Das dunkle Tor

Das dunkle Tor

Eine Geschichte von Leid, ungeheuerlichem Willen und düsteren Geheimnissen!

Cyrill Wyrsch


EUR 20,90
EUR 16,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 234
ISBN: 978-3-99146-171-5
Erscheinungsdatum: 26.07.2023
Rätselhafte Angriffe. Ein grauenvolles Geheimnis im Gebirge. Inmitten von Leid und grausamen Ereignissen muss der Jäger Thordir seiner Bestimmung folgen. Kann er das Böse von Armarien abwenden?
- 1 -


Eine unheimliche Stille legte sich über das Land. Eis und Schnee herrschten über Berge und Täler. Flüsse, Bäche, Moore und Teiche erstarrten in der klirrenden Kälte des sternenreichen Nachthimmels. Nur den tosenden Wasserfällen konnte die frostige Luft keinen Einhalt gebieten. Schwere Wassermassen donnerten in die Tiefen, wo sich der feuchte Dunst über annähernd zugefrorene Seen ausbreitete und sich in den Weiten der Wildnis verlor. Mächtige Eiszapfen hingen von Felswänden, immergrünes Moos wuchs auf kaltem Gestein zwischen graugelben Flechten und glitzernden Kristallen. Hier und da fiel lautlos der Schnee von den Tannen.
Der Vollmond hüllte die wilde Landschaft in ein blasses Licht, welches die Natur in ihrer reinsten Schönheit erscheinen ließ, während aber die Schatten der Bäume sogleich eine düstere Umgebung schufen – vieles lag darin verborgen, was sich nicht zeigen wollte. Ein stilles Kratzen hier und ein gedämpftes Fauchen dort, derweil eine feine Brise auffrischte und sich durch kahles Buschwerk schlängelte. An den östlichen und westlichen Berghängen des Finstertals krallten sich letzte Nebelschwaden, als die Stille der Nacht plötzlich unterbrochen wurde.
Ein heiseres Röcheln verließ Thordirs Kehle, als er im hohen Schnee bis zu den Hüften einsank. Völlig entkräftet blieb er stecken und verharrte einen Moment, während sich tiefe Trauer in seinen Augen widerspiegelte. Tränen rannen über die kalten Wangen, als er versuchte, sich mit grabenden Handbewegungen zu befreien, sich jedoch kraftlos gegen die weiße Masse stemmte. Die eisige Oberfläche schnitt dem jungen Mann immer mehr die Hände auf, was ihn aber nicht kümmerte, denn ohnehin spürte er Arme und Beine nicht mehr. Keuchend und völlig außer Atem zog sich Thordir schließlich aus dem Loch, kroch auf allen vieren weiter und begann dabei, ruckartig zu husten. Rotgelber Schleim schoss aus dem Mund – seine Lungen schmerzten grauenhaft. Das zu Eis gefrorene Leder an den Beinen knirschte bei jeder Bewegung und in seiner verzweifelten Lage merkte er nicht einmal, dass stoßweise Blut aus der sichelförmigen Wunde an seiner rechten Brust herausquoll und den Schnee hinter ihm in eine grässliche Spur verwandelte. Von seinem Nachthemd waren nur noch Fetzen übrig, die nun im eisigen Wind wehten, genauso wie sein schulterlanges, schwarzes Haar. Unter größter Anstrengung zwang sich der Jäger auf die Knie, wobei sich seine zittrigen Hände auf festerem Eis abstützten. Er schnappte nach Luft, als er sodann versuchte, auf die Beine zu kommen, um schneller vorwärts zu gelangen. In jener Situation war ihm nicht bewusst, wohin er sich bewegte, was aber auch gleichgültig war, denn bis weit in die Ferne erstreckte sich so oder so eine lebensfeindliche Winterlandschaft.
Sobald sich der Schwarzhaarige gerade so auf wackeligen Beinen halten konnte, knackten seine durchgefrorenen Knochen, welche sich nun wie brüchiger Schiefer anfühlten. Er schrie auf und sackte auf allen vieren in den Schnee zurück. Mit schmerzverzerrtem Gesicht jammerte er kläglich in die Nacht hinaus, wobei weitere heftige Hustenanfälle seinen Brustkorb schüttelten. Nach einem angestrengten Würgen rann warmes Blut aus seinem Mund über die bläulichen Lippen, indessen die Erschöpfung stetig zunahm. Den Tod immer klarer vor Augen, schleppte sich Thordir krächzend und schluchzend vor Schmerzen und Trauer Elle um Elle nach vorne. Seine Haut verblasste allmählich. Er kroch und kroch, derweil seine nackten Füße vom übrigen Körper wie totes Fleisch hinterhergeschleift wurden.
»Grooahh!« Ein ohrenbetäubendes Röhren hallte durch das Finstertal. Adrenalin schoss durch Thordirs Leib, als er seinen Verfolger hörte. Es war ein Klang, der wie ein Blitz durch Mark und Bein zuckte und einem Menschen das Blut in den Adern gefrieren ließ. Der Laut drang in Ohren und Verstand wie tausend Nadeln, welche selbst stärkstes Donnergrollen in seiner rauen Gewalt entmachtete – von einer uralten Kreatur geschaffen, die, so die Legenden, gar aus der Hölle verbannt worden war.
Der widerstandsfähige junge Mann war nun völlig entkräftet. Mit aufgerissenen Augen wagte er einen Blick über seine Schultern und folgte seinen rot gefärbten Spuren im Schnee, bis sie sich in nicht allzu weiter Ferne im dichten Tannenwald verloren.
»Grooahh!«
Thordir erschrak – sein Herz raste. Voller Todesangst drehte er sich hastig wieder nach vorne und versuchte eilig, die durchgefrorenen Gelenke in Bewegung zu bringen. Dabei setzte aber ein unerträglicher Schmerz ein, bei dem er lautlos aufschrie, die Augenlider zusammenpresste und die Zähne knirschend zusammenbiss. Die Knochen fühlten sich an wie morsche Zweige, welche bei geringster Belastung zu brechen drohten. Elle um Elle schob er seinen unterkühlten Körper durch das weiße Nichts.
Dann drang plötzlich das Geräusch von brechendem Gehölz zu ihm herüber. Nicht leises Knacken von dünnen Zweigen, sondern von dicken Ästen. Sie zerbarsten regelrecht und wurde hörbar zur Seite geschoben. Eiskalter Schauder lief ihm über den Rücken. Bereits die Vorstellung von diesem Wesen ließ ihn erstarren. Ruckartig drehte sich Thordir auf allen vieren um, hockte sich mühsam an einen nahgelegenen Gesteinsbrocken und wartete schwer atmend auf das Bevorstehende. Das warme Blut floss währenddessen unaufhaltsam von seiner aufgeschlitzten Brust über den Bauch in den weichen Schnee – doch der Anblick störte ihn nicht. Nur schemenhaft nahm er seine klaffende Wunde wahr. Sie tat auch nicht weh. In diesen Augenblicken störte ihn nichts mehr. Allmählich verließen ihn jegliche Gefühle. Furcht und Trauer verschwanden – sein Atem wurde ruhiger und die Zeit schien stillzustehen. Das Einzige, was er noch zu bewegen vermochte, waren seine smaragdgrünen Augen, die im Mondschein sanft leuchteten. Mit schleppenden Bewegungen seines Hauptes suchte er den schwarzen Wald einen Steinwurf entfernt ab. Vorerst war nichts zu sehen. Aber dann stieg im Schatten einer Baumgruppe Dunst auf, welcher sich beim genaueren Betrachten als die emporsteigende warme Atemluft des Geschöpfes herausstellte. Und zwischen dunklen Tannenzweigen erkannte Thordir schließlich die überwältigenden Umrisse der massigen Kreatur. Unheimlich regungslos stand sie da und schnaubte leise vor sich hin, während düstere Augen den Schwarzhaarigen beobachteten.
Beim Betrachten des Ungeheuers geschah dann etwas Seltsames. Wie Öl in Feuer gekippt, begannen des Jägers Gefühle aufzuflammen. Wohltuende Wärme durchzog ihn von innen, unerklärliche Kräfte regten sich aus seinem Verstand heraus und Gleichgültigkeit wich Wut und Hass. Die aussichtlosen Umstände erzeugten eine wütende Verzweiflung in ihm, die derart kraftvoll wirkte, dass sie zu einer Unerschrockenheit heranwuchs. Schlagartig dachte er an seine Eltern, wobei dutzende Erinnerungsbruchstücke aus vergangenen Tagen eine überaus tiefe Trauer auslösten. Thordirs Augen wurden wässrig, bis die Tränen seinen Blick trübten.
Durch seine verschwommene Sicht nahm er wahr, wie es schließlich aus der Dunkelheit in das fahle Licht des Mondes trat. Beinahe tonlos stapfte es durch den hohen Schnee dem Schwarzhaarigen entgegen.
Hektisch bemühte er sich, seinen geschundenen Leib noch aufzurichten, was ihm aber nicht gelang. Aus unerklärlichen Gründen überkam ihn das Verlangen, dem Biest aufrechtstehend die Stirn zu bieten. Also blieb er ernüchtert sitzen, holte voller Feindseligkeit tief Luft, füllte damit seine Lungen und schrie aus Leibeskräften: »Verdammte Brut der Hölle!« Die Halsvenen blähten sich aufs Äußerste und schienen fast zu platzen, während seine blasse Gesichtsfarbe rötlich verfärbter Haut wich. Doch kaum hallten seine Schreie vom nahgelegenen Felsen zurück, sperrte der Riese sein Maul in die Weite und brüllte um ein Vielfaches lauter, sodass dem Schwarzhaarigen die Ohren pfiffen. Schlagartig verlor Thordir den Mut – abgrundtiefe Furcht schoss in ihm hoch. Aus dem Schlund der grässlichen Kreatur schossen Speichel- und Fleischreste heraus und von der flachen Nase beugte sich durch den Atemstoß schleimiger Rotz nach vorne. Fletschende Zähne blitzten. Blutrotes Zahnfleisch glänzte.
Das haarige Wesen schlug noch während des Gebrülls seine gewaltigen Fäuste auf das verschneite Erdreich, packte wutentbrannt eine Baumwurzel und riss sie mühelos in Stücke. Thordirs Schädel dröhnte. Eine tiefe Müdigkeit überfiel ihn und seine Lider schlossen sich.



- 2 -


Knisternde Zweige und der herrliche Duft von verbrannten Nadeln weckten den Schwarzhaarigen aus dem Schlaf. Eine angenehme Wärme durchzog seinen Körper.
Gähnend öffnete er die verklebten Augen und spähte noch müde und erschöpft zu einer Feuerstelle, die bald zu erlöschen drohte. Unter glühenden Ästen lag eine große Menge Asche. Daneben stapelte sich gehauenes Tannenholz bis knapp unter die niedrige Decke des kleinen Raumes.
Thordir stützte sich schlaftrunken auf den linken Ellenbogen, um sich genauer umsehen zu können, doch da schoss ihm ein stechender Schmerz in die Brust. Er schrie auf und ließ sich auf den Rücken fallen. Da zuckten jene bösen Erinnerungen wie Blitze durch seinen Kopf: Die furchterregende Kreatur, die weißschwarze Umgebung und der blutgetränkte Schnee. Gleichzeitig fühlte er das schreckliche Ereignis, als würde es gerade eben geschehen. Dabei roch er den grausigen Duft seines eigenen Blutes in der Nase, hörte, wie das ohrenbetäubende Brüllen in seine Ohren drang und am Verstand zehrte, und er spürte im Hier und Jetzt, wie die eisige Luft seine Lungen quälte. Des Schwarzhaarigen Gemüt wurde immer unruhiger, je mehr er sich den Geschehnissen hingab – sein Herz raste und er begann, zu schwitzen. Erst jetzt, nun hellwach, begriff er vollends, dass er überlebt haben musste und sich in einer fremden Hütte befand.
»Was zum Teufel … was ist geschehen?!« Restlos überwältigt davon versuchte er, sich zu besinnen, was passiert war. Aber es half nichts. Denn das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war dieser dunkler werdende Schleier, welcher zunehmend enger wurde und am Ende die Sicht gänzlich schwärzte.
»Ist jemand da?«, rief Thordir mit heiserer Stimme, während ihm unbehaglich zumute war. Niemand antwortete. Und als er in aller Stille horchte, waren auch keine Geräusche zu vernehmen – außer dem leisen Zischen und Knacken der Glut, eine Armlänge neben ihm. Völlig fassungslos starrte er zur Decke, als ihm nochmals bewusst wurde, was mit ihm geschehen sein musste, dass er nun hier lag.
»Ich war tot! Und das Ungeheuer – vom Erdboden verschluckt?!«, murmelte er aufgelöst vor sich hin, derweil sein Gesichtsausdruck nicht grimmiger hätte sein können. In diesem Augenblick wusste er selbst nicht, ob er froh darüber war, überlebt zu haben, oder doch lieber gestorben wäre. Denn im Jenseits hätte er seine Eltern wiedergesehen, so glaubte er. Trauernd, mit feuchten Augen, blieb Thordir noch eine Weile regungslos liegen, bis er sich gezwungenermaßen seiner Wunde widmete, von der immer heftiger werdende Schmerzen ausgingen.
Hellbraunes Fell eines Bären wärmte ihn. Vorsichtig legte er es etwas zur Seite, um seine Brust zu untersuchen. Ein großes, getrocknetes Lindenblatt überdeckte die Wunde, verklebt mit einer gelblichen Substanz, die an seiner Haut haftete. Es tat weh, als er das grüne Blatt etwas anhob, um darunter zu blicken. Also schloss er es wieder und war sogleich erstaunt über die klebrige Masse, die er nicht kannte. So wurde der Schwarzhaarige immer neugieriger darauf, wer der mysteriöse Fremde war, in dessen Bett er lag – »Ein Heiler, ein Waldläufer oder gar ein Hexer?«
Nervös warf Thordir das schwere Fell zur Seite und vergaß, an seine Verletzung zu denken – was er sofort bereute. Mit zusammengebissenen Zähnen fluchte er lautstark in die Kammer hinein. Nach einer kurzen Atempause hob er dann den Kopf vom weichen Federkissen, drehte sich langsam zur Linken ab und hob geduldig die Beine aus dem schmalen Bett. Wie durch ein Wunder hatte er keine Erfrierungen oder ernsthaften Hautschäden davongetragen, wovon er eigentlich überzeugt war. Dessen sichtlich erleichtert, begann der Sitzende nun, die Zehen auf und ab zu bewegen, da sie sich etwas taub anfühlten. Dabei fiel ihm ein zuvor verborgenes Büchergestell auf, welches in eine Nische eingebaut war. Darin stapelten und reihten sich dutzende Bücher in allen erdenklichen Größen und Farben. Und wieder staunte er. So viele Schriften an einem Ort hatte er noch nie gesehen. »Ein Gelehrter«, dachte er hochachtungsvoll. Der Menge nach zu urteilen, hätte der Fremde ebenfalls ein Büchermacher sein können, was aber zu den anderen Gegebenheiten nicht passte.
Davor stand ein uralter Schreibtisch. Stark abgenutzte Kanten, zerkratzte Flächen mit winzigen Löchern, Furchen von Holzwürmern und fleckigen Stellen. All dies zeugte vom häufigen Gebrauch der Schreibablage. In der einen Ecke des Tisches lagen zwei mit Deckeln verschlossene Gefäße aus brauner Tonerde, ein Holzbecher, aus dem einige Gänsefedern herausragten und eine in sich geschmolzene Kerze. Der dazugehörige Stuhl sah mit den eingekerbten Verzierungen an der Rückenlehne und den feinen Schriftzeichen darüber, die Thordir nicht lesen konnte, noch urtümlicher aus. Auf der Sitzfläche hatte der Unbekannte seine Hose und andere Kleidungsstücke säuberlich gestapelt, die er soeben mit kurzen, schleppenden Schritten ansteuerte. Die Gelenke taten beim Gehen etwas weh – er fühlte sich wie ein Greis.
Nebst einem neuen Hemd lagen da noch hohe, robuste Stiefel, ein dicker Umhang aus Schafswolle mit angenähter Kapuze, gefütterte Handschuhe und zwei Lederbeutel. Während der eine für Trinkwasser gedacht war, steckte im anderen ein gebackener Laib Brot. Des Weiteren lagen da noch zwei Taschen. In einer befanden sich Materialien zum Feuermachen und in der anderen steckten verschiedenste Dinge für die Wundversorgung. Der Schwarzhaarige traute seinen Augen nicht, als er all diese Sachen sah, die offensichtlich für ihn bereitgestellt worden waren. Die kleine Axt bemerkte er erst später, als er sich bereits eingekleidet hatte.
Nun widmete er sich gespannt der aufgehängten Kuhhaut, welche das Schlafgemach vom nächsten Raum trennte.
»Ist jemand da?« Umsichtig schob er die Gardine zur Seite und streckte erwartungsvoll den Kopf durch die Öffnung. Überrascht schaute er an einer wuchtigen Tanne hinauf, welche durch Boden und Decke ragte. Regungslos und ungläubig zugleich beäugte er den dicken Stamm, während seine Stirn in groben Falten lag. Er verstand nicht, weshalb sich jemand die Mühe machen sollte, eine Hütte um einen Baum herumzubauen – er sah darin keinen Sinn. Sogar einige Äste ließ der Erbauer durch den Raum wachsen. Drei davon traten gar aus den Wänden nach draußen, deren Öffnungen als Lichtquelle dienten und mit Holzläden versehen waren. Dadurch wurde die dunkle, aber freundliche Hütte nur schemenhaft erhellt.
Um die Rottanne herum erstreckte sich eine geräumige, vollgestopfte Kochstube mit allerlei aufgehängten Kräutern und Pflanzen an den Ästen und Zweigen des Baumes. Unzählige Gefäße reihten sich in schiefen Regalen aneinander. Eiserne Töpfe und Pfannen verschiedensten Ausmaßes stapelten sich auf Ablagebrettern, geflochtene Körbe lagen herum, verstaubte Kisten hier und prall gefüllte Jutesäcke dort. Vor einem verrußten Steinofen stand ein ovaler Tisch mit einem Schemel darunter, auf dem weitere Tonschalen und andere Kleinigkeiten herumlagen. Am anderen Ende der Kochstube, hinter dem Nadelbaum verborgen, erkannte Thordir eine Tür, die so aussah, als würde sie nach draußen führen. Doch vorerst wollte er sich noch die Bücher genauer anschauen, welche im Schlafgemach wie ein Schatz offen dalagen.

Schriften existierten nicht zuhauf im Land der Armaren – sie galten als sehr wertvolle Schmuckstücke. Jene Menschen, die solche ihr Eigen nennen konnten, waren angesehene Adels- oder Kaufleute, Heilige, Mediziner oder Hexer. Papier, ein äußerst kostbares Gut, wurde auf den Märkten zu Wucherpreisen gehandelt. Und es zu beschriften, verlangte eine Fähigkeit, die mühselig über unzählige Monde zu erlernen und nur Wenigen vorbehalten war.

Lesen faszinierte ihn. Sein Vater hatte es ihm beigebracht, als er ein kleiner Junge war, und das, obwohl er nur aus einer Jägersfamilie stammte. Grom hatte seinem Sohn nie verraten wollen, wie er das Lesen und Schreiben einst erlernt hatte, auch wenn der kleine Knirps mit aufgesperrten Augen vor ihm stand, schmollte oder bettelte. Dies blieb eines seiner Geheimnisse, welche er in sein Grab mitnahm.
Mit gesenktem Haupt und schwerfälligen Atemzügen erinnerte sich Thordir an jene Momente, als Grom die kräftigen Hände auf seine kindlichen Schultern legte, sich zu ihm hinabkniete und mit ruhigen Worten sprach: »Mein Sohn … deine Mutter und ich sind stolz auf dich. Du erkennst die Buchstaben bereits sehr gut – du wirst mir noch ein echter Gelehrter.« Sein raues, von den unbändigen Stürmen der Berge, frostigen Wintern und heissen Sonnentagen gezeichnetes Gesicht, begann dabei wie immer zu strahlen, derweil ihm ein sanftes Lächeln über die Lippen glitt. Nach einem Augenblick der Freude glätteten sich Groms Hautfalten allmählich, der Mund formte sich zu einem geraden Schlitz zurück und seine Augen wurden wieder runder. Mit ernster Miene fuhr er dann fort: »Es existieren viele Geheimnisse auf dieser Welt, Thordir. Sie zu kennen, kann von unschätzbarem Wert sein, aber auch gefährlich – hörst du? Denn Wissen ist Macht und Macht verführt viele Menschen zu Gier.« Vaters strenger Ausdruck jagte dem Schwarzhaarigen jedes Mal einen Schrecken ein. Grom hob oft drohend den Zeigefinger: »Gier, mein Sohn, führt letzten Endes zu Elend und Krieg! So nutze dein Wissen weise. Setze es ein, um Gutes zu tun, und vertraue nur den Auserwählten deine Geheimnisse an.«
»Aber Vater … wie erkenne ich die Auserwählten?«
Groms Stimme wurde dann wieder sanftmütiger. »Wenn du dich an einen schönen Ort begibst, den du liebst und der dir Kraft schenkt, dann schließe deine Augen und gehe in dich – atme tief und gleichmäßig. Erst, wenn deine Gedanken friedlich geordnet, dein Verstand konzentriert und dein Körper entspannt ist, denke an den Menschen, dem du etwas von hoher Bedeutsamkeit anvertrauen möchtest, und höre auf dein Herz.«
»Verstehe, Vater.«
5 Sterne
Unglaublich spannend - 12.01.2024
Stefan

Packendes Fantasy Abenteuer, unglaublich detailliert beschrieben. Ich fühlte mich mitten drin in der Geschichte. Es bleibt keine Zeit zum verschnaufen, die Geschichte kennt nur eine Richtung - vorwärts. Wirklich sehr tolles Buch. Freue mich riesig auf Teil II.

5 Sterne
Das dunkle Tor - 17.12.2023
Bruno

Erstaunlich wie wortgewandt dieses Buch geschrieben ist. Sofort tauche ich ein in die Erzählung und sie lässt mich nicht mehr los.

5 Sterne
Das dunkle Tor - 17.12.2023
Bruno

Erstaunlich wie wortgewandt dieses Buch geschrieben ist. Sofort tauche ich ein in die Erzählung und sie lässt mich nicht mehr los.

5 Sterne
Mitreissender Roman, der die Sehnsucht nach einer Fortsetzung weckt - 25.10.2023
Natalie

Die Geschichte ist sowohl einzigartig als auch fesselnd. Von den ersten Seiten an fand ich mich in einer Welt voller Abenteuer und faszinierender Charaktere wieder. Die Protagonisten sind sorgfältig ausgearbeitet, und ich konnte mich mühelos in sie hineinversetzen. Besonders beeindruckend fand ich, wie Wyrsch die Spannung im Laufe der Geschichte aufbaute. Gegen Ende des Buches steigerte sich die Dramatik enorm, und ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen. Die Enthüllungen und Wendungen waren geschickt platziert und hielten mich bis zur letzten Seite in Atem - das Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen!Insgesamt kann ich "Das dunkle Tor" wärmstens empfehlen. Wyrsch hat mit diesem Buch eine beeindruckende Leistung erbracht und unter Beweis gestellt, dass er sich problemlos neben angesehenen Fantasy-Autoren behaupten kann.

5 Sterne
Fesselnde Reise in eine andere Welt - 09.10.2023
Martina

Sehr tolles Buch, welches den Leser in eine andere Welt eintauchen und mitfühlen lässt. Mit viel Liebe zum Detail verfasst! Bin definitiv auf die Fortsetzung gespannt..

5 Sterne
Unbedingt lesen - 18.09.2023
B. O. W

Ein fantastisches Buch, toll geschrieben und sehr detailliert. Man taucht ein in eine abenteuerliche Welt und kann irgendwie nicht genug davon bekommen …

5 Sterne
Eine fesselnde, eindrückliche Erzählung - 18.09.2023
Peter Küchler

Die Lebensgeschichte von Thordir, packt deine Aufmerksamkeit sofort und lässt dich nicht mehr los. Das Buch ist authentisch und spannend geschrieben, liest sich leicht und leuchtet die verschiedene Facetten eines Fantasieromans geschickt aus.Der überraschende Schluss führt zur Überzeugung, dass diese Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist.

5 Sterne
Episches Fantasyabenteuer!! - 07.09.2023
F. W.

Das überaus spannende, düstere Fantasyabenteuer von Thordir habe ich innert kürzester Zeit fertiggelesen und kann es dringend weiterempfehlen. Das Buch ist so detailliert geschrieben, sodass man sofort in die mysteriöse, dunkle Welt von Armarien eintaucht. Nach jeder Seite will man noch eine Seite lesen und dann noch eine.... das Buch wurde mit Herzblut geschrieben.Teil II kann kommen!

4 Sterne
Bildhaft - packend  - 04.09.2023
E.M.

Fantasy war bisher weniger mein Genre. Der Autor versteht es jedoch, die Figuren, deren Gedanken und Gefühle sowie die Landschaften und Festungen, in denen die Geschichte spielt, so bildhaft und detailliert zu beschreiben, dass man sich mitten im Geschehen glaubt.Man leidet mit Thordir und seinen Freunden. Ich gespannt auf die Fortsetzung der Geschichte und die Auflösung des düsteren Geheimnisses.

5 Sterne
Sehr zu empfehlen  - 23.08.2023

Was!? Schon fertig? Etwas traurig schliesse ich das Buch, denn ich hätte gerne noch weiter gelesen. Gespannt warte ich nun auf weitere Abenteuer von Thordir und seinen mysteriösen Weggefährten.Sehr packend geschrieben. Ich fühlte mich sofort in die fremde Welt hineinversetzt. Unbedingt lesen 👍🏻

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