Malcolm, Prince of Bannister

Malcolm, Prince of Bannister

Elke Edith


EUR 20,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 518
ISBN: 978-3-99026-989-3
Erscheinungsdatum: 29.07.2013
Vor unendlich vielen Jahren, als es noch Feen, Zwerge und Drachen gab, als Magier eine große Macht über die Menschheit ausübten, nahm in einem fernen Königreich ein tragisches Schicksal seinen Lauf. Der Sohn des Königs selbst wird in die Machenschaften der Wesen einer geheimnisvollen Welt verstrickt, und von ihm allein soll das Wohl des Königreiches und seiner Untertanen abhängen.http://elke.edith.pageonpage.com/
Prinz Malcolm benötigt nicht viel Überzeugungskraft, damit der Hauptmann und seine Soldaten zurückbleiben. Es hat keinen Sinn, die Männer in Gefahr zu bringen. Vorsichtshalber lässt Malcolm auch sein Pferd schon vor der letzten Biegung der Schlucht zurück, um zu Fuß weiterzugehen, denn er will Shiela auf keinen Fall gefährden. Vorsichtig späht er erst um die Felsecke, hinter der er das Fauchen des Drachen hört, bevor er es wagt sich zu zeigen. Und er tut gut daran, denn das Ungeheuer befindet sich kaum zehn Schritte entfernt, wittert mit seinen drei hässlichen Köpfen in seine Richtung, während ätzende Rauchwolken zwischen den immens langen, dolchartigen Zähnen und aus seinen Nüstern hervorquellen. Es ist eine Ausgeburt der Hölle und an Hässlichkeit nicht zu übertreffen!
Erschrocken zuckt Malcolm zurück und presst sich an die Felswand. Tief atmet er noch einmal durch, bevor er entschlossen das Visier herunterklappt, sein Schwert zieht und sich mutig dem Ungetüm entgegenstellt. –
Sofort senkt sich einer der drei Köpfe des Drachen herab, scheint ihn mit bösartigem Blick zu fixieren und sogleich als Gegner einzustufen, den es zu bekämpfen gilt.
„Du Wicht!“, hört er die Worte, die durch die Schlucht dröhnen. „Du wagst es tatsächlich, dich mir entgegenzustellen?“
Weit reißt der Drache das eine mächtige Maul auf, zeigt die gefährlichen Zähne, von denen der Geifer tropft, und speit ihm eine Flammenwolke entgegen, dass sich Malcolm rasch zur Seite drehen muss. Doch geht er aus der Drehung heraus sofort zum Angriff über, schwingt das Schwert beidhändig in die Höhe und trifft auch wuchtig auf die Schuppen des vorgestreckten Halses. Funken sprühen von der Klinge, doch richtet sie keinen Schaden an, da sie zu flach auf die wie gepanzert wirkende Schuppenhaut trifft. Sofort zischen nun auch die beiden gespaltenen Zungen der beiden anderen Köpfe in Richtung des Prinzen, wollen ihn umschlingen und in eines der Mäuler ziehen. Aber Malcolm ist auf der Hut, lässt sich einfach nach hinten fallen und die Zungen über sich hinwegfegen. Auf dem Rücken liegend, stößt er sofort die Klinge wieder nach oben und schafft es so, eine der drei Zungen abzutrennen, die als zuckendes Etwas neben ihm zu Boden kracht. Schwarzes Drachenblut quillt aus der Wunde und dem Maul, klatscht in dicken Tropfen neben ihm auf die Felsen.
Das fürchterliche Gebrüll des Drachen ist das alles übertönende Geräusch, als Malcolm endlich wieder auf die Beine kommt. Die Rüstung behindert ihn dabei etwas, doch ist er schnell genug, um einer erneuten Attacke der drei Drachenköpfe auszuweichen, die auf den schlangenartigen Hälsen erneut und zugleich angreifen.
Diesmal schlägt Malcolm nicht von oben auf die Schuppen, sondern visiert den mittleren Schädel an, wartet noch eine Sekunde und stößt sein Schwert von unten im spitzen Winkel in den Hals der Bestie. Und diesmal dringt die Schneide ein! Er kann sein Glück kaum fassen, dreht sein Schwert in der Wunde und reißt es zur Seite, sodass der Schädel zur Hälfte abgetrennt wird. Sofort schlägt er zur anderen Seite hin und trennt auch die andere Hälfte des Halses durch, sodass der schwere Schädel neben ihn zu Boden stürzt. Noch einmal zuckt die Zunge daraus hervor, dann schließt sich das gewaltige Maul für immer.
Doch damit ist die Gefahr noch längst nicht gebannt! Rasend vor Schmerz und Wut geht der Drache zum Gegenangriff über, walzt auf seinen dicken Beinen auf sein Opfer zu, speit Feuer und Rauch. Der mächtige Schwanz peitscht den Boden, dass es nur so kracht und die Felsen wackeln, was sich in der Ferne sicher wie Donnergrollen anhört.
Geschickt weicht der Prinz den Flammen aus, doch der erstickende Brodem des Drachen raubt ihm die Luft zum Atmen. Röchelnd taumelt er zurück, das Schwert fest umklammert, sein einziger Verbündeter in diesem ungleichen Kampf. Lange wird er dieses Kräftemessen nicht mehr durchhalten können! Dessen ist er sich bewusst, deshalb geht er sofort wieder zum Angriff über, weiß er doch nun, wie er der Bestie beikommen kann.
Der Rauch brennt in seinen Augen, er spürt den Gluthauch der Flammen, die ihn rösten wollen und stößt das Schwert trotzdem nochmals kraftvoll nach oben, findet Widerstand und schafft es auch diesmal, den Drachen schwer zu verletzen. Die Klinge reißt den zweiten Hals der Länge nach auf, sodass sich ein schwarzer Blutstrahl über ihn ergießt. Und der pendelnde Hals knickt gleich einem Streichholz ab. Leider hat diese Aktion Malcolm so viel Kraft gekostet, dass er das Schwert nicht mehr rechtzeitig hochbringt, als ihn der dritte und letzte Drachenkopf von der Seite angreift. Stattdessen wird ihm die Waffe von der Wucht des Anpralls aus den Fingern geschleudert, fällt scheppernd und für ihn vorerst unerreichbar ein Stück von ihm entfernt auf den steinigen Boden. Noch in derselben Sekunde prallt der seitlich heranfegende Schädel auch schon ungebremst gegen seinen Körper und wirft ihn nach hinten, sodass er das Gleichgewicht verliert und zu Boden stürzt.
Benommen und hilflos liegt der Prinz als leichte Beute vor dem Ungeheuer, das der Sache nun ein Ende bereiten will. Das Brüllen des letzten Kopfes hallt von den Felsen wider, der ätzende Brodem fegt auf Malcolm nieder, dass er fast zu ersticken droht, dabei sieht er den massigen Schädel wie in Zeitlupe immer näher kommen.
‚Aus!‘, denkt er noch, während seine rechte Hand fast automatisch nach dem Schwert tastet, das irgendwo neben ihm liegen muss. Seine Finger finden den Griff und packen zu. Aber da ist der Schädel schon heran und senkt sich herab. Böse blickende Augen funkeln ihn an, dann öffnet sich der Höllenrachen. Dolchspitze Zähne packen seine linke Schulter und drücken zu. Sie dringen durch das Metall seiner Rüstung, als sei sie gar nicht vorhanden, und schon spürt Malcolm den furchtbaren Schmerz, als sich die Dolche in seinen Körper bohren. Er schreit gepeinigt auf, doch gerade dieser Schmerz gibt ihm die Kraft, das Schwert ein letztes Mal nach oben zu stoßen, mitten hinein in die ungeschützte Kehle des Drachen, der sich schon als Sieger gesehen hat!
Die Zähne lösen sich augenblicklich von seinem sicher geglaubten Opfer, das Brüllen, das aus dem Rachen dringt, dröhnt in Malcolms Ohren, dann bricht das mächtige und bisher unbesiegbare Ungeheuer zusammen. Sein letzter Kopf, in dem noch das Schwert steckt, fällt herunter, wobei der Hals auf Malcolm zu liegen kommt, der das jedoch schon nicht mehr spürt. Eine gnädige Ohnmacht hat ihn hinübergerissen in rettende Bewusstlosigkeit.
Stille erfüllt den Kampfplatz, eine tödlich Stille. Nur die Rauchwolken hängen noch träge in der Schlucht. Diese Stille scheint sich über das gesamte Felsmassiv auszubreiten, sodass sogar die weiter unten am Hang wartenden Soldaten, die ja zuvor den Kampfeslärm gehört haben, bemerken, dass etwas geschehen sein muss. Doch nicht sie sind es, die nachsehen, sondern Shiela, die ihre Angst und Sorge nicht mehr zu beherrschen vermag und die Schlucht entlanggaloppiert.
Angst, Angst um den geliebten Mann steht in ihren Augen, als sie um die letzte Biegung trabt und abrupt zum Stehen kommt. Vor ihr türmt sich der riesige Körper des Drachen auf, der in seinem Blute liegt. Ein scheußliches Bild, das ihr nur nach und nach in allen Einzelheiten bewusst wird. Doch wo ist Malcolm?
Langsam setzt sie einen ihrer zierlichen Hufe vor den anderen, kommt näher, sieht die hässlichen abgeschlagenen Schädel und dann auch den Körper, der von einem Drachenkopf fast völlig verdeckt wird. Erschrocken steigt sie auf die Hinterhand.
‚Nein! Malcolm!‘, schreit sie in Gedanken.
Sie sieht das viele Drachenblut auf seinem Körper, aber auch rotes Blut! Sein Blut! Ist er tot? – Nein, sie will es nicht wahrhaben! Das darf nicht sein! Alles in ihr wehrt sich dagegen!
Sacht stößt sie seinen Körper mit dem Huf an, schnaubt auffordernd, doch er rührt sich nicht, liegt wie tot und halb begraben unter dem Drachenschädel. Sie kann ihm nicht helfen, aber die Soldaten können es!
Auf der Hinterhand wirft sie sich herum, galoppiert so schnell wie möglich den Weg zurück, obwohl sie Gefahr läuft, über die Steine zu stolpern und sich selbst zu verletzen. Viel zu weit kommt ihr der Weg vor, bis sie endlich die Soldaten erreicht, die ihr überrascht entgegensehen, da der Prinz nicht im Sattel sitzt. Sich vor ihnen aufbäumend, wirft sich die Stute erneut herum, geht ein paar Schritte und bleibt wieder stehen. Werden die Soldaten ihr folgen?
Ja, der Hauptmann der Gruppe scheint sie entweder zu verstehen oder er fühlt sich jetzt doch in der Pflicht, nach seinem Herrn, dem Prinzen, zu schauen.
„Aufsitzen, Leute!“, ertönt sein lauter Ruf. „Wir sehen nach!“
Und schon erschallen etliche Pferdehufe auf dem Gestein, allen voran Shiela, die auch das Tempo vorgibt. Ihre einzige Hoffnung für den Geliebten liegt jetzt bei diesen Männern! Werden sie ihm noch helfen können …?
Selbst die hartgesottenen Soldaten sind nicht minder geschockt, als sie den Kampfplatz erreichen. Wie ein Berg liegt der gewaltige Körper des toten Drachen vor ihnen. In den Brandgeruch hat sich der des Drachenblutes gemischt und hängt gleich einer Glocke über der Schlucht. Angewidert verzieht der Hauptmann das Gesicht. Trotzdem ruft er jetzt laut nach dem Prinzen.
„Eure Majestät, wo seid Ihr?“
Eine Antwort erhält er nicht. So lässt er seine Leute ausschwärmen.
„Los, Männer, sucht ihn!“
Er selbst steigt von seinem Pferd, das er kaum noch zu bändigen vermag, und wird von Shiela sofort in eine bestimmte Richtung gedrängt. Mit dem Kopf stößt sie ihn vorwärts, dass er fast über den Drachenschädel stolpert, unter dem er dann auch seinen Herrn findet.
„Hierher Leute, ich hab‘ ihn gefunden!“
Eilig räumt der Hauptmann, unterstützt von zwei Soldaten, den mächtigen Schädel beiseite, und zieht den anscheinend leblosen Körper des Prinzen hervor, dessen Hand noch immer den Griff des Schwertes umklammert. Er öffnet auch das Visier und löst den Helm von der Rüstung. Den Kopf des Prinzen vorsichtig auf dem Boden ablegend, fühlt er nach der Halsschlagader, um sich dann aufatmend aufzurichten.
Gebannt hängen Shielas Augen an seinen Lippen, als er jetzt sagt: „Der Prinz lebt! – Schnell, baut ihm eine Trage, damit wir ihn ins Schloss bringen können! Er scheint schwer verletzt zu sein und braucht dringend einen Arzt! – Und du“, wendet er sich an einen der Soldaten, „du reitest voraus zum Schloss und überbringst die Nachricht, dass der Drache tot ist! Und sag’ auch, dass sich der königliche Leibarzt bereithalten soll!“
„Sofort, Hauptmann!“
Der Soldat reißt sein Pferd herum, froh diesen Schreckensplatz verlassen zu können. – Mit noch immer angstvoll geweiteten Augen beobachtet Shiela das Geschehen. Zu gern möchte sie direkt helfen, doch darf sie sich jetzt nicht verwandeln! Neben der Bahre einher tänzelnd, begleitet sie den Zug der Soldaten, die Ihren Prinzen zum Schloss tragen.
Doch dann, als die Männer ihn zum Portal hinaufbringen, muss sie ihn verlassen, ein Stalljunge packt die hängenden Zügel und führt sie fort, weg von ihrem Geliebten, was ihr schier das Herz zu zerreißen scheint. Auch als sie endlich wieder in einer Box steht, hat sie kein Auge für den leckeren Hafer, den man in ihren Futtertrog geschüttet hat. Sie trauert, trauert um den Geliebten, der möglicherweise dort oben im Schloss mit dem Tode ringt. Gerade jetzt, da sie an seiner Seite sein sollte, ist ihr das nicht möglich!

-

Zwei Tage vergehen so für sie mit Hoffen und Bangen, zwei Tage, in denen sie an ihrer Sorge fast verzweifelt. Er muss einfach leben, weiß er doch noch nicht einmal, dass sie längst schon sein Kind in sich trägt, seinen Sohn, den sie ihm so gerne schenken will! Dann, am dritten Tag nach dem Kampf mit dem Drachen, erfährt sie endlich durch den Stalljungen etwas über das Befinden von Malcolm, doch was sie zu hören bekommt, stürzt sie in noch größere Verzweiflung!
„Na, meine Gute“, spricht sie der Stalljunge an, als er wie jeden Morgen ihre Box betritt, „du hast ja schon wieder kaum etwas gefressen! Was soll ich denn nur noch mit dir machen? – Reicht es denn nicht, dass dein Herr dem Tod umso so viel näher ist als dem Leben? Musst du dich auch noch zu Tode hungern?“
Erschrocken wirft Shiela den Kopf hoch. Was hat der Junge da gesagt? – Der Prinz, ihr Malcolm, liegt im Sterben?! – Nein, alles in ihr wehrt sich dagegen, das zu glauben.
‚Ich muss zu ihm! Aber wie?‘
Ihre Gedanken überschlagen sich. Sie hört dem Stalljungen gar nicht mehr richtig zu, der es ja nur gut mit ihr meint und ihr frisches Wasser gibt.
„Ja, man sagt, er müsse sterben, weil er den giftigen Brodem des Drachen eingeatmet hat. Deshalb heilen seine Wunden nicht!“
‚Malcolm stirbt!‘, hämmert es in ihrem Kopf. ‚Nein, das darf nicht geschehen! Er, wenigstens er muss leben!‘
Sie muss doch irgendetwas tun können! – Verzweiflung erfasst sie. Fast wahnsinnig vor Sorge, kann sie es gar nicht erwarten, wieder allein zu sein, muss in Ruhe über ihren Plan nachdenken, einen Plan, der Malcolm vielleicht retten kann, aber ihr eigenes Schicksal möglicherweise besiegelt! Doch ist ihr das egal, Hauptsache er lebt!
Shiela hat noch genau zwei Chancen, sich auch am Tag in einen Menschen zu verwandeln, allerdings auch nicht länger als für eine Stunde. Eine davon muss sie sich unbedingt für die Geburt des Kindes aufheben, denn wenn sie es als Pferd auf die Welt bringt, wird es nie die Möglichkeit haben, sich jemals zu verwandeln. Aber diese eine Chance, die sie noch hat, will sie auf jeden Fall nutzen, sie muss einfach zu Malcolm gelangen! – Dazu ist sie bereit, das Risiko einzugehen, vielleicht nie von diesem Fluch befreit zu werden, denn mit ihrer letzten Verwandlung wird sie auch die Fähigkeit verlieren, mit Malcolm gedanklich zu sprechen, wird ihm nicht mehr mitteilen können, was sie alles miteinander durchgestanden haben und welch große Liebe sie miteinander verbindet. – Denn das Schlimmste ist die Tatsache, dass ihr Geliebter, wenn sie ihm jetzt hilft, nach seiner hoffentlich baldigen Genesung sich an nichts mehr erinnern kann! Auch sie wird er vergessen haben! Doch lieber will sie den Rest ihres Lebens als Pferd an seiner Seite verbringen, als ihn jetzt sterben zu sehen! Nein, sein Leben muss gerettet werden! –
Ungeduldig wartet Shiela darauf, dass der Stalljunge mit seiner Arbeit fertig wird und den Stall wieder verlässt. Dann beginnt sie sich zu konzentrieren, versucht die Verwandlung herbeizuführen, von der sie weiß, dass es unwiderruflich die vorletzte sein wird! – Noch nie ist es ihr so schwergefallen, sie ist einfach zu aufgeregt, doch spürt sie plötzlich die Veränderung, die mit ihr vorgeht, spürt das Kribbeln in ihren Gliedern, das ihr beweist, dass es so weit ist. Ihre Konturen scheinen für einen Moment zu verschwimmen, dann richtet sie sich in ihrer menschlichen Gestalt auf!
Eilig verlässt sie die Box, läuft den Stallgang entlang und schlüpft durch die großen Torflügel, die sie nur anlehnt. Der Weg zum Portal des Schlosses ist ihr bekannt, sodass sie schon kurze Zeit später die breiten Stufen hinaufeilt und etwas außer Atem die beiden Wachposten erreicht, die hier ihren Dienst versehen und sie erstaunt ansehen. Sie kennen das schöne Mädchen nicht, das aber auf keinen Fall eine Magd sein kann. Einfach einlassen können sie sie aber auch nicht!
„Halt! Was wollt Ihr hier? Wer seid Ihr?“, hält sie der von ihr aus gesehen rechte Wachposten auf, indem er ihr mit seinem Speer den Weg versperrt.
„Bitte lasst mich durch! Ich muss unbedingt zum König!“, stößt sie atemlos hervor, bereits wissend, dass man ihr das Tor so nicht öffnen wird.
Und der Blick, mit dem sie der Mann mustert, sagt auch bereits genug.
„So einfach geht das nicht! – Wen soll ich melden? Habt Ihr eine Einladung?“
Verzweifelt schüttelt Shiela den Kopf: „Nein! Aber es ist wichtig! – Bitte meldet mich dem König oder der Königin!“
Die Verzweiflung über die Weigerung der Posten steht ihr regelrecht ins Gesicht geschrieben, was den Mann, der schon zuvor mit ihr gesprochen hat, nicht kaltlässt.
„Nun ja, ich kann es ja zumindest mal versuchen, aber Ihr dürft Euch nicht zu viel davon versprechen! – Halte du hier die Stellung!“, wendet er sich an seinen Kumpel. „Ich werde mal den Hauptmann der Wache aufsuchen, vielleicht kann man da etwas erreichen.“
Er wendet sich um und verschwindet durch das Tor, doch Shiela ist im selben Moment klar geworden, dass sie hier ihre Zeit vertrödelt, die Stunde, die ihr bleibt, wird schneller vorbei sein, als ihr lieb sein kann, wenn der Posten sich erst Stück für Stück im Rang vorarbeiten will. Sie muss selbst handeln, gibt sich den Anschein brav warten zu wollen, doch im geeigneten Moment kommt Bewegung in ihre Gestalt.
Für den zweiten Wachmann völlig unerwartet, springt sie, beide Arme ausgestreckt, auf ihn zu, rammt ihre Hände gegen seine Brust, sodass er nach hinten stolpert, die Kante der obersten Stufe übersieht und prompt die Treppe herunterfällt. Erschrocken über die Wirkung ihrer eigenen Aktion, zögert Shiela nur eine Sekunde, zieht das große Tor auf und eilt hindurch. Malcolm hat ihr das Schloss seines Vaters immer wieder beschrieben und in den schönsten Farben ausgemalt, sodass sie jetzt genau weiß, wohin sie sich wenden muss.
Eilig hastet sie die geschwungene Treppe hinauf, wohl wissend, dass sich hier nicht nur die Gemächer des Königs und der Königin befinden, sondern auch die Zimmer ihres Geliebten. Außer Atem versucht sie sich zu orientieren, als von unten bereits die Warnrufe des Wachpostens ertönen, der einen Eindringling meldet und um Verstärkung ruft. Jetzt heißt es schnell sein! – Sie wendet sich in den linken Gang, eilt entlang und wird fast von einer Tür getroffen, die sich zu ihrer Rechten in diesem Moment öffnet.
Sie stolpert einen Schritt zur Seite und schaut erstarrt zu dem großen, etwas älteren Mann auf, der seiner Ähnlichkeit zu Malcolm nach nur sein Vater, der König, sein kann.
Sofort verwandelt Shiela ihre Seitwärtsbewegung in einen tiefen Hofknicks um, senkt demütig den Kopf und haucht ein: „Eure Majestät!“ über die Lippen.
Die Schrecksekunde des Königs dauert kaum länger als die von Shiela, doch muss er erst einmal seine Verblüffung überwinden, so plötzlich eine ihm völlig fremde Frau hier vor den Privatgemächern vorzufinden. Somit erhält sie die Chance zu sprechen, bevor die Wachen herankommen.
„Bitte verzeiht mein Eindringen, Majestät! Ich hätte es nicht getan, wenn es nicht äußerst wichtig wäre!“
„Was sollte so wichtig sein, dass es Euer Handeln entschuldigen könnte?!“, donnert der König jetzt doch mit erhobener Stimme los. „Wie könnt Ihr es wagen, einfach hier einzudringen? Das wird Folgen haben, das kann ich Euch versichern!“
„Aber es geht um das Leben des Prinzen …“, wirft Shiela jetzt zwar mutig, aber mit zitternder Stimme ein.
Ihr Knicks ist längst in eine kniende Haltung übergegangen, in der sie mit gesenktem Kopf verharrt. Erwartungsvoll wagt sie kaum zu atmen. Die Zeit brennt ihr unter den Nägeln, und sie wird immer nervöser. – Doch genau in diesem Moment erreichen die Wachen die beiden, einschließlich des Mannes, den sie die Treppe heruntergeschubst hat.
„Vorsicht, Eure Majestät! Die Frau ist gefährlich!“
Doch der König hört gar nicht hin, er starrt Shiela ins Gesicht, die jetzt neue Hoffnung schöpft. Mit einer Handbewegung wehrt er die Wachen ab, die sie gerade packen wollen.
„Was habt Ihr mit dem Prinzen zu tun?“, will er stattdessen wissen. „Wir kennen Euch nicht!“
„Bitte, Majestät, ich weiß, dass er im Sterben liegt, aber ich kann ihn retten!“
„Ihr? Wie wollt Ihr etwas vollbringen, was nicht einmal die besten Ärzte des Reiches vermögen?“
„Das darf ich Euch nicht sagen, Majestät. Aber ich weiß, dass ich es kann! – Oh bitte, so glaubt mir doch!“
Bittend streckt sie ihm ihre Hände entgegen und macht einen so verzweifelten Eindruck, dass es ihn nicht ungerührt lässt. Doch erst die Königin, die jetzt hinter ihren Gemahl tritt, kann das Blatt wenden. Man sieht es der Herrscherin an, dass sie geweint hat, dass sie im Moment nur als Frau und Mutter fühlt, nicht als Königin. Und vielleicht kann sie gerade deshalb die große Liebe erkennen, die trotz ihrer Verzweiflung noch immer in Shielas Gesicht zu erkennen ist.
5 Sterne
Ein absolutes Muss - 22.01.2014
Lina

Dieses Buch ist ein MUSS für jeden Fantasy-Fan und für jeden Freund von Märchen für Erwachsene!Ich würde auch jedes weitere Buch dieser neuen Schriftstellerin kaufen!

5 Sterne
Fan - 20.01.2014
Sabine Kauffelt

Das Buch liest sich sehr spannend und entführt einen in die Welt der Magie und der wahren Liebe.Ich habe es regelrecht verschlungen und freue mich jetzt schon auf den nächsten Band der Autorin.Wirklich zu empfehlen.

5 Sterne
Nur zu empfehlen - 17.01.2014
Daly

Eigentlich ist Fantasy gar nicht so mein Metier, aber dieses Buch schafft den Spagat auch nicht Fantasy-Begeisterte von Anfang an in seinen Bann zu ziehen. So habe ich das Buch an einem Tag regelrecht verschlungen. Es hat einfach alles, was ein guter Roman braucht: Es geht um Abenteuer, Freundschaft und Liebe. Das alles verpackt in eine fantastische Welt mit Magie, guten Feen und fabelhaften Wesen. Dabei eine sprachliche Vielfalt, die überrascht. Ich kann es uneingeschränkt empfehlen und hoffe noch viel von dieser Autorin zu lesen!

5 Sterne
Ein wirklich gutes Buch! - 14.01.2014
Andrea Grohs

Das Buch ist sehr gut zu lesen und es lässt keine Wünsche übrig. Es ist spannend und es macht Lust auf mehr ... Wenn man einmal angefangen hat, kann man es kaum noch aus der Hand legen.

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