Horrortrip Freizeitpark

Horrortrip Freizeitpark

P.R. Mosler


EUR 15,90
EUR 9,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 442
ISBN: 978-3-99107-495-3
Erscheinungsdatum: 22.04.2021
Gerd Bach, Familie und Freunde befinden sich im Visier eines Auftragsmörders. Gleichzeitig sollen hochrangige Regierungsbeamte ausgeschaltet werden. Können Gerd und Emma die korrupten Machenschaften aufdecken und die rätselhaften Drahtzieher stoppen?
1 Prolog
Juni 2006.


An ihrem Schreibtisch sitzend harrt sie aus, wartet auf das Eintreten des Mannes, den man ihr gerade angekündigt hat. Sie weiß, wer er ist, auch welche Aufgaben zu seinen Spezialgebieten gehören. Er war bereits für ihren Mann tätig, genauso wie für ihren Schwiegervater. Dabei lieferte er immer wieder hervorragende Arbeit ab. Seine Akte liegt vor ihr auf dem Tisch.
Als sich die Tür öffnet, schreitet der Mann mit festen Schritten durch den Raum.
Vor ihrem Schreibtisch bleibt er stehen, so dass sie ihn ausgiebig betrachten kann. Der siebenunddreißigjährige Frank Rademacher ist ein Meter dreiundachtzig groß, hat dunkelbraunes kurzes Haar und braune Augen. Der durchtrainierte Körper ist muskulös. Seine ganze Erscheinung zeugt von Selbstbewusstsein und Arroganz. Er wirkt distanziert und kalt.
Frank sieht sich die Frau vor ihm ebenso genau an. Auch er hat seine Hausaufgaben gemacht, bevor er der Bitte um ein Treffen bei ihr nachkommt. Ann-Marie Lichtenstein ist achtundvierzig Jahre alt, wirkt aber keinen Tag älter als vierzig. Er schätzt die schlanke, gutaussehende Blondine auf ein Meter fünfundsiebzig, obwohl die Akte über sie ihr fünf Zentimeter mehr zugesteht. Im Augenblick ruhen ihre blauen Augen abschätzend auf ihm.
Er hat keine Probleme damit, den von ihr geforderten Auftrag anzunehmen. Solange die Bezahlung stimmt wird er ihn zu ihrer Zufriedenheit ausführen. Er kann sich schon denken, welche Ziele sie verfolgt.
„Frau Lichtenstein“, begrüßt er sie mit einem leichten Kopfnicken. „Mein Beileid. Ich habe bereits von den tragischen Vorfällen in Ihrer Familie gehört. Was kann ich für Sie tun?“
„Sie sollen dafür sorgen, dass ich Gerechtigkeit erhalte!“ Ihre Augen blitzen wütend auf.
„Das dachte ich mir schon. Wie stellen Sie sich das im Einzelnen vor? Oder habe ich komplett freie Hand?“
„Sie haben das Dossier gelesen, welches ich Ihnen zukommen ließ?“
„Natürlich!“
„Dann wissen Sie auch, um wen es mir geht.“ Sie braucht nicht in ihre Unterlagen zu sehen um zu wissen, welche Männer sie ihm nennen muss. „Gerd Bach hat meinen Sohn Klaus getötet, sein Mitarbeiter Uwe Meyer in seinem Auftrag meinen Mann Kurt und dessen Zwillingsbruder Erich. Dass mein Schwiegervater verhaftet wurde, ist ebenso der Verdienst von Gerd Bach. Er ist der Mann, den ich haben will. Töten Sie ihn! Und zwar möglichst qualvoll. Kriegen Sie das hin?“, fragt sie Frank frostig.
„Kein Problem!“, antwortet Frank ihr ebenso gefühlskalt.
„Gut!“ Sie nickt. „Gerd Bach arbeitet für die Firma Staller Industrie Werke GmbH in Düsseldorf. Die ganze Familie Staller stellte sich auf die Seite dieses Mannes. Sie sollen erfahren, was es heißt, Stück für Stück die Familie zu verlieren. Beginnen Sie mit dem Sohn, dann die Frau und Staller selbst nehmen Sie sich zum Schluss vor.“
„Ist so gut wie erledigt!“, versichert Frank ihr.
„Besorgen Sie sich, was Sie brauchen. Um Geld geht es mir nicht, es ist genug da. Über Ihr Honorar werde ich nicht verhandeln. Sie erhalten von mir fünfhunderttausend jetzt sofort und nach erfolgreicher Erledigung des Auftrags weitere zwei Millionen. Zudem erhalten Sie Zugriff auf einen Fonds für notwendige Beschaffungen und Personal vorerst in Höhe von einer Million. Darüber erwarte ich korrekte Abrechnungen.“
‚Diese Frau ist nicht dumm, sie weiß genau, was sie will‘, denkt Frank anerkennend. „Ich bin einverstanden.“
„Wie wollen Sie vorgehen? Ich will über Ihre Schritte informiert werden. Halten Sie mich auf dem Laufenden!“, fordert die Witwe.
„Das Dossier reicht mir nicht aus“, erklärt er ihr. „Ich will den Alltag dieser Leute kennenlernen. Jeden Schritt, den die machen, werde ich wissen, noch bevor sie ihn machen. Erst dann entscheide ich, wie die Vorgehensweise sein wird. Sollte es Abweichungen von Ihren Wünschen geben, werde ich das mit Ihnen im Vorfeld klären.“
„Damit kann ich mich arrangieren.“ Ihr gefällt die resolute Art, mit der er sich durchsetzt. „Das ist aber nur der erste Teil. Es gab noch weitere Helfer, die Sie auszuschalten haben.“
„Ich glaube, ich weiß schon, um wen es Ihnen dabei geht. Die beiden Beamten der NS-Fahndungsstelle aus Ludwigsburg. Habe ich Recht?“
„Ja. Ich will regelmäßige Berichterstattung von Ihnen, informieren Sie mich über alle Schritte, die Sie zu unternehmen gedenken. Gibt es Schwierigkeiten, möchte ich sofort davon erfahren. Wenn Sie darauf eingehen, sind wir im Geschäft.“
„Solange Sie akzeptieren, dass es kein Zurück mehr gibt, wenn Sie mich jetzt anheuern. Sollten Sie einen Abbruch der Aktion wünschen, bekomme ich die volle Summe.“
„Ich mache keinen Rückzieher“, verspricht Ann-Marie fest. „Aber ich setze Ihnen ein Ultimatum. Die Verhandlungen gegen meinen Schwiegervater beginnen am Donnerstag, dem neunten November. Sowohl Gerd Bach als auch Andreas Staller werden gegen ihn aussagen. Der Pilot Uwe Meyer ebenfalls. Es ist Ihre Aufgabe, dies zu verhindern.“
„Das ist mir klar“, bestätigt Frank. „Es gibt aber noch mehr Personen, die gegen ihn aussagen.“
Seine Auftraggeberin stimmt ihm zu: „Das ist richtig, aber wenn die Hauptpersonen nicht zur Verhandlung auftauchen können, wird diese bis ins nächste Jahr verschoben. Dadurch gewinnen wir mehr Zeit. Außerdem rechne ich nach Ihren Aktionen mit einem Rückzieher der übrigen Zeugen.“
Frank ist beeindruckt. Sie hat sich sehr gut vorbereitet. „Dieser Konrad Schrader sitzt mittlerweile in Berlin. Es wird schwer an ihn heranzukommen“, eröffnet er ihr. Gespannt wartet er ab, wie sie damit umgeht. „Achim Voss ist auch nicht ohne. Aber den schaffe ich problemlos.“
„Kümmern Sie sich um Voss. Sollten Sie eine Möglichkeit finden ihn auszuschalten, dann tun Sie es. Ich nehme mir Schrader vor.“ Die Witwe lächelt boshaft. „Mein Sohn hatte einen Verbündeten an vorderster Front. Den habe ich bereits kontaktiert. Er wartet nur noch ab, bis Sie die Ihnen aufgetragenen Arbeiten erfolgreich erledigt haben.“
‚Sie ist wirklich gut.‘ Bewundernd mustert Frank die Frau vor sich. Er hätte nichts dagegen, die Beziehung zu ihr für eine Weile zu vertiefen. Aber zuerst kommt die Arbeit.



2
Mai 2006.

Der riesige Freizeitpark Weltenbummler besteht seit circa einem Jahr. Pünktlich zu Ostern im letzten März konnte der Park seine Tore öffnen. Günther Abels, einer der Sicherheitsinspektoren, die für den TÜV in Deutschland Fahrgeschäfte überprüfen, hat dem Park nach ausgiebiger Kontrolle eine bedenkenlose Freigabe erteilt. Somit stand der Eröffnung des 11,25 Quadratkilometer großen Grundstücks mit einhundertfünf Attraktionen nichts mehr im Wege.
Das Areal liegt mitten in der Eiffel. Von Westen nach Osten zwischen Nideggen und Thum, sowie in Nord-Süd-Richtung zwischen Kreuzau und Blens bildet das Parkgrundstück eine langgezogene Fläche. Durch die felsige Landschaft bot sich das Gelände regelrecht an, um die Attraktionen, die im Kopf des Betreibers entstanden, in die Tat umzusetzen.
Die Fahrgeschäfte unterliegen unglaublich strengen Vorschriften. Sie müssen jährlich auf Schäden und Verschleiß überprüft werden. Sobald ein Fahrgeschäft aufgebaut ist, wird es einer Kontrolle durch die Sicherheitsinspektoren unterzogen. Dazu gehört auch eine Probefahrt. Erst nach bestandener Abnahme darf es in Betrieb genommen werden.
Im Oktober 2000 erwarb Sven Kirschbaum im Alter von fünfundvierzig Jahren die Grundflächen, die nötig waren, um sich seinen Kindheitstraum zu erfüllen. Er wollte in das Fahrgastgeschäft einsteigen. Sein Ziel war es, einen Freizeitpark zu erschaffen, der für Menschen jeden Alters und jeder Hautfarbe etwas zu bieten hat. Vier Jahre brauchte er, nicht nur für den Aufbau der Attraktionen, sondern vor allem für die notwendigen Genehmigungen. Er musste sich mit Vorschriften, Sicherheitsbestimmungen, Richtlinien und behördlichen Auflagen befassen, besonders mit den Banken. Auch die umliegenden Städte stellten ihre Bedingungen. Die Zufahrt mit Anbindung an die Straßen war dringend notwendig. Auch hier gab es vieles zu beachten. Zwei der kleinen Landstraßen wurden ausgebaut, um dem Ansturm der Fahrzeuge, die hoffentlich seinen Park als Ziel wählen, gerecht zu werden. Er lud die ansässigen Umweltschützer ein, um sie an den Plänen maßgeblich zu beteiligen. Letztendlich konnte er sein Werk vollenden. Dann begannen die Prüfungen und Kontrollen zur Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, was bei der Größe des Parks noch einmal ein Jahr in Anspruch nahm.
Doch endlich ist es so weit, die Tore öffnen sich. Der Freizeitpark Weltenbummler wird von den Besuchern gut angenommen. Postwendend spricht es sich herum, dass Preis und Leistung halten, was sie versprechen. Sven sieht sich am Ziel.

Es ist Freitag. Durch den vorhergegangenen Feiertag haben viele Menschen frei. Der Andrang der Besucher ist enorm. Unverzüglich bilden sich lange Schlangen an den Eingängen zu den Attraktionen.
Der Taifun ist eine der beliebtesten Attraktionen im Park. Die Achterbahn, die in dem chinesischen Bereich des Parks angesiedelt ist, besteht aus drei ineinander verschlungenen Schienensträngen, auf denen jeweils zwei Züge gleichzeitig fahren können. Nach einer kurzen Anfahrt, die über entgegengesetzt ausgerichtete langestreckte Kurven verläuft, ziehen schwere Ketten in den Schienen die Züge bis auf fünfzehn Meter hinauf. Dann sind die Wagons sich selbst überlassen. Mit einhundertfünfunddreißig Stundenkilometern stürzen sie bis auf einen Meter abwärts dem Boden entgegen. Die aufgeregten Schreie der Fahrgäste sind weithin zu hören. Ruckartig, die Insassen durchschüttelnd, legen sich die Züge in die erste scharfe Kurve, wobei sich die Geschwindigkeit noch steigert. Mit Schwung rasen sie durch einen doppelten Looping. Erleichterte Jubelrufe ertönen, nachdem das Hindernis überstanden ist.
Den Fahrenden wird eine kurze Verschnaufpause gegönnt, in der die Züge langsam ausrollen, bevor sie von dem nächsten Kettenlift erfasst werden. Sie erklimmen den Turm, der mit einer Höhe von zwanzig Metern den ersten Anstieg noch toppt. Bei der Abwärtsfahrt erreichen sie bis zu einhundertfünfundsechzig Stundenkilometer. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie sich fünf Meter über dem Boden durch eine dreifache Spirale winden können. Die enorme Geschwindigkeit lässt die Züge fast waagerecht durch die nächste scharfe Kurve sausen, um im Anschluss schwungvoll die folgenden Bögen zu bewältigen.
Die Gleise laufen in einer langen, wellenförmigen Strecke auf und ab, um über einen Bogen umzukehren. Nun geht es wieder aufwärts. Bei fünfundzwanzig Metern ist der höchste Punkt der Gleisanlage erreicht. Die Talfahrt beschleunigt die Züge auf einhundertzweiundsiebzig Stundenkilometer. Das letzte Stück der Schienenanlage läuft in weiten Bögen mit gezielt berechneten Anstiegen und flachen Senken rund um die Anlage und quer hindurch. Die Geschwindigkeit verringert sich dabei bis auf fünfzig Stundenkilometer. Zum Einfahren in den Bahnhof werden die Züge schon weit vorher über Steuerventile immer wieder stückweise abgebremst. Mit knapp sieben Stundenkilometern fahren sie in den Bahnhof ein, um dort vollends zu stoppen.
Das Kreischen, Lachen und Schreien der Insassen ist weithin zu hören. Auch die Besucher, die bisher noch nicht hier waren, werden von den fröhlichen Geräuschen angelockt. Während der Zug immer wieder abgebremst oder aufwärts gezogen wird, Kurven überwindet, sich in Loopings stürzt oder durch Spiralen schlängelt, steigen weitere Fahrgäste in den zweiten Zug. Auch auf den anderen beiden Pfaden sind je zwei Züge unterwegs.
Es sieht äußerst imposant aus, wenn sich alle sechs Züge gleichzeitig durch die Gleisanlagen winden. Die in Rot, Gelb und Grün bemalten Fahrzeuge wirken wie japanische Drachen, die ihren eigenen Tanz aufführen.
Dreißig Personen fasst jeder Zug. Es dauert nicht einmal drei Minuten, bis auch der letzte Platz gefüllt ist.
Endlich geht es los!
Langsam, aber stetig ziehen Ketten den ersten Zug nach oben. Ohne Schub geht es abwärts, wobei er immer mehr an Fahrt gewinnt. Spirale, Lift, Looping, alles wird unter lautem Kreischen der Insassen überwunden.
Soeben zieht der dritte Lift den letzten Zug durch schwere Ketten in den Schienen aufwärts, um anschließend aus fünfundzwanzig Metern Höhe hinabzuschießen. Die Mitfahrenden schreien auf oder jubeln.
Doch dann geschieht es!
Mitten in der Talfahrt, aus der höchsten Position heraus, versagen sämtliche Stromverbindungen zu dem hinunterrasenden Gefährt. Bremsen und Stabilisatoren fallen aus. Auch die Notversorgung springt nicht an. Der Zug stürzt unkontrolliert hinab. Am Anfang merken die Fahrgäste den Unterschied noch nicht. Aber mittlerweile erkennen auch die Letzten, dass etwas nicht stimmt. Der Zug gerät aus dem Gleichgewicht, er beginnt zu schwanken. Rundum brechen die Insassen in Panik aus. Die lauten Schreie verändern sich, es sind keine Rufe freudiger Erwartung mehr zu hören, sondern nur noch angstvolle Entsetzensschreie. Die ersten Hilferufe werden laut, aber sie können nichts unternehmen. Die Sicherheitsbügel drücken sämtliche Fahrgäste fest in ihre Sitze. Der Zug schießt mit extrem hoher Geschwindigkeit in die anschließende Gerade. Es war Glück im Unglück, dass er nicht aus den Schienen kippt. Für kurze Zeit atmen die Insassen auf. Ohne zu entgleisen sind sie auf dem letzten geraden Gleisstück angekommen. Allerdings immer noch viel zu schnell überwindet der Zug die restliche zu bewältigende Strecke. Ungebremst nähert er sich der vorrausfahrenden Bahn. Angstvoll rufen die Fahrgäste des zweiten Gefährts um Hilfe.
Durch die Schreie aufmerksam geworden, drehen sich die Personen auf den hinteren Sitzen des vorderen Zuges um. Was sie sehen lässt ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Die Nase der folgenden Bahn, die wie ein fauchender japanischer Drache wirkt, kommt rasend schnell auf sie zu, doch zum Reagieren gibt es keine Möglichkeiten. Dann prallen die beiden Fahrzeuge mit einem ohrenbetäubenden Krachen zusammen. Durch die geballte Kraft des auffahrenden Gefährtes bohrt sich dieses weit in den vorwegfahrenden Zug. Die ganze Zeit hört das angsterfüllte Schreien nicht auf. Ein lautes Knacken, wie bei einer Schrottpresse, ist zu vernehmen. Durch den Druck platzt das Metall auseinander, die beiden Züge zerbrechen, die Sitzreihen lösen sich voneinander. Zu beiden Seiten der Schienen kippen sie mitsamt den darinsitzenden Personen zu Boden. Jetzt sind nicht mehr nur die entsetzten Schreie, sondern auch Schmerzensrufe und Wimmern zu hören. Trümmer und Splitter fliegen in alle Richtungen. Trotz der geringen Höhe von etwa einem Meter verletzen sich etliche Menschen, viele davon schwer.
Die umstehenden Besucher, die noch nicht fortgerannt sind, suchen bis auf ein paar Schaulustige panikartig das Weite. Die meisten laufen zum Ausgang. Auf dem Weg dorthin berichten sie jedem, der es hören will, was vorgefallen ist.
Postwendend leert sich der Park.
Die vier weiteren Züge des Taifuns müssen unverzüglich evakuiert werden. Das ist grundsätzlich aus Sicherheitsgründen bei einer technischen Störung üblich.
Feuerwehr und Rettungswagen nähern sich in aller Eile dem Unfallort. Durch die hohe Anzahl an Verletzten finden sich immer mehr Einsatzfahrzeuge am Schauplatz ein. Die medizinischen Ersthelfer haben alle Hände voll zu tun. Trümmer weisen auf einer weiten Fläche den Weg zum Unfallort. Es riecht nach verschmortem Kunststoff und Metall.
Aus den beiden vollbesetzten Zügen wurden von insgesamt sechzig Menschen zweiundvierzig verletzt, davon achtzehn schwer. Doch sie alle werden gottlob wieder vollständig genesen, Tote gibt es keine. Dies lag garantiert nicht an seinen Sicherheitseinrichtungen.
Sven weiß, dass der Unfall viel schlimmer hätte ausgehen können. Dennoch, er war schlimm genug. Ihm bleibt nur eines. Die restlichen Besucher aufzufordern, den Park zu verlassen, die Eintrittspreise zurückzuerstatten, um größtmögliche Schadensbegrenzung zu gewähren. Seine Ingenieure, Statiker und Elektriker machen sich unverzüglich an die Fehleranalyse. Er selbst benachrichtigt die Bauaufsicht vom TÜV. Er kennt sich weit genug aus um zu wissen, dass auch das Bundeskriminalamt seine Fragen stellen wird.
Jetzt steht der ehemalige Bauingenieur, die Hände in den Hosentaschen, fassungslos vor der Achterbahn. Die grünen Augen des mittlerweile fünfzigjährigen Betreibers starren ungläubig auf das Schild, das die Sachverständigen vom TÜV angebracht haben.
‚Außer Betrieb‘ steht dort geschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass das Betreten des Geländes untersagt ist.
Bis er den Park wieder öffnen darf wird es noch eine Weile dauern. Aber mit Sicherheit ohne den Taifun, denn die Untersuchungen dazu haben gerade erst begonnen.
Dieser Freitag, der sechsundzwanzigste Mai 2006, bleibt ihm garantiert immer in Erinnerung.
Günter Abels, der Sicherheitsinspektor, der für den TÜV die Abnahme dieser Attraktion getätigt hat, ließ sich infolge des Unfalls selbst aus dem Verzeichnis der Inspektoren für Fahrgeschäfte entfernen. Er kann es nicht fassen, dass er die festgestellten gravierenden Mängel in der elektronischen Steuerung hat übersehen können. Er zweifelt massiv an seiner Kompetenz. Eine solche Verantwortung möchte er nie wieder zu tragen haben.

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