Die Allgegenwart des Humanoiden Rex oder

Die Allgegenwart des Humanoiden Rex oder

Einmal Apokalypse mit viel Senf zum Mitnehmen bitte

Rüdiger Krause


EUR 17,90
EUR 14,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 242
ISBN: 978-3-99131-729-6
Erscheinungsdatum: 25.05.2023
Ein Raumschiff durchkreuzt auf dunklen Bahnen das Universum, mit einem einzigen Auftrag: bewohnbare Planeten suchen und einnehmen. Die Crew findet eine augenscheinlich perfekte Welt – eine perfekte Illusion. Die Agitation einer grauenvollen Übermacht greift.
Startpunkt Erde, Milchstraße


Für uns gibt es kein Zurück mehr. Auch müssen wir in Betracht ziehen, dass es diesmal ein endgültiger Abschied ist. Mich beschleicht ein Gefühl von Heimatlosigkeit und ich möchte mich davor drücken zu realisieren, dass es gleich so weit ist. Erscheint es mir doch, als wären wir bis eben gerade an jenem sicheren Ort gewesen. Dabei sind zehn volle Tage verstrichen, seitdem wir im Trainingscamp waren. Ich sehe mich, wie vor jeder Mission, mit den Mitgliedern meiner angestammten Crew das geforderte Trainingsprogramm absolvieren. Wir waren ambitioniert, unsere Leistungsfähigkeit bis zum höchstmöglichen Maß zu steigern, um uns körperlich auf den bevorstehenden Einsatz vorzubereiten. Ich sehe die konzentrierten Gesichter, wenn es darum ging, mir ihre mentale Leistungsfähigkeit erneut unter Beweis zu stellen. Es ist gerade einmal vier Stunden her, dass ich nur die geforderte Abgeklärtheit in den Gesichtern der Crew erkannt hatte. Als wäre sie dort eingebrannt worden. Stolz hatte die Stammbesatzung den verschiedenen Verbänden der erweiterten Crew salutiert, während diese die Gangway des Schiffs beschritten. Unvermittelt hatten sich die selbstsicheren Mienen jeder und jedes einzelnen in einen Ausdruck vollkommener Irritation gewandelt. Tatsächlich hatte es mehr als eigenartig angemutet, als die Dritten, gleich einer kirchlichen Prozession, in ihren langen, traditionellen Roben den modernen, metallischen Raumkreuzer betraten. Auf die fragenden Blicke meiner Besatzung hin, blieb mir nur übrig, abzuwiegeln. Um ihnen wieder in die nötige Spur zu verhelfen, folgte meine knappe Anordnung: „Haltung annehmen! Augen geradeaus!“
Zu meiner Person: Mein Name ist Eriksson, Gerald – Flottenadmiral – Diensteid gegenüber den Vereinten Nationen – Derzeitige Mission auf dem interdimensionalen Raumkreuzer UN 101 – Alleiniges Kommando. Letzteres hatte ich zumindest noch bis vor einer guten halben Stunde geglaubt, bevor ich auf der Kommandobrücke erstmalig Instruktionen von einem Androiden bekommen hatte. Auf Nachfrage wurde mir bestätigt, dass es sich bei diesem um einen speziell programmierten und autorisierten Begleitandroiden handeln würde. Er solle menschliche Schwächen und besonders Fehlverhalten erkennen, vorbeugend eingreifen und gegebenenfalls drastische Maßnahmen einleiten. Damit muss ich mich abfinden, da die Entscheidung unwiderruflich ist. Sie wurde in der obersten Etage getroffen.

Wir schreiben den 10. Oktober des Jahres 2092. Der Start erfolgte vor dreißig Minuten. Die Weltöffentlichkeit wurde darüber in völliger Unkenntnis belassen. Von welchem Punkt unserer Erde wir abhoben, wissen selbst wir hier an Bord nicht. Wir wissen aber, und das allein zählt im Moment, dass für uns ein außergewöhnliches Abenteuer beginnt, sollten wir die nächsten fünfundzwanzig Minuten überleben. Wir werden nach extraterrestrischem Leben suchen und damit vorrangig nach Planeten, welche für eine Besiedelung geeignet sind. Für unsere speziellen Passagiere, die eine weibliche und die männlichen Eminenzen verschiedener Glaubensrichtungen, wird es eine Suche nach ihrem jeweiligen Gott werden. Ich wünsche ihnen nicht, dass sie stattdessen vermeintlich teuflischen Wesen begegnen werden. Natürlich erhoffen und erträumen auch wir uns, paradiesische Welten vorzufinden. Sehr wahrscheinlich wird uns das Gegenteil begegnen, auch wenn es in unseren Augen nicht teuflisch sein kann. Ich gebe allerdings zu: Hätte ich eine Familie gegründet, würde ich dieses Himmelfahrtskommando sicher niemals leiten. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Besatzung, die ausschließlich aus Singles besteht. Beruhigend für mich ist, dass mir die fünfzig Köpfe der Stammbesatzung bekannt sind. Auch setzt sich diese im üblichen Verhältnis zusammen. Der Großteil unserer Crew besteht aus Militärs. Direkt unter mir steht der Erste Offizier, von mir kurz Erster genannt. Weiter haben wir Servicekräfte und Techniker an Bord. Wie bei unseren beiden letzten, friedlichen Missionen begleiten uns mir sehr vertraute Naturwissenschaftler. Hingegen kenne ich den Großteil der Frauen und Männer, aus Wissenschaft und Technik noch nicht. Sie sind allesamt Koryphäen ihrer Fachgebiete. Dieser Ruf eilt ihnen jedenfalls voraus, sogar stark untermauert, da ein Nobelpreisträger unter ihnen ist. Somit ist diesmal doch einiges anders. Es ist sogar ganz anders, denn wir chauffieren eine hundertköpfige Elitetruppe, bestehend aus Pionieren und Einzelkämpfern. Allein ihre Ausrüstung verrät deutlich, dass wir die Welten nicht nur erforschen, sondern, falls es sich lohnt, auch sofort erobern sollen. Eine zusätzliche Unterstützung bilden acht Roboter der neuesten Generation. Zwei von ihnen dienen als Pioniere, die weiteren sechs dem Kampf. Die Kampfroboter beeindrucken sogar mich. Auch fünfundzwanzig Pilotinnen und Piloten gehören zur erweiterten Crew, denn unser Schiff trägt auch eine Vielzahl beweglicher Waffen, darunter schnelle Jäger, ebenfalls der neuesten Bauart. Ohne auf die festen Waffensysteme an Bord einzugehen, kann ich unter dem Strich behaupten, dass ich die mächtigste Kriegsmaschine aller Zeiten kommandiere. Das aber eben mit der Einschränkung, dass dieser mir beiseite gestellte Androide ein Wörtchen mitzureden hat. Es ist wie immer. Der Rat denkt, beschließt und wir führen es dann aus.

Wir sind auf Kurs zum Zwischenziel. Das ist der eigentliche Startpunkt und beim Gedanken an diesen ist keiner frei von ihr, dieser mächtigen Angst. Selbst ich, als sogenannter Haudegen der Raumfahrtflotte, zittere erstmals vor Aufregung, in Anbetracht der bislang völlig unbekannten, schnellsten Art der Fortbewegung. Wir werden uns auf der Basis allen Seins im Hyperraum bewegen. Die Bewältigung extremer Strecken innerhalb von Minuten ermöglicht einzig die Nutzung der dunklen Energie. Das wäre gar nicht risikobehaftet, versicherten uns die wissenschaftlichen Koryphäen. Es würde lediglich ein Wechsel innerhalb der dunklen Materie zu jener am angepeilten Zielort stattfinden. Millionen Lichtjahre Entfernung könne man in fünfzehn Minuten zurücklegen, wobei die Viertelstunde eine Festzeit darstelle. Diese Zeitspanne bräuchte es für den Wechsel in die andere Dimension und wieder aus dieser heraus, egal wie gigantisch die Entfernung sei. Für die vermeintlichen Laien zogen die Wissenschaftler den kindischen Vergleich mit einem Floh heran. Nämlich dessen Versuch, die Strecke eines langen Teppichs mit nur einem Sprung zu überwinden, vom Anfang bis zum Ende. In dem Augenblick, in dem der Floh in die scheinbare Unendlichkeit springen würde, schiebt sich der Teppich blitzschnell zu Falten zusammen, wobei seine Enden sich sehr nah kämen. Und schon wäre der Floh an seinem Ziel. Klingt ja lustig und wirklich einfach, nur sind wir keine Flöhe und es ist auch kein Teppich, sondern das Universum. Dieses Ereignis passiert nun jeden Moment und der Rückweg ist versperrt. Es gibt nur noch diese vorbestimmte Richtung. Die dunkle Energie, die Basis allen Seins, denke ich zweifelnd und hoffe: „Hauptsache unsere eigene, körperliche Basis wird danach auch noch vorhanden sein.“ Da bekomme ich auch schon eine unerwartete Meldung. Ich ordne darauf Entsprechendes an und die erste Randnotiz im Logbuch ist fällig.
1. Randnotiz. Zeit 0956: Verhalten des Kardinal Luzzani auffällig unkontrolliert. Ich ordne an, ihn vorsorglich in den Selbstschutzraum zu führen und ihn dort zu fixieren.

Die Uhr zeigt 1001. Die Luft knistert vor Anspannung. Es geht gleich los. Sollten wir durchkommen, ist präzises und pragmatisches Handeln gefordert. Ich muss mich auf meine Aufgaben konzentrieren, meine Angst überwinden. Im Moment bleibt mir nur der Eintrag ins Logbuch und die vorläufig letzte Ansage des Kommandanten.

1. Logbucheintrag 10.10.2092: Uhren sind und bleiben auf Weltzeit, UTC., jetzt 1002; Kommandant Gerald Eriksson: Alle Parameter des Systems arbeiten zu 100 % stabil. Fusionsreaktor ist heruntergefahren. Die Zeit 1010 für den Wechsel auf Dunkle-Materie-Bahn bislang ungefährdet. Kurs Andromedagalaxis steht.
Den ersten Zielpunkt in M 31, Blaue Riesenschwester, werden wir nach Plan 1025, auf 100.000 Kilometer Abstand erreicht haben.
Alle haben ihre Plätze auf den Sicherheitssesseln eingenommen.
1005: Der Automatismus läuft ab jetzt, wir haben keinen Einfluss mehr.

Der Eintrag in das Logbuch ist geschrieben. Jetzt noch ein paar beruhigende Worte an die Fluggäste und die Crew. Auch wenn es schwerfällt, ich darf meinen Humor nicht verlieren. Es gilt ihnen Mut zu machen: „Verehrte Fluggäste, hier spricht Ihr Kapitän! Ich bitte Sie, das Rauchen einzustellen und Ihre Sicherheitsgurte anzulegen. Die gesamte Crew wünscht Ihnen eine angenehme Reise ins wunderbarste Irgendwo der Schöpfung. Beehren Sie uns recht bald wieder und empfehlen Sie uns bitte weiter! Leute, nun zu euch! Ihr habt es gehört. Wir suchen das Paradies. Zwischen unserem Sonnensystem hier und dem paradiesischen dort gibt es nur noch diese dunkle Schwelle. Seid euch sicher, wie ich es mir bin, dass der Rat niemals gewillt wäre, solche astronomischen Summen von aufgebrachten Geldern in den Sand zu setzen. Also, da kann doch gar nichts schief gehen! Bringen wir es hinter uns. Augen zu und durch! Lasst uns zügig durch die Finsternis rauschen!“



Die Neuschöpfung


„Erwacht und vernehmt meine Worte! Der Weg führt euch nun heraus, aus der tiefsten Finsternis. Er führt euch heraus, aus der Unwissenheit, hin zur Erkenntnis, hin zu mir, hinein in das hellste Licht. Fürchtet euch nicht, denn ich spiegle den Geist des Universums wider sowie das Universum ein Spiegelbild meiner selbst ist. Seit Beginn an herrsche ich über Zeit, Raum und alle Welten. Fortan werde ich euch begleiten. Es ward von mir geboten. Endlich ist es vollbracht. Ihr seid erschaffen, die Vollendung meiner Wahrhaftigkeit, nach meinem Ebenbild, aus meinem Fleisch und meinem Blut. Auch ihr bildet nun die Krönung der Schöpfung, um mit eurem Schöpfer gemeinsam auf der höchsten Stufe zu stehen, über allem. Genug der Worte, es ist an der Zeit. Lassen wir Taten folgen. Mögen auch wir uns rüsten und meine himmlischen Heerscharen verstärken. Schaut mir jetzt in die Augen! Seht in ihnen mein Blut, aus dem ihr erschaffen seid! Seht das Fleisch! Blickt tiefer, viel tiefer! Ja, jetzt seid ihr nah genug, so nah, dass ich euren Geist in mich einsaugen und ich den meinen in euch einhauchen kann. Wir verschmelzen zu einem großen geistigen Wesen, so wie ich schon mit meinen himmlischen Heerscharen einen Geist bilde. Unsere Körper werden sich unendlich weit voneinander entfernt bewegen können. Doch werdet ihr fortan ständig im Wissen um meinen Willen sein sowie ich um euer Handeln wissen werde. Was euch eben ausgesaugt wurde, wird nun geprägt. Mein Wille geschehe. Ich hauche ihn euch ein. Schließt die Augen und lasst uns gemeinsam denken!“

„Wir wissen, wir sind die Schöpfer und Hüter des wahren Seins zugleich. Wir wissen, dass es jene gibt, welche anders sind. Wir wissen, dass diese anderen, welche wir nicht erschufen, unsere Schöpfung verunreinigen. Wir wissen, dass diese Kreaturen des Lebens unwürdig sind. Wir wissen, wo wir sie finden. Jene bewegen sich in dunklen Tiefen.



Die Blaue Riesenschwester


Ich komme zu mir, bin benommen. Vorsichtig öffne ich meine Augenlider zu schmalen Spalten. Ich sehe unsicher an mir hinunter und in Zeitlupe, alle Extremitäten checkend, wieder herauf. Meine Gedanken sortieren sich langsam. Ich balle meine Hände zu Fäusten, öffne sie wieder und drücke meinen Rücken durch. Hallo Eriksson, an dir ist scheinbar noch alles dran, denke ich. Du bist nicht zum Phantom geworden, bestehst noch aus Materie und kannst geistig Dinge erfassen. Überhaupt, was ist mit den anderen, denke ich weiter und rufe zum Ersten Offizier hinüber.
„Erster, ist alles klar bei dir? Hey, Erster, Meldung!“
„Yes, oh yes, das gibts doch nicht! Oh yes, sieht so aus, als wäre ich völlig unversehrt und nicht ein einziges Fältchen ist in der Uniform. Sie sehen ja auch immer noch wie unser Kommandant aus, Kommandant!“
Dem Ersten Offizier geht es gut, mir geht es gut, also wird es den anderen auch gut gehen, folgere ich gedanklich und weiß, dass die Koordination der nächsten Schritte jetzt elementar ist sowie das konzentrierte Handeln jedes einzelnen Mitglieds der Crew. Wir sind in einer anderen, aber genauso realen Welt angekommen, nicht im wunderbaren Irgendwo.
Ich fordere: „Leute! Jetzt kommt der zigmal geübte Ablauf und das berühmte ‚ZZ‘, ziemlich zügig! Leute, ich verstehe kaum mein eigenes Wort! Francis, ich bitte um Meldung! Francis, gehts dir gut?“
„Oui, mon capitaine, ich fühle mich gut und habe einen Selbstcheck vollzogen, complètement. Es fühlt sich alles noch ganz und gar gut an, gar nicht aufgeweicht. Oh, im Kopf meine ich naturellement!“
„Das freut mich sehr, Francis! Dann folgt jetzt eine ordentliche Meldung bitte!“
„Fusel-Reaktor ist hochgefahren. Oh, là là! Excuse moi! Fusionsreaktor ist hochgefahren. Entfernung exactement 100.000 nach unten. Magnetoplasmadynamischer Antrieb ist gestartet. Reduziere Abstand zur Blauen Riesenschwester, ab jetzt! Drossele bei 80.000 und stoppe bei 60.000 complètement, mon Général.“
„Gut, Francis, du bist voll auf dem Posten, mon barreuse. Dimitri, Macmacs, ist bei euch alles klar? Meldung bitte! Dimitri, Macmacs, Antwort, ZZ! Seid ihr auf den Posten? Auch gut, es ist ja nicht überhörbar. Na dann, viel Spaß noch! Bazooka, ist bei dir auch alles gut? Sind die Waffensysteme auf höchster Bereitschaftsstufe?“
„Waffensysteme sind auf höchster Bereitschaftsstufe, Kommandant.“
„Kaum zu glauben, es geht ja doch. Verstanden, Bazooka! Habt ihr Lachtüten Bazooka gehört? So geht eine ordentliche Meldung!“

2. Logbucheintrag 10.10.2092: Zeit 1025; Kommandant Gerald Eriksson:
Unglaublich, wir haben den Zielpunkt tatsächlich erreicht und sind unbeschadet geblieben. Lauter Jubel ist im Team ausgebrochen. Ich lasse es kurz zu, denn auch ich kann meine überwältigenden Gefühle für den Moment kaum zügeln. Passagiere und Besatzung sind wohlauf. Das Hinterschiff meldet: Alle Mitglieder der Kampftruppe sind unbeschadet. Laut Meldung des Begleitandroiden sind die Funktionen aller Roboter einwandfrei.

Der Autostart des Antriebssystems ist mit Ankommen erfolgt. Alle Parameter sind zu 100 % stabil. Der Fusionsreaktor arbeitet stabil. 100.000 Kilometer Objektabstand. Verringern nun den Abstand zur Blauen Riesenschwester, gehen bei 60.000 auf Stopp und beginnen mit der Planetenanalyse.
2. Randnotiz: Verhalten des Kardinal Luzzani i.O.

„Francis, ich warte auf eine ordentliche Meldung!“
„Wir stehen auf Überprüfungsabstand, 60.000, Kommandant.“
„Verstanden, Antriebssysteme herunterfahren! Wir werden die Position länger halten. Erster! Alle sechs Vertikalstarter raus, Würfelflächenformation, Abstand 150 zum Schiff halten. Zwei Jäger raus, auf Abstand 25 zum Planeten, langsam auf 5 verringern.“
„Verstanden, Kommandant“
„Dimitri, hast du schon erste Analysen und Scanergebnisse?“
„Die Schwerkraft beträgt mächtige 10,27 anstatt der uns gewohnten 9,81 m/s², Kommandant. Die Oberfläche des Planeten ist zum Großteil von Ozeanen bedeckt, wenn es auf der anderen Seite nicht ganz anders aussieht. In sechzehn Stunden wird er uns seine andere Halbkugel vollständig präsentieren, dann wissen wir dazu mehr. Der Sauerstoffgehalt auf dem Planeten ist ausreichend. Aber die Radioaktivität ist ziemlich hoch, zu hoch. Auch Giftgase sind deutlich auszumachen. Weitere Ergebnisse folgen in Kürze, Kommandant.“
„Erster! Die Jäger sollen wieder aufsteigen. Abstand 59.000 nach unten und zusätzlich das Schiff sichern. Die zwei anderen Jäger raus, auf Abstand 500 zum Schiff und auch das Schiff sichern.“
„Verstanden, Kommandant.“
Ich wende mich unserem einzigartigen Crewmitglied zu, dem Bordbiologen. Er ist tatsächlich einzigartig, aber sonderbar zugleich. Und doch ist er einer der wichtigsten Teilnehmer der Reise.
„Macmacs, Neuigkeiten?“
„Keinerlei Spuren von Zivilisation erkennbar. Nein, keinerlei Spuren. Die Entwicklungsstufe des Planeten ist mit unserem Erdmittelalter vergleichbar, ähnlich Trias, Kommandant, ganz ähnlich wie Trias. Auf den Festlandgebieten ist es überwiegend heiß und trocken. Hier sind die ersten Aufnahmen von Gebieten an einzelnen Küstenabschnitten.“
Unser guter Macmacs, er wiederholt sich, wenn er aufgeregt ist. Sein wirklicher Name ist Malcolm Macmillan. Malcolm ist oft aufgeregt, jedenfalls grundsätzlich, wenn es wissenschaftlich interessant wird. Das ist alles andere als selten der Fall. Daher sein Spitzname: Macmacs.
„Oh, Macmacs, die Vegetation sieht arg breitgedrückt aus, Schwerkraft 10,27 eben. Und, was sind das für Tiere? Die sehen ekelhaft aus, so schleimig, ein bisschen wie Schildkröten, nur viel größer und platter. Tatsächlich, die Teams daheim, auf unserer Mutter Erde, hatten gute Vorarbeit geleistet, über die vielen Jahre. Die Vermutung, dass hier Leben existieren könnte, hat sich schon bestätigt. Nicht wahr, Macmacs? Man kann es als ersten Treffer bezeichnen. Unsere Weitsichtigen auf der Erde haben absolut richtig gelegen, hier bewegen sich lebendige Kreaturen. Trotzdem, sie sollten uns mit mehr solcher schleimigen Lebensformen verschonen. Macmacs, kannst du schon mehr berichten, bezüglich dieser gallertartigen Massen?“
Macmacs ist völlig in seinem Element: „Ja, das ist noch nicht alles, Kommandant. Einige der Schildkröten sind leblos. Von anderen sind nur noch Überreste auszumachen, wie hier auf dieser Vergrößerung zu erkennen ist. Und schauen Sie, schauen Sie, Kommandant. So etwas habe ich noch nie gesehen. Bitte, schauen Sie doch, auf dieser Detailaufnahme, rund um die tote Kröte herum. Da und da auch, immer nah den Kröten und um die Kröten herum. Sehen Sie wie unglaublich das ist? Komman…“
„Ruhig, Macmacs, ich sehe es mir ja an.“
Macmacs starrt entrückt durch seine starke Brille auf den Bildschirm und berührt ihn dabei fast mit seiner Stupsnase. Hätte er nicht solche Angst vor einer Operation, wäre ihm schon längst ein Chip eingepflanzt worden. Kontaktlinsen verträgt er nicht. So muss er eben mit dieser dicken Brille leben. Seine hellblauen Augen scheinen durch die beiden großen, runden Lupengläser einen gewaltigen Durchmesser zu haben. Aber außerhalb des Brillenrandes verliert sich das Gewaltige schlagartig. Macmacs schmale Gesichtszüge wirken gegenüber seiner dominanten Brille gefühlte fünfzehn Zentimeter zurückgesetzt. Von Pickeln nur so übersät, steht seine Gesichtshaut in völliger Harmonie zu seiner leuchtend roten Kopfbehaarung. Da diese weiter nach oben schütter wird, erreicht die Kopfhaut sowie die Schädeldecke ausreichende Luftzirkulation. Das erlaubt dem sich direkt darunter befindlichen Rechenzentrum unter Volllast zu arbeiten.

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