Die geheime Insel

Die geheime Insel

Marina Umlauf


EUR 20,90
EUR 16,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 280
ISBN: 978-3-99146-175-3
Erscheinungsdatum: 27.07.2023
Ein geheimes Experiment: Strafgefangene werden auf einer scheinbar unbewohnten Insel angesiedelt. Doch sie sind nicht wirklich allein. Als die Besatzung des Versorgungsschiffes nach einem Sturm strandet, spitzt sich die Situation mysteriöser Ereignisse zu.
Die ersten Boote erreichten den weißen Sandstrand der idyllischen Insel im Morgengrauen. Die Insassen wurden in barschem Ton aufgefordert, auszusteigen und durch das seichte Wasser an Land zu waten, was sie gehorsam taten. Anschließend legten die Boote sofort wieder ab, um zurück zum Schiff zu fahren und weitere Männer auf die Insel zu bringen.
Die Angekommenen standen zunächst unschlüssig am Ufer und wussten nicht, wie es nun weitergehen sollte. Sie warteten auf Anweisungen. Als sie bemerkten, dass sich offenbar niemand um sie kümmerte, entfernten sich ein paar von ihnen langsam. Als erwarteten sie, im nächsten Moment zurückgerufen zu werden, begaben sie sich vorsichtig vom Strand weg. Als nichts geschah, wurden ihre Schritte eiliger. Schnell verschwanden sie schließlich im Inneren der Insel und tauchten im Gestrüpp der üppigen Vegetation unter.
Die meisten blieben jedoch an Ort und Stelle. Die Handfesseln hatte man ihnen bereits an Bord des Schiffes abgenommen, doch die Männer konnten nicht glauben, dass sie sich nun tatsächlich auf dieser Insel frei bewegen durften. Sicherlich beobachtete man sie. Wer sich nicht fügte, musste mit hohen Strafen rechnen, vermuteten sie.
Es dauerte einige Stunden, bis alle an Land waren. Schließlich stiegen mehrere Uniformierte aus den Booten und gingen achtlos an den Wartenden vorüber.
Manfred Rupp, einer der Strafgefangenen, schob die Unterlippe vor.
„Was soll das denn jetzt?“ Er stieß seinen Kumpel an, den er auf der Überfahrt kennengelernt hatte. „Die ignorieren uns einfach. Das gibt es doch gar nicht!“
„Komisch. Sicher ist es eine Falle. Die wollen uns fertigmachen!“ Harry Bender, ein blonder Hüne, der fast zwei Meter maß, verzog düster das Gesicht.
„Hallo! Was ist los? Wo sollen wir denn jetzt hin?“, rief er den uniformierten Männern zu. Einer von ihnen blickte sich kurz um, ging aber ungerührt weiter. Niemand antwortete ihm.
Ratlos standen die Männer weiter herum. Noch immer trauten sie sich nicht, das Ufer einfach zu verlassen. Zu lange hatten sie nach strengen Regeln gelebt und nur auf Anweisung gehandelt.
„Vielleicht sollten wir ihnen hinterhergehen?“, überlegte Manfred Rupp laut.
„Was soll das bringen? Die kümmern sich doch gar nicht um uns“, meinte Harry Bender zweifelnd.
„Wir können aber auch nicht den ganzen Tag hier stehen bleiben!“, gab ein anderer zu bedenken.
„Das sehe ich auch so“, pflichtete ihm ein weiterer bei. „Wir könnten einmal schauen, wo die Unterkunft ist. Das ist doch plausibel! Da kann uns sicher keiner was anhaben!“ Beifall heischend sah er sich um.
„Also gut“, sagte Bender, „ich wäre damit einverstanden. Wer kommt mit?“ Er blickte fragend in die Runde.
Nicht alle konnten sich dazu entschließen, den Männern zu folgen, aber die meisten nickten und setzten sich in Bewegung. Da keiner sich auskannte, ging man zunächst in die Richtung, die die uniformierten Männer genommen hatten. Als sie eine Weile gelaufen waren, wurde ein weiß getünchtes Gebäude sichtbar.
„Na also!“ Harry Bender blieb stehen und kratzte sich nachdenklich am Kinn. „Das wird die Unterkunft sein.“
„Bisschen klein“, fand Manfred Rupp. „Aber vielleicht ist das Gebäude größer, als es von hier aus aussieht.“
Alle versammelten sich schließlich vor der Eingangstür und warteten. Mittlerweile hatten sie Durst und Hunger. Seit vielen Stunden hatten sie nichts mehr zu essen oder zu trinken bekommen.
Die Strafgefangenen konnten selbstverständlich nicht wissen, dass es sich bei dem Gebäude keineswegs um eine Unterkunft handelte. Es war genauso klein, wie es auf den ersten Blick aussah. Größer musste es auch nicht sein, da sich darin neben der Krankenstation nur die Verwaltung befand, die aus genau einem Büro bestand, in dem ein Beamter seinen Dienst tat. Wobei man sagen muss, dass man ihn hierherbeordert hatte, da man woanders keine Verwendung mehr für ihn hatte. Er hieß Karl Mütze, stammte aus Hamburg und war die meiste Zeit besoffen.
Die Krankenstation war ein wenig umfangreicher, aber sie war hauptsächlich für Notfälle gedacht. Man musste in der Lage sein, die Männer, die sich auf der Insel befanden, ärztlich zu versorgen. Dazu war das Nötigste vorhanden. Es gab einen Untersuchungsraum, einen kleinen OP und einige Krankenzimmer.
Ansonsten befanden sich nur noch die Wohnräume des anwesenden Personals in dem kleinen Gebäude.
Einen Arzt gab es selbstverständlich auch, der die Krankenstation betreute. Dr. Michael Berg hatte sich für diesen Posten beworben, von dem er nicht wusste, was auf ihn zukommen würde, da man sich mit Informationen sehr bedeckt gehalten hatte. Er war jedoch eine Art Abenteurer, dem die Aussicht, auf einer einsamen Insel zu arbeiten, sehr spannend vorkam. Man hatte ihm zwar gesagt, dass er Strafgefangene behandeln würde, aber das schreckte ihn nicht ab. Für ihn waren es Patienten wie alle anderen, und es war ihm egal, woher sie kamen und welche Vorgeschichten sie hatten.
Blöderweise hatte man ihm zwei junge Krankenschwestern zugewiesen, die dort wohl überhaupt nicht hinpassten! Wenn man die Insel mit männlichen Strafgefangenen füllte, die keine Möglichkeit hatten, mit Frauen zusammenzukommen, würde es problematisch werden. Er fühlte sich für die Krankenschwestern verantwortlich und konnte sich nicht vorstellen, wie er sie beschützen sollte. Aber es gab noch zwei bullige Krankenpfleger, die ihm helfen sollten.
Die Männer, die noch immer am Strand standen, wurden langsam ungeduldig. Sie hatten Hunger und Durst. Wenn man sich auch sonst nicht um sie kümmerte, musste man sie doch zumindest mit Wasser und Lebensmitteln versorgen!
Irgendwann beschlossen sie, sich auf eigene Faust auf den Weg zu machen. Auch sie trafen schließlich vor dem kleinen Gebäude ein, wo noch immer die anderen Strafgefangenen herumstanden. Erregt diskutierten sie miteinander. Niemand konnte verstehen, weshalb man sie nicht hereinließ.
„Die wollen uns weichkochen!“, rief Harry Bender, der sich selbst zum Wortführer ernannt hatte. „Das lassen wir uns nicht gefallen! Wir haben auch Rechte!“ Er blickte sich auffordernd um, doch keiner pflichtete ihm bei. Alle sahen stumm vor sich hin. Erst einmal abwarten, dachten sie.
„Es nützt ja alles nichts“, meinte schließlich Manfred Rupp. „Ich würde vorschlagen, wir sehen uns selbst einmal um, ob es hier irgendwo Trinkwasser gibt und etwas zu essen. Ich habe jedenfalls Hunger!“ Er sah in die Runde. Diesmal nickten einige der Männer und waren bereit, sich ihm anzuschließen.
Gemeinsam wanderten sie in das Innere der Insel. Nach geraumer Zeit trafen sie auf einen kleinen See, der durch eine Quelle gespeist wurde. Sofort stürzten sie sich ins Wasser und tranken. Durch die Hitze und den langen Marsch waren sie halb verdurstet. Hinter den Bäumen verbargen sich die Männer, die bereits direkt nach der Ankunft auf der Insel geflüchtet waren. Sie dachten zunächst, man würde sie verfolgen und bestrafen. Sie waren jedoch wild entschlossen, sich mit allen Mitteln zu verteidigen. Mit Knüppeln und Ästen in den Händen stürzten sie aus ihren Verstecken hervor. Erst als sie erkannten, dass es sich bei den Ankömmlingen ebenfalls um Strafgefangene handelte, ließen sie die Waffen sinken und kamen näher.
„Was macht ihr denn jetzt hier?“, fragte einer. „Verfolgen uns die Wachmänner nicht?“
„Nein. Es interessiert sich keine Sau für uns!“, bekam er grob zur Antwort. „Die kümmern sich einen Dreck um uns! Wir kriegen nichts zu fressen und nichts zu saufen! Die wollen uns hier verrecken lassen!“
„Mal langsam! Das gibt es nicht! Und notfalls versorgen wir uns eben selbst“, sagte ein verwegen aussehender Mann, dessen Gesicht von einem wilden Bart umwuchert war.
„Und wie willst du das machen?“, fragte Manfred Rupp. „Hier gibt es doch nichts!“
„Woher weißt du das? Wir sind gerade einmal ein paar Stunden hier! Wir müssen uns aufteilen und die Insel erkunden!“ Der bärtige Mann hieß Sven Sörensen und hatte einiges auf dem Kerbholz. Aber er war von praktischer Natur. Die Männer fanden plausibel, was er sagte. Einige nickten zustimmend.
„Also los! In Gruppen von zehn Männern schwärmen wir aus und sehen, was es zu holen gibt!“, bestimmte der Bärtige.

Einer der Trupps, zu dem Sörensen gehörte, fand tatsächlich nach kurzer Zeit ein kleines Zelt, in dem man offenbar Nahrungsmittel bereitgestellt hatte. Viel war es auf den ersten Blick nicht. Sörensen besah sich die Säcke genauer. Außer ihm passte niemand mehr in das Zelt. Die anderen warteten draußen.
„Was gibt es dadrinnen?“, wollte einer wissen.
„Mais, Bohnen und Reis.“
„Mehr nicht?“
„Nein.“
„Keine Töpfe? Sollen wir das so essen?“, fragte ein anderer. „Die spinnen doch! Sind wir Hühner, oder was?“
Sörensen rumorte in dem halbdunklen Zelt. Schließlich wurde er doch noch fündig. In einer Ecke stapelten sich ein paar Kochtöpfe und Schüsseln.

Die zweite Truppe fand auch ein Zelt, in dem mehrere Säcke standen, die mit der Aufschrift „Saatgut“ gekennzeichnet waren. Außerdem befanden sich dort einige Fischernetze und verschiedene Werkzeuge.
Harry Bender, der dieser Gruppe angehörte, war ziemlich fassungslos. „Was soll das denn?“, fragte er. „Anscheinend sollen wir die Insel kultivieren und bis dahin Fische fangen?“
So sah es tatsächlich aus. Und das vorhandene Werkzeug sollte offenbar zum Bau der Unterkünfte dienen.
Die dritte Gruppe tat das Sinnvollste. Die Männer sammelten Stauden reifer Bananen und fanden einige Kokosnüsse. Zunächst aßen sie sich satt, und anschließend schleppten sie die Stauden und Nüsse zum Strand. Man hatte zwar keinen festen Treffpunkt vereinbart, doch durch laute Zurufe fanden sie die anderen schließlich wieder.
In den Töpfen brodelte inzwischen über den Feuerstellen das Essen. Man hatte mehrere Schachteln mit Streichhölzern bei den Geschirrutensilien gefunden und aus Steinen und herumliegendem Holz Feuerstellen errichtet. Mais, Bohnen und Reis waren wahllos in die Töpfe geschüttet worden und kochten vor sich hin. Allen knurrte der Magen, und die Männer standen erwartungsvoll um die Töpfe herum. Als sie glaubten, nun endlich essen zu können, wurden sie jedoch bitter enttäuscht. Es stellte sich heraus, dass der Mais und die Bohnen viel zu hart und ungenießbar waren. Einzig den Reis konnte man essen, aber auch dieser war relativ geschmacklos, da man keine Gewürze hatte.
„Ich glaube, man muss das vorher einweichen“, überlegte einer der Männer, nachdem er ein paar Maiskörner ausgespuckt hatte.
„Und wieso sagst du das jetzt erst?“, rief Sörensen sauer. Fast hätte er ihm eine gelangt, aber er beherrschte sich.
„Weil es mir jetzt erst eingefallen ist“, erwiderte der Mann gelassen und zuckte mit den Schultern. „Ihr habt es ja auch nicht gewusst.“
„Haben wir kein Salz?“, beschwerte sich der nächste.
„Da fragst du am besten mal bei denen nach, die uns hierhergebracht haben“, meinte Manfred Rupp und grinste. „Sicherlich hat man dort Verständnis.“
„Vielleicht könnte man etwas Meerwasser zum Kochen verwenden. Dann wäre es sicher salzig genug“, schlug einer der Männer vor.
„Das ist doch eklig! Da hast du die Scheiße von den Fischen mit im Essen“, wehrte sich sofort ein anderer gegen diese Idee.
„Das ist doch gar nichts gegen das, was wir sonst alles vorgesetzt kriegen. Und es ist wenigstens natürlich“, bemerkte einer der Männer.
Immerhin hatten sie jetzt noch Bananen und Kokosnüsse.
„Morgen gehen wir fischen!“, bestimmte Harry Bender und zeigte auf die Netze.

Dr. Michael Berg hatte darauf gewartet, dass die Männer vor dem kleinen Gebäude auftauchen würden. Er wusste nicht so recht, worauf er sich einstellen musste. Alles war möglich. Hoffentlich versuchten sie nicht, gewaltsam einzudringen. Auf Karl Mütze, der für die Verwaltung zuständig war, konnte er nicht zählen. Wenn überhaupt, war er nur in den Morgenstunden kurz ansprechbar. Den Rest des Tages verbrachte er sinnlos betrunken in seinem Bett. Als Arzt fand Dr. Berg die Verfassung des Beamten sehr bedenklich. Moralisch fand er es unmöglich, diesen alkoholkranken Mann einfach hier abzuladen, weil man ihn woanders nicht mehr gebrauchen konnte. Dass er seinen Pflichten nicht nachkommen konnte, war offensichtlich. Wie immer fühlte sich Dr. Berg verantwortlich.
Tatsächlich versammelten sich die Strafgefangenen am Abend vor dem kleinen Gebäude. Sie hatten sich kurzfristig dazu entschlossen. Vielleicht würde man ihnen hier sagen können, wie es denn nun weitergehen sollte.
Die beiden Krankenschwestern hielten sich ängstlich im Hintergrund, als sie mitbekamen, dass sich draußen eine Horde Männer befand.
„Ich werde mit den Leuten reden“, sagte Dr. Berg. „Ich vermute, dass ihnen niemand gesagt hat, warum sie hier sind und wie sie hier leben sollen. Ehrlich gesagt, kann ich es mir auch noch nicht so recht vorstellen.“ Kopfschüttelnd begab er sich zum Eingangstor des Gebäudes. Die uniformierten Männer, die die Leute auf die Insel gebracht hatten, waren längst wieder abgefahren. Sicherheitshalber begleiteten ihn aber die beiden Krankenpfleger.
Die werden mir nicht viel nützen, wenn die Kerle mich jetzt überrennen, dachte Berg bei sich. Hoffen wir mal, dass das gut ausgeht!

Er atmete noch einmal tief durch, ehe er das Sicherheitstor öffnete. Augenblicklich wurde es still. Alle warteten gespannt, was er ihnen zu sagen hatte.
„Guten Tag!“, sagte Berg. „Ich bin Arzt, und mein Name ist Michael Berg. Jeder, der krank ist oder sich verletzt hat, kann jederzeit hierherkommen und sich ärztlich versorgen lassen.“
„Wo sind die Unterkünfte?“, rief einer aus der Menge.
Das hatte Berg erwartet. Die Leute wussten nicht, dass man sie einfach hier ausgesetzt hatte.
„Es gibt keine.“ Berg zuckte die Schultern. „Es tut mir leid, aber dafür bin ich nicht verantwortlich!“
„Sollen wir uns Hütten bauen?“, fragte ein anderer Mann.
„Ja, vermutlich hat man sich das so gedacht“, erwiderte Berg.
„Und um das Essen müssen wir uns auch selbst kümmern?“, fragte Manfred Rupp.
„Soweit ich weiß, hat man euch für die erste Zeit Lebensmittel zur Verfügung gestellt.“ Berg wusste es nicht genau. Ihm gegenüber hatte man nur vage Andeutungen gemacht.
„Ja. Ein paar Säcke mit Körnern. Ganz toll! In der JVA haben wir dreimal am Tag ein ordentliches Essen bekommen!“, ereiferte sich Harry Bender. Im Gefängnis war er mit den Mahlzeiten zwar weniger zufrieden gewesen, aber das tat jetzt schließlich nichts zur Sache!
„Was ist das genau? Könnt ihr daraus etwas kochen? Auf der Insel gibt es vielleicht noch andere Dinge, womit man sich ernähren kann. Eventuell Früchte? Oder könntet ihr euch vorstellen, Fische zu fangen?“ Berg wusste es nicht besser. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich auf der Insel umzusehen.
Sven Sörensen winkte ab. „Wissen wir alles schon! Wird aber nicht funktionieren!“
„Warum nicht?“
„Weil wir dazu keinen Bock haben! Man ist verpflichtet, uns ordnungsgemäß zu versorgen! Was soll denn dieser ganze Mist hier überhaupt?“
„Es ist wohl ein neues Konzept zur Unterbringung von Strafgefangenen.“ Berg hob die Schultern. „Ihr könnt euch auf der Insel frei bewegen, müsst euch dafür aber selbst versorgen.“
„Ja, genau! Hütten bauen und mit dem Saatgut Felder anlegen! Im Leben nicht!“ Manfred Rupp tippte sich an die Stirn. „Die werden uns hier ganz schnell wieder abholen!“
Dr. Berg war sich absolut sicher, dass dies nicht der Fall sein würde. Wenn die Männer sich weigerten, würden sie eben verhungern müssen. Denjenigen, die das entschieden hatten, war das völlig gleichgültig.
Berg machte sich Sorgen. Er hatte es hier mit Männern zu tun, die sich nichts sagen ließen. Sie würden sich wehren. Und das konnte verdammt gefährlich werden!

Die beiden Krankenschwestern bewohnten gemeinsam ein Zimmer in dem kleinen Gebäude. Sie hatten es sich mit dem wenigen, das sie mit auf die Insel gebracht hatten, recht hübsch eingerichtet. Sie verstanden sich auf Anhieb ganz gut, obwohl sie rein äußerlich kaum unterschiedlicher hätten sein können. Marion war klein, drall und hatte kurze, blonde Haare. Katharina war sehr schlank, einen Kopf größer als Marion und besaß wunderschönes langes, dunkles Haar. Ihr Gesicht war sehr schmal, fein geschnitten und wirkte ein wenig exotisch. Sie war ein Typ, nach dem sich viele Männer sehnsüchtig umsahen. Marion war eher unauffällig, obwohl auch sie ein sehr hübsches, rundliches Gesicht besaß.
Meistens unterhielten sich die beiden jungen Frauen über Dr. Berg. Beide schienen an ihm Gefallen gefunden zu haben.
Bis jetzt gab es noch keine Kranken in der kleinen Klinik, und es war nicht sehr viel zu tun. Dr. Berg hatte die beiden Krankenschwestern angewiesen, die Medikamente und Verbände auszupacken und in die Schränke zu räumen. Damit waren sie eine Weile beschäftigt. Fein säuberlich beschrifteten sie die Arzneimittelschränke und sortierten alles sehr penibel ein. Dr. Berg schaute sich das an, da er ja wissen musste, wo er die Sachen finden konnte.
Marion und Katharina freuten sich über jedes Lob von ihm und taten alles, um es ihm recht zu machen. Nun war es aber so, dass jede von ihnen genau darauf achtete, ob er mit der anderen mehr sprach oder sie lobte. Sobald er eine von ihnen direkt ansprach, wurde die andere eifersüchtig. Beide versuchten mit allen Mitteln, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Dr. Berg fiel das gar nicht auf. Er hatte gerade andere Probleme. Allerdings fühlte er sich für den Schutz der Krankenschwestern verantwortlich, was ihm angesichts der Horde krimineller Männer Kopfzerbrechen bereitete.

Bereits am nächsten Morgen zogen die Ersten los, um Fische zu fangen. Da sie keine Boote hatten, schwammen mehrere Männer ein Stück ins Meer hinaus und zogen eines der Netze zwischen sich durch das seichte Wasser.
Obwohl man es erst bezweifelt hatte, gelang es ihnen tatsächlich, auf diese Weise eine Menge Fische zu fangen. Als sie das Netz schließlich zum Ufer zogen, war es ziemlich schwer. Einige Männer standen am Strand und staunten nicht schlecht, als sie das gefüllte Netz sahen.
Sofort machten sich etliche an die Arbeit. Die Fische mussten ausgenommen, gesäubert und gebraten werden. Man konnte auf den ersten Blick sehen, dass einige offenbar Erfahrung darin hatten. Ohne zu zögern, schlitzten sie die Fische auf und nahmen sie aus. Die meisten blieben jedoch in sicherer Entfernung stehen und verzogen angewidert das Gesicht.
„Vielleicht helft ihr auch mal ein bisschen mit?“, rief Sörensen ihnen zu, der gerade dabei war, einen Fisch nach dem anderen auszunehmen. Er hatte das früher oft getan und fand nichts dabei. „Dumm rumstehen kann jeder! Wer nichts macht, braucht auch nichts zu essen!“, drohte er.
5 Sterne
Die geheime Insel - 10.10.2023
Sabine

Wie auch die beiden ersten Bücher dieser Autorin, wieder spannen, misteriös und lesenswert.Man könnte daraus eine Fortsetzung machen.

Das könnte ihnen auch gefallen :

Die geheime Insel

Asia Liana Maria Schimmer

Meine Gedanken hinter der Maske

Weitere Bücher von diesem Autor

Die geheime Insel

Marina Umlauf

Das geheimnisvolle Dorf

Buchbewertung:
*Pflichtfelder