Spion wider Willen

Spion wider Willen

Horst Raeder


EUR 19,90
EUR 15,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 316
ISBN: 978-3-99131-516-2
Erscheinungsdatum: 04.08.2022
Ein „Spion wider Willen“. Vom Geheimdienst der DDR zur Mitarbeit gezwungen, bleibt Peter nichts anderes übrig, als das üble Spiel mitzuspielen, um seine Familie und seine Freunde nicht zu gefährden. Wider Erwarten übersteht er die schikanöse Ausbildung.
Das Telefon klingelte, Klaus schaute auf das Display, nein, die Nummer kannte er nicht. „Es war eine lange Nummer, die scheinbar vom Ausland stammen musste“, überlegte er. Er nahm den Hörer ab. „Lehmann“, meldete er sich. „Hallo Klaus, bist du es?“, fragte eine weibliche Stimme. „Ja“, antwortete er erstaunt. „Wer will das wissen?“, fragte Klaus zurück. „Ich bin es, die Elke.“ „Elke?“, fragte er. „Ja“, antwortete die Stimme am Telefon. Klaus überlegte kurz und erwiderte: „Naja, ich kannte mal eine Elke, die mit meinen besten Freund Peter verheiratet war.“ „Aber die sind vor vielen Jahren, einfach ohne uns zu informieren, in einer Nacht und Nebel Aktion einfach verschwunden,“ antwortete Klaus ärgerlich. „Das ist richtig, aber glaube mir, das hatte auch einen triftigen Grund“, erwiderte Elke am anderen Ende des Telefons. „Klaus, du und deine Frau hatten damals damit nichts zu tun und vor allem wollten wir euch nicht in Gefahr bringen. Ich kann dir auch nicht alles am Telefon erzählen, das würde Stunden dauern“, erklärte sie. „Es liegt mir sehr am Herzen, dass wir uns treffen. Ihr habt ein Recht, alles zu erfahren und ich hoffe, ihr werdet verstehen, dass wir aus der DDR flüchten mussten“, versuchte Elke die damalige Situation mit ruhiger Stimme zu erklären. „Vor 20 Jahren seid ihr einfach verschwunden, wir hatten geglaubt, dass euch etwas an unserer Freundschaft gelegen hätte. Aber nein, einfach abhauen, ohne uns zu informieren, das tat damals sehr weh, wir können es bis heute nicht begreifen, was ihr uns mit eurem Verschwinden angetan habt. Nein, auch meine Frau möchte keinen Kontakt mehr mit euch haben, da haben wir viel zu viel wegen euch durchmachen müssen. Wie Schwerverbrecher hat man uns damals behandelt und uns verhört“, erwiderte Klaus vorwurfsvoll. „Aber ihr hattet doch damit nichts zu tun und wir haben euch doch auch nichts erzählt“, versuchte Elke, Klaus zu beruhigen. „Das hat aber die Staatssicherheit nicht interessiert“, antwortete Klaus. „Wir hatten bis vor einigen Jahren Angst um unser Leben“, erzählte Klaus weiter. „Hätten sie damals gewusst, wo wir sind, hätten sie uns wahrscheinlich umgebracht“, erwiderte Elke mit zitternder Stimme. „Warum ruft Peter nicht selbst an?“, fragte Klaus. Plötzlich fing Elke an zu weinen. „Was ist mit Peter, ist etwas passiert oder ist er krank?“, fragte Klaus besorgt. „Er ist schwer krank und möchte dich, seinen besten und treuen Freund, sowie deine liebe Frau, noch einmal sehen. Peter will euch alles erzählen, was damals vorgefallen ist. Er bittet dich, alles, was er dir zu erzählen hat, in einem Buch aufzuschreiben, damit die Wahrheit ans Licht kommt. Das wäre sein letzter Wunsch. Ihm können sie jetzt nichts mehr antun, denn seine Tage sind gezählt“, schluckte Elke und brach in Tränen aus. Plötzlich hatte Klaus Mitleid und ihm tat es jetzt leid, dass er gerade so forsch zu Elke war. „Gut“, sagte Klaus vorsichtig nach einer Weile zu Elke. „Dann scheint es sehr schlimm um Peter zu stehen“, sagte Klaus besorgt. „Ja, sehr schlimm“, schluchzte Elke. „Den letzten Wunsch sollte man ihm auch erfüllen“, fügte Klaus hinzu. „Wir sollten uns unbedingt treffen und das so schnell wie möglich, denn Peter hat nicht mehr lange zu leben“, erzählte Elke besorgt weiter, die sich einigermaßen gefangen hatte. „Wo seid ihr denn hingezogen?“, fragte Klaus neugierig. „Wir sind damals nach Abel Taxman im Nationalpark nach Neuseeland gezogen“, antwortet Elke. „Wohin?“, fragte Klaus ungläubig. „Das ist eine Weltreise, wie soll ich denn da hinkommen?“, konterte Klaus zurück.
Klaus’ Gedanken überschlugen sich. Wo sollte er das Geld hernehmen?
Das Geld, das er und seine Frau verdienten, reichte gerade so zum Leben. Klaus wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als Elke sich am anderen Ende des Telefons wieder meldete.
„Ich werde das organisieren und euch abholen lassen“, erzählte Elke weiter. „Meine Frau würde ich gerne mitnehmen, spricht etwas dagegen?“, fragte Klaus. „Natürlich nicht, ich habe mich gar nicht getraut zu fragen, ob Regina mitkommen würde“, erwiderte Elke erleichtert. „Welch ein Zufall, heute ist Freitag und am Montag haben wir vier Wochen Sommerurlaub und wir hatten uns diesmal nichts vorgenommen“, erzählte Klaus aufgeregt. „Das sind doch bestimmt über 10 000 Kilometer?“, fragte Klaus besorgt. „Das reicht nicht, zu uns sind es zirka 20 000 Kilometer“, verbesserte Elke. „Mir fällt ein Stein von Herzen“, sagte Elke sichtlich erleichtert. „Wenn euch Peter alles erzählt hat, werdet ihr uns verstehen“, fügte Elke hinzu. „Wir sind nicht nachtragend und wenn es damals einen triftigen Grund gab, war euer Handeln sicherlich auch korrekt“, betonte Klaus. „Ist Peter in einem Krankenhaus oder in einem Heim untergebracht?“, fragte Klaus. „Nein“, antwortete Elke. „Er bat darum, zu Hause sterben zu dürfen. Nach langen Gesprächen mit den Ärzten stimmten sie unter der Bedingung zu, dass eine Krankenschwester die Betreuung übernimmt. Damit waren wir einverstanden“, berichtete Elke. „Was machen eigentlich eure beiden Töchter, die große muss doch schon aus der Schule sein?“, fragte Klaus neugierig. Plötzlich fing Elke wieder an zu weinen. „Unsere Große ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen“, berichtete Elke und hatte Mühe zu sprechen. „Es war damals eine sehr schlimme Zeit, die wir durchmachen mussten. Peter spricht seit dem Unfall nicht mehr darüber. Auch wenn es schon lange her ist, ist es für Peter und mich immer wieder sehr schwer es zu verstehen, dass sie nicht mehr bei uns ist. Deshalb bitte ich dich, darüber nicht zu reden und nicht zu fragen. Jetzt haben wir nur noch unsere kleine Silvia, die uns sehr viel Freude bereitet.“
„Es tut mir unsagbar leid, was habt ihr nur durchmachen müssen“, erwiderte Klaus mitgenommen.
„Es wird eine sehr lange Fahrt zu euch“, bemerkte Klaus besorgt und versuchte, Elke abzulenken. „Die Fahrt ist nicht so lange, bloß zum Flughafen und von da aus 30 bis 38 Stunden mit ein paar Zwischenstationen direkt zu unserem Haus“, erklärte Elke weiter. „Wenn ihr in Wellington angekommen seid, steigt ihr in einen Hubschrauber ein, der für euch bereitstehen wird. Der Pilot wird euch dann direkt zu uns in Tasman bringen“, erzählte Elke und war sichtlich froh, von etwas anderem als von ihrer Tochter zu sprechen. „Ja, unter anderen Umständen hätte ich mich sicherlich gefreut, aber das mit Peter und eurer Tochter, ich weiß nicht“, sagte Klaus nachdenklich zu Elke. „Du hast recht, aber die Zeit drängt und jeder Tag könnte für Peter auch der letzte sein“, erwiderte Elke. „Der Flug zu euch wird doch sicherlich sehr teuer werden?“, fragte Klaus besorgt. „Darüber mache dir bitte keine Gedanken, ich sagte ja schon, dass ich das alles organisieren werde und wir übernehmen auch sämtliche Kosten“, versuchte Elke Klaus zu beruhigen.
„Ja, ich hätte da aber noch eine Bitte“, betonte Elke vorsichtig. „Und die wäre?“, fragte Klaus zurück. „Ich weiß, dass ihr euch bis jetzt um Peters Mutter gekümmert habt und sie auch sehr oft bei euch zu Besuch war. Wäre es möglich, dass ihr sie mitbringen würdet?“, fragte Elke vorsichtig. „Na, wie stellst du dir das vor? Sie ist zwar mit ihren 83 Jahren noch rüstig, aber wie soll ich ihr denn das jetzt auf die Schnelle beibringen?“, sagte Klaus nachdenklich. „Ich habe mit ihrem Hausarzt gesprochen und ihm alles erklärt“, verriet Elke. „Der Arzt war auch erstaunt und hat es schließlich befürwortet, dass wir so handeln müssen“, erzählte Elke weiter. „Wegen der Medikamente, die Peters Mutter benötigt, braucht ihr euch auch keine Sorgen machen. Der Hausarzt wird euch reichlich Medikamente mitgeben“, erzählte Elke weiter. „Auch bat ich den Hausarzt, zu meiner Mutter zu gehen, damit ich ihr am Telefon alles erklären konnte. Ich hatte ernsthafte Bedenken, dass meine Schwiegermutter das alles nicht verkraften würde. Der Arzt erklärte ihr, dass sie sich keine Sorgen machen braucht. Nach langem Überlegen stimmte sie unter der Bedingung zu, dass ihr mitkommen sollt“, erzählte Elke weiter.
„Hattet ihr auch die ganzen Jahre keinen Kontakt mit eurer Mutter?“, fragte Klaus. „Nein, wir haben es uns bis jetzt nicht getraut“, antwortete Elke. „Es hätte mich aber auch gewundert“, entgegnete Klaus. „Denn wir haben uns viel über euch unterhalten. Da hätte sie doch bestimmt etwas von euch erzählt“, sagte Klaus nachdenklich. „Ja, wenn du ihr Bescheid gegeben hast, dann werden wir sie natürlich mitnehmen“, warf Klaus ein. „Sie hatte in den unzähligen Gesprächen immer den Wunsch geäußert, ihren Sohn und dich noch einmal zu sehen“, berichtete Klaus weiter. „Ich würde sie gerne mitnehmen, aber ich kann das natürlich nicht allein entscheiden, ich muss erst mit Regina über alles sprechen“, gab Klaus zu bedenken.
„Ja, mach das“, erwiderte Elke am anderen Ende des Telefons.
„Gleich, wenn Regina von der Arbeit kommt, werde ich mit ihr sprechen“, antwortete Klaus.
Nun erzählte Elke, wie und mit welchem Flieger die drei fliegen sollten. Klaus machte sich genaue Notizen. „Wenn ich das meiner Frau erzähle, wird sie mir das gar nicht glauben“, sagte Klaus zu Elke. „Ja, das kann ich gut verstehen“, erwiderte Elke. „Wäre es dann möglich, ein paar Tage bei euch zu bleiben?“ fragte Klaus. „Natürlich, ihr könnt auch die ganzen vier Wochen bei uns bleiben“, antwortete sie. „Wir haben genügend Schlafmöglichkeiten und ihr seid uns immer willkommen. Wir haben uns auch viel zu erzählen“, erwiderte Elke erleichtert. „Bestelle Peter liebe Grüße von uns“, sagte Klaus. „Das mache ich gern, da wird Peter sich aber freuen“, sagte Elke und fügte hinzu, „bestell auch deiner lieben Frau Grüße von uns.“ Als Klaus den Hörer aufgelegt hatte, überschlugen sich seine Gedanken. Er hatte viele Fragen, die noch unbeantwortet blieben. Was war das für ein Anruf! Fast zwanzig Jahre hatte Klaus von Peter und Elke nichts gehört und jetzt dieser Anruf. Sicherlich hatten sie geahnt, dass da was nicht gestimmt hatte, aber die beiden hatten nie etwas erzählt. Auf Fragen bekamen Regina und Klaus keine Antworten und Elke schüttelte immer nur den Kopf. Sie sagte immer, dass sie nichts erzählen kann. Eines Tages war die Wohnung versiegelt und Regina und Klaus erfuhren auch nichts von den Leuten in Ledermänteln, die anscheinend viel in der Wohnung zu tun hatten. Im Gegenteil, Regina und Klaus mussten damals auf die Wache und wurden einzeln vom Staatssicherheitsdienst verhört. Man fragte sie, ob sie sagen können, wo ihre Nachbarn verblieben sind. Was sollten sie denn der Staatssicherheit erzählen, sie wussten doch auch nichts. „Sie wissen es nicht? Wir haben Zeit und wenn das Verhör die ganze Nacht andauert“, brüllten die Beamten sie jedes Mal an. Man warf Klaus und Regina Staatsfeindschaft vor und drohte, dass sie an ihre Zukunft und vor allen an ihre Kinder denken sollten. „Sie können uns doch nicht erzählen, dass Sie nicht Bescheid gewusst haben“, brüllten die Beamten. Die Verhöre dauerten manchmal mehrere Stunden. Freunde konnten Regina und Klaus auch nicht mehr einladen. Alle Gespräche wurden nur noch auf das Wesentliche beschränkt. Die beiden vermuteten, dass ihre Wohnung verwanzt wurde. Auch während der Arbeitszeit wurden sie zum Verhör gebracht. Die Ausfallzeiten mussten sie natürlich nacharbeiten. Das Ansehen, dass sie bis dahin gewonnen hatten, war von einer Sekunde auf die andere futsch. Die beiden konnten es nicht verstehen. Auch ihre Arbeitskollegen wurden gefragt, ob Regina oder Klaus ihnen was von ihren Nachbarn erzählt hätten. Man behandelte sie wie Vaterlandsverräter. Einige Arbeitskollegen wollten mit ihnen nichts mehr zu tun haben und andere verfolgten sie auf Schritt und Tritt.
Sicherlich hatten sie mit Elke und Peter, als sie noch Nachbarn waren, gemeinsam viel unternommen und waren so oft wie möglich zusammen gewesen. Aber jeder respektierte auch den anderen und lebte auch sein Leben. Peter war manchmal tage- und wochenlang unterwegs.
Klaus wurde in seinen Gedanken unterbrochen, als die Wohnungstür aufging und seine Frau Regina eintrat. „Na, was gibt es Neues?“, fragte Regina neugierig. „Woher weißt du es?“, fragte Klaus verdutzt zurück. „Das sieht man dir doch an der Nasenspitze an, dass du mir etwas erzählen möchtest“, erwiderte Regina grinsend. „Zieh erst einmal die Jacke aus und setz dich hin. Was ich dir jetzt zu erzählen habe, das wird dich umhauen“, sagte Klaus. „Jetzt machst du mich aber erst richtig neugierig“, erwiderte Regina. Nachdem Klaus Kaffee angesetzt hatte, deckte er eilig den Tisch. Den Kuchen, den seine Frau mitgebracht hatte, stellte er auf den Tisch und wartete, bis seine Frau aus dem Bad kam. Nervös und mit zitternden Händen versuchte Klaus, den Kaffee einzugießen. „Erzähl schon“, forderte Rita Klaus ungeduldig auf und setzte sich neugierig an den gedeckten Tisch. Beim Kaffeetrinken erzählte Klaus von dem Anruf. Immer wieder musste er eine längere Pause einlegen. Regina unterbrach ihn nicht, sie wartete gespannt, was Klaus zu erzählen hatte. „Das glaubst du doch selbst nicht, was du mir hier erzählst“, sagte Regina ungläubig. „Nach zwanzig Jahren! Sicherlich bin ich auch neugierig, was sie uns zu erzählen haben, aber dann sollen wir da auch noch hinfahren! Nein, ohne mich. Wenn es in unserer Nähe wäre, aber 20 000 Kilometer mit dem Flugzeug, wo ich doch noch nie geflogen bin“, überschlugen sich ihre Worte. Klaus musste seine Frau erst beruhigen, aber sie hatte ja recht, dachte er. Das mussten sie beide auch erst einmal verarbeiten, aber dazu hatten sie eben nicht die Zeit. Nach einer Stunde des Diskutierens waren sie sich einig. Der Entschluss stand fest. Die beiden wollten zu Elke und Peter nach Neuseeland. Klaus nahm den Zettel mit der Telefonnummer und rief Elke in Neuseeland an. Klaus verstand kein Wort, als sie sich am Telefon meldete. „Hallo, ich bin es, Klaus“, meldete er sich. „Ach, du bist es, hast du mit deiner Regina gesprochen?“ fragte Elke ungeduldig. „Ja, das habe ich“, antwortete Klaus, „aber du kannst ja selbst mit ihr sprechen.“ Klaus stellte das Telefon auf Lautsprecher, so dass die beiden Elkes Stimme hören konnten. „Das ist gut“, sagte Elke. „Hörst du mich, Regina?“, fragte Elke vorsichtig. „Ja, ich höre dich sehr gut“, antwortete Regina. „Ach Regina, ich hoffe, dein lieber Mann hat dir schon einiges erzählt?“, erkundigte sich Elke. „Ja, das hat er, aber das kann man eben alles nicht ganz glauben. Es ist auch zu viel auf einmal“, sagte Regina. „Ja, da stimme ich euch zu, aber die Zeit drängt und ich müsste schon wissen, ob ihr zu uns kommen könntet“, fragte Elke besorgt. „Nach langem Hin und Her haben wir uns entschieden“, antwortete Regina. „Ja, und?“, fragte Elke ungeduldig. „Wir kommen zu euch“, bestätigte Regina. Es war einen Moment still am anderen Ende. „Hallo Elke? Bist du noch dran?“, fragte Regina. „Ja, ja“, schluchzte Elke. „Ich bin so glücklich, dass ihr uns das nicht nachtragt“, stotterte Elke leise. „Darüber wird noch zu reden sein“, erwiderte Regina scherzend. „Wir haben genügend Zeit zum Reden“, erwiderte Elke. „Das Problem ist nur, dass ihr schon morgen früh fliegen müsst“, warf Elke ein.
„Was! Morgen früh? Das heißt, wir müssen gleich die Sachen packen und ein paar Anrufe tätigen“, sagte Regina erschrocken. „Und da haben wir das nächste Problem. Wie sollen wir es unseren Kindern erklären?“, gab Regina zu bedenken. „Da will ich euch nicht länger aufhalten“, erwiderte Elke. „Ich werde Peters Mutter noch informieren und ihr erzählen, dass wir mit dir gesprochen haben.“
„Auch werde ich ihr berichten, dass wir alle drei gemeinsam zu euch kommen“, erzählte Klaus weiter.
„Ja, mach das, da wird sie sich aber freuen“, sagte Elke sichtlich erleichtert. „Kann Regina auch noch ein paar Sachen für meine Schwiegermutter mit einpacken?“, fragte Elke vorsichtig. „Natürlich mache ich das, ich werde persönlich die freudige Nachricht überbringen und sie auch gleich mit zu uns nehmen“, antwortete Regina aufgeregt. „Auf euch ist eben Verlass“, sagte Elke und freute sich, dass doch noch alles gut geworden ist. Elke erklärte die Fahrt und den Flug noch einmal genau, danach verabschiedeten sie sich herzlich voneinander.

„Na, was sagst du nun?“, fragte Klaus seine Frau. „Ich bin sprachlos“, antwortete sie. „So eine weite Reise. Ja, Polen, Slowakei, Ukraine, Belgien, Schweden, Norwegen und Frankreich haben wir gesehen, aber nach Neuseeland wären wir in unserem Leben nie hingekommen.“ „Ja, ja, sag niemals nie“, erwiderte Klaus. „Rede jetzt nicht mehr so viel, wir haben nicht mehr viel Zeit, um die Koffer zu packen“, drängelte Regina. Klaus klingelte bei seinem Nachbarn. „Könntest du uns zum Flughafen Berlin Schönefeld bringen? Wir müssen für ein paar Wochen verreisen“, fragte Klaus seinen Nachbarn. Mit großen Augen schaute der Nachbar Klaus an. „Ihr wollt verreisen, wo soll es denn hingehen?“ „Wir fliegen nach Neuseeland“, antwortete Klaus grinsend. „Was, nach Neuseeland, um Himmels willen, was wollt ihr denn da? Ist euch bewusst, dass das ganz schön weit ist? Aber wenn ihr meint, dass ihr dorthin wollt, dann fahre ich euch natürlich zum Flughafen nach Berlin. Wann soll es denn losgehen?“, fragte der Nachbar. „Morgen früh um 3:00 Uhr“, antwortete Klaus. „Was, morgen früh um 3:00 Uhr?“, wiederholte der Nachbar ungläubig. „Na gut, normalerweise schlafe ich um diese Zeit noch, aber für euch fahre ich auch so früh nach Berlin“, sagte der Nachbar ziemlich verwundert. „Es kommt aber noch jemand mit“, erklärte Klaus. „Das ist schon in Ordnung, wenn ihr nicht gleich die ganze Wohnungseinrichtung mitnehmen wollt, ist in meinem Auto auch noch genügend Platz für eine weitere Person“, scherzte der Nachbar. „Na, dann bis später“, sagte Klaus und verabschiedete sich von seinem Nachbarn. Schnell waren die Koffer gepackt. Die Kamera mit dem gesamten Zubehör, sämtliche Fotoalben, das Diktiergerät mit allen Bändern und einige Schreibblöcke mussten auch noch verstaut werden. „So, nun wird es aber Zeit, Peters Mutter abzuholen“, sagt Regina zu ihrem Mann. „Ja, um Himmels willen, das hätte ich vor Aufregung doch fast vergessen“, rief Klaus Regina zu. „Das habe ich mir fast gedacht“, erwiderte sie. „Na gut, du machst in dieser Zeit Kaffee und deckst den Tisch, und ich werde Peters Mutter abholen, sie wird sicherlich auch schon aufgeregt sein“, erwiderte Regina und verließ eilig die Wohnung. Nach einer halben Stunde klingelte es an der Wohnungstür. „Ja bitte?“, fragte Klaus. „Nun mach schon auf“, sagte Regina nervös von draußen. Herzlich begrüßte Klaus die Mutter von Peter. Sie zitterte vor Aufregung und Klaus versuchte, sie erst einmal zu beruhigen. „Komm, setzen wir uns und trinken wir erst einmal einen Kaffee, damit wir alle etwas ruhiger werden“, schlug Klaus vor und goss den Kaffee ein. Nach dem Kaffee sagte Peters Mutter Else: „Ach, mir ist gar nicht gut, ich werde mich noch ein wenig hinlegen.“ „Ja, mach das“, sagte Regina und half ihr dabei, sich aufs Gästebett zu legen. Auch Regina und Klaus legten sich noch einmal ins Bett, um sich noch ein wenig auszuruhen. Nein, schlafen konnte keiner, dazu waren alle viel zu aufgeregt. Die Hände von Klaus zitterten vor Aufregung, er konnte es immer noch nicht begreifen, was sich vor ein paar Stunden ereignet hatte. „Sag mal, war das ein Traum?“, fragte Klaus seine Frau. „Was?“, fragte sie schlaftrunken zurück. „Na, das mit dem Anruf von Elke?“, wiederholte Klaus. „Nein, das war kein Traum, mir geht das auch nicht mehr aus dem Kopf. Aber das wird sich ja bald alles aufklären“, sagte sie. „Du kannst wohl auch nicht schlafen?“, fragte Regina ihren Mann. „Nein“, antwortete Klaus. „Sobald ich die Augen zumache, dreht sich alles“, berichtete Klaus. Da keiner schlafen konnte, zogen sie sich an. „Ich werde noch einen starken Kaffee ansetzen“, schlug Klaus vor und ging in die Küche. „Und ich werde Oma Else wecken“, sagte Regina und öffnete langsam die Tür, wo sich Else aufhielt. „Ich schlafe nicht“, rief Else Regina zu, als sie das Zimmer betrat. „Ja, uns ging es auch so“, antwortete Regina. „Aber es hilft nichts. In zwanzig Minuten müssen wir los“, sagte Regina und reichte Else die Hand, damit sie aufstehen konnte. „Klaus?“, rief Regina. „Ja, was ist?“, fragte er zurück. „Du kannst schon einmal dem Nachbarn Bescheid sagen und die Koffer zum Auto schaffen. Die Zeit drängt und wir müssen uns wirklich beeilen.“ „Ist gut“, sagte er und verließ die Wohnung. Müde schaute der Nachbar Klaus an und fragte: „Was, wollt ihr jetzt schon losfahren?“ „Ja“, sagte Klaus, auch noch mit müder Stimme. „Wir haben zwar noch zwanzig Minuten Zeit, aber bis wir die Koffer verstaut haben, ist es auch höchste Zeit, loszufahren“, antwortete Klaus dem Nachbarn. Gemeinsam verstauten sie das Gepäck im Auto. „Ich habe dich doch ganz vergessen zu fragen, ob du auf unsere Wohnung aufpassen würdest?“, fragte Klaus den Nachbarn. „Selbstverständlich werde ich mich um eure Wohnung kümmern. Jemand muss auch eure vielen Blumen gießen. Ihr könnt euch auf mich verlassen, ich werde schon aufpassen, dass nichts passiert“, beruhigte der Nachbar Klaus. „Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann“, sagte Klaus und übergab ihm die Wohnungsschlüssel. Um 4:30 Uhr trafen sie in Berlin Schönefeld ein. Regina und Klaus bedanken und verabschiedeten sich von ihrem guten Freund und Nachbarn. Klaus holte einen Gepäckwagen und belud diesen mit den Koffern und Taschen. Im Flughafengebäude war trotz der frühen Zeit schon ein reges Treiben. Einige schliefen auf den Bänken und andere liefen aufgeregt hin und her. Regina, Klaus und Else setzen sich erst einmal auf eine Bank und warteten, bis die Schalter geöffnet wurden.

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