Ich springe aus dem Fenster und radle davon

Ich springe aus dem Fenster und radle davon

Bernd Sibitz


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 86
ISBN: 978-3-99107-854-8
Erscheinungsdatum: 19.10.2021
Ein „Road-Movie“ der besonderen Art. Alles beginnt in Klagenfurt und Umgebung. Von der Wohnung im Gemeindebau über „Tanzmusik auf Bestellung“ im Radio zu den ersten Besuchen einer Diskothek in Krumpendorf. Höhepunkt des Jahres ist der Urlaub in Bibione.
1. Auf und davon: Ich springe aus dem Fenster und radle davon


Wir wohnten im Erdgeschoß im Gemeindebau. Eine Zweizimmerwohnung. Meine Mutter, meine zwei Jahre ältere Schwester und ich.
Wir schreiben das Jahr 1960. Es gab keine „Aufklärung“, die Filme „50 Shades of Gray“, „Emanuela“ und andere wurden erst viel später gedreht. Die Oswalt-Kolle-Filme über Sex und Beziehungen kamen erst später, wie auch das Playboy-Magazin und die HIV-Aufklärungswelle. Die Mädchen trugen den Minirock und enge Blusen, die vorne unter dem Busen an den Enden zusammengeknotet waren. Uns Jugendlichen blieb die feuchte, dadurch angeregte Fantasie. Im Keller des Gemeindebaus gab es die Waschküche, die abwechselnd von den einzelnen Parteien genutzt wurde. Anita vom zweiten Stock trug öfters die Wäsche zum Trocknen in den Hof, die klatschnasse Bluse ließ ihre Brust in ihren Umrissen deutlich erkennen und machte mich richtig heiß.
Natürlich gab es die Musik von Elvis Presley und Peter Kraus, und die Schelte der Erwachsenen über die Halbstarken; die Musik der Beatles wurde abfällig als Negermusik abgetan. Die Zeitschrift „Bravo“ war der Meinungsmacher für uns Jugendliche. In der Mitte der Zeitschrift war ein fast lebensgroßes Bild zum Herausnehmen, um es an die Wand zu hängen. Im Radio spielte die Sendung „Autofahrer unterwegs“ und Samstags, im Keller des Konzerthauses in Klagenfurt, gab es „Tanzmusik auf Bestellung“, eine Disco für uns Jugendliche. Die etwas besser Gestellten gingen ins Cafe „Lerch“ zum Tanzen oder in die Tenne in Krumpendorf zu den Bambis, mit ihrem Hit „Melancholie im September“.
Meine 14jährige Enkelin würde sagen „tiefste Steinzeit!!!“.

Eltern waren noch Personen, vor denen man Respekt und vor allem Angst hatte.
Meine Mutter brachte als Verschärfung noch Gott ins Erziehungsspiel. „Ich bin die von Gott eingesetzte Instanz, die für euch zuständig ist“, sagte sie und ließ damit jede Kritik im Keim ersticken. Wer kann gegen Gott schon was tun?
Ich war in der Schule immer schlecht und bekam daher diese Gardinenpredigt sehr oft zu hören.

Am Fensterbrett gurrten die Tauben und stritten sich um die Speisereste, die meine Mutter immer verbotenerweise hinlegte.

Diesmal machte sie es besonders ernst!
„Ich muss Euch was erzählen“ sagte sie, in dem sie die Rollos herunterließ.
Wir wussten ja von früheren ähnlichen Situationen, dass jetzt was Ernsteres kommt. Meist nichts Gutes. Oft war ich der Anlass! Oder aber sie hatte wieder einmal Probleme mit unserem Großvater, oder, oder … was weiß ich … Die Welt war für sie immer voller Sünde!
So wurden dann ihre Probleme zu unseren.
Das Zimmer war halbdunkel, Mutter setzte sich uns beiden gegenüber und schaute uns traurig an. Machte eine lange Pause. Holte tief Atem. Pause. Lange Pause.
Meine Schwester mit Zöpfen und brav angezogen, ich mit kurzer Lederhose und Kniestrümpfen. Wir warteten gespannt, was da auf uns zukommt. Dann plötzlich, ich war im Gedanken schon im Freien, im Hof oder bei meinem Großvater, einfach wo anders!
Ihre Stimme war zittrig und weinerlich.
„Ich muss euch erzählen …“ Und dann legte sie los, wie sie als junge Frau erfahren hatte, dass ihr Mann, unser Vater, im Krieg Frauengeschichten gehabt hatte, wie sie sich scheiden lassen wollte, dass das aber im Krieg nicht ging. Später, nach dem Krieg, hatte ein englischer Besatzungssoldat sie ausgenutzt; er hatte gesagt, er sei ledig, was aber nicht gestimmt habe. Sie wäre von Männern nur belogen und betrogen worden.
Meiner Schwester gab sie die Botschaft mit, den Versprechungen der Männer nicht zu glauben und mir den Auftrag „mit Frauen nicht zu spielen“, sie nicht zu verletzen, sie ernst zu nehmen.
Dann erzählte sie, wie sie sich dem Großvater gegenüber durchsetzen musste, damit er uns unterstützt, sogar vor Gericht sei sie gegangen …
Das Gurren der Tauben wurde immer lauter und die Stimmung im Raum immer beklemmender. Ich überlegte die ganze Zeit, wie ich da wegkommen könnte. Jetzt wurde noch ein gemeinsames „Vaterunser“ gebetet. Dann, zum Zeichen, dass die Besprechung zu Ende war, ging sie zum Fenster, ließ die Rollos hoch und öffnete das Fenster.
Ein Signal für mich. Ich stürzte zum Fenster, sprang hinaus, kam auf den Rücken zu liegen und derrappelte mich, und setzte mich auf mein Fahrrad und radelte davon. Ich fuhr um mein Leben! Nur weg da!

Meine Mutter und meine Schwester, so erzählte mir meine Schwester später, hätten mir überrascht zugeschaut und meine Mutter hätte dann gesagt: „Lass ihn, er fährt sicher zu seinem Großvater und kommt morgen zurück“!
Großvater
Jedes Mal, wenn es regnet, muss ich an ihn denken.
„Hörst du das auch?“
„Jetzt freu ich mich aufs Schlafengehen“, hat er gesagt. Der Regen prasselte aufs Dach der kleinen Keusche, die in Aich bei Grafenstein stand. Er war naturverbunden. Ich sehe ihn vor mir, mit seiner blauen Schürze, die an beiden Enden in der Mitte zusammengebunden war. Man konnte die Schürze dann als Tasche verwenden. Meist sammelte er irgend etwas. Schwammerl, Kräuter, oder Früchte, was er gerade so fand. Er las regelmäßig die Zeitschrift „Nach der Arbeit“, wo er sich Tipps über das Veredeln von Bäumen, Schnapsbrennen und andere praktische Dinge für die Arbeit als pensionierter Bauer holte. Er sammelte Kräuter, wie zum Beispiel das Tausendgüldenkraut, von dem er sich große Wunder versprach, ebenso wie von Johnanniskraut, Arnika und Eisenkraut.
Die Keusche war bei „Schlechtwetter“, wenn ich grantig war und mir beim Radeln Zeit ließ, 35 Minuten von Klagenfurt entfernt, bei „Schönwetterlage“ eine Stunde. Heute war Schlechtwetter, wegen dem Streit mit der Mutter.
Ich fuhr mit meinem Puch-Jungmeister-Fahrrad die Bundesstraße 17 Richtung Osten und bog dann nach rund 12 Km, nach der Gurkerbrücke, rechts ab. Unterfischern und Aich stand auf dem Straßenschild. Der Feldweg führte leicht abwärts Richtung Süden, zur Gurk, bis zum letzten Haus im Dorf.
„Hast wieder Streit gehabt?“, fragte Großvater mich verständnisvoll. Ohne auf meine Antwort zu warten, gab er mir einen selbst gemachten Most mit viel Wasser.
„Kannst gleich mitkommen, ich wollt eh schauen wieviel Erd’ die Gurk mit gerissen hat. Es hat ja so stark geregnet.“
Wir gingen einen Waldweg hinunter zur Stelle, wo die Glan in die Gurk mündet und eine schmutzige Brühe die Ufer unterschwemmte.
Er nahm unterwegs ein Blatt von einem Nussbaum, zerrieb es mit seinen Händen und gab es mir zum Riechen.
„Riechst’s? Gut, gell? Als Kind hab’ ich es in ein Heft hineingelegt, gut, gell?“
Ich nickte nur und verstand den Sinn des Ganzen nicht.

Ein andermal zeigte er mir den Schlehdorn-Strauch. „Daraus kann man gute Marmeladen machen; ist gut gegen Rheuma!“
Besonders ins Schwärmen kam er bei Vogelbeerbäumen.
„Die sind vielleicht gut, als Schnaps!“
Ich erinnere mich, dass wir einmal im Jahr in den Wald gingen, um Vogelbeeren zum Brennen zu pflücken. Er, der 70jährige Pensionist und ich, der 16jährige Mittelschüler.
„Ich hab da einige Bäume gesehen, da holen wir uns die Beeren. Den Sack stellen wir bei einem Bauern ab, ich hab auch schon wen, der ihn dann abholt und mir bringt.“ Er ereiferte sich und war ganz Feuer und Flamme.
Es wurde dann doch nichts aus dem Schnaps, weil die Beeren alle verbrannt sind.
„Ich hab alles wegschütten müssen, weil ich sie zu wenig gerührt habe“, sagte er enttäuscht.
„Aber dafür ist der normale Obstler was worden! Aber wie auch noch!“
Ich hab noch das Bild vor mir, wie er genussvoll in der alten, dunklen Küche sitzt und Schwammerl isst.
„Sind Brätlinge“ sagt er „die schmecken besser wie ein Wienerschnitzel. Wenn man sie klaubt, sind sie unter der Kappe ganz weiß und Milch rinnt vom Stamm herunter und nachher werden sie ganz fleckig und schiach.“
„Und die schmecken so gut?“
„Ja, willst kosten?“
„Nächstes Mal, wenn wir in den Wald gehen, zeig ich dir das Platzerl, wo ich sie immer find’!“
Im Wald war er zu Hause. Im Sommer wie im Winter.
Einmal zeigte er mir ganz stolz die ersten Schneeglöckchen.
Er war ganz froh darüber, dass er früher dran war als die Fanni, die achtjährige Tochter vom Großbauern im Dorf.
Genauso, wie er sich vor Schadenfreude nicht zurückhalten konnte, wenn er davon erzählte, wie er einem Finanzler, der zu überprüfen hatte, ob er wohl nicht zu viel Obst brennt, seinen Schnaps zu kosten gegeben hat.
„Der hat sich nicht mehr auf seinem Fahrrad halten können und seinen Rausch im Obstgarten ausgeschlafen!“
„Freilich hab ich mehr gebrannt als erlaubt war“, erzählte er mir stolz.
An seine zweite Frau, also meine Stief-Großmutter, erinnere ich mich nur wenig.
Einmal, dass sie eifersüchtig auf die Schwester meines Großvaters war, die auch in der Keusche ein Zimmer bewohnte und ihr vor die Wohnungstür einen Eimer voll Kaschpel geschüttet hat.

Und dass sie uns, meinem Großvater und mir, wenn wir in der Frühe in den Wald gingen, immer Kreuzerln auf die Stirne machte und „Kommt gut heim Gottes Segen“ sagte.
Mein Großvater hatte in der Papratnitza, einer Bergregion am Radsberg, einen kleinen Wald. Eine Schneise von circa 20 Meter Breite und circa 500 Meter Länge.
„Dahin müssen wir wieder einmal schauen gehn“, sagte er, „die stehlen mir Holz da heraus!“
Wir gingen zeitig in der Früh, das Gras war noch nass und die Erde aufgeweicht. Wir nehmen den Feldweg, auf dem die Bauern ihre Kühe in der Früh in die Halt treiben, um sie abends wieder zurückzuholen.
Früher, als mein Großvater noch selber Kühe besaß, hatte auf einer dieser Halten mein Vater in den Stamm einer Birke seinen Namen eingeritzt. Heute wundere ich mich, dass er mir damals nicht mehr von meinem unbekannten Vater erzählt hat und dass ich nicht nachgefragt habe.
Es war schwer zu gehen, mein Großvater redet nichts. Erst als wir dann auf einen befestigten Weg kamen und eine Brücke über einen Seitenbach der Gurk überquerten, sagte er: „Die Straße hat der Hitler gebaut, die Brücke da auch.“ Er war stolz drauf und ich wunderte mich, wie es dazu kam, dass Hitler hier in dieser Gegend als Straßenbauer unterwegs gewesen war.
Nach einer Straßenbiegung trafen wir einen Keuschler, den Großvater kannte und mit dem er sich auf „Windisch“ unterhielt. Da ich ohnedies nichts verstand, außer „Feuerwehrleiter“ oder „Schnapsbrenner“, Worte, die Großvater in diesem slowenischen Dialekt nicht kannte. Ich war mit meinen Gedanken allein.
Warum hatte es Hitler in dieses Dorf verschlagen, um eine Straße und eine Brücke zu bauen?

Was war mit meinem Vater in jungen Jahren los? Ich habe ihn nie kennengelernt. Auf einem Foto hält er mich als Baby in den Armen. Auf einem anderen Bild sieht man ihn in Uniform mit zwei Ritterkreuzorden. Ich habe nie nachgefragt, um Genaueres zu erfahren. Er galt als vermisst und wurde dann für tot erklärt. Das waren die Fakten!
Warum mein Großvater nicht in den Krieg musste, ist ein anderes Rätsel.

So viel habe ich dann doch gehört, dass er für die Versorgung in der Heimat wichtig war. Einmal erzählte er, wie die „Weiber“ mit den „Riffeln“ Heidelbeeren und Preiselbeeren gesammelt haben. Die Ernte wurde dann waggonweise, wie er sich ausdrückte, zum Pagitz gebracht, einem Betrieb, wo sie zu Saft oder Marmelade verarbeitet wurden.
„Das war eine schöne Arbeit“ sagte er.

Ich erinnere mich, wie er einmal ganz pünktlich um 20 Uhr in sein Schlafzimmer ging und das Radio, einen alten „Volksempfänger“, einschaltete und eine Sendung von Mosche Meisels hörte.
„Wenns’t ganz leise bist, darfst mithören“ sagte er zu mir. So saßen wir in der tiefsten Provinz und hörten dem Mosche Meisels zu, wie er die Weltlage erklärte. Jeden Donnerstag abends um 20 Uhr kam für eine halbe Stunde die große weite Welt ins kleine Kärntner Dorf an der Gurk.

Wenn ich bei ihm übernachtete, dann immer in einem „Verschlag“, der direkt unter dem Dach gelegen war. In diesem Bett hat auch schon mein Vater geschlafen, so erzählte er mir. Am Fußende des einfachen Feldbettes waren 2 Schwerter in einer Scheide, die wohl noch von dem Bruder aus dem 1. Weltkrieg waren. Warum er und warum auch mein Vater hier geschlafen hat, weiß ich nicht. Ich war wohl zu müde, um mir darüber Gedanken zu machen oder danach zu fragen.
Ich hörte, wie im Nachbarhaus, einem kleinen Landgasthaus, geredet und später gegrölt wurde. Besoffene, laut schimpfende Männer torkelten nach Hause. Meinen Großvater habe ich nie besoffen gesehen.
Spannender war für mich, wenn er mit seinem unehelichen Sohn Marian und mit mir zum Taupeln ging. Auf 4 gebogenen Stangen wurde ein Netz befestigt und so ausgerüstet ging man nächtens in die Auen-Landschaft der Gurk. Das Netz wurde dann in das Wasser hineingetaucht und nach einiger Zeit wieder herausgeholt. Fast immer hat sich ein zappelnder Fisch, eine Äsche oder Schleie oder andere drin befunden. Diese Art zu fischen war natürlich verboten. Deshalb die ganze Aktion in der Nacht. Ich war stolz, mit den Erwachsenen mitgehen zu dürfen.
Gemeindebau
Unsere Wohnung war, wie schon geschildert, in einem Gemeindebau im Erdgeschoß untergebracht. Die zweistöckigen Häuser mit den Nummer 21–27 waren zum Hof hin offen und vielleicht 300 m von der Bahnstrecke, die Klagenfurt mit dem Süden verbindet, entfernt. Zur Straßenseite ging sie entlang dem Messegelände, schräg gegenüber war der Lieferanten-Eingang.
Auf der linken Seite waren die Häuser von der Lannerstraße und rechts jene von der Millöckerstaße. Uförmig gab es einen großen Spiel-Schrebergarten-Wäsche-Aufhängplatz, der durch die Bahnstrecke abgesperrt war. Für uns Kinder ein großer Auslaufplatz. Hier spielte sich für uns das Leben, ohne Fernseher, iPad und Internet ab.
„Uschi, Uschiiii … das Essen ist fertig, jetzt kommst aber!!“ hörte ich vom 2. Stock.
„Mietz, Mietz, Mietz …“, schreit die Nachbarin nach ihrer Katze.
„Erich komm jetzt, zieh eine andere Hose an zum Spielen!!“
„Franzi, kannst ja die Maschin’ später weiter putzen!“
„Franzi!!! Kommst jetzt!!“
Der Bruder vom Erich, unserem Nachbar, hatte eine HORAX-Maschin, auf die er mächtig stolz war und die er nicht genug putzen konnte.
Der Bubi lernte „Ladlschupfen“, wie meine Mutter zu sagen pflegte. Also Lebensmittelverkäufer. „So was kommt für Dich nicht in Frage!“, sagte sie. Der Erich war wie sein Bruder Elektrikerlehrling, dann gab es noch den Gappe, den Heinzi und die Zwillinge Walter und Peppi und natürlich noch eine Reihe von Mädchen, deren Namen ich alle vergessen habe. Nur an die Anita vom 2.ten Stock kann ich mich erinnern und die Monika, die mit mir ein Jahr in die gleiche Klasse in die Handelsschule ging und an die Karin, die Tochter meiner Nachbarin, der ich später in Buchhaltung half, als ich schon in die Handelsakademie ging.
Der Bubi und die anderen „Großen“ waren während des Tages kaum im Hof. Dafür am Abend! Zum Ärger der Bewohner spielten sie bis spät in die Nacht Fußball. Das war vielleicht eine Aufregung, sie spielten so lange, bis sie nichts mehr sahen. Dann setzten sie sich auf das Stiegenhausgeländer, meist vor unserem Fenster. Einmal hat jemand einen Eimer Wasser aus dem Fenster geschüttet, um sie da zu vertreiben. Am Anfang wurden wir beschuldigt, das getan zu haben, bis wir beweisen konnten, dass es so nicht war, weil wir selbst einmal nach einem Völkerballspiel mit Wasser angeschüttet wurden.
Neben „Völkerball“ spielten wir Kopfball, Versteinern, „Die Suppe kocht“, „Der Kaiser schickt Soldaten aus“ und ähnliches. Fußball war für die Großen, wir spielten weniger aggressive Spiele. Heute noch wundere ich mich, wie wir 10 bis 20 Jugendliche, meist ohne Streit, im Hof miteinander gemeinsam spielten.

Unsere Nachbarin hatte den ersten Schwarz-Weiß-Fernseher. Um 22 Uhr spielten sie die Bundeshymne, als Zeichen, dass das Fernsehprogramm jetzt beendet ist.
Sie hatte einen Würstelstand am Benediktinerplatz, wo es Krainer- und Bratwürstel gab. Hin und wieder schenkte sie meiner Mutter „Bratlfetten“.
Im Stiegenhaus hat sie sich mit der Nachbarin länger unterhalten. Meine Mutter hat, aus welchen Gründen auch immer, im Stiegenhaus die Mayonnaise gerührt.
„Die ist mir so zusammengefallen.“
„Ja, haben’s recht, ist halt doch kühler da als in der Wohnung und wenn’s Olivenöl dazu geben, wird’s besonders gut.“
In Erinnerung ist mir auch, wie die Nachbarin meine Mutter ihr Ballkleid gezeigt hat. Sie war eher „rundlich“ und dementsprechend schaute auch ihr Kleid „patschert“ aus. Ganz stolz zeigte sie, wie viele Wurstsemmeln sie auf den Ball mitnahm, da es dort so teuer ist.



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