da(,)zwischen den zeilen

da(,)zwischen den zeilen

gedichte

silke bauer-blamauer


EUR 16,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 80
ISBN: 978-3-99146-569-0
Erscheinungsdatum: 11.03.2024
Ein Lyrikband, in dem die Autorin einen Bogen spannt: vom Liebesgedicht und Erklärungen an die Heimat bis hin zur Gesellschaftskritik. Moderne Poesie, die abholt und berührt – so oder so.
gleichnis II

da(,)zwischen den zeilen
liegt ein licht
in den falten
meiner
schreibtischlampe

die ahnung eines
gedichtes
vielleicht

lösch es nicht aus
wenn du
unbedacht an etwas
dunkles denkst



waidhofen/ybbs

früher heimat
jetzt heimatlich
öfter noch befremdlich
weil fremd nicht wurzeln kann
in den engen gassen

im mustermix aus
kleinkariert
und glattgebügelt
nadelstreif und vintage

bälle und events
ein gutgepflegtes
eliteparkett
auf dem sich gut
ausrutschen lässt
aber eben auch tanzen

aussterbende innenstadt
leere bänke
dazwischen ein
verwilderter berg
kirchtürme und schulen

warum kehre ich hierher
zurück
bedeutest du mir
vielleicht
doch mehr
als ich erhofft hatte

weit weg habe ich
tanzen gelernt
auf glatten brettern
ohne auszurutschen
und die menschen hier
sind noch
genauso liebenswert
wie vor vielen jahren

ich bin
einer von ihnen



zugedeckt

der klimawandel
heizt mich auf
der ukrainekrieg
besetzt meinen kopf
die steigende armut
macht mich beschämt
coronademos
entsetzen mich
das wahlergebnis
macht mich wütend

aber noch
halten mich weder
steigende meeresspiegel
noch kriegsbilder
noch hungernde
noch hassparolen
noch wahlstromanalysen

davon ab
dir zu sagen
dass die welt gut ist
wenn man die ärmel
hochkrempelt
und sich aus
der eigenen
komfortzone erhebt

und die welt so ist
und immer sein wird
wie wir sie uns
machen



wenn ich nicht glaubte
(für herwig)

bevor du gehen musstest
hätte ich dir noch sagen sollen
wie wichtig du mir gewesen bist
wie sehr ich dich geachtet habe
und – auf meine art und weise –
sehr geliebt

dass alles missverständliche
zwischen uns
schon lange ausgeräumt war
und nicht mehr bestand hatte
als in der erinnerung

wie sehr ich mich dafür schämte
deinen weg nicht bis zum ende
mitgegangen zu sein
dass ich dir nicht der treue freund war
den du so sehr verdient hattest

dass du eine schönheit innehattest
nach der andere ein leben lang
verzweifelt suchen
und sie mich so sehr verändert hat
(zum guten)
wie schwer es mir heute noch fällt
dass du ohne mich an deiner seite
sterben musstest.

es ist spät, vielleicht für immer dafür
zu spät
aber ich bitte dich trotzdem um
verzeihung, herwig.
ich trage dich im herzen mit mir
bis ich selbst gehen muss

und wenn ich nicht glaubte, dass
du mir beim schreiben lächelnd über
die schulter siehst

hätte ich dieses gedicht nicht
geschrieben



deine freiheit

du sagst
die freiheit zu gehen
wohin du willst
und zu lachen
wann du willst
und dir mit freunden die nächte
zu ermorgen
haben sie dir genommen

steh auf
zieh dir schuhe an
setz dein schönes lächeln auf
treib es bunt
in deinem leben
bevor es grau wird

und lerne endlich
anderen zu sagen
dass man nicht nehmen kann
was einem niemals gehört hat

(deine freiheit)



die gleisenden züge

wie schienenstranguliert
eine abhängigkeit
von den gleisenden zügen
zur hoffnung auf die freiheit
geworden ist

die hoffnung
aus der abhängigkeit
auf den schienen
der gleisenden züge
von der freiheit
stranguliert zu werden

die freiheit jedoch ist
abhängig, gleisend abhängig
von der hoffnung
auf freien zügen
der strangulation durch
zu enge schienen im kopf
zu entfliehen



dich gehen lassen

du gingst,
lange schon bevor
sie dich kommen sahen:
nur ich durfte vom glück
kosten
dich in mir zu spüren
mit dir einen inneren dialog
zu führen
mich von dir verstanden
zu wissen

es war schwer
dich gehen zu lassen
dein sterben hätte mich
beinahe
mein leben gekostet

es war schwer
dich gehen zu lassen
aber jetzt ist es noch
viel schwerer ohne dich

diesen verlust zu tragen
um unser beider willen

um dich, der nicht
wachsen durfte
und um mich,
die erwachsen
werden musste
um fortzubestehen
nach deinem fortgang



augenaufschlag

mit deinem ersten
augenaufschlag
hast du mich
gewonnen

lange noch
bevor unser
eigentliches spiel
begonnen hatte

ich ahnte es
in diesem moment

du hast nicht
gegen mich gewonnen
sondern mich
es wird ein lebenslanges
1 : 0 für dich sein

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