete, hallte ihr lauter Schrei durchs Haus, denn Friedrich lag tot im Bett: ohne Auto, ohne Jacht und auch ohne seine Freunde, die immer gerne zu den Partys gekommen waren. Er war an einem Herzinfarkt gestorben. Wahrscheinlich hatte er doch nachgedacht, und sich viel zu viel aufgeregt über die Unterhaltung mit seiner Frau. Es war doch nicht alles leeres Geschwätz, wie er am Vortag behauptet hatte.

So ergeht es einem, der in seinem Leben Schätze ansammelt, ohne die wirklich wichtigen Fragen zu stellen. Fragen nach dem Sinn im Leben, die Frage nach Gott und einem Leben nach dem Tod. Vielleicht kommt der Leser einmal in Baumgartners Heimatdorf an seinem Grab vorbei. Auf dem teuren Grabstein steht: Arbeit war sein ganzes Leben. Aber das könnte auch auf dem Grabstein eines Packpferdes stehen.

Wer die Firma nun übernehmen sollte, war zu Baumgartners Lebzeiten nicht geregelt worden. Er hätte es gerne gesehen, wenn beide Kinder die Firma nun gemeinsam geführt hätten, indem sie sich die Aufgabengebiete teilten. Einige Tage nach dem Begräbnis rief die Mutter Tochter und Sohn zu sich, um über die Zukunft zu reden. Zuvor hatte sie einen Nussstrudel gebacken und eine Kanne Kaffee auf den Tisch gestellt, denn Frau Baumgartner dachte, dass es sich in einer gemütlichen Atmosphäre besser reden ließ.

Aber kaum hatte die Tochter von ihrem Kaffee genippt, ergriff sie das Wort und begann mit lauter Stimme: „Ich habe überhaupt kein Interesse an der Firma. Mich interessiert sie in keiner Weise. Ich will mir die Welt anschauen und nicht von der Arbeit erdrückt werden.“ Denn obwohl sie sich zu Lebzeiten des Vaters auch nicht um das Werk gekümmert hatte, wusste sie sehr wohl, dass das Führen einer Firma kein leichtes Unterfangen war. Baumgartners Sohn dagegen war – zumindest teilweise – mit der Firma vertraut und kannte grob die Abläufe und wirtschaftlichen Verbindungen.

„Ich möchte, dass du mich ausbezahlst“, sagte Friedrichs Tochter zu ihrem Bruder. „Wo soll er denn so viel Geld hernehmen?“, warf die Mutter berechtigterweise ein. „Ich werde die Firma schätzen lassen“, meinte Friedrich junior, „und dann eine Entscheidung treffen.“ Vierzehn Tage brauchte er, um die erforderlichen Unterlagen durchzusehen. Dann überlegte er, wie er den Betrag für seine Schwester aufbringen könnte. Er würde die Jacht verkaufen und einige Grundstücke noch dazu. Einiges Bargeld war in der Firma auch noch vorhanden. Die Jacht war bald verkauft, auch wenn der Erlös unter ihrem wahren Wert lag. Die Grundstücke dagegen erzielten hohe Preise. So hatte er in wenigen Monaten die Summe beisammen, um seine Schwester Renate auszubezahlen.

Kaum hatte Renate das Geld auf ihrem Konto, ging es auch schon los. Sie verlegte ihren Wohnsitz nach Spanien, kaufte sich dort ein kleines Haus und begann ein verschwenderisches Leben. Es verging keine Woche, in der nicht eine tolle Party stieg. Renate kaufte ihre Kleider in den teuersten Boutiquen, und auch beim Essen und für die erlesenen Weine gab sie zu viel Geld aus. Am Anfang, als noch viel Geld vorhanden war und sie es großzügig ausgab, hatte sie genug Freunde und Freundinnen, die es sich auf ihren Festen gut gehen ließen. Sie wurde umworben, man schmeichelte ihr, bewunderte ihr Aussehen und lobte sie. Aber das Geld war nach einem halben Jahr ziemlich aufgebraucht. Auch wenn sie immer noch ihre vermeintlich guten Freunde zu den Partys einlud, die Weine waren nunmehr vom Supermarkt und nicht mehr von der Vinothek. Das Essen konnte sie nicht mehr vom Feinkostladen beziehen, nun mussten Sonderangebote herhalten. Auch an ihren letzten Einkauf in der Boutique konnte sie sich bald nicht mehr erinnern.

Je preiswerter das Essen wurde, desto weniger Freunde kamen. Renate war nun nicht mehr die umworbene Partykönigin, sondern teilweise zogen sich ihre Freundinnen und Freunde zurück und mieden ihre Gesellschaft. Irgendwann war es so weit, dass sie das liebgewonnene Häuschen verkaufen und in eine kleine billige Wohnung ziehen musste. Schließlich blieb sie dort mehrere Monate hindurch ihre Miete schuldig und kaufte ihre Lebensmittel in Sozialmärkten. Der Abstieg kam nicht plötzlich, aber er war hart. Eines Tages stand der Gerichtsvollzieher vor ihrer Tür. Aber er fand keine pfändbaren Gegenstände vor und es dauerte dann auch nicht mehr lange, bis Renate zwangsgeräumt wurde.

Anfangs lebte sie in Abbruchhäusern oder in Rohbauten, die noch auf ihre Fertigstellung harrten. Die wenigen Sachen, die ihr geblieben waren, hatte sie in einem Rucksack verstaut. Die Freunde von früher wollten sie nicht mehr kennen und als Renate sie um Geld bat, drehten sie sich wortlos um. Das Essen musste sie sich zusammenbetteln und sie konnte keine Ansprüche mehr an das stellen, was ihren Hunger stillte. Zeitweise fand sie Arbeit in einer Gemüsegärtnerei, wo sie nach Herzenslust in die geernteten Früchte, die unverkäuflich waren und natürlich auch anfielen, beißen durfte. Aber Arbeit gab es nur zur Erntezeit und sie war nebenbei auch schlecht bezahlt. Zwischendurch lebte Renate wieder auf der Straße und bettelte.

Eines Tages, als gerade Tomaten geerntet wurden und Renate sich in der Pause zum Ausruhen auf den Boden setzte, dachte sie sich: Die Arbeiter in der Firma meines Bruders haben ein geregeltes Einkommen, ein gemütliches Zuhause, vielleicht Familie – und was habe ich? Es fiel ihr nicht leicht, eine Entscheidung zu treffen, wieder nach Hause zurückzukehren. Aber sie überlegte bereits, was sie der Mutter und dem Bruder sagen sollte. Vielleicht hat mein Bruder in seiner Firma einen Job für mich, sagte sie zu sich selbst. Dieser Gedanke ging ihr durch den Kopf und sie entschloss sich, noch heute nach Hause aufzubrechen. Das wenige Geld, das ihr der Gärtner ausbezahlte, reichte gerade für eine Fahrkarte und ein bisschen Essen.

Als Renate in ihrer Heimatstadt ankam und nur noch einige Meter von zu Hause entfernt war, erblickte ihre Mutter sie. Voll Liebe lief sie der heruntergekommenen Gestalt entgegen und umarmte sie. „Wir werden ein großes Fest feiern und eine Menge Leute einladen, damit sie mit mir und deinem Bruder feiern können.“ Auch der Pfarrer wurde eingeladen und kam gerne. Bevor er vor dem Essen das Tischgebet sprach, hielt er eine kurze Rede, denn er kannte das Geschick der Familie. Er begann zu sprechen: „Die Umstände dieser Familie erinnern mich an die Geschichte des verlorenen Sohnes aus dem Lukas-Evangelium. Nur ist es hier die Tochter, die zurückgekehrt ist.“

Nach dem Gebet ergriff Friedrich junior das Wort: „Die ganze Zeit habe ich in meiner Firma geschuftet, viele Abende und Wochenenden habe ich dort verbracht, um das Werk am Laufen zu halten. Aber für mich hast du kein Fest ausgerichtet, Mutter.“ Da erhob sich der Pfarrer zum zweiten Mal und sagte: „Deine Schwester war weg und nun ist sie wieder da. In abgetragener Kleidung und hungrig kam sie die letzten Meter den Hügel herauf. Nun seid ihr wieder vereint. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.“

Am Abend, als Friedrich junior im Bett lag, ließ er den Tag noch einmal Revue passieren. Besonders die Worte, die der Pfarrer vor dem Gebet und nach Baumgartners Rede gesprochen hatte, hatten ihn ins Herz getroffen. Gern hätte er die Bibelstelle, die zitiert wurde, gelesen. Er stand nochmals auf und ging in die Bibliothek seines verstorbenen Vaters. Da er kein System erkannte, nach dem die Bücher geordnet waren, machte er sich auf eine längere Suche gefasst. Er fand jede Menge Literatur über Betriebswissenschaft, über Computer und Steuerrecht. Nachdem er mehr als die Hälfte der Bücher durchgesehen hatte, fand er einige klassische Werke, Goethes ‚Faust‘, Shakespeares ‚Sommernachtstraum‘ und Schillers ‚Die Räuber‘. Aber eine Bibel fand er nicht. Die diversen Lexika sah er nur mehr oberflächlich durch. Nach einiger Zeit gab er seine Suche auf, um wieder ins Bett zu gehen. Er wälzte sich stundenlang herum, ohne Schlaf zu finden. Bevor er es dann endlich schaffte einzuschlafen, fasste er den Entschluss, am nächsten Tag eine Bibel zu kaufen.

Früh am Morgen nach dem Frühstück fuhr er in die Firma, um nach dem Rechten zu sehen. Er prüfte die Lagerbestände für den nächsten Monat und sprach mit der Sekretärin in seinem Büro. Als er meinte, dass alles in Ordnung sei, fuhr er in die nächste Stadt. Einen Parkplatz zu finden war nicht leicht, deshalb musste er ein größeres Stück des Weges zu Fuß gehen. Dabei konnte er seinen Kopf wieder klarkriegen und seine Gedanken ordnen. Denn das hatte er bald erkannt, eine Firma allein zu führen und die Verantwortung dafür zu haben, war nicht einfach. Er überlegte, seine Schwester zu fragen, ob sie in die Firma einsteigen wollte. Das war sicher nicht leicht, denn Renate hatte eine künstlerische Ausbildung absolviert und unterrichtete ‚Bildnerische Erziehung‘ in einem Gymnasium. Aber Baumgartner junior konnte sich vorstellen, dass sie die Werbung und die Vermarktung übernahm.

Endlich war er in der Buchhandlung angekommen. Die Verkäuferin legte ihm mehrere Ausgaben der Heiligen Schrift vor. Friedrich sagte, er suche eine moderne, aber textgetreue Ausgabe. Zwei Bände legte ihm die Fachverkäuferin vor, und Baumgartner nahm gleich die erste. Er bezahlte mit der Bankomatkarte und fuhr wieder nach Hause. Aber damit war das Problem noch nicht gelöst. Denn er wusste die Stelle nicht mehr, auf die sich der Pfarrer bezogen hatte. Baumgartner überlegte einige Zeit, dann rief er im Pfarramt an, wo er die richtige Auskunft erhielt. Die Stelle befand sich im Lukas-Evangelium, Kapitel 15 ab Vers 11.

Ein Mann hatte zwei Söhne und der Jüngere sagte zu seinem Vater: Ich möchte meinen Erbteil von deinem Besitz schon jetzt haben. Da erklärte sich der Vater bereit, schon jetzt das Erbe zwischen den beiden Söhnen aufzuteilen. Die Geschichte ging damit weiter, dass der Jüngere der Söhne das Vaterhaus verließ, um in die Ferne zu reisen. Dort verprasste er sein ganzes Erbe und wurde schließlich Schweinehirt. Spätestens da erkannte Friedrich, dass die Geschichte genau auf Renate passte.

So kehrte er zu seinem Vater zurück. Voll Mitleid und Liebe lief er seinem Sohn entgegen, so berichtet die Heilige Schrift weiter, schloss ihn in die Arme und küsste ihn. Da sagte sein Sohn zu ihm: Vater, ich habe gegen Gott und dich gesündigt, ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen.

Da erkannte Baumgartner seine Schwester in dieser Geschichte. Aber er erkannte auch sich selbst, als er weiterlas. Denn der Ältere der Brüder warf dem Vater vor, dass er ein großes Fest ausgerichtet hatte, um die Rückkehr des verloren geglaubten Familienmitgliedes zu feiern. Genauso wie er es getan hatte, er, der die ganze Zeit sich um den Betrieb gekümmert und die Mutter entlastet hatte. Auch war er auf Renate neidisch gewesen, obwohl er sich hätte freuen sollen, dass sie wieder zu Hause war. Lange saß er stumm da und dachte nach. Wie ungerecht er doch gewesen war, erkannte er nun. Aber irgendwie war er noch nicht zufrieden. Denn die Geschichte musste doch einen Sinn haben, was wollte sie uns denn sagen, überlegte er. Er, der noch nie in der Heiligen Schrift gelesen hatte, kannte natürlich die Zusammenhänge nicht. Aus seiner Schulzeit kannte er noch einige biblische Geschichten, aber sie hatten ihm damals nichts gesagt. Er war sich sicher, nicht von allein auf den Sinn dahinter zu kommen. Da suchte er im Internet nach einer Auslegung und wurde natürlich auch fündig.

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