Die Annäherung an sich selbst

Die Annäherung an sich selbst

Mara Rüegg


EUR 14,90

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 72
ISBN: 978-3-99064-303-7
Erscheinungsdatum: 16.10.2018
In bildhaften Vergleichen und poetisch symbolhaften Versen sucht die Autorin nach sich selbst, findet aber oft nur Spuren und Fußabdrücke auf ihrem Weg. Metaphern, die zum Nachdenken anregen, beleben das lyrische Werk und machen Lust auf mehr.
Zum Inhalt


Mara Rüegg verwirklicht mit der Veröffentlichung dieses Gedichtbandes eine Art von lebenspoetischem Gelübde. Er ist in ihrer Jugendzeit unter dem Titel „Die Annäherung an sich selbst“ entstanden. Das Lesen von Büchern und Schreiben von Gedichten („Gedichtlein“, wie die Lehrer und ihre Schulfreunde im heimatlichen Brajkovac bei Lazarevac diese nannten) waren für die Autorin von existenzieller Bedeutung. Sie erhob sich damit über die Begrenzungen und Missverständnisse, die für kleine Gemeinden in diesen Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg charakteristisch waren. Ihre weltoffene Art und ihr mutiges Herz haben die Autorin in die ganze Welt geführt. Sie bereiste alle Kontinente und ließ sich schließlich dauerhaft in der Schweiz nieder. Immer öfter besucht sie ihre Heimat, der sie diesen Gedichtband widmet.
Im Kern ihres Wesens ist sie eine Altruistin und Humanistin mit einem feinen Gespür für Wahrheit und Gerechtigkeit. Als Zwanzigjährige hat sie diese Gedichte geschrieben, die sie nach einem halben Jahrhundert zu neuen literarischen Werken inspirierten. Jahrzehntelange Versuche der Selbstreflexion in poetisch-reflexiven Bildern haben zu Arbeiten geführt, die auch heute noch aktuell sind, nicht nur für die Autorin. Sie haben universelle Bedeutung.





Annäherung

Jetzt bin ich losgegangen, dorthin,
wo ich schon vor langer Zeit angekommen bin.
Ich bin nach dort losgegangen,
wo nur frühe Abdrücke
meiner Sohlen geblieben sind.
In mir suche ich nach mir.
Müde sehe ich nur die Spuren.
Ich sehe mich nicht.
Ich habe mich nicht.
Ich finde mich nicht.
Dennoch suche ich weiterhin beharrlich
in mir nach mir.





Suche nach Wahrheit

Ich sehe mich
vor meinem Rücken
und höre mich
über meinem Kopf.
Erfolglos versuche ich
mich in den Griff zu bekommen
und rufe mich selber herbei.
Als Blinde suche ich mich
und meinte,
zwei Augen zu haben.
Als Taube rufe ich mich
und dachte,
zwei Ohren zu haben.
Ich suche nach mir
und verstecke mich vor mir.
Ich suche nach mir
und kann mich nicht erreichen,
weder durch Berühren
noch durch Sehen.

Ich spiele mit mir
wie die Nacht mit dem Tag.
Wenn es Abend ist,
verwandle ich mich,
sehe nur das undeutliche Abbild meiner selbst.
Der Tag holt die Nacht ein
und die Nacht holt den Tag ein.
Alles, was kommt,
muss verschwinden
und alles, was entsteht,
geht weiter.
Eines Tages,
sollte ich mich selbst finden,
werde ich erkennen
und die sein, die ich bin.





Der Zusammenstoß

Bin nur kurz losgegangen, mich zu finden,
aber überall sind nur Spuren,
nirgends gibt es mich.
Ich habe meinen Namen geschrien,
aber bekam keine Antwort.
Ich werde die ganze Welt durchsuchen,
bis ich mich wieder finde.
Ich hörte etwas,
hörte auch ein Weinen.
Wer hat mich bloß geschlagen?
Warum weine ich?
Ich lief mir entgegen.
Köpfe prallten aufeinander.
Der Wind hob Stücke in den Himmel.





Der Augenblick

Voll von Augenblicken
fällt es mir schwer,
auch nur einen loszulassen,
da er mich wegträgt.
Augenblicke vergehen,
tragen auch meine Verse fort.
Wäre der Augenblick von Dauer,
wäre alles ein Gedicht
und das Gedicht wäre ein Augenblick
und es währte ewig.





Steinerne Worte

Ich nehme meine Worte in die Arme
und lege sie in die Wiege.
Ich hülle meine baumwolligen Worte
in ein steinernes Kleid,
schaukle sie sanft und warte,
bis sie anfangen
mit dem Wind zu sprechen,
mit Eisenbeinen gehen lernen
und ich sie in die Welt entlassen kann.





Vor der Abreise

Laut ruft mich die Ferne,
leise ruft mich das Schweigen.
Der Himmel öffnet seinen Vorhang,
zieht mich zu sich.
Es rufen mich die Vögel,
es rufen mich die Nebel,
es rufen mich die Bäume.
Ich sage der Ferne und dem Schweigen:
Ich will nicht dorthin!
Vögel bringen mich fort.
Nebel hüllt mich in Vergessenheit.
Vergessen schweige ich in der Ferne.





Frühling

Jemand hat die Luft erfunden.
Jemand hat den Wind geschaffen.
Jemand hat Grün gesagt.
Ich habe Liebe geflüstert.
Jemand hat sich niedergekniet.
Jemand hat Lied gesagt.
Ich habe geschwiegen.





Er ist weit weg

Die Ferne schweigt,
während etwas vor mir spricht,
während etwas hinter mir spricht,
während etwas überall um mich herum spricht.
Die Ferne schweigt.
Und alles,
was um mich herum spricht,
gibt mir ein Zeichen
zu schweigen.

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