Ungesagte Dinge sind wie ungetanzte Lieder

Ungesagte Dinge sind wie ungetanzte Lieder

Nena Osterloh


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 150
ISBN: 978-3-99131-017-4
Erscheinungsdatum: 13.04.2022
Eine einfühlsame Sprache, kraftvolle Bilder, Gedichte von großer Intensität und Leidenschaft. Osterloh spannt einen Bogen von inneren Gefühlen zu einer wunderbar beschriebenen Außenwelt und erzählt von tiefen zwischenmenschlichen Beziehungen.



Have the courage
to close your eyes
and dream
the most wonderful life.

And then
be even braver and open them.









Enjoy.
-Nena









Tanztheater
Ungesagte Dinge
sind wie ungetanzte Lieder.

Und jeden Abend halte ich die Welt an,
vielleicht nicht die ganze,
aber doch wenigstens meine eigene,
setzte meine Kopfhörer auf
und tauche in Melodien ein und tanze.

Tanze mit mir selbst,
führe mein Spiegelbild an der Wand,
bewege mich so, wie ich es gerade fühle,
spiele mit meinen Haaren, mit meiner Hüfte,
egal welche Lieder, egal welche Stücke,
mal ganz leise und mal außer Rand und Band.

Muss nicht reden, kann nur zuhören,
jeden Ton aufsaugen,
jedem gesungenen Wort glauben,
muss nichts sagen, kann sein,
meinen Füßen nachspüren,
jede Faser meines Körpers fühlen
und das nur mit mir allein.

Dann habe ich das Gefühl,
mein Körper spräche Bände,
dass ich alles hinausschreie,
was ich sonst gewöhnlich verschweige.
Denn ungesagte Dinge
stauen sich an wie ungetanzte Lieder,
beschweren und wir verlieren uns wieder.

Body wave,
Luftgitarre,
kick-ball-change.

Und dabei immer ans Lächeln denken,
selbst wenn die Welt mal wieder verwirrend ist.
Rede nur, wenn ich auch was zu sagen habe,
doch meistens bleibe ich still,
denn das, was ich will,
ist Beobachten und Zuhören,
kann später meine Füße sprechen lassen.

Und ungesagte Dinge sind wie ungetanzte Lieder –
sind wie ungetanzte Lieder nur schwer zu begreifen,
die Töne und Wörter scheinen bloß im Kopf zu kreisen,
ein bisschen Chaos,
ich habe das Gefühl, dass alles raus muss,
explodieren, fallen, neusortieren,
Sprung, Landung, halbe Drehung …
Einem getanzten Schritt folgt ein getanztes Lied,
ein getanzter Abend, ein getanztes Leben.
Mal schwerelos und mal so schwer wie Bonobos.

Aber Hauptsache getanzt,
Hauptsache irgendwie gesprochen, versprochen,
Versprechen, angetanzt.

Doch gibt es nicht auch Wörter, die besser ungesagt im Raum –
Stehenbleiben ist wie Stopptanz nur anders, Standbild,
großer Interpretationsspielraum,
dafür weniger Realität, mehr Hoffnung und Wunschtraum …
und abends werden alle Variationen durchgetanzt,
was fühlt sich am besten an,
vielleicht halte ich genau dort noch mal an,
bevor jeder Schritt sich wie in Bleischuhen anfühlt.

Gibt es nicht auch Dinge, die man besser ungesagt ignoriert:
Zu wahr,
egoistisch, zu wenig Rücksicht,
zu crazy, zu sonderbar?
Verschweigen, um zu schützen,
um sich und andere nicht zu verletzen,
mein Herz zu schützen,
so lange, bis es sich von allein allem bewusst wird.

Denn gibt es nicht auch Wörter, die besser ungesagt im Raum –
Stehenbleiben ist wie Stopptanz, nur anders, Standbild
und abends, wenn nichts mehr richtig standhält,
lass ich all denen ihren freien Lauf.

Ja, ich tanze,
tanze gerne und lange und fast jeden Abend,
einem getanzten Schritt folgt ein getanztes Lied,
ein getanzter Abend, ein getanztes Leben.
Allein mit Musik, die nur ich höre,
umtanze, was ich nicht sagen konnte,
was nicht gesagt werden sollte,
was du nicht gesagt, aber doch gemeint hast.
Mein linker Fuß führt mit dem rechten ernsthafte Gespräche,
eine Sprache, die ich leider nicht verstehe.

Ich führe mein Spiegelbild an der Wand,
bewege mich so, wie ich es gerade fühle,
spiele mit meinen Haaren, mit meiner Hüfte,
egal welche Lieder, egal welche Stücke
mal ganz leise und mal außer Rand und Band.

Denn ungetanzte Lieder sind wie ungesagte Worte:
Auch wenn man den Text nicht versteht,
kann man trotzdem erahnen, worum es geht.

Und was bleibt, ist ein komisches Gefühl,
und eine große Menge Unsicherheit,
tausend Fragen, aber dafür ist nie die richtige Zeit,
so viel zu reden, doch stattdessen Redegewandt-
Abgewandtheit, Schlankheit

und Pirouette,
Pade Bourree,
und Plié.

Dann habe ich das Gefühl,
mein Körper spräche Bände,
dass ich alles hinausschreie,
was ich sonst gewöhnlich verschweige.
Denn ungesagte Dinge
stauen sich an wie ungetanzte Lieder …
Was hältst du davon, wenn wir es zusammen probieren?

Walzerschritt,
Foxtrott
und Eins-Zwei-Tip –

Eins, zwei … drei
und los!

Einem getanzten Schritt folgt ein getanztes Lied,
ein getanzter Abend, ein getanztes Leben.











Fünf Sterne auf TripAdvisor
(Für Anja)

Eine kleine Stadtführung
durch deine kleine Welt,
du mein Reisebegleiter
und nur so nebenbei:
Hast von mir fünf Sterne auf TripAdvisor.
Öffnest mir kleine Fenster und Türen,
zeigst mir, was hinter ihnen steckt,
ich weiß, gehen muss ich allein,
doch dein Blick, dein Blick auf die Dinge,
er inspiriert mich.
Faszination von Freiheit und Zeitverschenken,
schauen zusammen durch das Münzfernglas der Großstadt
und unsere Sicht, unser Sichtradius addiert sich,
summiert sich.
Lass uns klein anfangen,
doch so groß wie möglich denken.

Wir spielen Klavier an der Uferpromenade
und das kann ruhig jeder hören,
wir haben und hatten nie was zu verlieren,
das wird mir jetzt erst richtig bewusst …
heute lassen wir es krachen mit Zitronenlimonade,
ganz exklusivem Kürbis-Pizza-Genuss,
ganz ’ne krasse Idee
und wir singen: „Holla, die Waldfee“,
und erzählen Geschichten übers Reiseverlieben.

Ich bin noch auf der Suche.
Suche mein Haus mit Fenstern und Türen,
die sich öffnen und schließen
und du hast mir erzählt,
man kann sogar ganze Häuser verschieben.

Ich habe unendlich viele Versuche,
jede Melodie hat Modifikationen,
los, sei mutig genug, um was Neues auszuprobieren,
um etwas Neues zu fühlen.
Wir sind reich, können uns so viel Zeit nehmen,
wir sind da, wo wir sein wollen,
denn alles Gute können wir doch selber wählen.

Ich mochte diese Stadt nicht wirklich,
doch das hat sich nun geändert.
Der Fokus in einem ganz neuen Licht,
nun gefällt sie mir schon deutlich besser.
„The River flows in you“ –
Ton an Ton,
vielleicht ist das ja das Geheimnis.
Ich höre dir so gerne zu:
Lebendig, Erlebnis, Erkenntnis.
Und so wird alles noch ein bisschen leichter,
ich fühl mich gut mit dir als Reisebegleiter.
Deswegen: Fünf Sterne auf TripAdvisor.







Weißt-du-noch – Ort

Es geht um Drachen,
ums Drachensteigenlassen
am Haferfeldrand.

Es geht ums Fliegen,
ums: „Lass das Leben passieren“,
den Faden verlieren.

Dieser Platz dort am Haferfeldrand
ist mein Weißt-du-noch – Ort
und der Drache meine Zeitmaschine.

Ist mehr als nur Kindergespiele,
denn immer, wenn ich da stehe,
kann ich dich plötzlich wiedersehen.

Fliegen überwindet Grenzen und Zeitzonen,
reißt die Wurzeln aus dem Boden,
bringt sie dahin, wo sie hingehören.

Immer beim Drachensteigen
fällt mir wieder ein, wo es sich lohnt zu bleiben.
Der Wind wird mich immer in eine Richtung treiben.

Doch ich lasse die Schnur nicht los,
ich halte mich daran fest,
denn was, wenn ich ihn verliere, den Moment.

So gerät der Drache ins Taumeln und Straucheln,
außer Balance,
Absturzmanöver am Haferfeldrand.

Kurz fällt mein Blick
auf die Kornblume am Feldrand,
denke, wie schön sie doch ist.

Hier wuchsen schon immer Kornblumen,
gestern, vorgestern und seit vielen Jahren;
morgen, übermorgen, in vielen Jahren ist zu vermuten.

Nur ich verändere mich,
der Wind dreht,
werde immer wieder in eine andere Richtung geweht.

Doch wenn ich hier stehe,
dann denke ich an dich
und wie sehr ich dich vermisse.

Weißt du noch:
Wir waren hier oben
und über uns die Sternenbilder

und bunte Drachen,
Kornblumen am Rand
und dann dein Lachen …

Ich liebe Drachensteigenlassen
am Haferfeldrand,
diese schönen Momente, die dann in meinem Kopf erwachen.

Ich hasse Drachensteigenlassen
am Haferfeldrand,
es tut weh, ich muss auf mein Herz aufpassen.

Mein Drache stürzt ab.
Ins Haferfeld hinein,
ach, hätt’ ich nur mehr Mut gehabt,

hätt’ ich ihn freigegeben,
wär’ ich nicht so feig’ gewesen,
dann hätte er was werden können.

Hätte seinen Platz zum Bleiben gefunden,
ohne Wurzeln, ungebunden
die Welt umrundet.

Und wäre er hier wieder vorbeigeflogen
als Woher-weht-der-Wind – Bote,
vielleicht hätte er mich wieder getroffen.

Hätte mich vielleicht dort am Feldrand stehen,
doch auf jeden Fall die Kornblumen gesehen.
Ob ich mutig genug wäre, mit ihm mitzugehen?

Ich kämpfe mich durchs Haferfeld,
hebe den Drachen auf,
schalte die Erinnerungen aus.

Zumindest auf Stumm,
drehe mich um
und laufe davon.

Weißt du noch:
Wir waren hier
und über uns die Sternenbilder.

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Joshua Luvsya

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