Die Illusion des Peter P.

Die Illusion des Peter P.

Rudolf Schmidt


EUR 14,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 144
ISBN: 978-3-99064-247-4
Erscheinungsdatum: 11.10.2018

Leseprobe:

An einem Dienstag im Sommer. Herr Peter Part geht in seiner Mittagspause in einer belebten Geschäftsstraße einer Großstadt spazieren. Vor der Auslage eines Sportgeschäfts bleibt er interessiert kurz stehen, dann geht er langsam weiter in Richtung eines ihm bekannten Restaurants mit einem großen schattigen Gastgarten.
Ein paar Schritte vor dem Restaurant bleibt er spontan stehen. Er bemerkt auf der gegenüber-liegenden Straßenseite eine sehr schöne, blonde, elegant gekleidete Frau, etwa 28-30 Jahre alt.
Sie trägt eine grüne Bluse und einen eng anliegenden weißen Rock, eine hellgrüne Handtasche und farblich dazu passende grüne Stöckelschuhe. Sie geht scheinbar ziellos von einem Geschäft zum anderen. Dann bleibt sie kurz stehen und schaut gelangweilt in das Schaufenster eines Modegeschäftes.
Herr Part kann nicht begründen, warum er diese Frau beobachtet, aber es ist nicht nur die äußere Erscheinung, die ihn an dieser Frau fasziniert.
Einem plötzlichen Impuls folgend, überquert er die Straße und bleibt ein paar Schritte hinter dieser Dame stehen. Er blickt ebenfalls in das sich spiegelnde Glas desselben Modegeschäftes, in welches sie schaut. Er sieht deutlich, dass sie zu ihm hinsieht. Sie streicht sich nervös durch die Haare, dann dreht sie sich abrupt um und geht zum nächsten Schaufenster eines Modegeschäftes.
Sie greift in ihre Handtasche und nimmt ein Handy heraus. Sie spricht mit jemanden. Sie redet nur ganz kurz, dann legt sie das Handy wieder in ihre Handtasche zurück.
Herr Part bleibt ein paar Schritte hinter ihr stehen. Den Restaurantbesuch hat er völlig vergessen. Es gibt für ihn nur noch einen Gedanken, er möchte diese Frau kennenlernen. Er betrachtet sie genau und bemerkt an ihrem weißen Rock hinten rechts einen ganz kleinen roten Fleck.
Er denkt, das wäre ein gutes Argument, um sie anzusprechen und sie darauf aufmerksam zu machen.
Plötzlich greift sie kurz, aber fest an das Geländer, das zum Eingang des Modegeschäftes führt.
Herr Part denkt: „Vielleicht ist es nur eine kleine Unsicherheit oder ein momentanes Unwohlsein? “

Sie lässt das Geländer gleich wieder los und streicht sich wieder durch ihre blonden Haare.

Er stellt sich neben sie und fasst sich ein Herz: „Guten Tag, darf ich Sie auf etwas aufmerksam machen?“

Sie schaut ihn verdutzt an.
Sie: „Nein!“

Herr Part: „Ich glaube, es ist aber wichtig!“

Sie: „Nein!“

Herr Part: „Es ist aber sehr wichtig.“
Sie, in einem aggressiveren, aber auch ängstlichen Ton in ihrer Stimme: „Was wollen Sie von mir?“

Herr Part: „Ich möchte Sie auf ein kleines Malheur aufmerksam machen.“

Sie: „Wo ist es?“

Herr Part: „Auf der Rückseite ihres Rockes.“

Sie: „Das glaube ich Ihnen nicht!“

Herr Part: „Es sieht aus wie ein winzig kleiner Blutfleck.“

Sie blickt ihn entgeistert an, dann denkt sie kurz nach.

Sie: „Ist das wirklich ihr Ernst oder wollen Sie mich nur anmachen? Ich habe doch nicht … “

Sie unterbricht sich kurz und spricht nicht weiter.

„Gleich neben diesem Geschäft befindet sich eine kleine Mauernische. Dort können Sie unbeobachtet den Rock nach vorne drehen und sich selbst davon überzeugen, dass ich Sie nicht angelogen habe!“, schlägt Herr Part ihr vor.

„Gut, das mache ich, aber ich glaube, dass ich nichts an meinen Rock finden werde. Ich lasse mich niemals von fremden Männern ansprechen und ich nehme an, dass Sie diesen Blutfleck nur erfunden haben, um mich kennenzulernen!“, stimmt sie widerwillig zu.

Leicht verärgert dreht sie sich um und verschwindet in die kleine Nische neben dem Geschäft.
Nach einer Minute kommt sie mit einem verlegenen Gesichtsausdruck wieder hervor. Und mit einer sehr freundlichen Stimme: „Sie haben recht. Diese Situation ist mir sehr peinlich, aber es ist nicht das, was Sie vielleicht denken. Warum mir so etwas passieren konnte, weiß ich nicht, aber was soll ich machen? Ich hatte vor, bei diesem herrlichen Wetter wieder einmal nach längerer Zeit einen Stadtbummel zu machen, aber so kann ich unmöglich weitergehen.“

Herr Part meint nur: „Ich möchte mich vorstellen. Ich heiße Peter Part und bin Makler. Mein Büro befindet sich ganz in der Nähe. Ich gehe in meiner Mittagpause bei gutem Wetter entweder spazieren oder in ein nahe gelegenes Restaurant eine Kleinigkeit essen.“
Er schaut ihr mit einem mehr als freundlichen Blick in die Augen.
„Heute habe ich nicht nur mit dem schönen Wetter Glück gehabt!“„ Sie, mit einem leicht irritierten und verwunderten Gesichtsausdruck: „Ach, Sie sind Makler?“

„Ja, gefällt Ihnen dieser Beruf nicht?“

„Ganz im Gegenteil. Aber diese Situation ist mir sehr unangenehm und ich möchte mich für mein unfreundliches Benehmen von vorhin entschuldigen. Ich konnte ja nicht wissen, dass Sie die Wahrheit sagen!“, schiebt sie nachdenklich hinterher.

Und etwas zögerlich kommt dann über ihre Lippen: „Ich heiße Ines Holden und ich arbeite außerhalb der Stadt in einer Bank. Heute habe ich mir einen freien Tag genommen. Ich wollte einen kleinen Stadtbummel machen. Aber mit so einem unsauberen Rock kann ich natürlich nicht herumlaufen.“

Lächelnd geben sie sich die Hand. Begeistert meint Herr Part: „Ich freue mich, dass wir uns, wenn auch auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise, begegnet sind. Ich habe auch eine Idee, wie Sie ihren Stadtbummel doch noch fortsetzen können. Ein paar Schritte neben diesem Modegeschäft befindet sich ein kleines CAFÉ, ich lade Sie ein und mache Ihnen bei einer Tasse Kaffee einen Vorschlag. Mir schwebt da eine fast perfekte Lösung vor.“

Frau Holden bleibt misstrauisch: „Und was schwebt Ihnen da vor?“

Herr Part flüstert geheimnisvoll: „Im CAFÉ werden Sie es erfahren.“

„Na gut, Sie haben mich überredet!“, lenkt Frau Holden ein.

Frau Holden folgt ihm in Richtung des Cafés.
Vor der Eingangstür des Cafés schaut Frau Holden Herrn Part mit einem Hilfe suchenden Blick in die Augen. Plötzlich spürt er einen festen Druck auf seinem rechten Oberarm. Er ist total überrascht. Frau Holden hält sich an ihm fest.

„Was ist los, geht es Ihnen nicht gut?“, will er von ihr wissen.

Sie gibt ihm keine Antwort. Der Druck an seinem Oberarm lässt nach. Jetzt bemerkt er, dass sie das Bewusstsein verliert. Ihre leicht flatternden Augen sind fast geschlossen und sie scheint zu stürzen. Er drückt sie an sich und für einen Moment denkt er: „Nie hätte ich geglaubt, dass ich nach so kurzer Zeit des Kennenlernens diese schöne Frau schon in den Armen halten werde.“

Der Ohnmachtsanfall von Frau Holden dauert nur ein paar Sekunden, dann öffnet sie die Augen und scheint nicht zu wissen, wo sie sich befindet. Sie schaut Herrn Part ganz entgeistert an. Für einen Moment kommt eine Panikstimmung in ihr auf.

Frau Holden leicht verwirrt: „Wer sind Sie ?“

Er hält sie noch immer in seinen Armen.

Herr Part klärt sie auf:
„Wir sind die paar Stufen zu diesem Café herauf gegangen und plötzlich wurden Sie für ein paar Sekunden ohnmächtig. Wenn ich Sie nicht festgehalten hätte, wären Sie gestürzt.“
Er lässt sie vorsichtig los. Sie ist nun bei vollem Bewusstsein und kann wieder alleine und ohne Hilfe stehen.
Herr Part hält aber zur Vorsicht immer noch ihren Arm.
Er öffnet die Eingangstür und sie betreten das Café.
Herr Part:
„Setzen wir uns und ich bestelle für Sie ein Glas Wasser, dann wird es Ihnen gleich wieder besser gehen. Ich glaube, ein Kaffee wäre jetzt nicht das richtige Getränk für Sie.“
Sie setzen sich an einen Tisch in dem fast leeren Café. Herr Part bestellt bei der Kellnerin ein Glas Wasser und für sich einen Kaffee.
Frau Holden spricht langsam: „Jetzt kann ich mich wieder erinnern, Sie sind der Herr, der mich auf den Blutfleck auf meinem Rock aufmerksam gemacht hat. Sie heißen Peter Part. Oh Gott, ist mir das alles peinlich!“

Die Kellnerin serviert den Kaffee und das Glas Wasser.
Frau Holden nimmt mit leicht zitternden Händen das Glas mit Wasser. Sie trinkt einen großen Schluck und stellt das Glas wieder vorsichtig auf den Tisch zurück.
Herr Part gießt etwas Milch in seinen Kaffee, trinkt aber noch nicht davon.
Herr Part:
„Ist Ihnen so ein kleiner Ohnmachtsanfall schon einmal passiert?“
Frau Holden erinnert sich:
„Ja, vor zwei Wochen. Meine Schwester Elisabeth war gerade zu Besuch bei mir zu Hause. Ich wollte etwas aus der Küche holen und auf einmal verlor ich das Bewusstsein, ohne Vorwarnung, genauso wie vor ein paar Minuten. Als ich wieder zu mir kam, saß ich auf einen Stuhl vor meinem Küchentisch. Meine Schwester stand neben mir und erzählte, dass sie mich in der Küche liegend vorgefunden hat und dass ich versucht habe, alleine aufzustehen. Aber es ist mir nicht gelungen. Mit ihrer Hilfe habe ich mich dann auf einen Küchenstuhl gesetzt. Sie hat mir ein Glas Wasser gegeben, das ich in einem großen Zug ausgetrunken habe. Irgendwie spürte ich eine Leere in mir und sehr starke Kopfschmerzen. Ich habe sie dann gefragt, was mit mir geschehen ist und ob sie mir erklären kann, wieso ich ganz plötzlich das Bewusstsein verloren habe. Das ist doch nicht normal. Aber sie meinte nur: ,So eine kleine Ohnmacht muss man nicht so ernst nehmen!‘ Sie beruhigte mich und erzählte mir, dass ihr vor Kurzem Ähnliches passiert sei. Dann meinte sie noch vorwurfsvoll: ,Aber mir ist niemand zur Seite gestanden!‘ Meine Schwester ist 33 Jahre alt.“

Tief blickt sie in Peters Augen.
„Und damit Sie gleich wissen, wie alt ich bin.
Ich bin drei Jahre jünger.“

Peter denkt sich: „Dann habe ja ihr Alter richtig geschätzt. Aber ihre dunklen Augenringe sind schon sehr auffallend. Das kann vielerlei Ursachen haben. Aber es ist angenehm, ihr zuzuhören und Sie zu beobachten. So merke ich, dass es ihr wieder gut geht. Wäre das nicht der Fall, könnte Sie nicht so schnell und flüssig sprechen.“

Frau Holden, weiter in ihrer Erzählung: „Als ich 19 Jahre alt war, lernte ich einen wunderbaren Mann kennen. Er war vier Jahre älter als ich. Ein Jahr nach unserem Kennenlernen heirateten wir und zogen in eine Eigentumswohnung, die von meinem Vater finanziert wurde. Mein Vater konnte noch bei meiner Hochzeit dabei sein, zwei Monate danach ist er an einem Krebsleiden gestorben. Als ich vier Jahre alt war, ist meine Mutter gestorben. Es war für meinen Vater keine leichte Aufgabe, zwei Mädchen alleine ohne Mutter aufzuziehen. Er hat nie mehr eine andere Frau gefunden oder vielleicht auch nicht nach einer Frau gesucht. Ich weiß es nicht. Er hat nie mit uns über dieses Thema gesprochen.
Nach meiner Hochzeit merkte ich, wie schön es ist, mit dem Ehemann alle Probleme zu besprechen und Entscheidungen zu treffen.
Aber trotzdem, die Erinnerung an die vielen gemeinsamen Erlebnisse mit meiner Schwester ließen mich nie ganz los. Und wir pflegen auch jetzt noch einen sehr engen Kontakt zueinander und haben auch keine Geheimnisse voreinander.
Ach, es gibt so viel zu erzählen, aber mehr beim nächsten Mal, wenn wir uns wiedersehen, oder was meinen Sie?“

Herr Part meint nur: „Ich kann mir gar nicht vorstellen, Sie nicht wiederzusehen. Ich freue mich sehr, dass Sie so ein großes Vertrauen zu mir haben und mir ein wenig aus Ihrem Leben erzählt haben. Es ist wirklich keine Neugierde bei mir, aber ich möchte es einfach nur wissen. Hat ihre Schwester nach ihrer ersten Ohnmacht einen Arzt für Sie gerufen?“
„Nein, sie war schon immer der Meinung, dass alles von selber wieder gut wird. Sie redete auch öfter von einer Selbstheilung, an die sie glaubt. Wenn es bei ihr oder bei mir überhaupt etwas zu heilen gibt?“, antwortet Frau Holden zaghaft.

„So eine Ansicht kann ich nicht teilen. Hatten Sie in letzter Zeit Probleme, auf die man vielleicht Rückschlüsse für diese Ohnmacht von vorhin schließen kann?“, Herr Part lässt nicht locker.

„Ja, die gibt es sehr wohl. Ich bin seit einem Jahr geschieden. Als mir mein Mann vor eineinhalb Jahren mitteilte, dass er sich von mir trennen will, brach für mich eine Welt zusammen. Ich war sehr enttäuscht und ich fühlte mich in meiner Ehre zutiefst verletzt, denn ich war immer eine anständige und treue Frau und ich habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Die danach folgenden Streitereien und unbegründeten Vorwürfe gegen mich waren kaum zu ertragen. Und sehr oft stellte ich mir die Frage:
,Hab ich vielleicht doch Fehler in meiner Ehe gemacht, die mir vielleicht gar nicht bewusst waren?‘
Es war eine ganz schlimme Zeit für mich. Nach der Scheidung dachte ich, es fängt ein neues Leben für mich an, aber ich konnte nicht alles Negative, das sich in den Monaten vor der Scheidung in mir aufgestaut hatte, einfach so verarbeiten. Sehr oft hatte ich den Gedanken, mir das Leben zu nehmen. Ich konnte diese langen Monate der nervlichen Belastung nicht mehr ertragen und dazu kamen noch Depressionen, ich war am Ende. Seit dieser Zeit fällt es mir sehr schwer, frei und unbeschwert zu sein.
Meine Schwester meinte zwar immer tröstend: ,Die Zeit heilt alle Wunden.‘ Aber meine Wunden heilte die Zeit nicht.
Dass meine Schwester schon seit Jahren selbst psychische Probleme hatte und starke Psychopharmaka einnimmt, kehrt sie gerne unter den Tisch. Darüber will sie nicht reden.

Aber eines dürfen Sie noch wissen, ich wurde unschuldig geschieden und die Eigentumswohnung, in der mein Mann und ich gemeinsam wohnten, wurde mir zugesprochen. Schließlich war sie ein Geschenk von meinem Vater an mich. Vor Gericht beantragte mein Mann, dass ihm die Hälfte der Wohnung zugesprochen werden soll. Aber der Richter hat mit einem erstaunten, fast vorwurfsvollen Blick auf meinen Mann, diesen Antrag als vollkommen unbegründet abgewiesen.
So, meine Kopfschmerzen sind jetzt nicht mehr so intensiv wie bei meiner ersten Ohnmacht. Aber ich kann mich erinnern, dass sie nach ein paar Minuten wieder ganz verschwunden waren. So wird es jetzt wohl auch sein.
Ja, dann fällt mir noch ein, dass meine Schwester einmal meinte, dass wir Frauen eben das schwache Geschlecht sind und Enttäuschungen nicht so schnell verarbeiten können wie die Männer. Wahrscheinlich hat sie recht.“

Herr Part erwidert:
„Da kann ich aber der Meinung ihrer Schwester nicht zustimmen, wenn sie meint, dass die Männer Enttäuschungen leichter wegstecken als Frauen. Ich bin der Meinung, MANCHE vielleicht!“

Herr Part legt seine Hand auf ihre Hand. Sie lässt es geschehen. Fast väterlich meint er nur zu ihr: „Darf ich Ihnen einen Rat geben?“ Er schaut sie mit ernsten Blick an.
„Ja, gerne. “
„Meiner Meinung nach ist es ganz wichtig, dass Sie sehr bald einen Arzt aufsuchen. Obwohl die Symptome bei Ihnen scheinbar dieselben sind wie bei ihrer Schwester, heißt das noch lange nicht, dass die Ursache die gleiche ist. Man sollte so eine Ohnmacht, wenn sie auch nur von kurzer Dauer war, auf keinen Fall bagatellisieren, das wird Ihnen jeder Arzt bestätigen. Es ist dann sehr beruhigend zu wissen, wenn eine Untersuchung keinen Befund ergibt. Und wenn doch, dann gibt es immer eine Behandlungsmöglichkeit.“
Frau Holden mit einem Seufzer und einem Blick zur Decke: „Ach diese Ärzte! Natürlich war ich nach meiner ersten Ohnmacht bei meinem Hausarzt. Er hat mir nach einer kurzen Untersuchung ein Medikament zur Stabilisierung des Kreislaufes verschrieben. Nach einem längeren Gespräch meinte er, dass Kreislaufschwankungen eine kurze Ohnmacht auslösen können. Aber sollte sich das noch einmal wiederholen, empfahl er mir einen Krankenhausaufenthalt zur genaueren Untersuchung der Ursachen.“

„Genau das ist auch meine Meinung“, bekräftigt Herr Part.
Herr Part in Gedanken: „Warum senkt sie bei dieser Aussage verlegen ihren Kopf und kann mir nicht in die Augen schauen? So ganz hat sie jetzt nicht die Wahrheit gesagt oder zumindest noch etwas verschwiegen, was dieser Arzt bei ihrem Besuch eventuell noch diagnostizierte.“

„Aber wieso ist es für Sie so wichtig, wie es mir geht und warum wollen Sie, dass ich einen Arzt aufsuche?“, will nun aber Frau Holden wissen.
Herr Part gesteht: „Weil Sie mir sehr sympathisch sind und weil ich mich sehr zu Ihnen hingezogen fühle. Vielleicht ist es auch eine Fügung des Schicksals, dass wir uns heute begegnet sind.“

Frau Holden reagiert auf die Aussage von Herrn Part sehr nachdenklich. Sie schaut verlegen in ihr halb volles Wasserglas, dann hebt sie langsam ihren Kopf.

Frau Holden fühlt sich geschmeichelt: „Das, was Sie mir soeben gesagt haben, ist sehr nett, aber es ist mir zu viel auf einmal. Ich hoffe, Sie können das verstehen? Sie müssen mir Zeit lassen! Ich habe mir nach meiner Scheidung geschworen, nie mehr eine engere Verbindung mit einem Mann einzugehen. Ich will nie wieder so eine Enttäuschung erleben.“

Herr Part spürt, dass sie noch weitersprechen möchte, aber sie schweigt.

An einem Dienstag im Sommer. Herr Peter Part geht in seiner Mittagspause in einer belebten Geschäftsstraße einer Großstadt spazieren. Vor der Auslage eines Sportgeschäfts bleibt er interessiert kurz stehen, dann geht er langsam weiter in Richtung eines ihm bekannten Restaurants mit einem großen schattigen Gastgarten.
Ein paar Schritte vor dem Restaurant bleibt er spontan stehen. Er bemerkt auf der gegenüber-liegenden Straßenseite eine sehr schöne, blonde, elegant gekleidete Frau, etwa 28-30 Jahre alt.
Sie trägt eine grüne Bluse und einen eng anliegenden weißen Rock, eine hellgrüne Handtasche und farblich dazu passende grüne Stöckelschuhe. Sie geht scheinbar ziellos von einem Geschäft zum anderen. Dann bleibt sie kurz stehen und schaut gelangweilt in das Schaufenster eines Modegeschäftes.
Herr Part kann nicht begründen, warum er diese Frau beobachtet, aber es ist nicht nur die äußere Erscheinung, die ihn an dieser Frau fasziniert.
Einem plötzlichen Impuls folgend, überquert er die Straße und bleibt ein paar Schritte hinter dieser Dame stehen. Er blickt ebenfalls in das sich spiegelnde Glas desselben Modegeschäftes, in welches sie schaut. Er sieht deutlich, dass sie zu ihm hinsieht. Sie streicht sich nervös durch die Haare, dann dreht sie sich abrupt um und geht zum nächsten Schaufenster eines Modegeschäftes.
Sie greift in ihre Handtasche und nimmt ein Handy heraus. Sie spricht mit jemanden. Sie redet nur ganz kurz, dann legt sie das Handy wieder in ihre Handtasche zurück.
Herr Part bleibt ein paar Schritte hinter ihr stehen. Den Restaurantbesuch hat er völlig vergessen. Es gibt für ihn nur noch einen Gedanken, er möchte diese Frau kennenlernen. Er betrachtet sie genau und bemerkt an ihrem weißen Rock hinten rechts einen ganz kleinen roten Fleck.
Er denkt, das wäre ein gutes Argument, um sie anzusprechen und sie darauf aufmerksam zu machen.
Plötzlich greift sie kurz, aber fest an das Geländer, das zum Eingang des Modegeschäftes führt.
Herr Part denkt: „Vielleicht ist es nur eine kleine Unsicherheit oder ein momentanes Unwohlsein? “

Sie lässt das Geländer gleich wieder los und streicht sich wieder durch ihre blonden Haare.

Er stellt sich neben sie und fasst sich ein Herz: „Guten Tag, darf ich Sie auf etwas aufmerksam machen?“

Sie schaut ihn verdutzt an.
Sie: „Nein!“

Herr Part: „Ich glaube, es ist aber wichtig!“

Sie: „Nein!“

Herr Part: „Es ist aber sehr wichtig.“
Sie, in einem aggressiveren, aber auch ängstlichen Ton in ihrer Stimme: „Was wollen Sie von mir?“

Herr Part: „Ich möchte Sie auf ein kleines Malheur aufmerksam machen.“

Sie: „Wo ist es?“

Herr Part: „Auf der Rückseite ihres Rockes.“

Sie: „Das glaube ich Ihnen nicht!“

Herr Part: „Es sieht aus wie ein winzig kleiner Blutfleck.“

Sie blickt ihn entgeistert an, dann denkt sie kurz nach.

Sie: „Ist das wirklich ihr Ernst oder wollen Sie mich nur anmachen? Ich habe doch nicht … “

Sie unterbricht sich kurz und spricht nicht weiter.

„Gleich neben diesem Geschäft befindet sich eine kleine Mauernische. Dort können Sie unbeobachtet den Rock nach vorne drehen und sich selbst davon überzeugen, dass ich Sie nicht angelogen habe!“, schlägt Herr Part ihr vor.

„Gut, das mache ich, aber ich glaube, dass ich nichts an meinen Rock finden werde. Ich lasse mich niemals von fremden Männern ansprechen und ich nehme an, dass Sie diesen Blutfleck nur erfunden haben, um mich kennenzulernen!“, stimmt sie widerwillig zu.

Leicht verärgert dreht sie sich um und verschwindet in die kleine Nische neben dem Geschäft.
Nach einer Minute kommt sie mit einem verlegenen Gesichtsausdruck wieder hervor. Und mit einer sehr freundlichen Stimme: „Sie haben recht. Diese Situation ist mir sehr peinlich, aber es ist nicht das, was Sie vielleicht denken. Warum mir so etwas passieren konnte, weiß ich nicht, aber was soll ich machen? Ich hatte vor, bei diesem herrlichen Wetter wieder einmal nach längerer Zeit einen Stadtbummel zu machen, aber so kann ich unmöglich weitergehen.“

Herr Part meint nur: „Ich möchte mich vorstellen. Ich heiße Peter Part und bin Makler. Mein Büro befindet sich ganz in der Nähe. Ich gehe in meiner Mittagpause bei gutem Wetter entweder spazieren oder in ein nahe gelegenes Restaurant eine Kleinigkeit essen.“
Er schaut ihr mit einem mehr als freundlichen Blick in die Augen.
„Heute habe ich nicht nur mit dem schönen Wetter Glück gehabt!“„ Sie, mit einem leicht irritierten und verwunderten Gesichtsausdruck: „Ach, Sie sind Makler?“

„Ja, gefällt Ihnen dieser Beruf nicht?“

„Ganz im Gegenteil. Aber diese Situation ist mir sehr unangenehm und ich möchte mich für mein unfreundliches Benehmen von vorhin entschuldigen. Ich konnte ja nicht wissen, dass Sie die Wahrheit sagen!“, schiebt sie nachdenklich hinterher.

Und etwas zögerlich kommt dann über ihre Lippen: „Ich heiße Ines Holden und ich arbeite außerhalb der Stadt in einer Bank. Heute habe ich mir einen freien Tag genommen. Ich wollte einen kleinen Stadtbummel machen. Aber mit so einem unsauberen Rock kann ich natürlich nicht herumlaufen.“

Lächelnd geben sie sich die Hand. Begeistert meint Herr Part: „Ich freue mich, dass wir uns, wenn auch auf eine etwas ungewöhnliche Art und Weise, begegnet sind. Ich habe auch eine Idee, wie Sie ihren Stadtbummel doch noch fortsetzen können. Ein paar Schritte neben diesem Modegeschäft befindet sich ein kleines CAFÉ, ich lade Sie ein und mache Ihnen bei einer Tasse Kaffee einen Vorschlag. Mir schwebt da eine fast perfekte Lösung vor.“

Frau Holden bleibt misstrauisch: „Und was schwebt Ihnen da vor?“

Herr Part flüstert geheimnisvoll: „Im CAFÉ werden Sie es erfahren.“

„Na gut, Sie haben mich überredet!“, lenkt Frau Holden ein.

Frau Holden folgt ihm in Richtung des Cafés.
Vor der Eingangstür des Cafés schaut Frau Holden Herrn Part mit einem Hilfe suchenden Blick in die Augen. Plötzlich spürt er einen festen Druck auf seinem rechten Oberarm. Er ist total überrascht. Frau Holden hält sich an ihm fest.

„Was ist los, geht es Ihnen nicht gut?“, will er von ihr wissen.

Sie gibt ihm keine Antwort. Der Druck an seinem Oberarm lässt nach. Jetzt bemerkt er, dass sie das Bewusstsein verliert. Ihre leicht flatternden Augen sind fast geschlossen und sie scheint zu stürzen. Er drückt sie an sich und für einen Moment denkt er: „Nie hätte ich geglaubt, dass ich nach so kurzer Zeit des Kennenlernens diese schöne Frau schon in den Armen halten werde.“

Der Ohnmachtsanfall von Frau Holden dauert nur ein paar Sekunden, dann öffnet sie die Augen und scheint nicht zu wissen, wo sie sich befindet. Sie schaut Herrn Part ganz entgeistert an. Für einen Moment kommt eine Panikstimmung in ihr auf.

Frau Holden leicht verwirrt: „Wer sind Sie ?“

Er hält sie noch immer in seinen Armen.

Herr Part klärt sie auf:
„Wir sind die paar Stufen zu diesem Café herauf gegangen und plötzlich wurden Sie für ein paar Sekunden ohnmächtig. Wenn ich Sie nicht festgehalten hätte, wären Sie gestürzt.“
Er lässt sie vorsichtig los. Sie ist nun bei vollem Bewusstsein und kann wieder alleine und ohne Hilfe stehen.
Herr Part hält aber zur Vorsicht immer noch ihren Arm.
Er öffnet die Eingangstür und sie betreten das Café.
Herr Part:
„Setzen wir uns und ich bestelle für Sie ein Glas Wasser, dann wird es Ihnen gleich wieder besser gehen. Ich glaube, ein Kaffee wäre jetzt nicht das richtige Getränk für Sie.“
Sie setzen sich an einen Tisch in dem fast leeren Café. Herr Part bestellt bei der Kellnerin ein Glas Wasser und für sich einen Kaffee.
Frau Holden spricht langsam: „Jetzt kann ich mich wieder erinnern, Sie sind der Herr, der mich auf den Blutfleck auf meinem Rock aufmerksam gemacht hat. Sie heißen Peter Part. Oh Gott, ist mir das alles peinlich!“

Die Kellnerin serviert den Kaffee und das Glas Wasser.
Frau Holden nimmt mit leicht zitternden Händen das Glas mit Wasser. Sie trinkt einen großen Schluck und stellt das Glas wieder vorsichtig auf den Tisch zurück.
Herr Part gießt etwas Milch in seinen Kaffee, trinkt aber noch nicht davon.
Herr Part:
„Ist Ihnen so ein kleiner Ohnmachtsanfall schon einmal passiert?“
Frau Holden erinnert sich:
„Ja, vor zwei Wochen. Meine Schwester Elisabeth war gerade zu Besuch bei mir zu Hause. Ich wollte etwas aus der Küche holen und auf einmal verlor ich das Bewusstsein, ohne Vorwarnung, genauso wie vor ein paar Minuten. Als ich wieder zu mir kam, saß ich auf einen Stuhl vor meinem Küchentisch. Meine Schwester stand neben mir und erzählte, dass sie mich in der Küche liegend vorgefunden hat und dass ich versucht habe, alleine aufzustehen. Aber es ist mir nicht gelungen. Mit ihrer Hilfe habe ich mich dann auf einen Küchenstuhl gesetzt. Sie hat mir ein Glas Wasser gegeben, das ich in einem großen Zug ausgetrunken habe. Irgendwie spürte ich eine Leere in mir und sehr starke Kopfschmerzen. Ich habe sie dann gefragt, was mit mir geschehen ist und ob sie mir erklären kann, wieso ich ganz plötzlich das Bewusstsein verloren habe. Das ist doch nicht normal. Aber sie meinte nur: ,So eine kleine Ohnmacht muss man nicht so ernst nehmen!‘ Sie beruhigte mich und erzählte mir, dass ihr vor Kurzem Ähnliches passiert sei. Dann meinte sie noch vorwurfsvoll: ,Aber mir ist niemand zur Seite gestanden!‘ Meine Schwester ist 33 Jahre alt.“

Tief blickt sie in Peters Augen.
„Und damit Sie gleich wissen, wie alt ich bin.
Ich bin drei Jahre jünger.“

Peter denkt sich: „Dann habe ja ihr Alter richtig geschätzt. Aber ihre dunklen Augenringe sind schon sehr auffallend. Das kann vielerlei Ursachen haben. Aber es ist angenehm, ihr zuzuhören und Sie zu beobachten. So merke ich, dass es ihr wieder gut geht. Wäre das nicht der Fall, könnte Sie nicht so schnell und flüssig sprechen.“

Frau Holden, weiter in ihrer Erzählung: „Als ich 19 Jahre alt war, lernte ich einen wunderbaren Mann kennen. Er war vier Jahre älter als ich. Ein Jahr nach unserem Kennenlernen heirateten wir und zogen in eine Eigentumswohnung, die von meinem Vater finanziert wurde. Mein Vater konnte noch bei meiner Hochzeit dabei sein, zwei Monate danach ist er an einem Krebsleiden gestorben. Als ich vier Jahre alt war, ist meine Mutter gestorben. Es war für meinen Vater keine leichte Aufgabe, zwei Mädchen alleine ohne Mutter aufzuziehen. Er hat nie mehr eine andere Frau gefunden oder vielleicht auch nicht nach einer Frau gesucht. Ich weiß es nicht. Er hat nie mit uns über dieses Thema gesprochen.
Nach meiner Hochzeit merkte ich, wie schön es ist, mit dem Ehemann alle Probleme zu besprechen und Entscheidungen zu treffen.
Aber trotzdem, die Erinnerung an die vielen gemeinsamen Erlebnisse mit meiner Schwester ließen mich nie ganz los. Und wir pflegen auch jetzt noch einen sehr engen Kontakt zueinander und haben auch keine Geheimnisse voreinander.
Ach, es gibt so viel zu erzählen, aber mehr beim nächsten Mal, wenn wir uns wiedersehen, oder was meinen Sie?“

Herr Part meint nur: „Ich kann mir gar nicht vorstellen, Sie nicht wiederzusehen. Ich freue mich sehr, dass Sie so ein großes Vertrauen zu mir haben und mir ein wenig aus Ihrem Leben erzählt haben. Es ist wirklich keine Neugierde bei mir, aber ich möchte es einfach nur wissen. Hat ihre Schwester nach ihrer ersten Ohnmacht einen Arzt für Sie gerufen?“
„Nein, sie war schon immer der Meinung, dass alles von selber wieder gut wird. Sie redete auch öfter von einer Selbstheilung, an die sie glaubt. Wenn es bei ihr oder bei mir überhaupt etwas zu heilen gibt?“, antwortet Frau Holden zaghaft.

„So eine Ansicht kann ich nicht teilen. Hatten Sie in letzter Zeit Probleme, auf die man vielleicht Rückschlüsse für diese Ohnmacht von vorhin schließen kann?“, Herr Part lässt nicht locker.

„Ja, die gibt es sehr wohl. Ich bin seit einem Jahr geschieden. Als mir mein Mann vor eineinhalb Jahren mitteilte, dass er sich von mir trennen will, brach für mich eine Welt zusammen. Ich war sehr enttäuscht und ich fühlte mich in meiner Ehre zutiefst verletzt, denn ich war immer eine anständige und treue Frau und ich habe mir nie etwas zuschulden kommen lassen. Die danach folgenden Streitereien und unbegründeten Vorwürfe gegen mich waren kaum zu ertragen. Und sehr oft stellte ich mir die Frage:
,Hab ich vielleicht doch Fehler in meiner Ehe gemacht, die mir vielleicht gar nicht bewusst waren?‘
Es war eine ganz schlimme Zeit für mich. Nach der Scheidung dachte ich, es fängt ein neues Leben für mich an, aber ich konnte nicht alles Negative, das sich in den Monaten vor der Scheidung in mir aufgestaut hatte, einfach so verarbeiten. Sehr oft hatte ich den Gedanken, mir das Leben zu nehmen. Ich konnte diese langen Monate der nervlichen Belastung nicht mehr ertragen und dazu kamen noch Depressionen, ich war am Ende. Seit dieser Zeit fällt es mir sehr schwer, frei und unbeschwert zu sein.
Meine Schwester meinte zwar immer tröstend: ,Die Zeit heilt alle Wunden.‘ Aber meine Wunden heilte die Zeit nicht.
Dass meine Schwester schon seit Jahren selbst psychische Probleme hatte und starke Psychopharmaka einnimmt, kehrt sie gerne unter den Tisch. Darüber will sie nicht reden.

Aber eines dürfen Sie noch wissen, ich wurde unschuldig geschieden und die Eigentumswohnung, in der mein Mann und ich gemeinsam wohnten, wurde mir zugesprochen. Schließlich war sie ein Geschenk von meinem Vater an mich. Vor Gericht beantragte mein Mann, dass ihm die Hälfte der Wohnung zugesprochen werden soll. Aber der Richter hat mit einem erstaunten, fast vorwurfsvollen Blick auf meinen Mann, diesen Antrag als vollkommen unbegründet abgewiesen.
So, meine Kopfschmerzen sind jetzt nicht mehr so intensiv wie bei meiner ersten Ohnmacht. Aber ich kann mich erinnern, dass sie nach ein paar Minuten wieder ganz verschwunden waren. So wird es jetzt wohl auch sein.
Ja, dann fällt mir noch ein, dass meine Schwester einmal meinte, dass wir Frauen eben das schwache Geschlecht sind und Enttäuschungen nicht so schnell verarbeiten können wie die Männer. Wahrscheinlich hat sie recht.“

Herr Part erwidert:
„Da kann ich aber der Meinung ihrer Schwester nicht zustimmen, wenn sie meint, dass die Männer Enttäuschungen leichter wegstecken als Frauen. Ich bin der Meinung, MANCHE vielleicht!“

Herr Part legt seine Hand auf ihre Hand. Sie lässt es geschehen. Fast väterlich meint er nur zu ihr: „Darf ich Ihnen einen Rat geben?“ Er schaut sie mit ernsten Blick an.
„Ja, gerne. “
„Meiner Meinung nach ist es ganz wichtig, dass Sie sehr bald einen Arzt aufsuchen. Obwohl die Symptome bei Ihnen scheinbar dieselben sind wie bei ihrer Schwester, heißt das noch lange nicht, dass die Ursache die gleiche ist. Man sollte so eine Ohnmacht, wenn sie auch nur von kurzer Dauer war, auf keinen Fall bagatellisieren, das wird Ihnen jeder Arzt bestätigen. Es ist dann sehr beruhigend zu wissen, wenn eine Untersuchung keinen Befund ergibt. Und wenn doch, dann gibt es immer eine Behandlungsmöglichkeit.“
Frau Holden mit einem Seufzer und einem Blick zur Decke: „Ach diese Ärzte! Natürlich war ich nach meiner ersten Ohnmacht bei meinem Hausarzt. Er hat mir nach einer kurzen Untersuchung ein Medikament zur Stabilisierung des Kreislaufes verschrieben. Nach einem längeren Gespräch meinte er, dass Kreislaufschwankungen eine kurze Ohnmacht auslösen können. Aber sollte sich das noch einmal wiederholen, empfahl er mir einen Krankenhausaufenthalt zur genaueren Untersuchung der Ursachen.“

„Genau das ist auch meine Meinung“, bekräftigt Herr Part.
Herr Part in Gedanken: „Warum senkt sie bei dieser Aussage verlegen ihren Kopf und kann mir nicht in die Augen schauen? So ganz hat sie jetzt nicht die Wahrheit gesagt oder zumindest noch etwas verschwiegen, was dieser Arzt bei ihrem Besuch eventuell noch diagnostizierte.“

„Aber wieso ist es für Sie so wichtig, wie es mir geht und warum wollen Sie, dass ich einen Arzt aufsuche?“, will nun aber Frau Holden wissen.
Herr Part gesteht: „Weil Sie mir sehr sympathisch sind und weil ich mich sehr zu Ihnen hingezogen fühle. Vielleicht ist es auch eine Fügung des Schicksals, dass wir uns heute begegnet sind.“

Frau Holden reagiert auf die Aussage von Herrn Part sehr nachdenklich. Sie schaut verlegen in ihr halb volles Wasserglas, dann hebt sie langsam ihren Kopf.

Frau Holden fühlt sich geschmeichelt: „Das, was Sie mir soeben gesagt haben, ist sehr nett, aber es ist mir zu viel auf einmal. Ich hoffe, Sie können das verstehen? Sie müssen mir Zeit lassen! Ich habe mir nach meiner Scheidung geschworen, nie mehr eine engere Verbindung mit einem Mann einzugehen. Ich will nie wieder so eine Enttäuschung erleben.“

Herr Part spürt, dass sie noch weitersprechen möchte, aber sie schweigt.

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