Blüten gucken auf Malle

Blüten gucken auf Malle

Familienkrimi im Urlaub

Ute Vogell


EUR 12,90
EUR 7,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 210
ISBN: 978-3-99107-586-8
Erscheinungsdatum: 26.08.2021
Zwei Tage bevor sich Ulla und KH ihrer Mutter auf dem Mallorca-Urlaub anschließen wollen, erhalten sie einen Anruf: Mama liegt schwerverletzt und bewusstlos im Krankenhaus. Was geschah, ist ein Mysterium, welches wohl nur die beiden selbst aufklären können.
Prolog
Reizende alte Damen

Der Tag war viel zu schön für einen Mord. Außerdem fehlten noch einige Vorbereitungen. Und ihr Glücksbringer ließ auch auf sich warten.
Dann eben erst morgen!
Nach diesem Entschluss lehnte sich Elfi erleichtert zurück.
Die Sonne wärmte bereits merklich; sie musste unbedingt ihr Gesicht in den Schatten bringen, wenn sie Falten vermeiden wollte. Entschlossen lenkte sie ihren Rollstuhl unter eine dickbauchige Palme.
Das Meer glänzte vorn helltürkis und am Horizont dunkelblau. Dazwischen Grün- und Blautöne in allen Schattierungen. Durch die Pinienzweige ein Bilderbuchmotiv: blauglitzerndes Meer, gezackte Felsreihen, strahlender Himmel.
Sie genoss den Anblick, wollte ihn bewusst genießen.
Dann schloss sie die Augen. Noch ein halbes Stündchen Dösen – danach war es Zeit für den Seelentröster und den Immobilienmakler.

***

Anna-Maria hatte neue Packen Toilettenpapier, Seife und Handtücher geholt. Bevor sie sich seufzend ihrer letzten Aufgabe heute widmete, warf sie einen Blick aus dem glasumrahmten Flur des obersten Hotel-Stockwerks in den Garten.
Zwischen den Palmen sah sie am Blau der drei Pools einige farbige Flecken – Gäste, die sich in bunter Kleidung, in Bikini oder Badehose sonnten. Ein junges Paar vergnügte sich bereits im herzförmigen Whirlpool. Vier ältere Menschen spielten Mini-Golf. Irgendwo im Schatten erblickte sie die Diva; offensichtlich brauchte sie Ruhe. Denn ihre beiden ständigen Begleiterinnen fehlten, und ihr Rollstuhl verschwand fast unter dem Blätterdach einer Palme.
Am Ende des Grundstücks säuberten die Gärtner, Carlo und Juan, möglichst unauffällig die Wege. Ja, jetzt sah sie auch die beiden anderen Damen: Abuelita – Omichen – und Estrafalario – die Schrille – spazierten zwischen den weiß-rosa-rotblühenden Alpenveilchen.

Die beiden plauderten angeregt, das heißt, Omichen redete.
Die Schrille hielt den Kopf ihr zugeneigt und nickte, schaute aber unauffällig umher, ab und zu einen Schluck aus ihrer grünen Kaffeetasse nippend. Wenn es denn wirklich nur Kaffee war: Anna-Maria hegte begründete Zweifel, hatte sie doch bereits mehrmals kleinere und größere Flaschen von Jägermeister, Cognac und Sekt aus dem Zimmer entsorgt.
Offenbar stärkten sich die beiden gerade für einen längeren Ausflug; denn Kameras baumelten um den Hals, Rucksäcke hingen lose über den Schultern und feste Wanderschuhe deuteten auf größere Unternehmungen hin. Bei Estrafalario war übrigens heute nicht nur die Kaffeetasse giftgrün – alles andere war ebenfalls in Grün gehalten.

Anna-Maria seufzte bedrückt: Wieviel Geld musste man haben, damit man Rucksack und Schuhe und Kleidung täglich farblich neu aufeinander abstimmen konnte, auch wenn alle qualitativ minderwertig waren? Andererseits – wenn man die pummelige Figur und das Aussehen von Estrafalario bedachte, gab es wirklich keinen Grund, neidisch zu sein. Und dann noch deren schreckliches Verhalten!
Anna-Maria fand es einfach, Omichens Zimmer sauber zu machen – alles aufgeräumt, die Wanderbücher aufgestapelt auf dem Couchtisch, die vom Supermarkt erworbene Mineralwasserflasche über der Minibar abgestellt, die wenigen Kleidungsstücke mittlerer Qualität ordentlich im Schrank verstaut, wenige Fotos zum Abstauben.
Das Zimmer der Diva war das reinste Vergnügen: Haufen von topmodischen Pullovern, Hosen, T-Shirts, Jacken, Röcken und Blusen in allerfeinster Qualität lagen überall herum. Diese auf Bügeln im Schrank zu verteilen, machte einfach Spaß! Und die vielen luxuriösen Tübchen und Döschen und Gläschen und Fläschchen, Kämme und Spangen, duftende Parfüms und Cremes und Lotionen – für Anna-Maria war es eine Freude, diese nach dem Reinigen des Badezimmers immer wieder neu zu ordnen, nach Farben und – wenn sie Zeit hatte – auch nach Gerüchen (doch das durfte natürlich niemand wissen).
Das Zimmer von Estrafalario dagegen war eine Qual: ein einziges Chaos von ineinander geknäulter sauberer und schmutziger minderwertiger Kleidung in Übergröße, von leeren Flaschen, Haarfärbemittel, neu erworbenem Touristen-Krimskrams, billigem Nagellack, Tablettenschachteln. Einmal hatte Anna-Maria sogar eine gebrauchte Slipeinlage in all dem Durcheinander gefunden, ein anderes Mal, zu ihrer großen Überraschung, ein fein gearbeitetes Goldkettchen.
Worauf musste sie heute gefasst sein?
Vor dem Zimmer angelangt, holte sie tief Luft und öffnete vorsichtig die Tür.

***

Etwa zur gleichen Zeit ärgerte sich Miguel über den Blick des Barkeepers. Was war schon dabei, wenn er sein zweites Glas Whisky bestellte? Die Touristen tranken viel mehr um diese Zeit! Aber nein, Xavier schaute ihn seltsam an und fragte ihn obendrein, ob es ihm gut ginge.
Natürlich nicht.
Wenn alles in Ordnung wäre, brauchte er nicht morgens um elf zwei Whiskys. Aber das hatte Xavier nichts anzugehen, auch nicht als socio simpatico, Mitglied desselben Fußballvereins. Me va bien – y tu?
Er wartete Xaviers Antwort nicht ab, sondern verzog sich mit seinem zweiten Whisky sofort auf die schattige Terrasse, um in Ruhe nachzudenken. Er musste eine Lösung für sein Problem finden. Und zwar sofort. Was ihm sein englischer Freund John raten würde, wusste er, aber er sträubte sich. Fremde Reiche … Das kam überhaupt nicht in Frage. Schließlich liebte er seine Frau und seine Kinder.
Oder gerade deshalb?
Fast gegen seinen Willen scannten seine Augen den Hotelgarten. Es schien nicht allzu schwierig, es gab viele Möglichkeiten. Zum Beispiel die Blondine, deren Gesicht im Schatten der Yukkapalme einen kindlich-unschuldigen Ausdruck zeigte. Zudem brach sich die Sonne in ihrem Diamantring und spiegelte sich in ihrem goldenen Armband.
Statt wie geplant nur am Whisky zu nippen, nahm er einen tiefen Schluck und bekam einen Hustenanfall. Als er wieder normal atmen und klar blicken konnte, wusste er, dass er keine Alternative hatte. Er kippte den Rest des Whiskys hinunter, brachte das Glas zurück und orderte una botella champana y dos copas.
Es half alles nichts; und Xavier wusste es auch: Als er ihm die Flasche Sekt mit den zwei Gläsern reichte, wünschte er ihm „Viel Glück!“ – Buena suerte!
Aber er schaute ihn nicht an.

***

Im Rückspiegel sah der Taxifahrer die zwei Frauen auf sich zukommen. Die Schirmmützen über den faltigen Gesichtern, die festen Wanderschuhe und der prallgefüllte Rucksack, der baumelnde Fotoapparat auf der ebenfalls baumelnden Brust, die wadenlangen Jeans mit Ausblick auf knochige beziehungsweise runde Unterschenkel mit rauer Haut zwischen Socken und Jeansrand und der viel zu grelle Anorak über dem gewölbten Bauch – all diese Dinge wiesen sie deutlich als Touristinnen aus. Keine Spanierin würde sich so unelegant kleiden. Und dann noch alles in Giftgrün – jedenfalls bei der dickeren der beiden.

„Taxi?“ Er nickte.
„Nach Valdemossa?“
Er nickte wieder. Sie stiegen ein. Er informierte die Zentrale und fuhr sofort los. An einem solch strahlendblauen Tag würde die Fahrt ein Vergnügen sein.

Was ihn wunderte: Sie sahen nicht reich aus, aber keine hatte nach dem Preis gefragt. Wer würde zahlen? Die Normalgewichtige mit den grauen mittellangen Locken oder die auf jung getrimmte, rundliche Giftgrüne mit der Kurzhaarfrisur für modische Siebzehnjährige? Den flüchtigen Gedanken, es könnte sich um Zechprellerinnen handeln, verwarf er sofort. Wahrscheinlich würden sie sich die Fahrt teilen. Immerhin unterhielten sie sich auf Deutsch. Und er hatte schon viele schrullige, reiche Deutsche gesehen.

***

Plötzlich verwandelte sich Elfis sonniger Traum in ein dunkles Chaos. Alle Heiterkeit zerfloss; es herrschte ein wirres Durcheinander von Tönen, Farben, Gerüchen.
Sie versuchte, die Augen zu öffnen, doch sie konnte im gleißenden Sonnenlicht nichts erkennen. Jemand murmelte etwas Unverständliches. Sie wollte antworten, doch ihre Stimme versagte.
Dann legte sich ein Schatten über sie.
„Sie haben schlecht geträumt, Señora“, sagte eine angenehme Männerstimme. „Und Sie frösteln. Darf ich Sie wieder in die Sonne schieben?“
Nun taten die Augenlider ihren Dienst und sie erblickte einen sympathischen, braungebrannten Mann mittleren Alters mit nur wenig Grau im kurzgeschnittenen dunklen Haar.
Als sie nickte, schob er ihren Rollstuhl sanft neben eine Sitzecke, die etwas abseits von der Sonne beschienen wurde.
Er lächelte entschuldigend. „Es tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Darf ich Sie zu einem Glas Sekt einladen?“
Bevor sie sich versah, fühlte sie ein Glas in ihrer Hand. Salud! Me llamo Miguel! „Ich heiße Miguel, Prost!“
Sie wehrte ab, besann sich dann aber eines Besseren.
Was schadete es, wenn der Immobilienhändler ein bisschen wartete?
Es lohnte sich immer, mehrere Eisen im Feuer zu haben.
Und außerdem winkte ihr links aus dem Hintergrund Carlo freundlich mit einem kleinen flachen Glasgegenstand in der Hand zu.
Ihr Glücksbringer.
Langsam hob sie ihr Glas.

***

Beim Abendessen tauschten die drei ungleichen Freundinnen ihre Tageseindrücke aus. Die Giftgrüne hatte sich inzwischen hellgelb gekleidet.
„Valdemossa – ein Traum! Das Kloster von Georges Sand und Chopin und die vielen netten Geschäfte und Cafés! Und die terrassenförmige Anordnung der Stadt! Und die schönen Gärten und die freundliche deutschsprechende Bedienung!“ Und … und … und …

Die gemeinsame Begeisterung ihrer beiden so unterschiedlichen Freundinnen kannte keine Grenzen. Elfi fühlte sich zunehmend unzufrieden. Was hatte sie für diesen Tag zu bieten? Dösen im Garten, ein völlig unbefriedigendes Immobilen-Angebot? Ärger über laute und schwatzhafte Gäste? Keine Seite des Romans?

Sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, doch mittendrin lenkte sie der vielversprechende Satz ab: „Wir haben eine tolle Villa für dich gefunden!“
Fotoapparate wurden hervorgezerrt. Nach einigen technischen Komplikationen sah sie sich Aug in Aug mit einem verwunschenen, großen Haus aus beigem Sandstein, berankt mit Bougainvillea, mit Orangen- und Zitronenbäumen im – natürlich terrassenförmigen – Garten und einem blauen Swimmingpool, um den ein paar Schafe und Ziegen grasten.
„Romantisch, nicht?“
„Und zu verkaufen! Wäre das nichts für dich?“

Doch – auch Elfi fand das Ambiente ansprechend und auf den ersten Blick geeignet für ihre Bedürfnisse. „Habt ihr die Adresse des Maklers notiert?“
Natürlich hatten sie das nicht.

Um abzulenken, fragten die beiden Valdemossa-Besucherinnen nach Elfis Tag. „Und du, was hast du gemacht?“
Elfi dachte kurz nach.
„Ich habe einen netten Mann kennengelernt.“
Ja, das war das einzig Schöne heute, freute sich Elfi innerlich.
Aber ihre beiden Bekannten schienen wenig begeistert.
Oh Gott, nicht schon wieder!
Die beiden warfen sich bezeichnende Blicke zu und strebten ans Büffet unter dem Vorwand, ein weiteres leckeres Dessert zu benötigen.

***

Der nächste Morgen begann perfekt mit orange-farbigem Sonnenaufgang über zartblauem Meer. Dies nahm Elfie als ein gutes Vorzeichen.

Nach dem Frühstück wurde sie von Miguel abgeholt. Sie sah mit Genugtuung im Seitenspiegel, wie eine kleine weibliche Kugel, heute ganz in Lila, neidisch dem weißen Mercedes hinterherwinkte.
Nach einem kurzen Verkehrsgewühl in Alcudia bogen sie rechts ab Richtung Ermita La Victoria. Doch auch diese kleine, ruhige Straße verließen sie bald und und fuhren erneut rechts in einen Pinienwald. Irgendwann öffnete sich automatisch ein Tor und nun schlängelten sie sich auf steinigen Wegen durch eine Landschaft mit atemberaubenden Aussichten auf blaues Wasser und einzelne Landhäuser.
„Bitte Augen schließen“, ordnete Miguel nach einer Weile sanft an. Dann stoppte er das Auto. Sie erwartete einen Kuss und presste die Augenlider fest zusammen, aber er sagte nur: „Schauen!“ Sie blinzelte in die Sonne und vor ihrem Blick erschien ein weißer maurischer Palast in einem Palmenhain, den kunstvolle Skulpturen schmückten. Sie hielt den Atem an. Das hatte sie nicht erwartet.

Aber es kam noch besser: Miguel und Elfi erhielten eine fachkundige exquisite Führung. Offenbar vom Künstler und Besitzer höchstpersönlich oder einem Nahestehenden, ganz klar war ihr das nicht. Es war auch egal. Sie genoss die Fürsorge und das Fachwissen der beiden Männer, die sie durch den sonnigen Figurenpark begleiteten. Den krönenden Abschluss bildeten die hervorragenden Kinderporträts im ehemaligen Wasserspeicher. Und so geschmackvoll präsentiert!
Als sie über die Behindertenrampe ins Freie gelangten, war sie glücklich wie schon lange nicht mehr.

Wie immer folgte dann die tiefe Enttäuschung.
Ein Taxi hielt an und entließ eine lila ältere Kugel und eine eigentlich ganz nette, graumelierte Seniorin mit mittellangen Locken.

***

Jetzt nach dem morgendlichen Ausflug hatte sich Elfi zum Schreiben an den Strand zurückgezogen. Ihr Rollstuhl stand an der Wasserlinie. Sie hoffte, dass die warme Mittagssonne und das gleichmäßige Rauschen der Wellen ihre Laune verbessern würde. Aber ihr Notizbuch war immer noch leer.
„Konzentrier dich auf dein Vorhaben!“, befahl sie sich.
Also: Tatort, Tatmotiv, Tatwaffe.
Sollte Valdemossa der richtige Ort sein? Heute Nachmittag würden sie die Villa besichtigen, deren Fotos die beiden Freundinnen ihr gezeigt hatten. Miguel kannte den Makler und hatte einen Termin vermittelt.
Zu zweit war es geplant gewesen – Miguel und sie. Der Makler, den Miguel kannte, würde nur aufschließen und erst später für ihre Fragen zur Verfügung stehen.
Aber nun würden sie zu viert fahren. Zu viert!
Sie musste sich etwas einfallen lassen, um das zu verhindern. Dennoch spürte sie den Ärger erneut in sich aufsteigen.

***

Denn das Taxi heute Morgen an der Finca La Bassa hatte alles verändert.
Die lila Kugel hatte dem Fahrer ein großzügiges Trinkgeld gegeben und ihn gebeten, in zwei Stunden zurückzukommen. Sie und ihre Freundin würden sich jetzt in Ruhe in dieser vom Reiseführer empfohlenen Sehenswürdigkeit umschauen und wollten natürlich das „rein zufällig, welche Überraschung!“ getroffene Paar nicht stören.
Doch der Künstler und Besitzer (oder wer er auch war) hatte sie zu einem kleinen Imbiss eingeladen: „You and your charming friends.“
Eigentlich hatten auf der Terrasse im Schatten eines großen Oleanderstrauches nur drei Sektgläser neben dem Eiskübel auf einem hohen Bistro-Tisch gewartet und drei Teller für die appetitlich aussehenden Tapas unter einer gläsernen Haube. Nun wurde schnell weiteres Geschirr herbeigeschafft.

Das Essen verlief in Elfis Augen völlig unbefriedigend.
Der Besitzer und Künstler widmete sich mit Hingabe der lila Kugel, die sich völlig unerwartet als Kunstsammlerin auswies. Witterte er ein gutes Geschäft? Oder war er einfach nur höflich?
Und die Graumelierte plauderte auf Miguel ein. Ihr Redeschwall war nicht zu stoppen, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er im Schwarzwald als Gastarbeiterkind geboren war. „Was, in Staufen? – Das ist gar nicht weit weg von meinem Wohnort! Mein Mann liebte Staufen! Wir waren häufig dort, als er noch lebte. Das Faust-Haus! – Ach, und kennen Sie …“

Elfi selbst war abgehängt. Niemand kümmerte sich darum, ob ihr Rollstuhl im Schatten stand oder nicht. Ihr Sekt wurde warm in ihrer Hand. Sie räusperte sich. Ohne ihre Rede zu unterbrechen, reichte ihr die Graumelierte die Platte mit den Tapas, damit sie sich bedienen konnte. Es war unbequem, im Rollstuhl zu essen.
Die anderen bewegten sich plaudernd auf der Terrasse und zeigten sich gegenseitig im Stehen „entzückende Ausblicke“ aufs Meer.
Aus ihrer Rollstuhl-Position sah sie nichts.
Der Höhepunkt der Missachtung aber kam, als Miguel mit ihren beiden Bekannten verabredete, dass es doch nett sei, wenn sie alle heute Nachmittag in Valdemossa die sehenswerte Villa, die zum Kauf stand, besichtigen würden.
Über ihren Kopf hinweg!

***

In der Erinnerung an diese demütigende Szene stieg erneut der Ärger in Elfi hoch. Als er sich allmählich in giftige Wut verwandelte, spürte sie kreative Energie in sich aufsteigen.
Eigentlich war das Tatmotiv ganz einfach zu finden.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie die Szene … und der Stift flog fast von allein über das Papier.
Als sie nach langer Zeit aufschaute, weil sich Sonne und Wind veränderten, umspielten die Wellen bereits die Räder ihres Rollstuhls. Die Flut lief immer weiter auf. Sollte sie sich selbst befreien? Nein, lieber nicht. Sie beschloss, auf Hilfe zu warten.

***

Valdemossa nachmittags verlief nach Elfis Plan, nachdem sie dem Taxifahrer mit den beiden Freundinnen, der dem Mercedes folgen sollte, eine gehörige Summe zugesteckt hatte, damit er unterwegs eine Panne bekam.
So gehörte die Villa für zwei Stunden nur ihr und Miguel und dem Makler.

Die inzwischen hellblaue Kugel kam erschöpft an, als bereits alles besichtigt war und Miguel den Makler und Elfi gerade im weißen Mercedes zurückfahren wollte.

Das letzte, was sie aus den Augenwinkeln heraus bemerkte, war, wie die nette Graumelierte versuchte, dem kugeligen Hellblau die Enttäuschung auszureden. Sie fühlte Genugtuung.

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