Bis zum späten Atemzug

Bis zum späten Atemzug

Zemira Tursunovic


EUR 14,90
EUR 8,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 126
ISBN: 978-3-99064-883-4
Erscheinungsdatum: 15.06.2020
Eine spannende und wahrheitsgemäße Geschichte, die unter die Haut geht. Sie animiert zum Nachdenken und bringt wahrscheinlich viele den Tränen nah.

Nach der Schule ging ich nach Hause, um mich von dem langen und anstrengenden Tag zu erholen. Doch als ich zu Hause war, schien es zuerst so, als wäre niemand da. Es war ja auch nicht ungewöhnlich, dass meine Eltern nicht da waren, sie waren selten vor mir zu Hause, also wunderte ich mich nicht. Ich ging zum Kühlschrank und nahm etwas zu trinken, es war mein Lieblingsorangensaft, der noch vom Vortag übrig war. Er war schön kalt, und in dem Haus war es so ruhig, dass ich schon mein eigenes Schlucken hörte, und diese Ruhe machte mir irgendwie Angst. Eigentlich war ich daran gewöhnt, dass niemand zu Hause war, aber an diesem Tag hatte ich das Gefühl, als wäre jemand da gewesen. Und plötzlich hörte ich aus dem Wohnzimmer Geräusche. „Ich war doch nicht allein“, dachte ich, und mein Gefühl hatte mich nicht im Stich gelassen. Ich legte das Glas mit dem Orangensaft vorsichtig auf den Küchentisch und ging mit langsamen Schritten zur Wohnzimmertür, die allerdings verschlossen war. Ich war sehr neugierig, und mein Herz klopfte lauter als denn je; ich hatte Angst, dass man es auf der anderen Seite hören konnte. Schon in der Nähe der Tür hörte ich, wie zwei Personen anfingen sich zu streiten, und die Stimmen waren die meiner Eltern. Ich erkannte sie sofort. Sie waren etwas lauter und ließen aneinander nicht ausreden. Ich verstand das Ganze nicht, denn sie hatten sich fast nie gestritten, und das im Wohnzimmer hörte sich heftig an.
„Was ist mit denen los?“, dachte ich.
Ich war immer der Meinung, sie würden sich lieben, aber dass sie sich stritten, machte mir Angst. Ich wollte zwar wissen, wieso sie so zueinander waren, doch ich hatte Angst, dass es etwas Schlimmes war, und ich war mir nicht so sicher, ob ich das wirklich erfahren wollte.
War ich schuld?
Wollten sie sich trennen?
Oder hatten sie irgendwelche Probleme?
Hatte einer den anderen betrogen?, fragte ich mich, während ich da vor der Tür stand, aber ich fand keine Antwort auf diese Fragen. Ich war ratlos und hatte Angst, einen Schritt zu machen und zu lauschen, doch meine Neugier war mindestens genauso groß wie meine Angst, wenn nicht noch größer. Irgendwie vergaß ich meinen Hunger, meinen Durst und den anstrengenden Tag in der Schule. Ich sah nur diese Tür vor mir und hörte die verschwommenen Worte meiner Eltern. Ich wollte es wissen, denn ich wusste, sie würden es mir später sowieso nicht verraten, sie würden sich herausreden und so tun, als wäre alles in Ordnung und als wäre dies im Wohnzimmer nie passiert.
Und deshalb wollte ich es selber erfahren, um die Wahrheit zu wissen. In dem Moment dachte ich nicht darüber nach, dass die Wahrheit nicht so gut ist und verdammt wehtun kann.
Ich ging also näher an die Tür und versuchte mit Anlehnen an die Tür die Streitenden zu hören, aber ich hörte plötzlich gar nichts mehr.
Es war still.
Ich drückte die Türklinke langsam runter und öffnete die Tür nur ein paar Zentimeter, sodass ich ins Wohnzimmer sehen konnte und alles hörte.
Meine Mutter saß auf dem Sofa, mit gebeugten Kopf, sie sah sehr traurig aus und nicht wie sonst. Mein Vater stand vor ihr und sah sehr nervös aus, er ging hin und her und konnte nicht stillstehen. Sie hörten die Türklinke nicht und sahen mich ebenfalls nicht. Doch dann ging der Streit weiter, und meine Mutter war leise, Ihre Stimme hörte man sehr schlecht, und man bemerkte, wie traurig sie war.
„Aber wir müssen ihm die Wahrheit sagen“, sagte sie, und jetzt hörte ich auch, wie sie weinte, doch ich verstand den Satz nicht.
„Verstehst du das nicht, er hat gerade so ein schönes Leben, er ist so glücklich, er ist mein Sohn, verstehst du. Ich will ihn nicht jetzt verlieren“, schrie mein Vater, und plötzlich stand meine Mutter auf.
„Ich weiß, ich will ihn auch nicht verlieren.“
Redeten die von mir, oder hatten sie vielleicht noch einen Sohn?
„Wieso wollen sie mich nicht verlieren, und wie kommen die überhaupt auf die Idee, mich zu verlieren?“, dachte ich.
„Aber jetzt ist gerade die Zeit gekommen, wo wir es ihm sagen müssen. Ich mein, er wird langsam erwachsen. Was ist, wenn er von jemand anderem erfährt, dass er adoptiert wurde und wir nicht seine richtigen Eltern sind?“
In dem Moment brach für mich die Welt zusammen, in der ich mich all die Jahre sicher gefühlt hatte. Es war, als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen genommen.
Meine Eltern hatten mich angelogen, nein, sie waren nicht mal meine Eltern.
Ich fühlte mein Herz, das immer langsamer schlug, und ich stand angewurzelt vor der Tür und wartete darauf, dass mein Herz aufhörte zu schlagen.
Tränen fielen mir aus den Augen, und es hörte gar nicht auf, sie flossen wie ein Wasserfall. Ich konnte mich gar nicht mehr bewegen, ich realisierte die ganze Situation nicht und wusste nicht mehr den Sinn meines Lebens. Ich hatte Kopfschmerzen, und meine Tränen kullerten wie Glasperlen über meine Wangen. Es schien, als würde alles in mir verbrennen, wie ein Auto, dessen Bremsleitungen durchgeschnitten wurden, das immer weiterfuhr, im Graben lag und explodiert war.
Ich fiel auf die Knie zu Boden und schrie innerlich ganz laut. Ich dachte, es würde mir helfen, doch es brachte nichts, es wurde nur noch schlimmer. Ich stellte mir vor, mit dem Kopf gegen den Boden zu schlagen. In diesem Moment war ich ein anderer Mensch, nicht mehr der liebe Luca, sondern eine Bestie, die alles zerstörte, was sich ihr in den Weg stellte. Meine Seele, mein Herz, mein ganzer Körper hatten nun keinen Sinn mehr. Ich war verloren, und niemand fühlte sich so wie ich. Es war ein Albtraum, aus dem ich aber nicht erwachte, der nie zu Ende zu gehen schien. Diese Gefühle konnte niemand beschreiben, und in dem Moment wünschte ich mir, dass dies wirklich nur ein Albtraum war und ich im nächsten Moment aufwachen würde. Plötzlich spielte sich meine ganze Vergangenheit in meinen Gedanken ab, wie ein Film ging es mir durch den Kopf. Ich sah meine Eltern, wie sie mich umarmten, ich sah Tim, der mir auf die Schulter klopfte und mir Mut gab, und ich sah dann auch Diana, die mich mit ihrem schönen Lächeln anstrahlte.
Und im nächsten Moment war das alles wieder gelöscht. Ich sah nichts mehr, und mir wurde schwarz vor Augen. Ich lief in mein Zimmer und packte meine Sachen zusammen. Ich packte ein paar Kleidungsstücke ein und mein restliches Taschengeld, das ich gespart hatte. Die Familienfotos zerriss ich und schmiss sie durch mein Zimmer. Mein Kopf brummte, und meine Augen waren ausgetrocknet. Es passte alles in meinen Rucksack, und ich nahm noch mein Kissen unter dem Arm mit. Ich lief schnell nach draußen, damit meine Eltern nichts bemerkten.
Es war spätabends, und draußen war es kühl. Die Straßen waren leer, als wären alle gestorben, und ich fühlte mich einsam. Ein leichter Wind wehte und machte die Dunkelheit noch gruseliger. Ich ging in einen Park und setzte mich auf eine Bank, ich war müde und ausgepowert und legte mich auf die Bank. Eine Bank weiter war noch ein Obdachloser am Liegen, und sonst war niemand da, ich fühlte mich so allein, und mir war kalt. Der Obdachlose, dem ein Schuh fehlte und der ganz schmutzige und löchrige Kleidung trug, sah sehr zufrieden aus. Ich war extrem müde und konnte meine Augen nicht mehr offen halten, aber die ganze Zeit plagte mich die Angst, die Augen zu schließen, doch meine Müdigkeit war stärker, und ich schlief nach einiger Zeit ein.

Am nächsten Morgen wollte ich unbedingt zur Schule gehen, damit ich nicht den ganzen Tag auf dieser Bank sitzen musste. Ich war immer noch wütend, verletzt und traurig und war nicht gut anzusprechen. Ich wollte einfach nur zu Schule und diese Menschen, die sich meine Eltern nannten, nicht mehr sehen. In der Schule wollte ich mit niemanden reden. Tim machte sich Sorgen, aber ich war wie ein Roboter, der nur geradeaus ging und nicht sprechen konnte. Im Unterricht konnte ich mich nicht konzentrieren, und in der Pause ging ich in die Cafeteria.
Ich saß mit Tim an einem Tisch, und die Cafeteria war an dem Tag noch voller als sonst.
Tim redete mit mir, stellte mir Fragen, wie ein Polizist, der den Hauptverdächtigen verhörte, doch ich hörte nichts mehr, nur mein schwaches Herzklopfen, das sehr laut war. Dann kamen auch noch Diana und Lisa herein, und als ich sie sah, blieb mein Herz für einen Moment stehen und klopfte dann noch lauter und schneller. Meine Wut überstieg meinen Verstand. Ich war rot im Gesicht und ging auf hundertachtzig. Ich konnte viel aushalten, aber das war mir zu viel. Ich wusste gar nicht, dass ich so eine Wut in mir hatte. Ich wusste nicht, dass ich so schlimm sein konnte. Ich kannte mich selber nicht mehr, und es konnte sowieso nicht mehr schlimmer werden.
Mein Leben war vorbei.
Ich stand mit einem Ruck auf, mein Stuhl kippte sogar um, und Tim erstarrte überrascht. Ich lief auf sie zu und stellte mich vor sie. Auch sie erstarrte und war überrascht. Sie schaute mich an und wollte direkt wieder gehen, aber ich ließ sie nicht vorbei.
„Was ist dein Problem? Los, sag es!“, forderte ich sie auf, und sie schüttelte als Antwort den Kopf
Sie wollte an mir vorbeigehen, aber ich hielt sie am Arm zurück.
„Nein, dieses Mal läufst du mir nicht einfach davon“, dachte ich und schaute sie wütend an.
„Lass mich bitte. Du tust mir weh. Sonst werde ich allen sagen, dass der coole Typ einem Mädchen hinterherläuft. Du wirst dich blamieren.“
Jetzt drohte sie mir, und das machte mich noch wütender, aber mir konnte sie nicht drohen, denn mir war alles egal. Ich ließ sie los, lief zu einem Tisch hinter mir und stellte mich auf den Tisch.
„Hört mal alle zu. Ich wollte sagen, dass ich dieses Mädchen hier vor mir, Diana …“ Ich schaute zu ihr runter und sah, wie peinlich ihr das war. „… sehr mag. Ja, sie ist das erste Mädchen, das ich mag. Ihr wisst ja alle, ich hatte noch nie eine Freundin und habe mich auch nicht darum bemüht, aber als ich sie sah, war alles anders, denn dann sah ich nur sie. Und ich habe es euch nicht erzählt, nicht mal meinem besten Freund, weil ich ihretwegen nicht wollte, dass ihr euch einmischt.“
Ich schaute sie wieder an, und dieses Mal sah auch sie zu mir hoch
„Man sollte nicht immer von allem weglaufen, wenn man Angst hat, sondern etwas Neues ausprobieren und sich der Herausforderung stellen“, sagte ich, sprang vom Tisch und lief hinaus. Ich wollte niemanden mehr sehen, meine Eltern, Diana, Lisa, meine Freunde und schon gar nicht die Lehrer.
Ich lief zum Park, der im Moment mein Zuhause war. Ich lief den ganzen langen Weg und kam erschöpft an der Bank an, an der ich die letzte Nacht verbracht hatte. Ich entschied mich nach langer Überlegung zu Tim zu fahren und für eine Weile bei ihm zu wohnen. Ich war mir nicht sicher, ob er mich annehmen würde, aber ich hatte keine andere Bleibe. Ich wollte nicht mehr zur Schule gehen und wusste auch nicht, wie mein Leben weitergehen könnte. Der Weg zu Tims Wohnung war für mich sehr schlimm und ein großer Schritt, den ich machen musste. Vorher hatte ich ein Zuhause und eine Familie, die mich nie im Stich lassen würde, dachte ich, denn sie taten es dann doch. Ich war allein, und ich wusste nicht, wie ich das Tim erklären sollte, zu dem ich auch den Draht langsam verloren hatte. Und das mit Diana war auch nicht das, was es grundsätzlich sein sollte. So viele Menschen mit so vielen verschiedenen Werten und Erfahrungen, jeder war auf seine Art außergewöhnlich, aber alle fanden trotzdem einen einzigen Menschen, der für sie da war, der zu ihnen stand, und ich hatte noch nie jemanden, der an meiner Seite war. Und ich fand dann Diana, die mich jedoch nicht finden wollte. Ich fragte mich, was ich falsch gemacht hatte, womit ich das verdiente, aber keiner war da, um mir Gewissheit zu geben, niemand an meiner Seite, der auf meine Fragen Antworten fand, auch wenn es dumme Fragen waren. Mein Schulabschluss und somit mein Studium waren auch im Eimer, denn ich konnte nicht wieder in diese Schule gehen, ich konnte diese Menschen nicht mehr ansehen, die mich an all das, was vorher war, erinnerten. Und einen Menschen konnte ich besonders nicht mehr sehen: Diana, die mein Leben veränderte im guten und im schlechten Sinne, ohne die ich nie erfahren hätte, wie es war, Schmetterlinge im Bauch zu haben und im Hintergrund von Musik begleitet zu werden. Aber vielleicht war genau das mein Fehler, vielleicht hätte ich einfach irgendein Mädchen nehmen sollen und wie die anderen Jungs sie verarschen und nach ein paar Tagen verlassen oder mit einer anderen betrügen sollen. Vielleicht hätte ich sie dann schneller vergessen, denn so würde ich das nie.

An der Haustür von Tim stand ich erst mal ein paar Minuten und zögerte an die Tür zu klopfen. Ich wusste gar nicht, was ich wollte und ihm sagen sollte, wie könnte ich ihm meine Situation erklären, wo er selbst doch so durcheinander war? Früher wäre es einfach gewesen, denn schon ein Blick von mir hätte als Erklärung gereicht, und er wüsste sofort, was zu tun war. Aber ob es jetzt so werden würde, bezweifelte ich, denn wie früher war auch Tim nicht mehr. Ich klopfte, und Tim öffnete die Tür, er war anscheinend alleine, denn er war immer zu faul, um die Tür zu öffnen. Ich schaute ihn an und brachte kein Wort aus mir heraus, ich wollte das Weinen einhalten und konnte nicht reden, doch er wusste nicht, was mit mir los war. Das sah ich an seiner ratlosen Mimik. Er bat mich herein und schaute meine große Tasche an; dann schaute er wieder zu mir und erwartete eine Antwort von mir, auf eine Frage, die er gar nicht gestellt hatte.
Wir setzten uns ins Wohnzimmer auf das Sofa, das ich sehr mochte, und ich überlegte, was ich sagen könnte. Ich schaute mich um, und es war wirklich niemand dort, der Fernseher war angeschaltet, und es lief irgendein Liebesfilm, in dem sich zwei Personen gerade küssten. Ich schaute hin und beobachtete die Situation, als wäre es etwas Wichtiges, was ich unbedingt anschauen musste, und als sich diese zwei Lippen trafen, explodierte in mir die Wut wie eine Bombe, und plötzlich kam die Traurigkeit, und die Tränen, die ich aufhielt, vermehrten sich. Ich sah nur diese zwei Menschen, die sich küssten, und ich war wie verzaubert in die andere Welt. Aber plötzlich wurde der Bildschirm schwarz, dass Paar verschwand, und als ich aus meinem Traum erwachte und Tim überraschend ansah, sah ich in seiner Hand die Fernbedienung. Er hatte den Fernseher ausgeschaltet und mich wieder in sein Wohnzimmer geholt. Ich fand das gut, denn sonst wäre ich verrückt geworden und schreiend aufgestanden. Tim war nicht mehr die Person, vor der ich einfach so weinen könnte, diese Person gab es in meinem Leben nicht mehr. Er schaute mich wieder an und stellte mir dann eine Frage.
„Geht es dir gut?“
Und diese Frage ertönte zehn Mal in meinem Kopf, wie ein Echo, und ich suchte den Sinn in dieser Frage, doch es gab keinen. Diese Frage war so sinnlos, wie unsere Freundschaft, die nur noch an einem dünnen Faden hing und darauf wartete, dass sie zerriss. Nun war ich noch trauriger, aber das Weinen hielt ich noch auf, ich hatte keine Kraft mehr, wütend zu sein, aufzuspringen und zu schreien. Ich konnte noch nicht mal meinen Arm heben, und zu sprechen fiel mir auch schwer.
„Ich habe. Ich. Mir geht es gut und ich möchte dich nur darum bitten, dass du mir für ein paar Tage ein Dach über den Kopf gibst oder ist das zu viel verlangt?“
Ich hatte es geschafft aber ich hatte nicht geschrien, wie in der Cafeteria, ich war ganz leise, wie eine kleine Maus. Tim nickte zwar aber ich sah an seinem Gesicht, dass er das nicht wollte. Er sah immer noch sehr Krank aus und war ganz blass. Ich entschloss mich zu bleiben und nahm das Gästezimmer. Am Abend hatte zwar seine Mutter etwas Leckeres gekocht aber ich konnte nichts essen, ich hatte schon den ganzen Tag nichts gegessen und obwohl mein Bauch knurrte, hatte ich keinen Appetit. Aber auch die ganze Familie sah aus, als würde sie wegen etwas trauern. Es war keine schöne Atmosphäre in dem Zimmer, niemand redete und bei niemandem kam ein Lächeln hervor. Ich wusste nicht, was los war
„Vielleicht schmeckte das Essen nicht“, dachte ich.
Später erzählte mir Tim, dass er am Morgen nicht zur Schule gehen würde, weil es ihm nicht gut ging, und das fand ich mal eine gute Entscheidung. Ich wollte auch nicht zur Schule gehen, und die Eltern von Tim wollten den Grund wissen und fragten mich aus. Ich wollte es ihnen nicht so gern sagen, ich wollte mit niemandem darüber reden. Sie versuchten mich eine Zeit lang zu überreden, in die Schule zu gehen, aber niemand konnte mich davon abhalten.

Am nächsten Morgen stand ich früher als alle anderen auf und ging in die Küche, ich konnte nicht schlafen und wollte ein Glas Wasser trinken, denn mein Mund war ausgetrocknet, doch als ich im Flur war, entdeckte ich einen auffälligen Brief auf dem Wandregal, und als ich näher kam, sah ich einen Stempel von der Uniklinik auf dem Briefumschlag. Es war ein großer gelber Briefumschlag mit roter Schrift. Ich wunderte mich und war neugierig. Ich wusste schon, es musste etwas Schlimmes sein, denn der Brief sah nicht gerade harmlos aus. Ich hatte so einen Brief noch nie bekommen. Es war eigentlich nicht meine Art, in fremde Briefe hineinzuschauen. Vor allem nicht in Tims Post, aber meine Neugier war zu groß. Ich nahm den Umschlag in die Hand und las die Adresse und den Namen von Tim. Ich wollte den Brief nicht öffnen, denn ich hatte kein Recht dazu. Also ließ ich ihn wieder liegen, doch dann fiel mir auf einmal ein dick gedrucktes Wort unter Tims Adresse ins Auge.

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