Sie tragen nicht die Schuld ...

Sie tragen nicht die Schuld ...

Aber die Folgen

Peter Richard Günzl


EUR 14,90
EUR 8,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 106
ISBN: 978-3-95840-986-6
Erscheinungsdatum: 17.12.2019

Leseprobe:

Vorwort

Italien, 30. Juli 1996. Herrliches Wetter, sommerlich warm, wenig Verkehr auf der Autobahn zwischen dem Gardasee und Bozen. Es ist später Nachmittag, kein Termin und endlich einmal Zeit die Fahrt zu genießen. Leider nur ein kurzer Traum; der Fahrer eines LKWs auf der Gegenfahrbahn verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und durchbricht den mit Oleandersträuchern überwucherten Mittelstreifen – Frontalzusammenstoß. Ich spüre keinen Aufprall, keinen Schmerz, nichts, nur plötzliche Dunkelheit. Der berühmte Bruchteil einer Sekunde, aber dieser Wimpernschlag der Zeit verändert mein Leben entscheidend.
Stationäre und ambulante Aufenthalte in Kliniken und Therapiezentren prägen die folgenden Jahre. Herausgerissen aus der Schnelllebigkeit unserer Epoche, dem Berufsleben und Alltag, übernimmt nach und nach ein anderer Blickwinkel die Sicht nicht nur auf das eigene Ich, sondern darüber hinaus auf die Realität außerhalb von Erwerbstätigkeit und eingetretenen Pfaden. Ich sehe weiterhin die blühenden Landschaften, aber ich erkenne jetzt ebenfalls den zerbrechlich wirkenden Grashalm, der jedem Sturm trotzt. Ich entdecke den kleinen Käfer, krabbelnd auf der Suche nach Nahrung, oder den flatternden, farbenprächtigen Falter auf dem Löwenzahnblatt.
Erst recht in der öffentlichen Berichterstattung verstecken sich Grashalme, Käfer und Schmetterlinge. Sie verbergen sich hinter den Tiraden von Politikern, Wirtschaftsbossen und sogenannten Experten. In Talk-Shows, Interviews oder ungefragt plappern sie in die bereitwillig offerierten Mikrofone der Medien von Nachhaltigkeit, vom Schutz der Natur und von glänzenden Chancen unserer Kinder und Jugendlichen. Die Realität ist anders. Globalisierung prägt die Operationen der Verantwortlichen, eine Metapher für das ruchlose Spiel von Geld und Macht mit der Angst der Menschen um Existenz und Zukunft.
Wo sind Respekt und Toleranz geblieben? Der Respekt gegenüber Mensch und Natur – verloren in Schachzügen politischer und wirtschaftlicher Machtspielchen; der Respekt der Unternehmer gegenüber ihren Mitarbeitern – verzockt an den Börsen der Gier; der Respekt der Politik gegenüber dem Wähler – geopfert auf dem Altar der Macht. Sie lügen nicht, aber sie sagen uns auch nicht die Wahrheit. Die Folgen werden andere tragen: unsere Kinder und Enkel!


Kapitel 1
Strategie Genozid
Die Unterwerfung der Welt

Kapitel 1.1
Keimzelle Europa
Die europäische Expansion

Fiesta. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Kinder und Jugendliche schauen freudig erregt, aber auch gespannt dem hektischen Treiben zu. Männer schleppen schwere Holzscheite zum Festplatz ins Zentrum des Dorfes, Frauen verteilen Gefäße mit Getränken rund um die Feuerstelle. Den alten Sitten folgend entzünden die Dorfältesten das Lagerfeuer. Alle sind gekommen, um wie jedes Jahr ein großes Fest zu feiern und Gott zu danken für eine erfolgreiche und ertragreiche Ernte. Ein Festakt der Freude, eine uralte Tradition, weitergegeben von Generation zu Generation. Doch heute wird alles anders, nichts deutet auf das katastrophale Ende des Tages hin.
Fremde mischen sich unter die Einheimischen, auch sie sind willkommen. Der Angriff kommt ohne Vorwarnung, zerstörerische Schusswaffen in ihren Fäusten verändern schlagartig die ausgelassene Szenerie. Blindwütig eröffnen die Eindringlinge das Feuer, sie schießen auf alles, Männer, Frauen, Kinder. Völlig gelähmt von der Brutalität der Attacke verfliegt kostbare Zeit, Zeit zur Flucht in die umliegenden Gebäude. Panik bricht aus. Das Blut der Verletzten und Toten rinnt durch die schmalen Gassen rund um den Dorfplatz. Eine Chance haben sie nicht gegen den hinterhältig geplanten, menschenverachtenden Angriff der Fremdlinge. Innerhalb weniger Minuten sterben wehrlose, unschuldige Menschen im Kugelhagel. Der bittere Atem des Todes liegt über dem Dorf.
Viele denken jetzt an Terroranschläge, an die brachiale Gewalt und Brutalität in europäischen Städten. Der Leser fühlt sich vielleicht zurückversetzt in den November 2015, an den Tag des Attentats in Paris. Aber es ist ein Tag ca. 500 Jahre vor unserer heutigen Zeit, ein Tag des Grauens für den kleinen Ort im heutigen Peru. Mit nur einer Hand voll Soldaten, ausgerüstet mit überlegenen Waffen, richten die Spanier in wenigen Minuten ein Blutbad unter den unbewaffneten Ureinwohnern an, hinterlassen den Dorfplatz mit tausenden von Toten. Die niedrigen Beweggründe sind Gier, Macht und moralischer Überlegenheitswahn.
Mächtige Karavellen durchquerten damals die Weltmeere. An Bord ein zusammengewürfelter Haufen von Söldnern, ausgerüstet mit modernen Waffen und dem Auftrag, den Reichtum Europas zu mehren. Sie erobern Länder und Kontinente, ermorden den Großteil der Ureinwohner und verschiffen die unschätzbaren Rohstoffe in die Heimat. Es ist die Zeit der Entdeckungen, der Beginn des Zeitalters der europäischen Expansion. Die Bibel in der Rechten predigt Frieden – in der Linken lauert der Tod. Die Auftraggeber: Kaiser, Könige und Päpste.
Die Opfer waren unschuldige Männer, Frauen und Kinder. Heute nennen wir das Terrorismus. Vor allem die Menschen in Afrika hatten unter der Gier der europäischen Herrscher zu leiden, sie mutierten zur wichtigsten Handelsware dieser Zeit. Sie trugen nicht die Schuld – aber die Folgen, bis heute.


Kapitel 1.2
Der "- Atlantis-Pakt?!'
Die dunkle Seite der Macht

Was hat sich inzwischen verändert? Grund und Boden haben Kaiser und Könige, Päpste und Andere an sich gerissen, die Europäer haben die Erde erobert und in der Neuen Welt eine Uebersee-Agentur (USA) gegründet. Macht und Profitgier haben die Vorherrschaft übernommen. Wachstum und Globalisierung sind die Schlagworte der jetzigen Epoche, Mensch und Natur spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Der Beutezug der Macht, die heutige Art der Kolonialisierung, ersetzt Schiffe durch Flugzeuge, Söldner durch Manager und die Peitsche der Moderne hinterlässt Narben nicht auf der Haut, sondern auf der Seele der Menschen. Es hat sich nichts geändert.
Irgendwie erinnert mich das an eine Geschichte, vielleicht nur eine Legende, die uns der griechische Philosoph Platon überliefert hat. Ein Staat, eine riesige Insel, eine Hochkultur, jenseits der Säulen des Herakles (so nannte man in der Antike das heutige Gibraltar). Die Inselmitte, eine große Ebene, war fruchtbar und reich an Bodenschätzen. Das Volk lebte friedlich, achtete seine Götter und deren Gesetze. Jahrhunderte verstrichen, bis sich die Gier nach Macht und Reichtum unter die Menschen mischte. Die Götter fällten ein hartes Urteil und straften die Einwohner fürchterlich. Innerhalb „… eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht“ (Zitat Platon) wurde die Insel samt den auf ihr lebenden Bewohnern durch eine gewaltige Naturkatastrophe vernichtet.
Es ist die Sage von Atlantis, ein Mythos, der sich bis in die heutige Zeit erhalten hat. Wahrheit oder nur Legende, man fühlt sich bewogen zu fragen: Wo sind die Götter heute? Denn wieder nimmt die Zahl der Menschen zu, die um der Macht und des Geldes willen Menschenwürde, Toleranz und Natur außer Kraft setzen – ähnlich einer Seuche, gleich einem tödlichen Virus.
Es sind keine Unternehmen, Regierungen, Vereinigungen, sondern schlicht und ergreifend eine Hand voll Menschen . Aber sie haben perfekte Strategien entwickelt, basierend auf der Naivität der Menschen. Der Fluch der Hybris treibt sie dazu, die Zukunft der eigenen Gier nach Besitz und Macht zu opfern. Diese Personen sind überall vertreten, in den Zentren der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und vielleicht auch der Kirche. Imaginär, trotzdem präsent, korrupt, machtgeil, profitsüchtig – nennen wir sie deshalb einfach den „Atlantis-Pakt“.


Kapitel 2
Strategie Hybris
Leben auf Kosten anderer

Kapitel 2.1
Der Blaue Planet
Einzigartig, wild, lebendig

Geboren aus dem Nichts quält sich die Erde mit geballter Urkraft seit Milliarden Jahren für das Gesicht, das sie uns heute zeigt. Die Explosion des Lebens entfaltet eine spektakuläre Artenvielfalt, erstaunliche Wesen bevölkern unseren Planeten. Erst zuallerletzt betritt der Mensch die Bühne dieses Lebensraumes.
Es ist einmalig, das Gesetz zum Schutz des Himmels. Verboten sind flimmernde, grelle Leuchtreklamen, die überall auf der Welt touristische Amüsierbetriebe in Szene setzen, kein gleißender Laser durchbricht die Dunkelheit am sternenklaren Firmament. Ein Ferienparadies, die kleine Kanareninsel La Palma, nur die Nächte sind etwas finsterer als anderswo.
Langsam schlendert Pepe durch die halbdunklen Gassen von Santa Cruz de La Palma. Er ist einer der Beauftragten des Institutes für Astrophysik und hält Ausschau nach Lichtschändern, Lichtquellen, die gegen das Gesetz der Lichtverschmutzung verstoßen. Jeden Missbrauch meldet er sofort der zuständigen Behörde.
Auch wenn Pepe noch einige Lichtschänder auf frischer Tat ertappt, sind die Nächte doch klar, sauber und dunkel auf der kleinen Insel. Keine störenden Umwelteinflüsse durch Industrieanlagen trüben den Blick für die „Sternengucker“, wie die Einheimischen die Astronomen liebevoll nennen, in die Tiefen des Weltalls. Die Sicht ist frei wie sonst nirgendwo auf der Welt. Deshalb herrschen optimale Voraussetzungen für die Aufgaben der Wissenschaftler an einem der größten Spiegelteleskope (GRANTECAN) der Erde. Die Sternenforscher dringen vor in Dimensionen, Millionen von Lichtjahren entfernt, sie überraschen mit immer neuen Entdeckungen in fernen Galaxien. Nur die Suche nach Leben bleibt erfolglos, nichts Vergleichbares erscheint auf den Monitoren des Observatoriums – der Blaue Planet ist einmalig.
Ist der Homo sapiens ein Irrtum der Evolution? Kein anderes Lebewesen zerstört seinen eigenen, begrenzten Lebensraum und damit seine Zukunft. Wie alle vor ihm lebendenden Wesen hat ebenso der moderne Mensch die Verpflichtung übernommen, die Natur zu pflegen, zu erhalten für die, die nach uns kommen. Die Erde gehört nicht uns, wir gehören zur Erde. Seit einigen Generationen zerstört die sogenannte Krone der Schöpfung dieses Gleichgewicht. Das einst ewige Eis von Grönland ist endlich geworden, die unerschöpfliche Vielfalt und der Reichtum der Meere stehen vor dem Kollaps. Der brutale Angriff auf die letzten Rohstoffe verseucht ganze Landstriche und Regionen. Die Lungen unserer Erde, die Regenwälder, werden gnadenlos geopfert, Genozid und Ethnozid der Ureinwohner billigend in Kauf nehmend. Und der letzte, der allerletzte Kampf ist auch schon ausgebrochen, der unerbittliche Krieg um die verborgenen Rohstoffe des Meeresbodens.
Was bleibt übrig für unsere Nachkommen von den Paradiesen dieser Welt? Was wird die nächste Generation noch sehen, fühlen, riechen vom Schauspiel der Natur? Bevor Wissenschaftler die letzten Rätsel unserer Erde gelöst haben, basteln andere schon am Untergang.
Ausgerechnet den Vätern dieser Zerstörung überlassen wir die Bewältigung der Probleme. Umweltgipfel mutieren zu ergebnislosen Meetings, überschattet von Arroganz gegenüber den Nöten untergehender Inselstaaten. Was sagen wir unseren Nachkommen in zehn oder zwanzig Jahren? Welche Antwort haben wir auf ihre Fragen nach ihrer Zukunft, welche Entschuldigung, welche Ausrede? Es bleibt uns nicht mehr viel Zeit, diesen Wahnsinn zu stoppen! Unsere Kinder und Enkel werden uns verachten – die Enkel unserer Enkel werden uns verfluchen!


Kapitel 2.2
Rio de Janeiro 1992
Der Erdgipfel

[Rio de Janeiro, 1992] „Vergesst nicht, warum ihr an diesen Konferenzen teilnehmt, für wen ihr das tut – wir sind eure Kinder. Ihr entscheidet, in was für einer Art Welt wir aufwachsen werden. Eltern sollten die Möglichkeit haben ihre Kinder zu trösten, indem sie ihnen sagen können ‚Alles wird gut‘, ‚Wir tun alles, was wir können‘. Aber ich denke nicht, dass ihr das je wieder zu uns sagen könnt.“ (Auszug Rede von Severn Suzuki, kanadische Umweltaktivistin, 12 Jahre alt/Weltgipfel 1992)
Ein von Experten aus aller Welt gefeierter Meilenstein für die Umwelt, der sogenannte Erdgipfel. Ergebnis: ein Stapel Papier, die Agenda 21, ein Leitpapier zur nachhaltigen Entwicklung für das 21. Jahrhundert. Nachhaltigkeit bedeutet nichts anderes als den Anforderungen und Bedürfnissen der heutigen Generation gerecht zu werden, ohne die Zukunft künftiger Generationen zu gefährden. Nachhaltig ist nur eines geblieben, die Rede von Severn Zuzuki. Die Resultate der Folgegipfel sind geprägt von Uneinigkeit, Unentschlossenheit und lapidaren, ergebnisfreien Protokollen. Ich stelle mir die Welt von 1992 vor und frage mich, was haben die Teilnehmer der Folgekonferenzen grundlegend nicht verstanden? Die Zerstörung der Arten hat sich in den letzten mehr als 25 Jahren vervielfacht und die natürlichen Lebensräume schrumpfen rasant. Die Kosten für diesen diplomatischen Umwelttourismus tragen die Steuerzahler, die Folgen unsere Nachkommen.
Zwei Drittel der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt, jeder Sicht versperrt, unkontrolliert und deshalb schutzlos den Henkern der Meere ausgeliefert, erniedrigt zum Tummelplatz des „Atlantis-Pakts“ und seiner politischen Handlanger. Die Internationale Meeresbodenbehörde mit Sitz in Kingston/Jamaika wurde eingerichtet mit der Aufgabe, die Bodenschätze als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ zu verwalten. Die gleichen Fehler, die heute unseren Planeten verwüsten, wiederholen sich jetzt in der Tiefsee. Die Zerstörung an Land hinterlässt sichtbare Narben im Ökosystem, aber unterhalb des Meeresspiegels kommt kein Umweltkontrolleur vorbei. Profitorientiert verhökert die Behörde Unterwasserclaims an Staaten, Unternehmen und konsequenterweise auch den „Atlantis-Pakt“. Alle sind unterwegs, Wissenschaftler und Konzerne, dem Meeresgrund die letzten Rohstoffe zu entreißen. Der ungebremste Wettlauf um die verborgenen Reserven der Erde ist längst eröffnet. Forscher arbeiten für Industrie und Wirtschaft und stehen demzufolge auch auf deren Gehaltslisten. Das erklärt, warum manche den Klimawandel, die Erderwärmung trotz deutlicher Anzeichen für Unsinn erklären. Die größte Gefahr lauert fraglos im Halbdunkel der Gesetze – Lobbyismus, die Inkarnation des „Atlantis-Pakts“.
Zur Ernte der unermesslichen Rohstoffvorkommen werden Abbau-Lizenzen vergeben. Ferngesteuerte riesige Fahrzeuge zertrümmern Korallenbänke und Naturwelten, durchfurchen ähnlich Panzern den sensiblen, unerforschten Meeresgrund. Aber die unabänderliche Verwüstung des Meeresbodens wird geschluckt, die Vernichtung der Tier- und Pflanzenwelt wird billigend in Kauf genommen.
[Golf von Mexiko, 2010.] Eine der verheerendsten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Tiefsee-Ölbohrungen. Die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ explodierte am 20. April im Golf von Mexiko. Hunderte Millionen Liter Öl strömen unkontrolliert ins Meer und lösen eine Ölpest aus im Golf und im Flussdelta des Mississippi. Gelernt haben sie nichts aus dem Debakel. Der unstillbare Hunger der Industrieländer nach Energie lässt sie weiter jagen in der Tiefsee mit immer zahlreicher werdenden Plattformen, in noch extremeren Tiefen, mit noch mehr Risiken. Die Gier nach Profit ist gigantischer als die Zukunft unserer Ozeane.
Die Objekte der Begierde sind neben Öl gleichermaßen Mangan, Gold, Seltene Erden und der Vorrat an Fisch und Meeresfrüchten. Der größte Lebensraum, die Tiefsee, ist größtenteils unerforscht. Wissenschaftler entdecken bei ihren Tauchfahrten erstaunliche Arten, die bis heute nie ein Mensch gesehen hat. Die Artenvielfalt scheint unbegrenzt und Schätzungen zufolge beherrschen Millionen unbekannter Gattungen von Lebewesen die Tiefsee ohne wissenschaftliche Erkenntnisse auf ihren Einfluss auf das Ökosystem. Die Urheber der Agenda 21 von 1992 waren nicht einmal in der Lage zu verhindern, dass bis heute tonnenweise Müll, Plastik, Giftmüll in die Ozeane verklappt werden und Medikamente der weltweiten Fisch-Zuchtstationen das Wasser zusätzlich verseuchen. Forschern zufolge kollabieren die Speisefisch-Bestände, bei gleichbleibender Ausbeutung, in der Mitte dieses Jahrhunderts. Es ist uns demnach gelungen, seit Beginn der Industrialisierung des Fischfangs in 100 Jahren die Unerschöpflichkeit der Meere leer zu fegen. Wir kennen erst einen verschwindend geringen Teil der Unterwasserwelt. Was passiert, wenn Arten ausfallen? Unbekannte Spezies breiten sich aus und tummeln sich an den Stränden. Was kommt auf uns zu, vor allem auf unsere Nachkommen? Der „Final Countdown“ läuft. Sinnlos geplündert gegen jede Vernunft und ungeachtet jeglicher Empfehlung seriöser Wissenschaftler. Das empfindliche Ökosystem der Ozeane auf dem Weg zum Exitus?
Aber die Natur schlägt zurück. Die Menschen haben verlernt zu leben. Sie haben vergessen, wie man in Harmonie mit der Umwelt lebt. Die Maya glauben, die Säuberung der Erde hat schon angefangen. Deshalb gibt es so viele Überschwemmungen, Naturkatastrophen, Tsunamis. Und das wird nicht aufhören, bis die Reinigung vollzogen ist. Barrieren und Dämme mutieren zum Spielzeug der Naturkräfte. Ein kurzes Zucken, ein Erdbeben, gleich einem Wesen, das lästige Parasiten abschüttelt und alle bislang so stabilen und unüberwindbaren Barrikaden sind zerstört. Die Natur lässt sich nicht aufhalten. Was ist letztendlich der entscheidende Moment für den Zusammenbruch des Systems, das Auslösen einer Kettenreaktion? Ein defektes Förderrohr in der Tiefsee? Die letzte, achtlos ins Meer gekippte Champagnerflasche eines Luxusliners oder womöglich nur die Zigarettenkippe eines frustrierten Fischers?
Aber mit unverhüllter Euphorie bejubeln die Macher der Vernichtung ihr Handeln: „Die Zukunft unserer Kinder liegt am Meeresboden!“ Profitdenken und Gier verscheuchen jegliches Mitleid für deren Nachkommen.

Vorwort

Italien, 30. Juli 1996. Herrliches Wetter, sommerlich warm, wenig Verkehr auf der Autobahn zwischen dem Gardasee und Bozen. Es ist später Nachmittag, kein Termin und endlich einmal Zeit die Fahrt zu genießen. Leider nur ein kurzer Traum; der Fahrer eines LKWs auf der Gegenfahrbahn verliert die Kontrolle über sein Fahrzeug und durchbricht den mit Oleandersträuchern überwucherten Mittelstreifen – Frontalzusammenstoß. Ich spüre keinen Aufprall, keinen Schmerz, nichts, nur plötzliche Dunkelheit. Der berühmte Bruchteil einer Sekunde, aber dieser Wimpernschlag der Zeit verändert mein Leben entscheidend.
Stationäre und ambulante Aufenthalte in Kliniken und Therapiezentren prägen die folgenden Jahre. Herausgerissen aus der Schnelllebigkeit unserer Epoche, dem Berufsleben und Alltag, übernimmt nach und nach ein anderer Blickwinkel die Sicht nicht nur auf das eigene Ich, sondern darüber hinaus auf die Realität außerhalb von Erwerbstätigkeit und eingetretenen Pfaden. Ich sehe weiterhin die blühenden Landschaften, aber ich erkenne jetzt ebenfalls den zerbrechlich wirkenden Grashalm, der jedem Sturm trotzt. Ich entdecke den kleinen Käfer, krabbelnd auf der Suche nach Nahrung, oder den flatternden, farbenprächtigen Falter auf dem Löwenzahnblatt.
Erst recht in der öffentlichen Berichterstattung verstecken sich Grashalme, Käfer und Schmetterlinge. Sie verbergen sich hinter den Tiraden von Politikern, Wirtschaftsbossen und sogenannten Experten. In Talk-Shows, Interviews oder ungefragt plappern sie in die bereitwillig offerierten Mikrofone der Medien von Nachhaltigkeit, vom Schutz der Natur und von glänzenden Chancen unserer Kinder und Jugendlichen. Die Realität ist anders. Globalisierung prägt die Operationen der Verantwortlichen, eine Metapher für das ruchlose Spiel von Geld und Macht mit der Angst der Menschen um Existenz und Zukunft.
Wo sind Respekt und Toleranz geblieben? Der Respekt gegenüber Mensch und Natur – verloren in Schachzügen politischer und wirtschaftlicher Machtspielchen; der Respekt der Unternehmer gegenüber ihren Mitarbeitern – verzockt an den Börsen der Gier; der Respekt der Politik gegenüber dem Wähler – geopfert auf dem Altar der Macht. Sie lügen nicht, aber sie sagen uns auch nicht die Wahrheit. Die Folgen werden andere tragen: unsere Kinder und Enkel!


Kapitel 1
Strategie Genozid
Die Unterwerfung der Welt

Kapitel 1.1
Keimzelle Europa
Die europäische Expansion

Fiesta. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Kinder und Jugendliche schauen freudig erregt, aber auch gespannt dem hektischen Treiben zu. Männer schleppen schwere Holzscheite zum Festplatz ins Zentrum des Dorfes, Frauen verteilen Gefäße mit Getränken rund um die Feuerstelle. Den alten Sitten folgend entzünden die Dorfältesten das Lagerfeuer. Alle sind gekommen, um wie jedes Jahr ein großes Fest zu feiern und Gott zu danken für eine erfolgreiche und ertragreiche Ernte. Ein Festakt der Freude, eine uralte Tradition, weitergegeben von Generation zu Generation. Doch heute wird alles anders, nichts deutet auf das katastrophale Ende des Tages hin.
Fremde mischen sich unter die Einheimischen, auch sie sind willkommen. Der Angriff kommt ohne Vorwarnung, zerstörerische Schusswaffen in ihren Fäusten verändern schlagartig die ausgelassene Szenerie. Blindwütig eröffnen die Eindringlinge das Feuer, sie schießen auf alles, Männer, Frauen, Kinder. Völlig gelähmt von der Brutalität der Attacke verfliegt kostbare Zeit, Zeit zur Flucht in die umliegenden Gebäude. Panik bricht aus. Das Blut der Verletzten und Toten rinnt durch die schmalen Gassen rund um den Dorfplatz. Eine Chance haben sie nicht gegen den hinterhältig geplanten, menschenverachtenden Angriff der Fremdlinge. Innerhalb weniger Minuten sterben wehrlose, unschuldige Menschen im Kugelhagel. Der bittere Atem des Todes liegt über dem Dorf.
Viele denken jetzt an Terroranschläge, an die brachiale Gewalt und Brutalität in europäischen Städten. Der Leser fühlt sich vielleicht zurückversetzt in den November 2015, an den Tag des Attentats in Paris. Aber es ist ein Tag ca. 500 Jahre vor unserer heutigen Zeit, ein Tag des Grauens für den kleinen Ort im heutigen Peru. Mit nur einer Hand voll Soldaten, ausgerüstet mit überlegenen Waffen, richten die Spanier in wenigen Minuten ein Blutbad unter den unbewaffneten Ureinwohnern an, hinterlassen den Dorfplatz mit tausenden von Toten. Die niedrigen Beweggründe sind Gier, Macht und moralischer Überlegenheitswahn.
Mächtige Karavellen durchquerten damals die Weltmeere. An Bord ein zusammengewürfelter Haufen von Söldnern, ausgerüstet mit modernen Waffen und dem Auftrag, den Reichtum Europas zu mehren. Sie erobern Länder und Kontinente, ermorden den Großteil der Ureinwohner und verschiffen die unschätzbaren Rohstoffe in die Heimat. Es ist die Zeit der Entdeckungen, der Beginn des Zeitalters der europäischen Expansion. Die Bibel in der Rechten predigt Frieden – in der Linken lauert der Tod. Die Auftraggeber: Kaiser, Könige und Päpste.
Die Opfer waren unschuldige Männer, Frauen und Kinder. Heute nennen wir das Terrorismus. Vor allem die Menschen in Afrika hatten unter der Gier der europäischen Herrscher zu leiden, sie mutierten zur wichtigsten Handelsware dieser Zeit. Sie trugen nicht die Schuld – aber die Folgen, bis heute.


Kapitel 1.2
Der "- Atlantis-Pakt?!'
Die dunkle Seite der Macht

Was hat sich inzwischen verändert? Grund und Boden haben Kaiser und Könige, Päpste und Andere an sich gerissen, die Europäer haben die Erde erobert und in der Neuen Welt eine Uebersee-Agentur (USA) gegründet. Macht und Profitgier haben die Vorherrschaft übernommen. Wachstum und Globalisierung sind die Schlagworte der jetzigen Epoche, Mensch und Natur spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Der Beutezug der Macht, die heutige Art der Kolonialisierung, ersetzt Schiffe durch Flugzeuge, Söldner durch Manager und die Peitsche der Moderne hinterlässt Narben nicht auf der Haut, sondern auf der Seele der Menschen. Es hat sich nichts geändert.
Irgendwie erinnert mich das an eine Geschichte, vielleicht nur eine Legende, die uns der griechische Philosoph Platon überliefert hat. Ein Staat, eine riesige Insel, eine Hochkultur, jenseits der Säulen des Herakles (so nannte man in der Antike das heutige Gibraltar). Die Inselmitte, eine große Ebene, war fruchtbar und reich an Bodenschätzen. Das Volk lebte friedlich, achtete seine Götter und deren Gesetze. Jahrhunderte verstrichen, bis sich die Gier nach Macht und Reichtum unter die Menschen mischte. Die Götter fällten ein hartes Urteil und straften die Einwohner fürchterlich. Innerhalb „… eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht“ (Zitat Platon) wurde die Insel samt den auf ihr lebenden Bewohnern durch eine gewaltige Naturkatastrophe vernichtet.
Es ist die Sage von Atlantis, ein Mythos, der sich bis in die heutige Zeit erhalten hat. Wahrheit oder nur Legende, man fühlt sich bewogen zu fragen: Wo sind die Götter heute? Denn wieder nimmt die Zahl der Menschen zu, die um der Macht und des Geldes willen Menschenwürde, Toleranz und Natur außer Kraft setzen – ähnlich einer Seuche, gleich einem tödlichen Virus.
Es sind keine Unternehmen, Regierungen, Vereinigungen, sondern schlicht und ergreifend eine Hand voll Menschen . Aber sie haben perfekte Strategien entwickelt, basierend auf der Naivität der Menschen. Der Fluch der Hybris treibt sie dazu, die Zukunft der eigenen Gier nach Besitz und Macht zu opfern. Diese Personen sind überall vertreten, in den Zentren der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Politik und vielleicht auch der Kirche. Imaginär, trotzdem präsent, korrupt, machtgeil, profitsüchtig – nennen wir sie deshalb einfach den „Atlantis-Pakt“.


Kapitel 2
Strategie Hybris
Leben auf Kosten anderer

Kapitel 2.1
Der Blaue Planet
Einzigartig, wild, lebendig

Geboren aus dem Nichts quält sich die Erde mit geballter Urkraft seit Milliarden Jahren für das Gesicht, das sie uns heute zeigt. Die Explosion des Lebens entfaltet eine spektakuläre Artenvielfalt, erstaunliche Wesen bevölkern unseren Planeten. Erst zuallerletzt betritt der Mensch die Bühne dieses Lebensraumes.
Es ist einmalig, das Gesetz zum Schutz des Himmels. Verboten sind flimmernde, grelle Leuchtreklamen, die überall auf der Welt touristische Amüsierbetriebe in Szene setzen, kein gleißender Laser durchbricht die Dunkelheit am sternenklaren Firmament. Ein Ferienparadies, die kleine Kanareninsel La Palma, nur die Nächte sind etwas finsterer als anderswo.
Langsam schlendert Pepe durch die halbdunklen Gassen von Santa Cruz de La Palma. Er ist einer der Beauftragten des Institutes für Astrophysik und hält Ausschau nach Lichtschändern, Lichtquellen, die gegen das Gesetz der Lichtverschmutzung verstoßen. Jeden Missbrauch meldet er sofort der zuständigen Behörde.
Auch wenn Pepe noch einige Lichtschänder auf frischer Tat ertappt, sind die Nächte doch klar, sauber und dunkel auf der kleinen Insel. Keine störenden Umwelteinflüsse durch Industrieanlagen trüben den Blick für die „Sternengucker“, wie die Einheimischen die Astronomen liebevoll nennen, in die Tiefen des Weltalls. Die Sicht ist frei wie sonst nirgendwo auf der Welt. Deshalb herrschen optimale Voraussetzungen für die Aufgaben der Wissenschaftler an einem der größten Spiegelteleskope (GRANTECAN) der Erde. Die Sternenforscher dringen vor in Dimensionen, Millionen von Lichtjahren entfernt, sie überraschen mit immer neuen Entdeckungen in fernen Galaxien. Nur die Suche nach Leben bleibt erfolglos, nichts Vergleichbares erscheint auf den Monitoren des Observatoriums – der Blaue Planet ist einmalig.
Ist der Homo sapiens ein Irrtum der Evolution? Kein anderes Lebewesen zerstört seinen eigenen, begrenzten Lebensraum und damit seine Zukunft. Wie alle vor ihm lebendenden Wesen hat ebenso der moderne Mensch die Verpflichtung übernommen, die Natur zu pflegen, zu erhalten für die, die nach uns kommen. Die Erde gehört nicht uns, wir gehören zur Erde. Seit einigen Generationen zerstört die sogenannte Krone der Schöpfung dieses Gleichgewicht. Das einst ewige Eis von Grönland ist endlich geworden, die unerschöpfliche Vielfalt und der Reichtum der Meere stehen vor dem Kollaps. Der brutale Angriff auf die letzten Rohstoffe verseucht ganze Landstriche und Regionen. Die Lungen unserer Erde, die Regenwälder, werden gnadenlos geopfert, Genozid und Ethnozid der Ureinwohner billigend in Kauf nehmend. Und der letzte, der allerletzte Kampf ist auch schon ausgebrochen, der unerbittliche Krieg um die verborgenen Rohstoffe des Meeresbodens.
Was bleibt übrig für unsere Nachkommen von den Paradiesen dieser Welt? Was wird die nächste Generation noch sehen, fühlen, riechen vom Schauspiel der Natur? Bevor Wissenschaftler die letzten Rätsel unserer Erde gelöst haben, basteln andere schon am Untergang.
Ausgerechnet den Vätern dieser Zerstörung überlassen wir die Bewältigung der Probleme. Umweltgipfel mutieren zu ergebnislosen Meetings, überschattet von Arroganz gegenüber den Nöten untergehender Inselstaaten. Was sagen wir unseren Nachkommen in zehn oder zwanzig Jahren? Welche Antwort haben wir auf ihre Fragen nach ihrer Zukunft, welche Entschuldigung, welche Ausrede? Es bleibt uns nicht mehr viel Zeit, diesen Wahnsinn zu stoppen! Unsere Kinder und Enkel werden uns verachten – die Enkel unserer Enkel werden uns verfluchen!


Kapitel 2.2
Rio de Janeiro 1992
Der Erdgipfel

[Rio de Janeiro, 1992] „Vergesst nicht, warum ihr an diesen Konferenzen teilnehmt, für wen ihr das tut – wir sind eure Kinder. Ihr entscheidet, in was für einer Art Welt wir aufwachsen werden. Eltern sollten die Möglichkeit haben ihre Kinder zu trösten, indem sie ihnen sagen können ‚Alles wird gut‘, ‚Wir tun alles, was wir können‘. Aber ich denke nicht, dass ihr das je wieder zu uns sagen könnt.“ (Auszug Rede von Severn Suzuki, kanadische Umweltaktivistin, 12 Jahre alt/Weltgipfel 1992)
Ein von Experten aus aller Welt gefeierter Meilenstein für die Umwelt, der sogenannte Erdgipfel. Ergebnis: ein Stapel Papier, die Agenda 21, ein Leitpapier zur nachhaltigen Entwicklung für das 21. Jahrhundert. Nachhaltigkeit bedeutet nichts anderes als den Anforderungen und Bedürfnissen der heutigen Generation gerecht zu werden, ohne die Zukunft künftiger Generationen zu gefährden. Nachhaltig ist nur eines geblieben, die Rede von Severn Zuzuki. Die Resultate der Folgegipfel sind geprägt von Uneinigkeit, Unentschlossenheit und lapidaren, ergebnisfreien Protokollen. Ich stelle mir die Welt von 1992 vor und frage mich, was haben die Teilnehmer der Folgekonferenzen grundlegend nicht verstanden? Die Zerstörung der Arten hat sich in den letzten mehr als 25 Jahren vervielfacht und die natürlichen Lebensräume schrumpfen rasant. Die Kosten für diesen diplomatischen Umwelttourismus tragen die Steuerzahler, die Folgen unsere Nachkommen.
Zwei Drittel der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt, jeder Sicht versperrt, unkontrolliert und deshalb schutzlos den Henkern der Meere ausgeliefert, erniedrigt zum Tummelplatz des „Atlantis-Pakts“ und seiner politischen Handlanger. Die Internationale Meeresbodenbehörde mit Sitz in Kingston/Jamaika wurde eingerichtet mit der Aufgabe, die Bodenschätze als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ zu verwalten. Die gleichen Fehler, die heute unseren Planeten verwüsten, wiederholen sich jetzt in der Tiefsee. Die Zerstörung an Land hinterlässt sichtbare Narben im Ökosystem, aber unterhalb des Meeresspiegels kommt kein Umweltkontrolleur vorbei. Profitorientiert verhökert die Behörde Unterwasserclaims an Staaten, Unternehmen und konsequenterweise auch den „Atlantis-Pakt“. Alle sind unterwegs, Wissenschaftler und Konzerne, dem Meeresgrund die letzten Rohstoffe zu entreißen. Der ungebremste Wettlauf um die verborgenen Reserven der Erde ist längst eröffnet. Forscher arbeiten für Industrie und Wirtschaft und stehen demzufolge auch auf deren Gehaltslisten. Das erklärt, warum manche den Klimawandel, die Erderwärmung trotz deutlicher Anzeichen für Unsinn erklären. Die größte Gefahr lauert fraglos im Halbdunkel der Gesetze – Lobbyismus, die Inkarnation des „Atlantis-Pakts“.
Zur Ernte der unermesslichen Rohstoffvorkommen werden Abbau-Lizenzen vergeben. Ferngesteuerte riesige Fahrzeuge zertrümmern Korallenbänke und Naturwelten, durchfurchen ähnlich Panzern den sensiblen, unerforschten Meeresgrund. Aber die unabänderliche Verwüstung des Meeresbodens wird geschluckt, die Vernichtung der Tier- und Pflanzenwelt wird billigend in Kauf genommen.
[Golf von Mexiko, 2010.] Eine der verheerendsten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Tiefsee-Ölbohrungen. Die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ explodierte am 20. April im Golf von Mexiko. Hunderte Millionen Liter Öl strömen unkontrolliert ins Meer und lösen eine Ölpest aus im Golf und im Flussdelta des Mississippi. Gelernt haben sie nichts aus dem Debakel. Der unstillbare Hunger der Industrieländer nach Energie lässt sie weiter jagen in der Tiefsee mit immer zahlreicher werdenden Plattformen, in noch extremeren Tiefen, mit noch mehr Risiken. Die Gier nach Profit ist gigantischer als die Zukunft unserer Ozeane.
Die Objekte der Begierde sind neben Öl gleichermaßen Mangan, Gold, Seltene Erden und der Vorrat an Fisch und Meeresfrüchten. Der größte Lebensraum, die Tiefsee, ist größtenteils unerforscht. Wissenschaftler entdecken bei ihren Tauchfahrten erstaunliche Arten, die bis heute nie ein Mensch gesehen hat. Die Artenvielfalt scheint unbegrenzt und Schätzungen zufolge beherrschen Millionen unbekannter Gattungen von Lebewesen die Tiefsee ohne wissenschaftliche Erkenntnisse auf ihren Einfluss auf das Ökosystem. Die Urheber der Agenda 21 von 1992 waren nicht einmal in der Lage zu verhindern, dass bis heute tonnenweise Müll, Plastik, Giftmüll in die Ozeane verklappt werden und Medikamente der weltweiten Fisch-Zuchtstationen das Wasser zusätzlich verseuchen. Forschern zufolge kollabieren die Speisefisch-Bestände, bei gleichbleibender Ausbeutung, in der Mitte dieses Jahrhunderts. Es ist uns demnach gelungen, seit Beginn der Industrialisierung des Fischfangs in 100 Jahren die Unerschöpflichkeit der Meere leer zu fegen. Wir kennen erst einen verschwindend geringen Teil der Unterwasserwelt. Was passiert, wenn Arten ausfallen? Unbekannte Spezies breiten sich aus und tummeln sich an den Stränden. Was kommt auf uns zu, vor allem auf unsere Nachkommen? Der „Final Countdown“ läuft. Sinnlos geplündert gegen jede Vernunft und ungeachtet jeglicher Empfehlung seriöser Wissenschaftler. Das empfindliche Ökosystem der Ozeane auf dem Weg zum Exitus?
Aber die Natur schlägt zurück. Die Menschen haben verlernt zu leben. Sie haben vergessen, wie man in Harmonie mit der Umwelt lebt. Die Maya glauben, die Säuberung der Erde hat schon angefangen. Deshalb gibt es so viele Überschwemmungen, Naturkatastrophen, Tsunamis. Und das wird nicht aufhören, bis die Reinigung vollzogen ist. Barrieren und Dämme mutieren zum Spielzeug der Naturkräfte. Ein kurzes Zucken, ein Erdbeben, gleich einem Wesen, das lästige Parasiten abschüttelt und alle bislang so stabilen und unüberwindbaren Barrikaden sind zerstört. Die Natur lässt sich nicht aufhalten. Was ist letztendlich der entscheidende Moment für den Zusammenbruch des Systems, das Auslösen einer Kettenreaktion? Ein defektes Förderrohr in der Tiefsee? Die letzte, achtlos ins Meer gekippte Champagnerflasche eines Luxusliners oder womöglich nur die Zigarettenkippe eines frustrierten Fischers?
Aber mit unverhüllter Euphorie bejubeln die Macher der Vernichtung ihr Handeln: „Die Zukunft unserer Kinder liegt am Meeresboden!“ Profitdenken und Gier verscheuchen jegliches Mitleid für deren Nachkommen.
3 Sterne
Sie tragen nicht die Schuld aber die Folgen - 09.05.2020
Dieter

Spricht die vieles richtig an!!

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