Der vierte Brief

Der vierte Brief

Auf den Spuren einer Liebe

Oliver Anwar & Marie-Françoise de Merveilleux


EUR 19,90
EUR 11,99

Format: 14 x 19,5 cm
Seitenanzahl: 388
ISBN: 978-3-903155-04-6
Erscheinungsdatum: 25.06.2018

Leseprobe:

Vorwort


Die beiden Autoren möchten sich gerne im Sinne einer Erklärung zu den zwei Bereichen ihres Buches äussern:
Einerseits geht es um den Charakter eines Tagebuchromans und andrerseits um den zunächst sicher befremdenden “Dialog mi Engelkarten“.

Tagebuchromane wie der hier vorliegende sind ein Genre für sich. Sie halten sich nicht bedingungslos an die Vorlagen der offiziellen Rechtschreibungslehre. Sie folgen dem Fluss der Alltags-Sprache, sind somit, wie es sich eben im Tagebuchführen ergibt, zunächst nur gerade einmal vor sich hingedacht und spontan notiert, recht eigentlich nicht geschriebene sondern, pointiert gesagt, gesprochene Schriftwerke.
Was selbstverständlich nicht ohne Konsequenzen bleibt. Es ergeben sich Abweichungen, die nebst anderem insbesondere im Bereich der Interpunktion, zunächst stutzig machen, aber auch kritisiert werden können.

Die beiden Autoren, aber vermutlich auch jene die sich diesbezüglich achten, sind der Auffassung, dass die Alltags-Sprache, am Rande vermerkt auch recht oft konzeptlos, und sicher das Regionalsprachliche weit weniger Kommata sprich Atempausen setzt als die Schriftsprache, wo nicht selten, dies wiederum die Meinung der Autoren, damit sogar übertrieben wird.


Dem Verfasser wie auch der Verfasserin war es ein Anliegen, den Stil-Charakter des Tagebuchs so weit als zumutbar zu wahren, und sie hoffen beide, dass die Leserschaft es wird akzeptieren können.
Was hinwiederum den Dialog mit den Engelkarten betrifft, so sagen wir einfach:
Lassen Sie sich überraschen!








Prolog


Ein Dialog mit Engelkarten, die Maude geschenkt bekam

Engel! Bitte! Helft! Dieser Anruf vorhin! Bei mir sind’s die Beine - wie konnte ich nur! Er sagt er ist an Krebs erkrankt, und ich sage nur gerade: Bei mir sind’s die Beine …
Bescheidenheit? …
Auch das … unverständlich … Doch, vielleicht -
- Kraft
Oh, jetzt! Ja, genau! Genau so war es ganz bestimmt. Dass ich seine Krankheit bagatellisieren, sie auf die Ebene der heilbaren bringen wollte, sagen, dass das heutzutage anders ist als noch vor einiger Zeit. Und dass ein Philipp Kraftan damit schon fertig wird. Ungefähr so. Trotzdem. Es war schrecklich. Unverzeihlich. Ich war - ich war verstört, glaube ich. Als ich abhob und es war Philipp, blieb mir der Atem weg.
- Erschaffe deine Wirklichkeit - Verstehen
Die Kraft der Gedanken, ich weiss. Aber nein, ich schaffte es nicht. Philipp vielleicht, er konnte sich vorbereiten, aber ich - die Zeit dazu, so im Gespräch und so unerwartet, war ja zu kurz. Verstehen hingegen - hatte auch er Verständnis, so wie Ihr? Er kennt mich ja, weiss, wie rasch ich unbeholfen werde.
- Gelassenheit
Blieb er das? Gottseidank. Was hingegen mich betrifft - unmöglich! Dieser Schluss dann eben, oh Gott! Gilt er?
- Kraft - Freude - Nichts tun
Nichts tun? … Wer? Philipp? Oder ich?
- Entscheidung - Freundschaft

Ich - wie soll ich das verstehen? … Oder doch, vielleicht: Nichts tun, Freude. Hatte Philipp einen Dank erwartet, ich meine - die Ballons auf meiner Terrasse samstag nachmittag … Und weil keiner kam, auch jetzt am Telefon nicht, entschied er sich, den Anruf zu beenden? Freundschaft verstehe ich allerdings nach wie vor nicht …


vor dem Schlafengehen
Warum rief er überhaupt an? Auf den Brief hin, den ich ihm nach jener Abdankung schrieb? Weil ich diese Bemerkung wegen Lara machte? Ich machte sie nur am Rande und explizit nicht als Vorwand dafür, dass ich ihm schrieb, fragte nur kurz, er ist ja schliesslich Arzt.
- Wunder - Informiere dich - Entzücken - Zärtlichkeit
Also doch? Nicht Lara, sondern die Ballons? Die Ballons am Samstag, auf meiner Terrase? Dieses Liebespärchen, ist das gemeint? Rief er deswegen an, wollte er wissen, ob ich Freude hatte? Ob ich dieses Ballett - anders kann man es nicht benennen - überhaupt mitbekam und Freude hatte?
- Mut! - Tatkraft - Dankbarkeit
Dann sehe ich es also richtig, Philipp hatte eine Reaktion von mir erwartet. Eine sofortige vielleicht, obwohl es erst drei Tage sind seither, weil er sich sicher war, dass ich diesen Event problemlos würde einordnen können. Hatte dieser schreckliche Schluss mit Ungeduld zu tun? Sie ist unterwegs, brieflich, wird aber erst morgen bei ihm eintreffen. Ich hätte es vielleicht am Telefon erwähnen sollen aber ich mochte nicht. Scheute mich. Zuviel Ungewisses.

Dass ich Philipp nach jener Abdankung schrieb nach so manchen Jahren der Trennung - ausserdem v. Barlans Empfehlung kurz zuvor und unser Pastor dann gleich darauf mit der akkurat gleichen - ich konnte nicht anders. Sein Gesichtsausdruck, als sie die Strasse zum Parkplatz hochkamen, eigentlich schmerzverzerrt, und dass er so angestrengt meinem Wagen entgegenschaute - nein, ich konnte unmöglich anders.


stand wieder auf, mit Schlafen ist nichts
Ist es wirklich denkbar, dass dieser Tanz der Ballons und Philipp miteinander zu tun haben?
- Schöpferkraft - Kraft
Kraftan? Philipp Kraftan?!! Ich glaub’s nicht … Doch, natürlich. Es war Philipps Werk, eigentlich dachte ich mir von Anfang an nichts anderes. Auch wenn man es kaum fassen kann, Wind und Luftballons befehlen, das gibt’s doch nicht!
- Gelassenheit - Hilfe
Allerdings. Um so etwas in die Wege zu leiten, braucht es gute Nerven. Aber Hilfe? Hatte er Hilfe, eine Hilfsperson vielleicht? Und natürlich Hilfe wie und wozu?
- Teilen
Die Frau unter meinem Fenster!! Die laut vor sich hinredete! War sie die Hilfsperson? Oder meint Ihr einfach ganz generell Mitteilen? Mitteilen wie auch immer? Wie Philipp mit seinen Botschaften? Er teilte sich mit Vorliebe nicht in Worten sondern in Bildern mit, in Darstellungen genauer gesagt, nach unserer Trennung überhaupt nur noch so. Ganz einfach war das allerdings nicht, ich musste oft und muss auch diesmal rätseln.
- Entscheidung - Fördern
Ich - schwierig. Lege mich am besten wieder hin, die Augen fallen mir zu. Nein, Moment, ich glaube es wird mir klar: wollte - oder sollte! - die Frau mich zu einer Entscheidung veranlassen? Mich auf die Terrasse hinaus “befördern“? Ich hätte diesen entzückenden Pas de Deux ja verpassen können!
Drei Uhr. Ins Bett. Schlafen!


gleichentags, nach der Siesta
Hab schon eine gewisse Beziehung zu den Karten, sie sprechen mich mehr und mehr an.
- Schönheit - Freude
Sprecht Ihr von meinem Brief, diesem zweiten meine ich, von dem ich am Telefon nichts sagte, mit meinem Dank für den Ballon-Event? Obwohl ich das so ausdrücklich nicht sagen konnte, denn hundertprozentig steht es ja nicht fest, dass es sich wirklich um eine Inszenierung handelte mit Philipp als Regisseur. Aber dass was ich schrieb allenfalls einem Dank gleichkommt, begriff er bestimmt. Bekam er ihn also und freute sich?
- Trost - Schaffe Klarheit
Wirklich? Ist ihm jetzt klar, wie es noch immer um mich steht und es ist gut für ihn? Ich meine, ich schilderte es - nun, doch recht lyrisch, zärtlich sogar: Wie ich morgens darauf die Ballons, die ich tags zuvor vom Strauch an dem sie hängen geblieben waren weg ins Wohnzimmer geholt hatte, friedlich nebeneinander schlummernd auf den Teppich hingesunken vorfand. Ich bin mir sicher und Ihr bestätigt es, dass er verstand, was ich damit sagen wollte.
Diese zwei Ballons notabene - weiss Gott! Ein richtiges Liebespärchen, rosa und zartblau, der eine um einen Kopf höher als der andere aneinandergebunden … Auch die Leute oben auf dem Balkon - sie sagten zwar nachher, auf dem Schulhausplatz ausgangs der Ortschaft finde ein Kinderfest statt, doch das sind gute zehn Geh-Minuten bis hieher, und von der Durchgangsstrasse über den ganzen riesigen Vorplatz bis hinters Haus und erst noch ausgerechnet um die Ecke auf meine Terrasse, vor mein Wohnzimmer - so gesehen, ich weiss nicht! - also die Leute oben, sie waren ganz entzückt! Und ich - entzückt ist nicht das zutreffende Wort, doch, natürlich, aber vor allem war ich einfach entgeistert, aufgewühlt, voller Fragen. Und dennoch glücklich, ja, das auf jeden Fall. Glücklich drei Tage lang … Und jetzt? Dieser Anruf gestern! Der Schluss dann. Der mich verstört zurückliess, verstörter als ich es das ganze Gespräch hindurch schon gewesen war. Noch einmal: gilt er? Ich kam über Euch auf eine Erklärung, bin aber nach wie vor skeptisch.
- Freiheit - Flexibilität
Ihr meint ich soll Abstand nehmen davon? Es vergessen?
- Neubeginn - Information
Ja, wirklich. Alles, was zwischen Philipp und mir ist, bekam neues Leben. Und in Sachen Information: wie gesagt, das tat ich, er weiss jetzt was er, falls, wissen wollte.
- Unterscheiden
Unterscheiden. Nachdenken, überlegen? Ja, natürlich, was sagte ich eben. Ein Neubeginn kommt nicht in Frage, das war die Information, von Philipp an mich, nicht umgekehrt. Philipp ist ernsthaft erkrankt, mein Gott …
Oder könnte es eben doch heissen, er möchte mich gerne einmal besuchen und ich soll ihn informieren, das heisst einladen? Der Gewinnansager v. Barlan kürzlich und gleich darauf unser Pastor! Mit ihrer Empfehlung … Und dass wir neuerdings so nahe beieinander wohnen! …
Vergessen hingegen vorhin - so einfach ist das nicht! Dieser Schluss, gestern am Telefon, abrupt,was nur abrupt heisst, ich höre es immer noch. Immer wieder.
- Teilen - Was willst du wirklich - Flexibilität
Schwierig … Eure Antworten sind sehr lakonisch. Mir bei Euch ein Tagesmotto erfragen wie ich es damals einige Tage lang tat, ist das Eine, mithilfe dieser Karten jedoch mit Euch reden, das muss ich erst lernen. Tatsache ist ich muss unbedingt mit jemandem reden können, ich bin in hellem Aufruhr, eigentlich seit Wochen schon, seit jener Abdankung. Aber mit wem? Was zwischen Philipp und mir ist, hat in jedem Fall geheim zu bleiben. Und nun dieser Anruf noch. Und dieser Brief, den er gestern erhielt, hundertprozentig sicher ist es ja eben doch nicht, dass es sich mit diesen Ballons tatsächlich um einen von Philipp ausgedachten und wie auch immer realisierten Event handelte - was wird der noch zur Folge haben. Ich hätte ihn nicht absenden sollen, er war zu - nun, zu persönlich.
Vielleicht sollte ich während zwei oder drei Tagen eine Pause einlegen, alles ruhen lassen, auch diese Gespräche mit Euch. Sie verlangen mir viel ab, ausserdem weiss ich ja nie, ob ich mit meiner Interpretation jeweils richtig liege.
Mitternacht! Hab noch nichts gegessen, aber ich muss zu Bett, fühle mich wie gerädert.


tags darauf, bevor ich wegfahre, hob eine Karte ab
- Hingehen - Schauen - Tun
Philipp? Eine andere Version, denkt Ihr vielleicht? Dass er einfach einmal anrufen wollte, schauen, was dabei herauskommt und dann handeln?
- Vertrauen
Nein, doch nicht so vage? Vertraute er auf ein positives Resultat? O Gott, das war es nicht. Es war verheerend …
- Mitgefühl
Ich - Doch, ja, ich verstehe. Das war es, verheerend, und ich soll begreifen, dass er enttäuscht war. Vielleicht empfand er es auch, dass ich mich kaum zu seiner Erkrankung äusserte, ihn nur gerade fragte ob er Schmerzen habe und es dabei bewenden liess, als er verneinte.
- Ergreife die Initiative
Diese Karten! unglaublich … Genau das tat ich nämlich bereits. Schrieb vorhin nochmals ein Briefchen, nur kurz, nehm es dann mit.
Muss mich bereit machen, Sandra ist froh, wenn ich pünktlich bin. Sie gehen aus.


tags darauf, in K. nach dem Frühstück, Lara schläft
Ich wusste, dass ich es ohne die Karten nicht schaffen würde, nahm sie mit. Ich werde zu sehr von Fragen bestürmt, bin froh, wenn ich darüber reden kann. Immer noch dieser Schluss, dienstag am Telefon. Rief Philipp wirklich aus Ungeduld an, weil er von mir keine Reaktion auf die Ballons erhalten hatte, und beendete den Anruf auf diese seltsame Weise, weil ich auch am Telefon nichts davon sagte?
- Freundschaft - Was willst du wirklich?
Merkwürdig. Entnahm er meinem Brief, dem ersteren meine ich, nach jener Abdankung, nur gerade, dass ich mich ihm wohl freundschaftlich verbunden fühle, aber nicht anders, und das will er nicht? So wenig wie ich, und das müsste er ja wissen! Lieber nichts als das, sagte ich einmal zu ihm.
- Offenheit
Oder hatte er im Sinn gehabt und auch von mir erwartet, dass wir offen über uns beide und wie wir zueinander stehen reden? So verstockt jedoch, wie ich mich verhielt - so bockig, so unmöglich …
- Umwandlung
Eben. Vielleicht dachte er, da ist nichts mehr. Dachte, obwohl ich es klar dargelegt hatte: sie schreibt wegen dieser kleinen Lara. Er fragte ja auch danach, liess das Thema aber sogleich fallen als ich, stockend und mit nur wenigen Worten, erklärte, worum es ging. Bloss - ich schrieb doch sehr deutlich, dass er und Lara die mir am nahestehendsten Menschen sind. Sagte ihm das nichts? Vielleicht hätte ich doch schreiben sollen: die meinem Herzen am nahe stehendsten. Aber das tat ich bewusst nicht. Fürchtete, er würde das, je nachdem, so genau gar nicht wissen wollen.
- Freiheit - Informiere dich - Synthese
Das klingt, als hätte er Verschiedenes in einen Zusammenhang bringen wollen. Es stimmt natürlich, wir hatten schon seit Jahren keinen Kontakt mehr miteinander, konkret jedenfalls nicht. Vielleicht denkt er es sind neue Elemente dazu gekommen. Freiheit hingegen …
- Zielsetzung
Was auch immer, es sei. Will noch Ordnung machen in der Küche, Sandra wird es schätzen.
Sie kommt heute früher heim.


während Laras Mittagsschlaf
Verzeiht, aber ich muss nochmals fragen. Mein Brief gestern. Ich fühle mich immer noch im Dilemma. Diese Ballon-Sache, ich weiss nicht. Es war zweifellos purer Zufall, etwas anderes ist undenkbar, also konnte sich Philipp nur fragen was ist mit ihr los, was schreibt sie da.
- Frieden - Überschlafen - Mitgefühl
Wirklich? Euch so zu hören beruhigt mich. Dann wäre alles in Ordnung? Er hat den Brief erhalten, las ihn auch schon und weiss jetzt, falls er wirklich deswegen anrief, dass ich diesen Tanz der Ballons sah und was ich dabei empfand, weiss also, dass sich bei mir nichts gewandelt hat? Und falls das Ganze mit ihm nichts zu tun hat, dann denkt er sich vielleicht einfach, dass ich etwas Schönes erlebte und es ihm erzählen wollte? Ja, Ihr sprecht sogar von Mitgefühl - er kann mitfühlen? Seh ich das alles richtig?
- Teilen - Was willst du wirklich?
Nein? Ist er sich immer noch unsicher? Las das alles und stellte sich diese Frage? An wen? An mich?
- Umwandlung
Oder gar an sich selber? Weil er sich nicht im Klaren ist, was er selber will?
- Stille - Sei eindeutig
Schwierig. Vielleicht wollt Ihr sagen, er weiss was er will, aber er lässt es, Stille, nicht an sich heran. Ich meine - dieser Schluss am Telefon. Er war weiss Gott eindeutig, eindeutiger kann man gar nicht sein.

- Spass
Genau!! Genau das meine ich auch. Ich kann es noch heute nicht ernst nehmen, da stimmte doch etwas einfach nicht! Zweimal hintereinander dieser Wunsch, ausserdem ohne Atempause, alles ohne Unterbruch aneinandergereiht und rein mechanisch, emotionslos!
Umwandlung hingegen, als ich vorhin fragte ob es mich betreffe - warum? Eigentlich dürfte das jetzt, nach allem, was wir in den vergangenen Tagen besprachen, über die Karten mit Euch - oder sogar mit Philipp direkt? - doch in jeder Hinsicht klar sein.
Lassen wir’s, es könnte ja sein, dass man auch einmal eine falsche Karte zieht. Spass übrigens - gibt es das wirklich, dass Engel von Spass reden? Unglaublich.

Vorwort


Die beiden Autoren möchten sich gerne im Sinne einer Erklärung zu den zwei Bereichen ihres Buches äussern:
Einerseits geht es um den Charakter eines Tagebuchromans und andrerseits um den zunächst sicher befremdenden “Dialog mi Engelkarten“.

Tagebuchromane wie der hier vorliegende sind ein Genre für sich. Sie halten sich nicht bedingungslos an die Vorlagen der offiziellen Rechtschreibungslehre. Sie folgen dem Fluss der Alltags-Sprache, sind somit, wie es sich eben im Tagebuchführen ergibt, zunächst nur gerade einmal vor sich hingedacht und spontan notiert, recht eigentlich nicht geschriebene sondern, pointiert gesagt, gesprochene Schriftwerke.
Was selbstverständlich nicht ohne Konsequenzen bleibt. Es ergeben sich Abweichungen, die nebst anderem insbesondere im Bereich der Interpunktion, zunächst stutzig machen, aber auch kritisiert werden können.

Die beiden Autoren, aber vermutlich auch jene die sich diesbezüglich achten, sind der Auffassung, dass die Alltags-Sprache, am Rande vermerkt auch recht oft konzeptlos, und sicher das Regionalsprachliche weit weniger Kommata sprich Atempausen setzt als die Schriftsprache, wo nicht selten, dies wiederum die Meinung der Autoren, damit sogar übertrieben wird.


Dem Verfasser wie auch der Verfasserin war es ein Anliegen, den Stil-Charakter des Tagebuchs so weit als zumutbar zu wahren, und sie hoffen beide, dass die Leserschaft es wird akzeptieren können.
Was hinwiederum den Dialog mit den Engelkarten betrifft, so sagen wir einfach:
Lassen Sie sich überraschen!








Prolog


Ein Dialog mit Engelkarten, die Maude geschenkt bekam

Engel! Bitte! Helft! Dieser Anruf vorhin! Bei mir sind’s die Beine - wie konnte ich nur! Er sagt er ist an Krebs erkrankt, und ich sage nur gerade: Bei mir sind’s die Beine …
Bescheidenheit? …
Auch das … unverständlich … Doch, vielleicht -
- Kraft
Oh, jetzt! Ja, genau! Genau so war es ganz bestimmt. Dass ich seine Krankheit bagatellisieren, sie auf die Ebene der heilbaren bringen wollte, sagen, dass das heutzutage anders ist als noch vor einiger Zeit. Und dass ein Philipp Kraftan damit schon fertig wird. Ungefähr so. Trotzdem. Es war schrecklich. Unverzeihlich. Ich war - ich war verstört, glaube ich. Als ich abhob und es war Philipp, blieb mir der Atem weg.
- Erschaffe deine Wirklichkeit - Verstehen
Die Kraft der Gedanken, ich weiss. Aber nein, ich schaffte es nicht. Philipp vielleicht, er konnte sich vorbereiten, aber ich - die Zeit dazu, so im Gespräch und so unerwartet, war ja zu kurz. Verstehen hingegen - hatte auch er Verständnis, so wie Ihr? Er kennt mich ja, weiss, wie rasch ich unbeholfen werde.
- Gelassenheit
Blieb er das? Gottseidank. Was hingegen mich betrifft - unmöglich! Dieser Schluss dann eben, oh Gott! Gilt er?
- Kraft - Freude - Nichts tun
Nichts tun? … Wer? Philipp? Oder ich?
- Entscheidung - Freundschaft

Ich - wie soll ich das verstehen? … Oder doch, vielleicht: Nichts tun, Freude. Hatte Philipp einen Dank erwartet, ich meine - die Ballons auf meiner Terrasse samstag nachmittag … Und weil keiner kam, auch jetzt am Telefon nicht, entschied er sich, den Anruf zu beenden? Freundschaft verstehe ich allerdings nach wie vor nicht …


vor dem Schlafengehen
Warum rief er überhaupt an? Auf den Brief hin, den ich ihm nach jener Abdankung schrieb? Weil ich diese Bemerkung wegen Lara machte? Ich machte sie nur am Rande und explizit nicht als Vorwand dafür, dass ich ihm schrieb, fragte nur kurz, er ist ja schliesslich Arzt.
- Wunder - Informiere dich - Entzücken - Zärtlichkeit
Also doch? Nicht Lara, sondern die Ballons? Die Ballons am Samstag, auf meiner Terrase? Dieses Liebespärchen, ist das gemeint? Rief er deswegen an, wollte er wissen, ob ich Freude hatte? Ob ich dieses Ballett - anders kann man es nicht benennen - überhaupt mitbekam und Freude hatte?
- Mut! - Tatkraft - Dankbarkeit
Dann sehe ich es also richtig, Philipp hatte eine Reaktion von mir erwartet. Eine sofortige vielleicht, obwohl es erst drei Tage sind seither, weil er sich sicher war, dass ich diesen Event problemlos würde einordnen können. Hatte dieser schreckliche Schluss mit Ungeduld zu tun? Sie ist unterwegs, brieflich, wird aber erst morgen bei ihm eintreffen. Ich hätte es vielleicht am Telefon erwähnen sollen aber ich mochte nicht. Scheute mich. Zuviel Ungewisses.

Dass ich Philipp nach jener Abdankung schrieb nach so manchen Jahren der Trennung - ausserdem v. Barlans Empfehlung kurz zuvor und unser Pastor dann gleich darauf mit der akkurat gleichen - ich konnte nicht anders. Sein Gesichtsausdruck, als sie die Strasse zum Parkplatz hochkamen, eigentlich schmerzverzerrt, und dass er so angestrengt meinem Wagen entgegenschaute - nein, ich konnte unmöglich anders.


stand wieder auf, mit Schlafen ist nichts
Ist es wirklich denkbar, dass dieser Tanz der Ballons und Philipp miteinander zu tun haben?
- Schöpferkraft - Kraft
Kraftan? Philipp Kraftan?!! Ich glaub’s nicht … Doch, natürlich. Es war Philipps Werk, eigentlich dachte ich mir von Anfang an nichts anderes. Auch wenn man es kaum fassen kann, Wind und Luftballons befehlen, das gibt’s doch nicht!
- Gelassenheit - Hilfe
Allerdings. Um so etwas in die Wege zu leiten, braucht es gute Nerven. Aber Hilfe? Hatte er Hilfe, eine Hilfsperson vielleicht? Und natürlich Hilfe wie und wozu?
- Teilen
Die Frau unter meinem Fenster!! Die laut vor sich hinredete! War sie die Hilfsperson? Oder meint Ihr einfach ganz generell Mitteilen? Mitteilen wie auch immer? Wie Philipp mit seinen Botschaften? Er teilte sich mit Vorliebe nicht in Worten sondern in Bildern mit, in Darstellungen genauer gesagt, nach unserer Trennung überhaupt nur noch so. Ganz einfach war das allerdings nicht, ich musste oft und muss auch diesmal rätseln.
- Entscheidung - Fördern
Ich - schwierig. Lege mich am besten wieder hin, die Augen fallen mir zu. Nein, Moment, ich glaube es wird mir klar: wollte - oder sollte! - die Frau mich zu einer Entscheidung veranlassen? Mich auf die Terrasse hinaus “befördern“? Ich hätte diesen entzückenden Pas de Deux ja verpassen können!
Drei Uhr. Ins Bett. Schlafen!


gleichentags, nach der Siesta
Hab schon eine gewisse Beziehung zu den Karten, sie sprechen mich mehr und mehr an.
- Schönheit - Freude
Sprecht Ihr von meinem Brief, diesem zweiten meine ich, von dem ich am Telefon nichts sagte, mit meinem Dank für den Ballon-Event? Obwohl ich das so ausdrücklich nicht sagen konnte, denn hundertprozentig steht es ja nicht fest, dass es sich wirklich um eine Inszenierung handelte mit Philipp als Regisseur. Aber dass was ich schrieb allenfalls einem Dank gleichkommt, begriff er bestimmt. Bekam er ihn also und freute sich?
- Trost - Schaffe Klarheit
Wirklich? Ist ihm jetzt klar, wie es noch immer um mich steht und es ist gut für ihn? Ich meine, ich schilderte es - nun, doch recht lyrisch, zärtlich sogar: Wie ich morgens darauf die Ballons, die ich tags zuvor vom Strauch an dem sie hängen geblieben waren weg ins Wohnzimmer geholt hatte, friedlich nebeneinander schlummernd auf den Teppich hingesunken vorfand. Ich bin mir sicher und Ihr bestätigt es, dass er verstand, was ich damit sagen wollte.
Diese zwei Ballons notabene - weiss Gott! Ein richtiges Liebespärchen, rosa und zartblau, der eine um einen Kopf höher als der andere aneinandergebunden … Auch die Leute oben auf dem Balkon - sie sagten zwar nachher, auf dem Schulhausplatz ausgangs der Ortschaft finde ein Kinderfest statt, doch das sind gute zehn Geh-Minuten bis hieher, und von der Durchgangsstrasse über den ganzen riesigen Vorplatz bis hinters Haus und erst noch ausgerechnet um die Ecke auf meine Terrasse, vor mein Wohnzimmer - so gesehen, ich weiss nicht! - also die Leute oben, sie waren ganz entzückt! Und ich - entzückt ist nicht das zutreffende Wort, doch, natürlich, aber vor allem war ich einfach entgeistert, aufgewühlt, voller Fragen. Und dennoch glücklich, ja, das auf jeden Fall. Glücklich drei Tage lang … Und jetzt? Dieser Anruf gestern! Der Schluss dann. Der mich verstört zurückliess, verstörter als ich es das ganze Gespräch hindurch schon gewesen war. Noch einmal: gilt er? Ich kam über Euch auf eine Erklärung, bin aber nach wie vor skeptisch.
- Freiheit - Flexibilität
Ihr meint ich soll Abstand nehmen davon? Es vergessen?
- Neubeginn - Information
Ja, wirklich. Alles, was zwischen Philipp und mir ist, bekam neues Leben. Und in Sachen Information: wie gesagt, das tat ich, er weiss jetzt was er, falls, wissen wollte.
- Unterscheiden
Unterscheiden. Nachdenken, überlegen? Ja, natürlich, was sagte ich eben. Ein Neubeginn kommt nicht in Frage, das war die Information, von Philipp an mich, nicht umgekehrt. Philipp ist ernsthaft erkrankt, mein Gott …
Oder könnte es eben doch heissen, er möchte mich gerne einmal besuchen und ich soll ihn informieren, das heisst einladen? Der Gewinnansager v. Barlan kürzlich und gleich darauf unser Pastor! Mit ihrer Empfehlung … Und dass wir neuerdings so nahe beieinander wohnen! …
Vergessen hingegen vorhin - so einfach ist das nicht! Dieser Schluss, gestern am Telefon, abrupt,was nur abrupt heisst, ich höre es immer noch. Immer wieder.
- Teilen - Was willst du wirklich - Flexibilität
Schwierig … Eure Antworten sind sehr lakonisch. Mir bei Euch ein Tagesmotto erfragen wie ich es damals einige Tage lang tat, ist das Eine, mithilfe dieser Karten jedoch mit Euch reden, das muss ich erst lernen. Tatsache ist ich muss unbedingt mit jemandem reden können, ich bin in hellem Aufruhr, eigentlich seit Wochen schon, seit jener Abdankung. Aber mit wem? Was zwischen Philipp und mir ist, hat in jedem Fall geheim zu bleiben. Und nun dieser Anruf noch. Und dieser Brief, den er gestern erhielt, hundertprozentig sicher ist es ja eben doch nicht, dass es sich mit diesen Ballons tatsächlich um einen von Philipp ausgedachten und wie auch immer realisierten Event handelte - was wird der noch zur Folge haben. Ich hätte ihn nicht absenden sollen, er war zu - nun, zu persönlich.
Vielleicht sollte ich während zwei oder drei Tagen eine Pause einlegen, alles ruhen lassen, auch diese Gespräche mit Euch. Sie verlangen mir viel ab, ausserdem weiss ich ja nie, ob ich mit meiner Interpretation jeweils richtig liege.
Mitternacht! Hab noch nichts gegessen, aber ich muss zu Bett, fühle mich wie gerädert.


tags darauf, bevor ich wegfahre, hob eine Karte ab
- Hingehen - Schauen - Tun
Philipp? Eine andere Version, denkt Ihr vielleicht? Dass er einfach einmal anrufen wollte, schauen, was dabei herauskommt und dann handeln?
- Vertrauen
Nein, doch nicht so vage? Vertraute er auf ein positives Resultat? O Gott, das war es nicht. Es war verheerend …
- Mitgefühl
Ich - Doch, ja, ich verstehe. Das war es, verheerend, und ich soll begreifen, dass er enttäuscht war. Vielleicht empfand er es auch, dass ich mich kaum zu seiner Erkrankung äusserte, ihn nur gerade fragte ob er Schmerzen habe und es dabei bewenden liess, als er verneinte.
- Ergreife die Initiative
Diese Karten! unglaublich … Genau das tat ich nämlich bereits. Schrieb vorhin nochmals ein Briefchen, nur kurz, nehm es dann mit.
Muss mich bereit machen, Sandra ist froh, wenn ich pünktlich bin. Sie gehen aus.


tags darauf, in K. nach dem Frühstück, Lara schläft
Ich wusste, dass ich es ohne die Karten nicht schaffen würde, nahm sie mit. Ich werde zu sehr von Fragen bestürmt, bin froh, wenn ich darüber reden kann. Immer noch dieser Schluss, dienstag am Telefon. Rief Philipp wirklich aus Ungeduld an, weil er von mir keine Reaktion auf die Ballons erhalten hatte, und beendete den Anruf auf diese seltsame Weise, weil ich auch am Telefon nichts davon sagte?
- Freundschaft - Was willst du wirklich?
Merkwürdig. Entnahm er meinem Brief, dem ersteren meine ich, nach jener Abdankung, nur gerade, dass ich mich ihm wohl freundschaftlich verbunden fühle, aber nicht anders, und das will er nicht? So wenig wie ich, und das müsste er ja wissen! Lieber nichts als das, sagte ich einmal zu ihm.
- Offenheit
Oder hatte er im Sinn gehabt und auch von mir erwartet, dass wir offen über uns beide und wie wir zueinander stehen reden? So verstockt jedoch, wie ich mich verhielt - so bockig, so unmöglich …
- Umwandlung
Eben. Vielleicht dachte er, da ist nichts mehr. Dachte, obwohl ich es klar dargelegt hatte: sie schreibt wegen dieser kleinen Lara. Er fragte ja auch danach, liess das Thema aber sogleich fallen als ich, stockend und mit nur wenigen Worten, erklärte, worum es ging. Bloss - ich schrieb doch sehr deutlich, dass er und Lara die mir am nahestehendsten Menschen sind. Sagte ihm das nichts? Vielleicht hätte ich doch schreiben sollen: die meinem Herzen am nahe stehendsten. Aber das tat ich bewusst nicht. Fürchtete, er würde das, je nachdem, so genau gar nicht wissen wollen.
- Freiheit - Informiere dich - Synthese
Das klingt, als hätte er Verschiedenes in einen Zusammenhang bringen wollen. Es stimmt natürlich, wir hatten schon seit Jahren keinen Kontakt mehr miteinander, konkret jedenfalls nicht. Vielleicht denkt er es sind neue Elemente dazu gekommen. Freiheit hingegen …
- Zielsetzung
Was auch immer, es sei. Will noch Ordnung machen in der Küche, Sandra wird es schätzen.
Sie kommt heute früher heim.


während Laras Mittagsschlaf
Verzeiht, aber ich muss nochmals fragen. Mein Brief gestern. Ich fühle mich immer noch im Dilemma. Diese Ballon-Sache, ich weiss nicht. Es war zweifellos purer Zufall, etwas anderes ist undenkbar, also konnte sich Philipp nur fragen was ist mit ihr los, was schreibt sie da.
- Frieden - Überschlafen - Mitgefühl
Wirklich? Euch so zu hören beruhigt mich. Dann wäre alles in Ordnung? Er hat den Brief erhalten, las ihn auch schon und weiss jetzt, falls er wirklich deswegen anrief, dass ich diesen Tanz der Ballons sah und was ich dabei empfand, weiss also, dass sich bei mir nichts gewandelt hat? Und falls das Ganze mit ihm nichts zu tun hat, dann denkt er sich vielleicht einfach, dass ich etwas Schönes erlebte und es ihm erzählen wollte? Ja, Ihr sprecht sogar von Mitgefühl - er kann mitfühlen? Seh ich das alles richtig?
- Teilen - Was willst du wirklich?
Nein? Ist er sich immer noch unsicher? Las das alles und stellte sich diese Frage? An wen? An mich?
- Umwandlung
Oder gar an sich selber? Weil er sich nicht im Klaren ist, was er selber will?
- Stille - Sei eindeutig
Schwierig. Vielleicht wollt Ihr sagen, er weiss was er will, aber er lässt es, Stille, nicht an sich heran. Ich meine - dieser Schluss am Telefon. Er war weiss Gott eindeutig, eindeutiger kann man gar nicht sein.

- Spass
Genau!! Genau das meine ich auch. Ich kann es noch heute nicht ernst nehmen, da stimmte doch etwas einfach nicht! Zweimal hintereinander dieser Wunsch, ausserdem ohne Atempause, alles ohne Unterbruch aneinandergereiht und rein mechanisch, emotionslos!
Umwandlung hingegen, als ich vorhin fragte ob es mich betreffe - warum? Eigentlich dürfte das jetzt, nach allem, was wir in den vergangenen Tagen besprachen, über die Karten mit Euch - oder sogar mit Philipp direkt? - doch in jeder Hinsicht klar sein.
Lassen wir’s, es könnte ja sein, dass man auch einmal eine falsche Karte zieht. Spass übrigens - gibt es das wirklich, dass Engel von Spass reden? Unglaublich.

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