Nichts bleibt wie es ist – Ich habe den Tsunami überlebt

Nichts bleibt wie es ist – Ich habe den Tsunami überlebt

Eveline Walch


EUR 16,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 106
ISBN: 978-3-99107-501-1
Erscheinungsdatum: 31.03.2021
Der Tsunami in Thailand: Eveline Walch war dabei. Was als Urlaubsreise begonnen hatte, sollte ihr Leben für immer verändern. In diesem Buch erzählt sie ihre Geschichte. Der Tsunami wurde zu ihrem persönlichen Trauma, das sie nie wieder ganz losgelassen hat.
Einleitung

Wie schon viele Male zuvor, verbringe ich ein paar wundervolle Tage im Kiental, im Berner Oberland. Ich genieße die Ruhe hier sehr und auch die täglichen langen Spaziergänge mit meinem Hund Alina.
Ich mache meine Runde und komme dabei an einen wunderschönen Ort: Eine Brücke, unter der ein ruhiger Bergbach in Richtung Tal fließt.
Riesig große Steine liegen neben dem Bach und auch im Bachbett. Die meisten Steine habe ich hier schon öfters bewundert. Doch diesmal ist alles anders, denn vor etwa zwei Wochen sammelte sich sehr viel Wasser in den Bergen, vom verfrühten Schneefall und den tagelangen Regenfällen. Nichts ist dort mehr, wie es vorher gewesen war. Ich sehe viele mächtige Steine, die das Wasser mitgeschwemmt hat, und große starke Bäume, die entwurzelt im und über dem Bergbach liegen.
Schon faszinierend, dass ein so großer Baum mit seinen kräftigen Wurzeln dem Wasser nicht Stand halten konnte. Auch das Bachbett ist um einiges breiter geworden. Man sieht auf beiden Seiten, wie viel Masse an Erde, Bäumen und Steinen das Wasser mitgerissen hat.
Nichts bleibt, wie es ist!
Ein Stück weiter unten talwärts, ganz in der Nähe des Campingplatzes, der sich zum Glück etwas erhöht befindet, sodass das Wasser ihn nicht erreichen konnte, sieht man das Ausmaß des Hochwassers noch besser. Eine kleine Brücke, die zu einem alten, noch teilweise benutzten Haus führte, ist von der Mitte an weggespült worden, sodass man das andere Ufer nicht mehr erreichen kann. Das Haus auf der anderen Seite wurde so beschädigt, dass es nicht mehr betreten werden darf. Der Untergrund des Hauses wurde fast zu einem Drittel weggespült, wodurch das Haus nun keine Stabilität mehr hat.
Die Scheune wurde völlig vom Wasser mitgerissen. Beim Spaziergang an diesem nun so veränderten Bergbach, habe ich nur noch das Dach der Scheune gefunden. So viel Holz und Sand vermischen sich nun mit Unmengen von Steinen.
Nichts bleibt, wie es ist!

Ich denke über mein Leben nach und mir fällt plötzlich auf, dass es eigentlich wie dieser Bergbach ist: Die vielen Erfahrungen, Erlebnisse und Lebenssituationen, die sich immer wieder veränderten und sich neu bildeten. Ob dies nun eine Minute, eine Stunde, Wochen oder Jahre andauerte, blieb nichts, wie es war!



Vor der Reise nach Thailand

Wie ein Blitz kommt die Erkenntnis und mir wird klar, was der Tsunami im Dezember 2004 in Thailand, den ich miterlebt habe, mit mir gemacht hat. Und so wären wir bei meiner ganz persönlichen Geschichte angelangt. Die wuchtigen Wassermassen, die ganze Panik, die Katastrophe, die so viele Menschen getroffen hat, veränderten auch mein ganzes Leben, meine ganze Ansicht über die Welt, die Natur, meine Vergangenheit und noch vieles mehr.
Menschen, die so etwas noch nicht selbst erlebt haben, können diese Veränderungen, die ich durchgemacht habe, gar nicht nachvollziehen. Das verstehe ich total, weil es mir ja vor diesem Erlebnis nicht anders ging.
Mein Umfeld, sowie auch Menschen, die erfahren haben, dass ich an diesem sechsundzwanzigsten Dezember 2004 um neun Uhr fünfundvierzig, als das Wasser kam, in Phuket am Strand von Phatong stand, möchten immer, dass ich genau erzähle, was dort passiert ist.
Am sechsundzwanzigsten Dezember 2019 ist dieses Ereignis fünfzehn Jahre her und ich merke, dass das ganze Erlebnis immer noch stark mit meinen Gefühlen verbunden ist. Aber es ist mir mehr und mehr möglich, davon zu erzählen.
Ja, vor fünfzehn Jahren sah mein Leben noch anders aus, es war gut so, wie es war und ich war auch damit glücklich, dachte ich.
In meinem Kopf hatte ich schon lange den Gedanken und den Wunsch, ein Buch darüber zu schreiben, um anderen Menschen meine Geschichte, meine Gedanken und Gefühle zu erzählen. Mein Anliegen ist es, damit so vielen Menschen wie möglich, die in einer schweren Lebenskrise stecken, Mut zu machen.

Gebt nicht auf, denn es gibt für jedes Problem eine Lösung. Denkt nicht in Problemen, sondern in Lösungen. Ihr werdet staunen, was alles möglich ist, wenn man mit dem ganzen Herzen bei der Sache ist.



Reise nach Thailand

Etwa im Juni 2004 buchten mein gehörloser Lebenspartner Rudolf und ich diese Reise nach Thailand, für vier Wochen im Dezember, in unserem Reisebüro in Vaduz. Schon im Jahr davor waren wir über Weihnachten vier Wochen in Thailand, in Phuket am Phatong Beach, gewesen. Es hatte uns so gut gefallen und wir hatten uns so super erholt, dass wir entschieden hatten, auch dieses Jahr dem Winter für vier Wochen zu entfliehen und lieber wieder die Wärme in Thailand am Meer zu genießen.
Ich hatte im September 2004 eine neue Stelle angetreten. Meinem neuen Chef erzählte ich schon bei meinem Vorstellungsgespräch von meiner gebuchten Reise, und er sah kein Problem, warum ich diese nicht machen sollte. Ja, das waren super Voraussetzungen für meine neue Arbeit mit einem verständnisvollen Chef. Ich hatte einen guten Start und arbeitete voller Elan – auch mit der Vorfreude auf den gebuchten Thailand-Urlaub.
Was ich damals nicht wusste, war, dass genau dieser Urlaub mein ganzes Leben verändern und bei meiner Rückkehr nach Hause nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Wenn ich jetzt im Nachhinein darüber nachdenke, waren da schon die einen und anderen seltsamen Gedanken und Gefühle, denen ich damals jedoch keine große Bedeutung beigemessen habe. Ich hatte schon verschiedene Reisen hinter mir, aber diesmal war irgendwie alles anders. Die Gefühle für die Reise waren mit Freude, ganz klar, aber auch mit einem ungewöhnlichen Kribbeln verbunden. Ich hatte es nicht verstanden und einordnen können, aber zur riesigen Vorfreude auf die Zeit in Thailand, kam auch ein Gefühl, das mir sagte: „Geh nicht, bleib lieber zuhause!“
„Geht’s noch?“, habe ich mich selbst gefragt, „Letztes Jahr war schließlich auch super und eigentlich freu‘ ich mich auch und kann’s nicht erwarten, bis ich meine Sachen gepackt habe und endlich zum Flughafen fahre. Den Koffer am Schalter abgebe, die Sitzplätze reserviere und mein Ticket bekomme. Ich in den Flieger einsteige und es dann kaum erwarten kann, bis er endlich auf die Rollbahn fährt, zum Start ansetzt und mit einem Wahnsinns-Tempo vom Boden abhebt.“ Ich versuchte also, mich zu beruhigen und mich auf die Vorfreude zu konzentrieren. Mein Ex-Mann hat uns schließlich zum Flughafen gefahren und die ganze Zeit über musste ich weinen. Auch als wir im Flughafen unsere Koffer am Schalter aufgaben, weinte ich. Während wir die Rolltreppe hinabfuhren, um zum Gate zu kommen, sagte meine Intuition: „Kehr um, kehr um, kehr um!“
Ich war so verwirrt, denn ich konnte mir das Weinen und das Gefühl, dieses „Kehr um“, nicht erklären, weil ich das bei all meinen Reisen, die ich davor gemacht hatte, nie so erlebt hatte.
Wir flogen nach Bangkok und ich verdrängte die Stimme meiner Intuition. Anschließend flogen wir nach Chang May weiter. Das ist ziemlich im Norden von Thailand. Dort besuchten wir einen guten Freund von mir, der dorthin ausgewandert war und jetzt mit einer Thailänderin verheiratet war. Wir verbrachten eine wunderschöne Zeit bei ihm und seiner Frau, etwa eine Woche lang. Wir besichtigten verschiedene Sehenswürdigkeiten und waren drei Tage mit dem Motorrad unterwegs. Wir fuhren bis an die Grenze zu Burma und sahen uns dort das Dorf der Langhals- und Langohrfrauen an. Ja, es war sehr interessant, einen Einblick in die Kultur dieser Menschen und wie sie so leben, zu bekommen.



Reise von Chang May nach Phuket

Nach dieser Woche flogen wir von Chang May nach Phuket. Als ich so im Flugzeug saß und vom Fenster hinunterschaute, kam in mir plötzlich ein Gefühl hoch, dass mir sagte, dass ich von diesen Ferien nicht mehr heimkommen würde. Ich erschrak darüber und mein erster Gedanke war, dass das Flugzeug abstürzen könnte.
Ich verdrängte dieses Gefühl, so gut ich konnte und freute mich nur noch auf das Meer, die Wärme und das gute Essen. Als wir in Phuket landeten, fühlte ich mich ruhiger und nicht mehr ganz so unsicher.
Wir fuhren mit dem Taxi nach Phatong, in dasselbe Hotel, in dem wir schon im Jahr davor gewesen waren, und meldeten uns bei der Rezeption an. Der Ausblick auf das Meer war wunderbar, denn unser Hotel war nur durch eine Straße vom Strand getrennt. Unser Zimmer war in diesem Jahr auf der anderen Seite des Gebäudes, im Parterre. Wir hatten einen schönen Sitzplatz und nur ein paar Schritte zum Pool. Es war einfach genial und wir fühlten uns sofort wohl. Kaum die Koffer ausgepackt, machten wir uns auf den Weg, um ein kleines Motorrad für die drei Wochen, die wir hier waren, zu mieten. Dadurch waren wir ungebunden und konnten so jeden Tag an einen anderen schönen Strand fahren, um dort einen herrlichen Tag zu genießen. Der Phatong Beach vor unserer Haustür war zwar schön zum Laufen, aber zum Baden war das Wasser nicht so sauber wie an anderen Stränden. Das Wasser rund um den Strand wurde von den vielen Booten und Schiffen, die sich dort tummelten, verschmutzt. Darum wollten wir mobil sein.
Nach einem feinen Frühstück im Hotel, verbrachten wir den ersten Tag an einem wunderschönen langen Sandstrand. Es war wie im Paradies, der schöne weiße Strand, das blaue und doch durchsichtige Meer und die Sonne, die uns so guttat. Am Rande des Strandes war ein kleines Restaurant, wo wir schon von weitem einen Mann sahen, der einladend mit einem Tuch winkte. Als wir Hunger bekamen, gingen wir dort hin und aßen eine Kleinigkeit. Wir erlebten eine freudige Überraschung, denn die Belegschaft erkannte uns vom letzten Jahr, als wir hier gewesen waren, wieder. Als wir bezahlten, warfen wir noch ein paar Münzen in eine Dose für Trinkgeld, die an einem Pfosten befestigt war. Kaum hatten die Angestellten das Klimpern gehört, riefen alle: „Happy Thailand“, und alle Leute im Restaurant lachten. Das wiederholte sich jedes Mal, wenn wir dort waren, und wann immer uns dies heute noch in den Sinn kommt, müssen wir schmunzeln.
Als wir genug Sonne getankt hatten, fuhren Rudolf und ich mit unserem Motorrad zurück ins Hotel. Wir gingen duschen und umziehen, dann liefen wir durch die Straßen, an vielen Bars und Geschäften vorbei und schauten, was es Neues gab. Nach einem guten Abendessen setzten wir uns an eine spezielle Bar und tranken etwas. Speziell war besagte Bar darum, weil dort viele Lady Boys, die in Thailand „Kathoey“ oder „das dritte Geschlecht“ genannt werden, anwesend waren und auch auf der Bühne tanzten.
Auch den zweiten Tag unseres Aufenthalts erlebten wir wieder an einem wunderschönen Strand. Als ich am Abend unter der Dusche stand, fielen mir große rote Flecken am Bauch und an den Oberschenkeln auf. Ein starker Juckreiz plagte mich und ich musste mich zusammenreißen, dass ich mich nicht blutig kratzte. Ich beschloss, am nächsten Tag einen Arzt aufzusuchen, falls es nicht besser wäre. Außerdem wollte ich wissen, woher diese roten Flecken kamen. Ich war schon öfters am Meer gewesen, aber so eine Hautreaktion hatte ich noch nie gehabt. Der folgende Tag war der vierundzwanzigste Dezember, also Weihnachten, und ich suchte einen Arzt ganz in der Nähe des Hotels auf. Nach kurzer Wartezeit begutachtete er meine Flecken am Körper, gab mir eine Salbe und Tabletten und erklärte mir, dass ganz kleine Quallen im Meer diese Hautreizungen verursacht hatten. Er empfahl mir, die nächsten beiden Tage nicht ins Wasser und auch nicht in die Sonne zu gehen.
Am Heiligen Abend gingen wir in ein besonderes Restaurant, wo wir einen Fisch im Wasserbecken aussuchten, der uns dann fein gegrillt serviert wurde. Eine große Schale Dessert durfte anschließend nicht fehlen. Obwohl in Thailand der Buddhismus die dominierende Religion ist, wurde natürlich auf uns Touristen Rücksicht genommen und für eine weihnachtliche Stimmung gesorgt. Fast alle Leute, die mit uns speisten, trugen eine – manchmal sogar blinkende – Weihnachtsmütze und auch das Restaurant war weihnachtlich geschmückt.
Am nächsten Tag verbrachten wir unsere Zeit an einem kleinen Strand mit vielen Bäumen und es fiel mir sehr schwer, nicht in die Sonne und nicht ins Wasser zu gehen. Doch ich dachte mir: „Tja, das geht auch vorbei“, und freute mich darauf, am sechsundzwanzigsten Dezember endlich wieder das Meer zu genießen zu dürfen.
Am Abend des fünfundzwanzigsten Dezember waren wir mit unserer Bekannten Sabine und ihrer Familie gemeinsam essen. Sie waren zur gleichen Zeit wie wir hier auf Urlaub, allerdings in einem anderen Hotel und an einem anderen Strand. Jolanda und ihre Familie wollten am nächsten Morgen zum Tauchen mit dem Schiff rausfahren und fragten uns, ob wir nicht Lust hätten, mitzukommen. Wir hatten allerdings schon im Vorjahr eine Ausfahrt mit dem Schiff gemacht, darum lehnten wir ab.



26. Dezember 2004 – Der Tag der mein Leben veränderte

Am sechsundzwanzigsten Dezember erwachte ich am Morgen etwa um acht Uhr, weil mein Partner mich weckte. Er war wach geworden, da er so etwas wie ein Rumpeln gespürt hatte. Zuerst dachte er, dass ich im Schlaf mit dem Fuß geklopft hatte. Als er merkte, dass ich regungslos schlief, vermutete er, es könnte ein Beben gewesen sein und weckte mich. Als ich meine Augen öffnete, kam soeben das zweite Beben. Alles bewegte sich und wurde durchgerüttelt. Ich fand das zuerst amüsant, denn es war das erste Beben, das ich bewusst erlebte. Rudolf sagte noch: „Hoffentlich ist es kein Seebeben!“
Wir standen dann auch gleich auf, zogen uns an und waren etwa um neun Uhr beim Frühstück. Wie immer hatte ich meine Umhängetasche mit meinen Zigaretten dabei.
Wir setzten uns an einen Tisch und freuten uns auf das leckere Hotel-Frühstück, das wir jeden Morgen sehr genossen. Ich holte mir einen Kaffee und setzte mich wieder. Normalerweise rauche ich immer eine Zigarette zum ersten Kaffee, doch an diesem Morgen nicht, es war einfach alles anders. Auf einmal merkte ich, dass viele Leute sehr aufgebracht waren und auch viele Menschen am Strand standen. Die Leute riefen durcheinander und ich glaubte, dass jemand gerufen hätte, dass riesige Quallen im Wasser wären. Wir standen auf und gingen auch an den Strand, der ja durch eine Straße vom Hotel getrennt war, um zu schauen, was da los war.

Es war alles so seltsam. Schon die Tatsache, dass heute keine Katzen beim Frühstück gewesen waren, war anders als sonst. Und jetzt, hier am Strand: Die Hälfte davon war überschwemmt und Liegestühle schwammen im Wasser. Ich schaute meinen Partner an und sagte zu ihm, dass die Schiffe in der Bucht schnell näherzukommen schienen. Das Ganze spielte sich innerhalb von ein paar Sekunden ab, obwohl ich das Gefühl hatte, dass die Zeit stehen blieb. Auf einmal sah ich, wie eine Wand aus Wasser auf uns zukam. Ich war wie erstarrt und konnte mich nicht bewegen. Zum Glück zog mich Rudolf am Arm und schrie: „Lauf!“ Ich drehte mich um und rannte ihm nach. Auch zu anderen Leuten schrie er: „Lauf!“, aber die meisten Leute reagierten in diesem Moment nicht, da sie ja nicht wussten, warum sie weglaufen sollten. Schließlich fanden wir uns dann doch in einer rennenden Menge von Menschen wieder. Ich sah nur noch meinen Partner vor mir laufen, hinter mir hörte ich die panischen Menschen, ihre Schreie und dass jeder nur noch wegwollte. Da waren auch Flüchtende, die an mir zogen und schrien. Hinter uns hörte ich, wie das Wasser an die Häuser klatschte und alles, was im Weg stand, mitriss. Momente voller Panik, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. Auf einmal standen wir auf der anderen Seite beim Hotel, oberhalb vom Pool, auf der Treppe. Aber wir wussten nicht, wie wir dahin gekommen waren. Es war, als hätte unser ganzes Wesen auf Stand-by geschaltet, und nur noch der Körper reagiert. Das Wasser aus dem Meer reichte jetzt fast bis zum Pool, überall war Blut und Menschen, die verletzt waren und weinten. Man sah in den Gesichtern die Panik und die Hilflosigkeit. Eine Frau lag im Wasser und schrie. Mein Partner reagierte sofort und holte sie aus dem Wasser. Ich konnte gar nicht richtig verstehen, was da vor unseren Augen passierte, wie viele andere um uns herum auch. Ich setzte mich auf die Treppe, schaute Rudolf zu, wie er diese Frau aus dem Wasser holte, hörte die Menschen, die weinten und verletzt waren. Ich saß da, war wie in einer anderen Welt, und die Tränen liefen mir übers Gesicht. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so hilflos gefühlt.
Mein Partner meinte, wir müssten hier so schnell wie möglich weg. Wir rannten in unser Zimmer, um das Wichtigste wie den Schlüssel von unserem Motorrad, die Handys, unsere Geldtasche und meine Zigaretten zu holen. In unserem Zimmer stand auch schon das Wasser am Boden. Es war wie in einem schlechten Film. Ich beeilte mich und nahm noch unsere Koffer und legte sie aufs Bett. Unser Motorrad stand hinter dem Hotel auf dem Parkplatz. Wir saßen auf und wollten schnell weg, aber das war nicht mehr möglich, weil sich das Wasser über die Straßen nach hinten drückte und unser Parkplatz in Sekunden überschwemmt war. Wir kämpften uns durch diese dreckige, wilde Brühe von Wasser. Alles Mögliche schwamm darin, wie Stühle, Tische, Mofas und noch vieles mehr. Wir mussten sehr gut aufpassen, um nicht von diesen Sachen getroffen zu werden. Wir kletterten über einen Zaun und dann hatte ich wieder einen Blackout. Auf einmal waren wir auf einer Straße und liefen um unser Leben.

Das könnte ihnen auch gefallen :

Nichts bleibt wie es ist – Ich habe den Tsunami überlebt

Eberhard Sievers

Heldentod und Mutterkreuz

Buchbewertung:
*Pflichtfelder