Des Neides Brüder

Des Neides Brüder

Band 1

Peer Karlson


EUR 22,90
EUR 13,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 250
ISBN: 978-3-903067-84-4
Erscheinungsdatum: 05.07.2017
Francesco Corelli ertappt seine Frau Lydia beim Ehebruch und reicht die Scheidung ein. Tage später wird Lydias Leiche gefunden und er steht unter Mordverdacht. Wie hängt das mit der Pflegerin Mirjam zusammen, die auf einen Korruptionsfall stößt …?
Übersetzung:

Halte dich fern vom Neid!

Seine Freunde sind Verleumdung und zerstörte Freiheit.

O Freundin, erfreue dich an den Freundinnen,
welche dein Freisein nicht zerstören.
Wahre Freunde gibt es nicht viele.



1. Kapitel

In der Innenstadt, im Café Hawelka, saßen einander zwei Männer gegenüber und unterhielten sich angeregt. Beide Mediziner. Der eine, ein hochgewachsener, sportlicher Mann Mitte der Dreißiger, etwas dunkler vom Hauttyp mit fein geschnittenem Gesicht und großen, dunklen Augen, hörte seinem Gegenüber interessiert zu. Sein Gegenüber, Hans Waldenstein, war etwas kleiner, ebenfalls schlank und seine Augen, deren Farbe ein helles Blau zeigten, blickten ruhig in das Gesicht des Zuhörers, während er einwarf: „Aber ich muss dir doch nicht erzählen, wie schwer es ist, interessierte Studenten zu finden. Tempora mutantur, Francesco, und das ist immer mehr fühlbar.“
Der Angesprochene lächelte und fragte: „Warum stört dich das? Der Zeitgeist ist eben ein anderer geworden und das Internet beschleunigt die Schnelllebigkeit eben. Wir sollten diese Dinge nicht werten, sondern nützen.“
Hans nickte nachdenklich und ergänzte: „Möglicherweise sehe ich das tatsächlich zu … einseitig.“
Francesco entgegnete: „Ich kann dich verstehen, aber ich sehe alles doch ein wenig anders. Du weißt, wie sehr mir das englische System bekannt ist, und ich finde die Öffnung in dieser Richtung durchaus begrüßenswert. Allerdings sollte man tatsächlich gezielter vorgehen, damit wären manche Stilblüten von vornherein nicht gegeben.“
Hans schien noch kurz einem Gedanken nachzuhängen, doch dann streckte er sich durch und meinte: „Egal. Wir werden das sowieso nicht ändern können. Erzähl mir doch von deinen neuen Arbeiten. Du erwähntest, du hättest im Immunsystem einige interessante Details genauer unter die Lupe genommen, die dich faszinieren.“
Francesco lächelte: „Es ist noch nicht so weit, dass ich darüber schon vieles erzählen kann.“
Hans verdrehte die Augen und entgegnete: „Natürlich! Du brütest wieder über deinem Projekt, wie eine Henne über ihrem Ei, und dann schreibst du eine Publikation nach der anderen. Wie machst du das nur?“
Francesco hob die Schultern und erklärte: „Du kennst mich, wenn ich von einer Sache begeistert bin, dann gibt es eben nur noch dieses Projekt, und ich kann erst aufhören, wenn ich meine Theorie entweder bestätigt oder ausgeschlossen habe. Im Augenblick muss ich allerdings meine Ideen eher ausschließen und kann kaum etwas von meinen Vorstellungen bestätigen. Darum möchte ich darüber auch nichts erzählen, um keine falschen Theorien in Umlauf zu bringen. Aber es ist faszinierend, was ich mache.“
Hans erkundigte sich interessiert: „Und seit wann bist du wieder in deiner Wissenschaft verloren gegangen?“
Der andere antwortete: „Seit meiner Rückkehr aus der Toskana, das war vor dreieinhalb Wochen, arbeite ich wieder an einigen Hypothesen und hoffe, dass ich mich nicht zu sehr in ein Hirngespinst verlaufen habe.“
Hans nippte von seinem Kaffee, dann erkundigte er sich: „Du bist im Sommer also in Italien gewesen? War das eine Kulturreise?“
Francesco entgegnete kurz: „Nein, ich habe die Weingüter meines Vaters besucht.“
Interessiert wollte Hans wissen: „Du hast Weingüter? Ich dachte, dein Vater hätte dir eine Fabrik hinterlassen.“
Francesco atmete tief durch und entgegnete: „Nun, bei dieser Fabrik war noch einiges an Ländereien dabei.“
Hans zögerte und überwand sich schließlich doch zu fragen: „Es ist jetzt nicht Neugierde, sondern Interesse, wenn ich dich frage, wie deine Bande nach Italien reichen. Empfinde es bitte nicht als aufdringlich.“
Francesco entgegnete ehrlich: „Nein, wenn du mich fragst, stört mich das nicht.“ Er blickte kurz in die Augen seines Gegenübers und erzählte schließlich: „Alles, was ich dir jetzt erzähle, lieber Hans, kennt in Wien nur meine Mutter. Behalte es bitte für dich.“ Nach einer kurzen Pause fuhr Francesco fort: „Mein Vater, Eduardo Corelli, hatte von seinem Vater eine Zuckerraffinerie geerbt, die er nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg wieder ganz von vorne aufbauen hatte müssen. Bald hatte er alle Bauern, die in der Region Zuckerrüben anbauten, unter Vertrag und die Fabrik schrieb Gewinne.
Zudem hatte er von einem Onkel, dessen einziger Sohn im letzten Weltkrieg gefallen war, ein Werk für Automotoren übernommen, das mit namhaften Größen der italienischen Autoindustrie zusammenarbeitete. Das sind die beiden Industriezweige, die in der Po-Ebene liegen und die ich nach dem Tod meines Vaters übernommen habe.“
Hans fragte weiter: „Und wie kommst du dann zu den Weinbergen?“
Francesco erklärte: „Nun, zu den großen Betrieben der Familie Corelli haben ursprünglich die größten Weinbetriebe der Toskana gehört, die aber in den beiden großen Kriegen des letzten Jahrhunderts verloren gegangen waren. Mein Vater war von einem regelrechten Wahn getrieben, alles, was im Krieg verloren gegangen war, der Familie wieder einzuverleiben. So hatte er bereits in wenigen Jahren alle Ländereien zurückgekauft und diese weitläufigen Weingüter in der Toskana waren wieder sein Eigen. Zudem hatte er noch weitere Betriebe aufgekauft, wodurch er bald zum reichsten Grundbesitzer in der Region geworden war. Er investierte, kaufte, baute um und machte Gewinn. Er war wohl zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und jede seiner Ideen ging auf.“
Hans blickte ihn fasziniert an und fragte: „Verstehe, diese Weingüter gehören also auch dir. Und das machst du alles so nebenbei? Das ist schon bewundernswert. Im Prinzip müsstest du nicht mehr arbeiten, oder?“
Francesco entgegnete: „Die Medizin ist aber meine große Liebe, und das wird sie immer bleiben. Diese Güter und Industrien in Italien sind das, was ich von meinem Vater behalten habe, es ist mir sehr wichtig, alles anständig und gewissenhaft zu verwalten.“
Hans erkundigte sich weiter: „Hast du eigentlich Geschwister?“
Francesco schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein, aber ich habe einen Cousin, den ich als Verwalter in meinem prächtigsten Weingut nahe Florenz eingesetzt habe.“
Es blieb kurz still, ehe Hans erneut fragte: „Deine Mutter ist aber Wienerin, oder?“
Francesco nickte und erklärte: „Ja, sie ist ein echtes Wiener Mädel.“
Die Antwort war Hans doch zu wenig, weshalb er nachbohrte: „Wie haben sich deine Eltern kennengelernt?“
Der Gefragte erzählte: „Du weißt doch, meine Mutter ist Innenarchitektin, und sie war einmal sehr erfolgreich in ihrem Beruf. Mein Vater hatte ein wunderschönes, leider total verfallenes Anwesen südlich von Pisa, inmitten seiner Weinregion erstanden, welches er in mehreren Jahren kunstvoll restaurieren ließ. Allein die Lage dieser Villa ist einzigartig. Sie liegt auf einer hohen Felsklippe. Darunter befindet sich unter einem hervorspringenden Felsen eine weitläufige Bucht. Das Haus thront geradezu auf diesem Monolithen, fast 30 Meter über dem Meer. Mein Vater war fasziniert von dieser Lage, von dem Bau und es wurde bald seine Leidenschaft. Unter dem zweistöckigen Gebäude gibt es im Felsen noch weitere versteckte Bereiche.“
Francesco verstummte und wirkte in diesem Augenblick abwesend. Waldenstein war ein guter Beobachter und fühlte, wie sehr Francesco an diesem Haus hängen musste, deshalb unterbrach er die entstandene Stille: „Du bist gerne in diesem Haus?“
Es dauerte, schließlich antwortete der Gefragte: „Es ist mein Zuhause. In diesem Haus bin ich aufgewachsen. Du solltest es sehen. Auf der westlichen Seite endet es über der Klippe, doch die anderen Seiten sind von Gärten und weitläufigen Parkanlagen umgeben, die sich dem sonst hügeligen Land öffnen.
Allein die baulichen Arbeiten für den Umbau sollen, laut Aufzeichnungen, über zweieinhalb Jahre gedauert haben. Mein Vater liebte es, aufwendige Gärten zu besitzen, und orientierte sich teilweise sogar an der Antike, wenn es um die Gestaltung der Brunnen aber auch der Figuren in den Gärten ging. Jedes Stück ist für sich ein Meisterwerk aus weißem Marmor gehauen und entrückt den Besucher in eine andere Welt.
Dieses Anwesen war sein liebstes Projekt, und er steckte ein wahres Vermögen in den Umbau dieser Villa, um sie nach seinen Vorstellungen zu erweitern, zu ergänzen und allmählich zu einem wahren Juwel erstrahlen zu lassen.
Dieses Haus war es auch, weshalb meine Mutter nach Italien reiste. Denn mein Vater hatte für die Innenausstattung des groß angelegten Umbaus eine junge Innenarchitektin aus Wien, die ihm von einem Freund empfohlen worden war, beauftragt. Der Name der Frau war Ellen Buchner, und sie sprach sehr gut Italienisch, was verpflichtend für den Auftrag war. So lernte meine Mutter Eduardo Corelli kennen. Sie lebte ein Jahr lang auf einem Weingut in der Nähe dieses Anwesens, wo sie Eduardos Gast war. Meinem Vater gefiel es einfach, wie genau Ellen seine Vorstellung umsetzen konnte. Er war aber auch sonst durchaus begeistert von ihr, und sehr bald hielt er um ihre Hand an.
Aber auch meine Mutter hat dieser gut aussehende Mann fasziniert, der sie galant umwarb und mit Geschenken zu verwöhnen verstand. Natürlich ist sich meine Mutter wie in einem Märchen vorgekommen, denn sie war aus ärmlichen Verhältnissen kommend, diesen Luxus nicht gewohnt.
Bereits ein Jahr später hat Ellen den Antrag meines Vaters angenommen und dieser hat schließlich eine wahre Traumhochzeit organisiert. Allein das Hochzeitskleid war ein Meisterwerk italienischer Modeschöpfer. Mein Vater hat den Dom von Florenz für das Fest gewählt, der mit weißen Lilien und Callas und roten und weißen Rosen über und über geschmückt war, zumindest zeigen das die Fotos. Das waren auch die Blumen im Brautstrauß. Sogar der Boden war mit einem kunstvollen Blumenteppich ausgelegt, und das den ganzen langen Hauptgang des Domes entlang. Mein Vater war verrückt nach seinem Wiener Mädel, davon erzählen noch immer Freunde von ihm.“
Hans entgegnete: „Nun, das kann man nachvollziehen, denn deine Mutter ist eine warmherzige Frau, das ist unumstritten.“
Francesco lächelte seinen Freund an und entgegnete: „Ja, das ist sie tatsächlich. Tja, und nach drei Jahren kam auch noch der ersehnte Sohn. Es war alles perfekt.“
Der Mann gegenüber von Francesco blickte lange nachdenklich in seinen Kaffee ehe er fragte: „Aber … warum bist du dann in Wien aufgewachsen?“
Der Jüngere zögerte, dann erklärte er: „Mein Vater verunglückte tödlich bei einem Verkehrsunfall als ich acht Jahre war. Danach ging meine Mutter nach Wien zurück.“
Hans fragte eher rhetorisch: „Hatte sie Probleme mit den Verwandten?“
Francesco blieb einen Augenblick ruhig, ehe er wie beiläufig antwortete: „Wo gibt es keine Erbstreitereien? Meine Familie in Italien war da keine Ausnahme. Allerdings war alles geklärt, und ich war der Erbe, was niemand ändern konnte, egal, was man unternommen hätte.“ Er lehnte sich zurück und meinte lächelnd: „Und somit habe ich im Sommer immer sehr viel zu tun, denn ich muss die Bücher kontrollieren, alle Betriebe aufsuchen, das braucht schon einiges an Zeit.“
Hans wollte nun wissen: „Und, hast du auch Zeit für dich? Zum Erholen?“
Francesco nickte und gestand: „Ja, ich ziehe mich gerne in diese Villa am Meer zurück. Dort ist es einfach nur still, man ist fernab von den Empfängen und der lauten Stadt, ja, dort kann ich mich gut erholen. Ich liebe dieses Haus, in dem ich aufgewachsen bin.“
Waldenstein blieb einige Zeit still, doch er hatte noch weitere Fragen: „Deine Mutter lebt jetzt in Wien?“
Der andere erklärte: „Nein, derzeit lebt sie in der Nähe von Barcelona. Der Tod meines Vaters liegt nun mehr als 25 Jahre zurück, und sie hat schließlich den Antrag des langjährigen Freundes Paolo del Negro angenommen. Seit vier Jahren ist sie mit ihm verheiratet und lebt in Spanien, nördlich von Barcelona. Paolo ist ein international anerkannter Architekt und erhält immer wieder große Aufträge, besonders im asiatischen Raum. Meine Mutter und er arbeiten schon seit Jahrzehnten zusammen und jetzt natürlich noch viel mehr. Sie hat diesen Schritt aus Rücksicht auf mich sehr spät gemacht. Paolo ist auch mir ein guter Freund geworden. Ich schätze ihn sehr.“
Hans war überrascht: „Deine Mutter hat noch einmal geheiratet? Das wusste ich nicht.“
Francesco ergänzte: „Ich gönne ihr dieses Glück. Sie war mir immer eine gute Mutter und hat immer auf mich Rücksicht genommen. Ich freue mich, dass sie diesen liebevollen Partner gefunden hat. Wir sehen einander auch immer wieder; einmal besuchen sie mich, dann bin ich wieder einmal ein Wochenende in Spanien. Es ist eine gute Situation.“
Hans war noch immer überrascht: „Warum hast du mir das nie erzählt?“
Der andere entgegnete: „Nun, das Leben meiner Mutter war tatsächlich nie Inhalt unserer Gespräche.“
Beide lachten. Schließlich fragte Hans: „Wie lange warst du in England?“
Francesco entgegnete: „Vier Jahre. Nach dem Medizinstudium studierte ich in England weiter, machte auch meine Facharztprüfung für innere Medizin drüben und studierte dort mehr zum Vergnügen auch Anglistik und englische Literatur.“
Hans antwortete: „Ich weiß, du bist Internist, aber warum hast du dann noch das Fach der Histologie absolviert?“
Francesco überlegte kurz, ehe er gestand: „Weil mich alles fasziniert! Und es hilft mir bei meinen Forschungen.“
Hans nickte nachdenklich.
Francesco nahm nun einen Schluck von seinem Kaffee und war selbst etwas überrascht über sich selbst, da er seinem Freund so vieles erzählt hatte. Deshalb ergänzte er: „Ihr, also du und deine Frau, solltet mich einmal in meinem Haus am Meer besuchen. Es wird euch gefallen.“ Noch ehe der andere antworten konnte, ergänzte Corelli: „Ich werde nächstes Wochenende noch einmal das Haus aufsuchen, da ich noch zwei Verträge unterzeichnen muss. Es wird ein kurzer Aufenthalt werden, also drei bis vier Tage. Begleitet mich einfach. Wir starten am Freitag am Flughafen und kommen am Montagabend wieder zurück. Ihr seid meine Gäste.“
Etwas verlegen entgegnete Hans: „Das kann ich nicht so einfach annehmen!“
Auch wenn sich Hans noch etwas wehrte, Francesco hatte bereits entschieden, seinen Freund mitzunehmen, und so sollte es auch geschehen.

Nach der Rückkehr von dieser kurzen Reise in die Toskana zog sich Francesco Corelli wieder zurück in sein großes Labor und nutzte noch die letzten Tage, bevor der Betrieb auf der Universität wieder losging.

Wie jeden Donnerstag arbeitete Francesco auch an diesem Tag bis spät in die Nacht in seiner privaten Ordination. Obwohl er eine Wahlarztordination betrieb, waren seine Termine ausgebucht. Er war dafür bekannt, dass er sehr genau arbeitete und dass er sich für seine Patienten einsetzte. Kurz vor 21 Uhr waren noch zwei Patienten im Wartezimmer. Francesco ging ins Labor, um zu sehen, ob noch eine Blutabnahme zu machen war. Doch die Krankenschwester bereitete gerade alles für den Botendienst vor.
Francesco fragte: „Sind noch Unterlagen zu unterschreiben?“
Schwester Monika schüttelte den Kopf und erklärte: „Nein, es ist alles fertig.“
Er überlegte kurz, dann erklärte er: „Ich werde die letzten Patienten allein durchschleusen. Sie können für heute abschließen. Aber am Dienstag bräuchte ich wieder Ihr Hilfe, können Sie sich das einteilen?“
Die Schwester nickte und fragte: „Ab wann soll ich da sein, Herr Professor?“
Er überlegte kurz: „16 Uhr wäre ideal.“
Die Schwester notierte alles in ihrem Block und bestätigte: „Kein Problem! Gerne!“
Bevor er in den Behandlungsraum zurückkehrte, sagte er noch: „Danke!“
Während die Schwester die Ordination verließ, rief er den nächsten Patienten auf. Der letzte Patient war schließlich ein älterer Mann. Geduldig hörte sich Francesco die Geschichte des alten Hofrates an, so wie er es immer tat, wenn dieser kam. Es waren auch immer die gleichen Geschichten, aber der Hofrat konnte diese nicht vielen Menschen erzählen, also erzählte er sie seinem netten Arzt, der ihn ernst nahm. Deshalb nahm er sich ja auch immer den letzten Termin, damit danach noch Zeit war. Das Gespräch wirkte immer wieder gut als eigentliche Therapie, denn nach jedem Arztbesuch ging es dem Mann besser.
Es war nach 22 Uhr, als Francesco die Ordination verließ und nachdenklich durch die Gassen des ersten Bezirks schlenderte. Seine Gedanken beschäftigten sich mit einer bestimmten Gruppe von Blutzellen, den T-Lymphozyten, die wohl beim Verlauf des allergischen Asthmas sehr wichtig waren. Sie fokussierten sich auf ein Gen, das ein gewisses Eiweiß produziert. Wenn …
Sein Handy läutete. Er nahm es aus seiner Jacke heraus und meldete sich. Schon hörte er seinen Freund Michael Schober reden: „Hier ist Michael. Bist du noch in der Ordination?“
Corelli entgegnete: „Nein, ich bin schon auf dem Heimweg. Warum?“
Der andere zögerte, ehe er fortfuhr: „Das ist blöd, ich bin auf dem Weg zu dir.“
Francesco fragte besorgt: „Bist du krank?“
Michael erklärte: „Aber nein, ich bin doch nicht krank. Vielmehr habe ich einen Fall, bei dem ich nicht weiterkomme. Könntest du mir da eine Sache erklären?“
Francesco wollte wissen: „Worum geht es?“
Michael bat: „Nicht am Telefon. Ich bin mit dem Wagen unterwegs zu dir. Kann ich dich irgendwo auflesen?“
Francesco überlegte kurz, dann nannte er die Straße.
Wenige Augenblicke später bog Michaels Bentley in die Gasse ein und blieb neben Corelli stehen, wartete, bis dieser eingestiegen war, und fuhr schließlich weiter.

Während der Fahrt erklärte der Anwalt, worum es ging: „Ich habe kurzfristig heute einen Klienten übernommen, und da gibt es einige medizinische Details, die ich vielleicht verstehen sollte, da morgen bereits die erste Verhandlung sein wird.“
Francesco nickte und fragte: „Arbeitsrecht? Ich nehme an, du hast die Akte in der Kanzlei?“
Michael antwortete: „Ja, und einige Befunde. Natürlich ist das alles so detailliert, und ohne genauere Ausführungen weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Das heißt, einige Dinge sind schon klar, aber dann wird mir das Fachchinesisch doch zu viel.“
Francesco entgegnete: „Ist schon gut. Wir werden das gleich haben!“
Nun, von „gleich haben“ war in diesem Fall nicht die Rede, denn Francesco musste seinem Freund tatsächlich einige Dinge erklären, damit dieser die Gegebenheiten verstand. Aber sie waren für diesen Fall von großer Bedeutung.
So war es schließlich nach Mitternacht, als die beiden Männer die Kanzlei verließen und Michael seinen Freund zu dessen Wohnung brachte. Obwohl es nun schon sehr spät war, setzte sich Francesco noch an sein Projekt und arbeitete weiter an seiner Theorie, die ihn immer mehr faszinierte. So war es schließlich nach 3 Uhr morgens, als er sich dazu zwang, doch ins Bett zu gehen. Aber auch dort hing er noch seinen Gedanken nach, ehe er in einen erholsamen Schlaf kippte, aus welchem ihn kurz vor 7 Uhr der Wecker riss.

5 Sterne
Spannender musikalisch-medizinischer Krimi  - 11.04.2018
Christoph F.

In einem Zug durchgelesen, da so spannend verfasst! Großes Lob an den Autor!

5 Sterne
Absolut Lesenwert - 17.08.2017
Sarah Frei

Zwei berührende Schicksale in spannender und humorvollen Art erzählt, gut lesbar. Freu mich schon sehr auf den 2. Band, der hoffentlich bald erscheint.

5 Sterne
Einfach genial - 17.08.2017
Gustav Hermann

Spannender politischer Krimi. Fast könnte man denken, man erkennt Regionalpolitiker der östlichen Bundesländer wieder. Spannende und fesselnde Lektüre, wunderbare humorvolle Sprache.

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