Draneo und das geheime Vermächtnis der Zeit

Draneo und das geheime Vermächtnis der Zeit

Jessica Wirth


EUR 25,90
EUR 15,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 710
ISBN: 978-3-99107-076-4
Erscheinungsdatum: 08.06.2021

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Das mysteriöse Erbe

Eine atemberaubende Geschichte nahm ihren Anfang in einer Großstadt namens Keyhole. Diese Stadt war eine sehr große Hafenstadt, die von ihren prächtigen Parkanlagen geradezu übersät war. Für eine Großstadt besaß Keyhole eine sehr saubere Luft, die Winde, welche vom Meer ins Innere der Stadt gelangten, belebten die Stadt sowie ihre Bewohner. In einer idyllischen Gegend in Keyhole befand sich ein kleines gemütliches Haus mit einem Vorgarten. Dieser war mit einem Holzzaun in weißer Farbe umzäunt. Keyhole erblühte im anfänglichen Sommer und die Rittersporne erblühten in blau-violettem Ton im Garten des Hauses. In diesem bescheidenen Häuschen wohnte eine dreiköpfige Familie namens Thiel. Der eigentliche Name Thielos wurde leicht verändert, da die Familie in einem anderen Land lebten. Die Mutter des Hauses hörte auf den altertümlichen Namen Marie und lebte mit ihren beiden Kindern in Keyhole. Sie war die einzige Braunhaarige in der Familie. Sie war eine Hausfrau, die ihren Garten stets mit viel Liebe pflegte. Nicole Thiel hatte lange schwarze Haare und mit ihren stolzen zweiundzwanzig Jahren war sie eine erfolgreiche Meeresbiologin, welche ihr eigenes Labor leitete. Wenn einem das Glück begegnete, konnte man sie stets in einem weißen Kittel antreffen. Nicole war sehr ehrgeizig undstarrköpfig. Sie verblieb meistens in ihrem Labor und dort arbeitete sie oft tagelang durch. Das Labor, welches Nicole gehörte, lag hinter ihrem Haus, es wurde hierfür sogar extra ein Weg aus Steinplatten angelegt, der ausschließlich für Forscher aus diesem Labor zugänglich war. Marie sah ihre Tochter so gut wie nie. Allein die Tatsache, dass Nicole immer in ihrer Nähe war, beruhigte sie ein wenig. Leon Thiel war ebenfalls schwarzhaarig und somit Nicoles großer Bruder. Mit seinen vierundzwanzig Jahren gelang ihm das, was sonst niemandem aus eigener Kraft gelungen war. Er eröffnete eine eigene Firma. Leon war sehr intelligent, es wurde sogar einst ein Artikel über ihn verfasst. Er galt als das Genie der Neuzeit, wie es in einer Zeitung stand, die nun mehr als sieben Jahre alt war. In Leons Firma, die er,,Sports Industries“ nannte, wurden Sportgeräte entwickelt, die ausschließlich für Einrichtungen wie Fitnessstudios zugänglich waren. Neuerdings entwickelten sie auch Gerätschaften für Krankenhäuser und diverse Kleinkliniken. Leon arbeitete vorwiegend mit anderen Ländern zusammen. Sports Industries erreichte innerhalb kürzester Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad.

Die nächtlichen Wolkenschleier lüfteten sich im Angesicht des neuen anbrechenden Tages und eine taufrische Kälte zog in den Ort ein. Obwohl es noch sehr dunkel war, brach Leon zu seiner Firma auf, die im Zentrum Keyholes zu finden war. Die Erwartungen an den neuen Tag lagen noch im Unbekannten, jedoch ahnte Leon nicht, dass der Gang zu seiner Arbeit ein schauriges Geheimnis mit in seine Arbeit schleifte, das sein bisheriges Leben für immer verändern sollte. Leons Firma besaß eine Glastür, welche über einen Sensor gesteuert wurde. An der Seite befand sich ein kleines Kästchen, in das die richtige Tastenkombination eingegeben werden musste. Nur die Mitarbeiter der Firma hatten Zugriff aufs Innere der Firma. Leon betrat wie jeden Morgen seine Firma. Am Eingang lauerten schon seine Mitarbeiter. Sie passten ihn wie jedes Mal am Eingang ab, um ihn über neueste Kenntnisse und formelle Berichte in schriftlicher Form zu informieren. Hier ging es stets sehr hektisch zu. An den beiden Seiten eines Ganges standen seine Mitarbeiter wie Statuen aufgestellt und hielten ihm die Klemmbretter entgegen. Als Leon durch den Gang schritt, um zu seinem Büro zu gelangen, nahm er die Klemmbretter entgegen. Die Arbeiter gingen hektisch wieder an ihre Arbeit. Es war eine reine Gewöhnungssache. Leon wurde mit Berichten und allgemeinen Informationen förmlich überschüttet. Er begab sich in sein Büro und ging sofort die Berichte durch, mitunter waren auch neue Kundenanfragen dabei. Schließlich konnte nicht jeder die entwickelten Geräte bestellen. Dies musste von der Geschäftsleitung eingehend geprüft werden. Gegen die Mittagsstunde kündigte sich eine rätselhafte Person in Leons Firma an. Wenn jemand einen Termin oder ähnliches in der Firma hatte, gab es vor der Eingangstür eine Sprechanlage, über die Sekretärin wurde die Person hereingelassen. Eine Person in einem schwarzen Anzug, mit einer Aktentasche in ihrer rechten Hand, erschien am Tresen der Sekretärin, welche auch die Position der Empfangsdame einnahm. Die Sekretärin trug eine Hochsteckfrisur in blonder Farbe mit einer Brille. Für einen Moment war die Sekretärin überrascht darüber, dass der Mann vor ihr stand. Denn sie musste sich die Frage stellen, wie er ins Haus herein gelangt war. Augenscheinlich kam er herein ohne die Sprechanlage zu benutzen. Die Sekretärin konnte es sich nicht erklären, entschloss sich jedoch der fremden Person freundlich gegenüber zu treten.
Die Sekretärin schaute der erschienenen Person in die Augen.
»Entschuldigen Sie, mein Herr, wie sind Sie hereingekommen?«, fragte die Sekretärin sehr freundlich. Die Person stellte ihren Aktenkoffer aus schwarzem Leder auf dem aus Marmor bestehenden Boden ab. Danach lehnte er seine Arme auf die Oberfläche des Tresens.
»Hören Sie, junge Frau, ich bin Anwalt und habe ein äußerst dringendes Anliegen mit dem Geschäftsführer zu besprechen. Könnten Sie mir Auskunft über sein derzeitigen Aufenthaltsort erteilen?«, fragte der Anwalt. Die Sekretärin blitzte mit großen Augen auf. Sie starrte dem fremden Anwalt verblüfft in die Augen. Sie stand von ihrem bequemen Drehstuhl auf, welcher den Besuchern verborgen blieb, da der Tresen sehr hoch war. Die Sekretärin trat vor den Tresen. Der Anwalt verfolgte derweil die Sekretärin mit seinen Augen. Sie sah dem Anwalt in die Augen.
»Ein Anwalt in unserem Haus? Ich werde Sie unverzüglich zu ihm geleiten! Bitte folgen Sie mir!«, antwortete die Sekretärin auffordernd. Leons Büro lag am Ende eines Ganges. Eine Seite des Ganges war mit großen Glasscheiben versehen, es sah wie eine lange Glaswand aus, die ansprechenden Blumen und Sträucher in den unterschiedlichen Farben regten zur Entspannung an. Dort befand sich auch ein Brunnen, der hohe Fontänen schlug, welcher das Gesamtbild untermalte. Dies weckte, wie man sich vorstellen konnte, bei dem Anwalt die volle Aufmerksamkeit. Das war ein gigantischer Blickfang.
»Für eine Firma wie diese ist es ungewöhnlich, solch einen Ort vorzufinden!«, erwähnte der Anwalt. Die Sekretärin, die vor ihm lief, grinste.
»Da haben Sie wohl Recht! Unser Chef bestand darauf! Er wollte der Natur so nah wie möglich sein! Menschen sollten niemals die Natur unterschätzen! Von diesen Worten ausgehend konnte man sich schwer vorstellen, dass er eine Firma leiten konnte! Jeder einzelne Mitarbeiter schätzt ihn sehr!«, erzählte die Sekretärin. Der Anwalt hörte ihr interessiert zu.
Obwohl er in einer Großstadt wie dieser aufwuchs, kann er nach wie vor seine Wurzeln nicht leugnen! Ein wirklich interessanter Mann, dieser Leon Thiel, dachte der Anwalt ganz still für sich.

Leon saß in seinem Büro und arbeitete an den vielen Akten, welche sich inzwischen aufstapelten. Hierzu benutzte er eine schwarze Brille, dadurch sah er wie ein Gelehrter aus. Er war sehr in seine Arbeit vertieft. Das sanfte Klopfen der Sekretärin vernahm Leon zuerst nicht. Als die Sekretärin keine Antwort erhielt, öffnete sie leise die Türe einen Spalt und spähte ins Büro hinein. Sie trat ins Büro ein.
»Verzeihen Sie die Störung! Jemand bittet Sie um ein Gespräch!«, erwähnte die Sekretärin. Leons Blicke schweiften über seine Brille hinweg zu seiner Sekretärin.
»Hat dieser sich vorher angemeldet?«, fragte Leon.
»Das nicht, jedoch erwähnte er, dass es sehr dringlich sei!«, antwortete die Sekretärin. Leon befahl ihr ihn wieder wegzuschicken. Da er nur Personen mit einem Termin in Empfang nehmen konnte, da seine Zeit sehr knapp bemessen war. Jene Person, die gekommen war um ihn zu treffen, lauschte versehentlich dem Gespräch. Sehr gewagt platzte die Person ins Büro. Jene Person berührte die rechte Schulter der Sekretärin und drückte sie zur Seite und ging an ihr vorbei. Leon traute seinen Augen nicht, wer in sein Büro platzte, vor Schreck nahm er seine schwarze Brille ab und legte sie auf seinen Schreibtisch. Die Sekretärin war perplex vom Auftritt des Anwalts, jedoch fing sie sich wieder und schaute den Anwalt an.
»Sie können doch nicht einfach hier reinplatzen!«, sagte die Sekretärin energisch. Leon stand von seinem Stuhl auf und näherte sich dem Anwalt.
»Ist schon gut! Begeben Sie sich wieder zu Ihrer Arbeit!«, sagte Leon. Die Sekretärin war verblüfft über das sonderbare Verhalten ihres Chefs. Dennoch verließ sie das Büro und begab sich wieder an ihren Arbeitsplatz. Leon war ohne jeden Zweifel überrascht über den plötzlichen Besuch seines Anwalts. Trotzdem stand ihm nicht genügend Zeit zur Verfügung. Leon nahm seinen Anwalt mit einem festen Händedruck in Empfang, noch ahnte er nicht, was ihm in Kürze offenbart werden würde. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und schaute seinem Anwalt in die Augen, dieser nahm auf einem Lederstuhl Platz und stellte seinen Aktenkoffer auf den Schoß.
»Was verschafft mir die Ehre für den Besuch?«, fragte Leon formell.
Der Anwalt der Thiels suchte Leon wegen einem besonderen Anliegen auf. Leon musste auf eine unangenehme Art und Weise von seinem Anwalt erfahren, dass er eigentlich noch eine Großmutter hatte, von der Leon all die Jahre nichts wusste. Er fiel buchstäblich aus allen Wolken als er das erfuhr. Eigentlich wäre es die Aufgabe seiner Mutter gewesen, ihm von ihr zu erzählen. Er hatte eine Großmutter, welche in einem anderen Land lebte. Der Anwalt jedoch suchte Leon nicht auf, weil er ihm das erzählen wollte, sondern das Ganze formte sich zu einer zweiten Ebene, die weitaus umfangreicher war als Leon dachte. Leons Großmutter starb vor mehr als zehn Jahren und Leon war somit ein rechtmäßiger Erbe. Das sprengte in Leons Augen das Fassungsvermögen. Er schlug im Affekt auf seinen Schreibtisch, ein lautes Knallen ertönte
»Niemals! Ich werde ganz sicher kein Erbe! Ich weigere mich!«, brüllte Leon seinen Anwalt regelrecht an, dieser sah Leon ganz verdutzt an. Er hatte erwartet, dass seine Familie ihn bereits über das Erbe in Kenntnis gesetzt hätte. In Anbetracht dessen, dass er erst jetzt von seiner verstorbenen Großmutter erfuhr, war es höchst unwahrscheinlich. Des Weiteren verstand Leon nicht, weshalb er erst jetzt als Erbe eingesetzt werden sollte, nachdem seine Großmutter, die er nicht kannte, schon zehn Jahre tot war. Das lag an der Behörde in dem Land, in dem seine Großmutter lebte. Die Todesumstände waren sehr mysteriös, bis heute wusste niemand, wie die Großmutter von Leon und Nicole ums Leben gekommen war. Die Großmutter wohnte in einem kleinen Haus in einem Land namens Altymlia. Urplötzlich fing das Haus Feuer. Die Wände loderten vor brennendem Feuer. Die zerstörerische Kraft des Feuers breitete sich rasant schnell im ganzen Haus aus. Die Wände und alle Gegenstände im Haus waren total verkohlt und abgebrannt, sodass man sie kaum erkennen konnte. Die Leiche, welche vermutlich Leons Großmutter war, konnte nie geborgen werden, weshalb die Behörden jahrelang im Dunkeln tappten. Des Weiteren konnte nie geklärt werden, wie das Feuer ausbrechen konnte. Mittlerweile konnte der Leichnam aus dem Haus geborgen werden und das Haus wurde für die Hinterbliebenen der Großmutter freigegeben. Man fand etwas später ein Testament der verstorbenen Frau. Glücklicherweise trug das Testament keinerlei Schäden davon. Allein diese Tatsache grenzte an ein Wunder. Darin wurde ganz genau niedergeschrieben, was die Erben erhalten sollten. In diesem Testament wurden die Personen erwähnt, die etwas erben sollten und sobald der Name auf diesem Testament stand, musste man dies akzeptieren. Dagegen konnte man sich nicht widersetzen, so waren die athymischen Gesetze. Man konnte nicht vor dem Erbe davonlaufen. Leon hatte also keine andere Wahl, als das Erbe zu akzeptieren. Von großem Schock geplagt sank Leon auf seinen Arbeitsstuhl. Er wollte nie ein Erbe annehmen. Leon schlug seine Hände über dem Kopf zusammen. Er überlegte wie man es verhindern konnte, das Erbe anzunehmen, jedoch gab es keinen Weg aus diesem Schlamassel. Der Anwalt schaute Leon an.
»Nun freuen Sie sich auf das Erbe! Ihre Großmutter war so gnädig, Sie in ihrem Testament zu bedenken!«, sagte der Anwalt der Thiels. Leon stand blitzartig von seinem Schreibtisch auf, er war alles andere als erfreut.
»Gnädig? Darauf kann ich dankend verzichten! Ich kenn diese Frau noch nicht einmal! Dann auch noch in einem fremden Land, das ich nicht kenne! Der absolute Gipfel des Eisberges ist, dass ich auch noch ein Haus erben soll, das womöglich noch verflucht ist! Was soll ich mit einem Erbe in einem anderen Land? Mein Platz ist hier in Keyhole und nirgend anders!«, sagte Leon impulsiv. Die laute Stimme von Leon schallte aus seinem Büro. Der Lärm erfüllte den ganzen vorderen Bereich seiner Firma. Die Sekretärin hörte Leons laute Stimme zum allerersten Mal. Sie sorgte sich ein wenig um ihren Chef. Sie rang mit dem Gedanken, ob sie in das Büro platzen oder still abwarten sollte, bis sich ihr Chef wieder beruhigt hatte. Die Sekretärin starrte immerzu auf den Gang, welcher zum Büro ihres Chefs führte.

Ganz überraschenderweise erschien eine Person in einem beigen Anzug mit einem Aktenkoffer in der Empfangshalle der Firma. Diese wunderte sich über den lauten Ton, welcher die Firma erfüllte. Jene Person schritt in gemütlichen Schritten an den Empfang.
»Was hat dieser Aufruhr zu bedeuten, Melinda?«, fragte die Person. Anscheinend kannte die Person die Sekretärin sehr gut. Melinda, die Sekretärin von Sports Industries, drehte sich rasch um und betrachtete aufgebracht die Person, welche vor ihr stand.
»Willkommen zurück, hatten Sie einen angenehmen Aufenthalt in Lurena?«, fragte Melinda neugierig. Leon war zweifellos der Leiter der Firma Sports Industries, jedoch teilte er sich die Geschäftsleitung mit noch einer weiteren Person. Jene Person, die aus Lurena zurückkehrte, war der zweite Chef der Firma. Als er bemerkte, dass sich die Firma in einem ungewohnten Arbeitsklima befand, fragte er nach dem Grund, wobei er es sich denken konnte, wem die laute Stimme gehörte. Er schätzte Leon sehr, aber das ging nun doch eindeutig zu weit. Diese Situation beeinflusste das Arbeitsklima sehr stark. Die Person übergab seiner Sekretärin seinen Aktenkoffer. Er trat in sein Büro ein, um den Streit zu schlichten.
Leon konnte seine Gefühle kaum im Zaum halten. Der Anwalt konnte ihn verstehen, jedoch kam er nicht um das Erbe herum. Die Person öffnete die Türe, sie sprang ganz weit auf, so weit bis es nicht mehr ging. Die Stimmen verstummten für einen kleinen Augenblick lang, als Leon sah, dass sein Partner ins Büro stürmte. Aus seinem Gesicht entnahm er, dass er nicht grad hocherfreut war Leon zu sehen.
»Robert, was machst du hier?«, fragte Leon erschrocken.
»Ist das alles, was dir dazu einfällt? Du brüllst ohne Ende herum, die Arbeiter können deinetwegen nicht ihrer Arbeit nachgehen! Ich will jetzt sofort wissen, was das Theater hier zu bedeuten hat!«, stauchte Robert Leon zusammen. Der Anwalt unterrichtete Robert, dass Leon ein Erbe antreten sollte und er keine andere Wahl hatte als es zu akzeptieren, selbst wenn er sich noch so sehr wehrte. Robert war alles andere als begeistert, dass solch private Dinge in der Firma abgehandelt wurden. Roberts Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. Er stauchte Leon zusammen, was er normalerweise niemals tat. Leon akzeptierte widerwillig das Erbe seiner Großmutter. Der Anwalt war froh, dass sich der Konflikt klären ließ, denn ihm saß die Zeit im Nacken.
»Nun, da sich dies klären konnte, überreiche ich Ihnen diesen Schein! Er ist sehr wichtig! Vergesst das niemals!«, erwähnte Leons Anwalt. Er reichte seinen Arm mit dem Schein in der Hand zu Leon. Mit widerwilligen Blicken begegnete Leon seinem Anwalt. Alles in ihm sträubte sich, das Erbe anzunehmen. Allerdings war ihm bewusst, dass er sich nicht dagegen wehren konnte. Leon nahm den Schein entgegen.
»Ist das ein Ticket?«, fragte Leon verwundert. Für ein Ticket war der Schein zu groß. Robert warf einen flüchtigen Blick auf den Schein.
»Das ist kein Ticket! Das ist die Einreisebestätigung nach Altymlia! Ich habe auch solch einen Schein«, klärte Robert Leon auf. Dabei zeigte er seine Einreisebestätigung. Das verwunderte Leons Anwalt sehr. Er stellte sich die Frage, wie Robert an solch einen Schein gelangte. Die Einreisebestätigungen in Form dieses Scheins konnten nur die Einwohner des Landes erhalten. Möglicherweise besaß Robert ebenfalls Verwandte in Altymlia, genau wie Leon. So etwas sah Leon noch nie zuvor. Diese Art von Bestätigung, um ins Land einreisen zu können, wirkte sehr verdächtig. Dennoch beschäftigte er sich vorab nicht weiter damit.
»So wie es aussieht soll ich wohl nach Altymlia! Wo soll das Ganze vonstattengehen?«, fragte Leon. Auf diese Frage wartete sein Anwalt nur. Die Testamentseröffnung sollte in der berühmtesten Stadt von ganz Altymlia stattfinden. Eine Stadt, welche gleichzeitig das Wahrzeichen des Landes darstellte. Es genügten nur wenige Worte und Robert wusste ganz genau, um welche Stadt es sich dabei handelte.
»Damit kann nur Rose City, das blühende Wunder der Antike, gemeint sein«, stellte Robert fest. Leons Anwalt lenkte seine Aufmerksamkeit auf Robert. Er nickte leicht mit seinem Kopf. Leons Blicke wanderten im Zickzackkurs zu Robert und seinem Anwalt. Er kannte weder Altymlia noch die Stadt, über die sich die beiden unterhielten. Jedoch fand er die Bemerkung „Das blühende Wunder der Antike“ sehr ansprechend und geheimnisvoll. Ohne zu wissen was Robert plante, verspürte Leon den plötzlichen Drang Rose City mit seinen eigenen Augen zu sehen. Robert schweifte seine Blicke zu Leon.
»Du musst unbedingt nach Rose City!«, drängte Robert Leon. Dieser drehte sich zu seinem Partner geschwind um. Solch ein Verhalten war für Leon völlig neu. So kannte er Robert nicht. Robert näherte sich einem der vielen Schränke, in denen sich wichtige Dokumente befanden. Er öffnete eine Schublade und nahm einen Brief heraus. Mit diesem in der Hand kehrte er zu Leon und dessen Anwalt zurück. Robert reichte seinen Arm zu Leon mit dem Brief in der Hand. Dieser starrte verdutzt zu Robert, dabei schweiften seine Blicke immer wieder zu dem Brief, den Robert ihm überreichte. Mit einem fragwürdigen Gesicht nahm Leon den Brief seines Partners entgegen.
»Du musst einen Mann mit dem Namen Lee ausfindig machen und ihm diesen Brief übergeben! Meine Reise nach Lurena diente dem Zweck diesen Mann zu finden!«, erzählte Robert. Leon gefiel es gar nicht, dass Robert seine privaten Probleme auf Kosten der Firma auslegte. Der Anwalt mischte sich nun wieder ins Geschehen ein.
»Welch Zufall! Bei der Familie Lee findet die Testamentseröffnung statt! Bis dahin verbleiben noch zwei Tage! Ich werde etwas später dazu stoßen! Bis dahin verabschiede ich mich!«, erzählte der Anwalt. Er beugte sich nach unten und griff nach seinem Aktenkoffer. Anschließend verließ er die Firma. Leon kam sich wie vor den Kopf gestoßen vor. Der Anwalt platzte in Leons Leben und verließ es zugleich wieder. Nun besaß Leon zwei Gründe nach Altymlia zu reisen. Robert näherte sich dem Schreibtisch und setzte sich auf den Drehstuhl.
»Ich verlasse mich auf dich! Du solltest besser noch heute fliegen! Du kannst dir fünf Tage frei nehmen!«, sagte Robert. Leon nahm noch nie zuvor Urlaub. Er konnte nicht glauben, wie sich all das entwickelte. Ihm gefiel das Ganze überhaupt nicht. Ohne ein Wort darüber zu verlieren verließ er das Büro. Er schloss hinter sich die Türe und schnaufte einmal tief durch. Die Sekretärin richtete besorgt ihre Blicke auf Leon. Sie verspürte den Drang ihn darauf anzusprechen, was vorgefallen war, doch sie traute sich nicht. Sie ahnte, dass es sich dabei um Dinge handelte, die sie nichts angingen. Leon bemerkte die besorgten Blicke von Melinda.
»Ich werde mir fünf Tage frei nehmen. Sämtliche Termine leiten Sie bitte an Robert weiter!«, informierte Leon seine Sekretärin. Danach ging er den Gang entlang, um die Firma zu verlassen. Melinda sowie die anderen Mitarbeiter, die zufällig anwesend waren, konnten es kaum glauben. Sie waren regelrecht schockiert. Dass Leon Urlaub nahm, war die Sensation des Tages. Dies verbreitete sich rasant in der Firma.

Leon versuchte seine aufgebrachten Gefühle zu verbergen. Er ging auf dem schnellsten Weg nach Hause, um seine Schwester in Kenntnis zu setzen. Er öffnete seine Haustüre. Wie immer war es sehr still im Haus. Die Fenster standen offen und der Wind wehte herein. Im Wohnzimmer befand sich ein großer Tisch mit einer grünen Tischdecke. In einer Blumenvase aus Glas steckten viele verschiedene rote, gelbe und pinke Blumen. Immer wenn der Sommer vor der Haustür stand, pflückte Marie frische Blumen und stellte diese in eine Vase, welche stets den Esstisch zierte. Wenn Marie verreiste, übernahm Nicole meist die Aufgaben ihrer Mutter, jedenfalls glaubte das Leon all die Zeit lang. Er legte seinen Aktenkoffer auf dem Esstisch ab. Es sah wie immer aus, wenn seine Mutter verreiste. Es war so still und leise, fast schon unheimlich. Leon behagte das nicht sehr.
»Immer dasselbe! Wie oft habe ich ihr schon gesagt, dass sie die Fenster nur kippen soll!«, seufzte Leon. Er schloss die Fenster. Außer ihm befand sich niemand im Haus. Auch das war nichts Neues für ihn. Es gab nur einen Ort, wo er seine Schwester antreffen konnte. Nicole befand sich vermutlich wie immer in ihrem Labor. Die Forscher arbeiteten eifrig, doch Nicole war wie immer unzufrieden. Einer ihrer Forscher saß an einem Schreibtisch mit drei Computerbildschirmen. Der Forscher wurde förmlich von den Computerbildschirmen verschlungen. Nicole sah sich die Berichte über ein Meer an. Diese waren in ein Klemmbrett geklemmt. Nicoles Augen scrollten von oben nach unten. Sie blätterte die Seiten um, ohne ein Wort darüber zu verlieren.

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