Liebe zu Pferd

Liebe zu Pferd

Die authentischen Abenteuer zweier Reitschulanfänger

Dietlinde Schumy


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 178
ISBN: 978-3-99064-664-9
Erscheinungsdatum: 23.07.2019
Linda und ihr Mann, beide Hobbyreiter, erfüllen sich den Wunsch nach einem eigenen Reitpferd. Erst allmählich erkennen sie, dass der Reitsport ein beinhartes Geschäft ist, und auch ihre Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, weil eine schicksalhafte Fügung ihr Leben verändert.
1


Nur langsam, wie aus einem Fieber erwachend, gelingt es mir, aus meinen Erinnerungen wieder zu mir selbst zu finden. Wenn ich den Blick von der Tastatur der Schreibmaschine hebe, sehe ich sein schönes Gesicht und vermeine die grenzenlose Einsamkeit wieder zu fühlen, die von ihm ausgeht und die uns beide zusammengeführt hat. Wir sind von einem Blut, uns ähnlich in den Tiefen unserer Seele, uns ähnlich in der Wildheit, die ich durch lange Jahre überdeckt hatte, um mit den anderen leben zu können, und die er in mir wieder aufgebrochen hat. Ich weiß, dass alles kein Traum war, und doch vermeine ich aufwachen zu müssen. Aufwachen, um wieder ich sein zu können. Es ist das eingetreten, was ich einmal zu ihm gesagt habe: „Ich dringe gerne in die Seelen anderer Menschen ein. Aber bei dir ist da irgendwo ein rostiger Haken, von dem man nicht mehr loskommt.“ Irgendwo in ihm bin ich wohl hängengeblieben.Vieles ist anders geworden seit dieser Zeit. Von all dem, was wir erträumt hatten, ist nichts geblieben. Nach einer guten Turniersaison, während der er immer an der Spitze zu finden war, trat bei Georg Madras ein schneller Leistungsabfall ein. Wohl auch dadurch ausgelöst, dass mein Mann und ich uns völlig aus dem Turniersport zurückgezogen haben, nachdem ich bei einem großen internationalen Turnier beobachtet hatte, wie Georg Madras mein Pferd durch brutale Schläge disziplinierte, wie man das in der Reiterei so schön nennt. Nun hat er Dynamic Cash verkauft, an Gernot Freiberg, der so auf Umwegen sein Ziel doch noch erreicht hat. Meine kindliche Vorstellung von einem strahlenden Helden, der auf meinem Wunderpferd Sieg um Sieg erkämpft, ist unerfüllt geblieben.Manchmal noch stehe ich an der Boxentür, an der nun kein goldenes Schild mehr prangt, von der auch die Embleme für erkämpfte Turniersiege verschwunden sind, und starre in das leere Stallabteil, das noch keinen neuen Bewohner gefunden hat. Versuche ich zu vergessen oder versuche ich mich zu erinnern? Seltsam, wie schnell die Zeit hinweggleitet über menschliche Gefühle und wie schwer es ist, zu behalten, was einmal schön war.




2
Liegt wirklich das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde?


Es fing damit an, dass meine Freundin Christa, die ich einige Zeit zuvor auf dem täglichen Weg zu meinem Wiener Büro in der Straßenbahn kennengelernt hatte, mir erzählte, sie besuche einen Reitstall. Wir sollten doch einmal mitkommen. So machten wir uns an einem schönen Sonntag im September bei noch recht warmem Wetter, bekleidet mit fröhlichbunten Sporthemden, Jeans und Stiefeln, auf den Weg, um den Reitsport kennenzulernen.Die Reitschule in Niederösterreich, im Grenzland zu Wien, wo wir leben, erweckte auf den ersten Blick den Eindruck einer größeren Farm. Die Gebäude, von der Sonne hell angestrahlt, unterteilten sich in das Haupthaus mit Reiterstüberl, Küche und Wohngebäuden, Reithalle, Boxen für die Schulpferde und den Privatpferdestall. Durch ein schweres Eisentor zwischen dem Schulstall und den Garderobenräumen kam man hinaus auf den Reitplatz, der von einem Zaun umgrenzt und von Büschen und Bäumen herbstlich rot und gelb umpflanzt war. Am Rande, hinter einem Geländer, befand sich die Besuchergalerie. Einen metallenen Tisch gab es dort, ein paar Sessel und eine breite Holzbank und fast immer lümmelten dort auch ein paar Menschen herum, die zumeist vom Reiten wenig verstanden, was sie aber nicht davon abhielt, die tapferen Reitschüler zu kritisieren. Stimmengewirr und lautes Lachen drangen von dort aus an die Ohren der
Reiteleven, vereinzelt aber auch Klatschen und sogar Hochrufe für besondere Leistungen.Und dann waren draußen auf dem Platz die Pferde. Es waren alles andere als schöne Tiere - Schulpferde, arme Geschöpfe, nur dazu da, um von ihren unwissenden, laienhaften Reitern verritten und gequält, im Maul gezerrt und mit den Fersen getreten zu werden. Dennoch übten sie auf mich einen faszinierenden Reiz aus. Da war Prinz, ein großes weißes Pferd mit langen, schlanken Beinen, das unverdrossen seine Runden drehte. Wie ich später erfuhr, war Prinz ein ehemaliger Springer und das beste Schulpferd im Stall. Dann gab es Mojza, die der Ehemann der Reitschulbesitzerin einem Zirkus abgekauft hatte. Sie war eine müde, langweilige braune Stute, die ihre Energien nur dann entfaltete, wenn es überhaupt nicht erwünscht war. Dann gab es noch Blacky, der später mein Lieblingsschulpferd werden sollte. Er war ein zierlicher, recht hübscher Rappe, der aber leider Kopper, also ein Luftschlucker war. Für den Reitschüler bedeutete dies, dass man seinen Sattelgurt immer wieder kontrollieren musste, da man sonst Gefahr lief, samt Sattel und Zaumzeug auf der Erde zu landen. Außerdem lief noch ein Haflinger in der Gegend umher, Wuck, ein unscheinbares braunes Tier, das aber unwahrscheinlich ehrgeizig und außerdem recht boshaft sein konnte. Rustan, ein magerer alter Apfelschimmel, hat mir nie eine Spur von Sympathie abringen können. Dem Pferd habe man den Willen gebrochen, erklärte mir mein Reitlehrer. Ich konnte mir darunter damals noch wenig vorstellen. Ich beobachtete aber, dass das Pferd bar jeglicher Energie war und völlig ohne Anteilnahme müde seine Runden drehte. Später sollten noch zwei Pferde dazukommen: Der gelbgraue, höchst eigenwillige Falbe Sascha, der den Menschen mit ausgesuchter Bösartigkeit begegnete, und ein zweiter Haflinger mit Namen Fritz, der sich von Wuck rein äußerlich nur durch die längere, weiße Mähne unterschied, aber von sanfterer Wesensart war.Alle diese Pferde waren auf dem Platz verteilt. Auf oder zwischen ihnen fungierten Reitschüler und Reitlehrer. Ein buntes Menschen- und Tiergemisch. Der Reitlehrer, der mich zu interessieren hatte, weil er mein Trainer werden sollte, war Werner Breuer. Er war schon auf den ersten Blick ein sympathischer Mensch, groß gewachsen, schlank und bis auf ein paar Dackelfalten auf der Stirn gut aussehend. Er begrüßte uns freundlich, sagte, er wolle uns gern in die Gruppe seiner Schüler aufnehmen, und was man noch so sagt, wenn man Kunden gewinnen will. Da mein Mann schon Ahnung vom Reitsport hatte, musste er einen Test absolvieren und wurde sodann für den nächsten Tag zum Ausritt eingeteilt. Ich als blutige Anfängerin musste an die Longe.Die Longe ist eine lange Leine, die der Reitlehrer in der Hand hat und an der das Pferd hängt, damit es nicht in der Lage ist, mit dem auf ihm sitzenden Anfänger auf und davon zu gehen. Nachdem ich mir an der Bar des Reiterstüberls mit einem Achtel Rotwein Mut angetrunken hatte, war ich bereit zu dem Wagnis, das Pferd zu besteigen. Hier stellten sich allerdings bereits die ersten Schwierigkeiten ein. Ein Pferd sieht nämlich von unten gar nicht so hoch aus, wie es ist. Kein Mensch würde annehmen, wie schwer es ist, sich in den linken Steigbügel zu schwingen und von dort auf den Rücken des, wie bei Schulpferden üblich, meistens ohnehin ruhig dastehenden Tieres. Nach mehreren misslungenen Versuchen hatte mein Reitlehrer Erbarmen. „Ich schupf Sie rauf“, sagte er, packte mich beim Knie und ich war schon oben. Nach diesem Tiefschlag erholte sich mein Selbstbewusstsein langsam wieder, als ich sah, wie gut die Stunde ging - eine Longe-Stunde dauert nur etwa fünfunddreißig Minuten, weil durch das ständige Im-Kreis-Gehen die Belastung für die Beine der Pferde sonst zu groß wäre - und wie einfach es war, zuerst im Schritt, dann im ausgesessenen Trab rund um den Reitlehrer zu kreisen. Ich heimste Lob über meinen guten Sitz ein, erfuhr, dass ich wohl ein Naturtalent sei, verlor die Angst vor Pferden, zumindest vorläufig, und hatte so großen Spaß an meiner ersten Reitstunde, dass ich sogar den Muskelkater, den ich durch die ungewohnte Belastung des Körpers bekommen hatte, in Kauf nahm. Ich erkannte nur verwundert, dass einem Muskeln wehtun können, von deren Existenz man bisher gar keine Ahnung gehabt hatte.Anschließend wurden wir, die Neulinge, noch in der Reiterbar zu einem gemütlichen Zusammensein gebeten. Die Reiterbar war ein größerer Raum, beherrscht von einem mächtigen Eichenholztisch in der Mitte, um den herum einfache Bänke angeordnet waren. In einer Ecke befand sich eine romantische kleine Essgruppe mit weißem Tischtuch. In der gegenüberliegenden Ecke verlockte die eigentliche, aus rohem Holz gezimmerte Schank mit drei rot gepolsterten Barhockern zu gemütlichem Verweilen nach erfolgreich bewältigter Reitstunde. Gekrönt wurde der Raum durch ein riesiges Wandgemälde mit wilden ungarischen Pusztapferden in der Abenddämmerung, die in ihrer stolzen Anmut faszinierend waren. Jetzt noch habe ich das Ölgemälde vor Augen und es ist mir, als sei bei seinem Anblick die Liebe zu diesen edlen Tieren in mir erwacht.Bei Wein und Kerzenschein begann die große Vorstellung und ich lernte die Leute vorerst wenigstens oberflächlich kennen, mit denen ich später noch viel zusammen sein und die mir, sei es im Guten, sei es im Schlechten, noch so viel geben sollten.Die Besitzerin der Reitschule hatte diese von ihrem Vater geerbt. Außerdem gehörten ihr noch eine kleine chemische Fabrik und eine Münzwäscherei. Sie war achtundvierzig Jahre alt und wirkte auf den ersten Blick sehr resolut, was sie, wie ihre Handlungen in der Zukunft zeigen sollten, nicht war. Sie gefiel mir von Anfang an gut, wohl deswegen, weil ich ihre innere Zerrissenheit spürte und solche Menschen mich immer irgendwie anziehen.Ihr Mann Robert Sommer, um fünf Jahre jünger als sie, hatte sie erst vor einem Jahr geheiratet, wohl zum Teil wegen ihres Geldes, doch hatte ich immer den Eindruck, dass er ihr auch echte Zuneigung entgegenbrachte. Er war ein Träumer und Idealist. Bei den Frauen war er beliebt wegen seiner überaus sanften Unterrichtsstunden. Er konnte aber, wenn er sich im Recht fühlte, ziemlich unbeherrscht reagieren, was, da er früher Amateurboxer gewesen war, die anderen oftmals abhielt, ihn unnötig zu reizen. Er war ein Bluffer, wie er im Buche steht, und die Leute ließen sich gerne von ihm bluffen.Die anderen Mitglieder der großen Reitstallfamilie möchte ich nur kurz erwähnen. Meinen Reitlehrer, Herrn Werner Breuer, habe ich ja schon geschildert. Dann gab es noch den siebzehnjährigen Hansi, Sohn der Reitschulbesitzerin, selbst Turnierreiter, übergroß und dünn, kein Kind mehr, doch noch nicht recht erwachsen und daher oftmals im Widerstreit mit sich selbst und der Umwelt.Und dann kam die große Gruppe der Reitstallbesucher, allen voran die vom Anfänger noch mit Scheu und Bewunderung bedachten Privatpferdebesitzer, gefolgt von den Reitschulkümmerlingen, zusammengesetzt aus den besseren, den Bahnreitern, und den ganz blutigen Anfängern, den Longe-Schülern. Alle diese Menschen, liebenswert und interessant jeder einzelne, bevölkerten in bunter, wechselnder Reihenfolge den Reitstall, und zwar so, dass niemals an einem Abend weniger als fünfzehn bis zwanzig Personen im Reiterstüberl versammelt waren.Und da war noch jemand. Georg Madras hieß er. Er war dreiundzwanzig Jahre alt und Grieche väterlicherseits. Er war klein, schlank, aber kräftig, die typische Reiterstatur also, und trug alte, ausgebeulte gräulichweiße Reithosen, ein grünes Hemd - Grün war, wie ich später erfahren sollte, seine Lieblingsfarbe - und völlig zerrissene, verschmutzte Reitstiefel. Sein Gesicht - nun, wie soll man es wohl beschreiben? Ich weiß noch, dass ich später einmal, als wir Frauen heftig darüber diskutierten, wer wohl der schönste Mann im Reitstall sei, und auch Georg Madras ins Gespräch gebracht wurde, überrascht entgegnete: „Der? Der sieht ja aus wie ein Baby, dem man die Milchflasche weggenommen hat.“ Ob das genügt, ihm gerecht zu werden? Vorläufig sicher. Er war jedenfalls der profilierteste Reiter von allen, Trainer von Anna Sommers Sohn, und pflegte so unnützem Volk wie Longe-Anfängern mit Verachtung zu begegnen. So hatte ich anfangs wohl nur den Eindruck von ihm, dass er sehr eingebildet war. Und außerdem fiel mir auf, dass er ständig mit irgendjemandem in heftigstem Streit lag.Außer den bisher erwähnten Pferden und Menschen gab es noch eine Persönlichkeit im Stall: Bello, den Wachhund, eine Hundemischung von ausgesuchter Qualität, nett anzusehen, groß, schwarz, schlappohrig und von treuem und gutmütigem Charakter. Er war ein ausgezeichneter Rattenfänger, im Gegensatz zu den fünf eigens zu diesem Zweck gehaltenen Katzen, die sehr scheu waren und sich immer nur auf dem Dachboden aufhielten. Die Katzen liebte Bello so sehr, dass er, wie seine Besitzerin tadelnd, aber nicht ohne Stolz erzählte, ihnen die von ihm höchstpersönlich erlegten Ratten oft über die Stiege zum Dachboden hinaufbrachte.Später sollte sich zu diesem Tier- und Menschengarten noch ein Lamm gesellen und eine kleine, rote Katze, die ganz anders war als ihre Brüder und Schwestern auf dem Dachboden, nämlich vorlaut, frech, angriffslustig und überhaupt nicht ängstlich gegenüber Menschen.Der Abend des ersten Zusammenseins gestaltete sich also gemütlich und nett und ich fing langsam an, mich wie in einer großen Familie zu fühlen. Für lange Zeit sollte der Reitstall ja auch eine Art Zuhause für mich werden.Nach dem fast zu heißen, sonnigen Septembertag war der Abend mild und warm. Einmal ging ich kurz aus dem Stüberl, um nach den Pferden zu sehen. Viele Sterne standen am Himmel. Der jugoslawische Stallbursche war mit seiner Familie schon schlafen gegangen. Im Hof war alles ruhig, dunkel und friedlich. Ich ging zum Schulstall hinüber und öffnete ganz leise die Tür. Wärme und Pferdegeruch stiegen mir in die Nase. Ich hörte die Geräusche der friedlich an ihrem Abendessen kauenden Pferde. Erkennen konnte ich in der Dunkelheit nur die Umrisse ihrer Körper. Manche standen, einige lagen auf dem Boden. Ich fühlte mich mit den Pferden vertraut und begann den Geruch, der mir zuerst so fremd erschienen war, zu lieben. Damals wohl wurde der Grundstein für das gelegt, was meine Handlungen in Zukunft beeinflussen sollte: Mein Verstehen und Einfühlen in diese Tiere, die, gejagtes Fluchtwild in der Natur, dem Menschen wohl zuerst mit Angstreaktionen begegnen, doch fähig sind, ihnen geschenkte Liebe voll Vertrauen zurückzugeben.




3 Überschätze dich niemals, wenn du auf dem Pferd sitzt: Das geht bestenfalls bei Schaukelpferden gut.

Am nächsten Tag erschienen wir bereits in Reithose, Reitstiefeln, mit Gerte und Reitkappe versehen. Diese Anschaffungen hatten zwar unsere letzten Finanzreserven für diesen Monat verschlungen, aber wer ein zünftiger Reiter sein will, sieht auch dementsprechend aus.Mein Mann Guido, fesch anzusehen in hautenger beigefarbener Reithose, schwarzem Reithemd mit Pferdemotiven und glänzend schwarzen Echtlederstiefeln, nahm sofort das für ihn beim Ausritt bestimmte Pferd in Augenschein und schien etwas enttäuscht, dass es ausgerechnet Mojza sein sollte, eine braune Stute, die, wie bereits geschrieben, recht müde war und auch so aussah. Allerdings hütete Guido sich vorläufig noch, etwas zu sagen. Er und die vier anderen Reiter seiner Gruppe, es waren Christa, ihr Mann sowie eine mir damals noch unbekannte jüngere Dame und der Reitlehrer Werner Breuer, bekamen zum Abschied je ein Glas Sekt von Frau Sommer, der Reitstallbesitzerin, kredenzt, das sie, schon auf dem Pferd sitzend, mit mehr oder weniger Genuss zu sich nahmen. Dann verschwand die Gruppe durch das große Eisentor, das ich, nachdem ich, wie es sich gehörte, noch gewunken und nachgeblickt hatte, wieder verschloss. Daraufhin zog ich mich an die Bar zurück, denn meine Longe-Stunde sollte erst nach Wiederkehr der fünf Ausgerittenen stattfinden und ich hatte also noch genügend Zeit, mich geistig vorzubereiten. Auf das Thema Alkohol im Reitsport werde ich später noch zurückkommen. Die Jugend geht damit manchmal noch unbesonnen um, zumal die freundschaftliche Atmosphäre, die sportliche Begeisterung und Tierliebe, die Reitanfänger miteinander verbindet, sowie wohl auch der Wunsch, sich Mut anzutrinken, wenn man sich auf noch unbekanntes Terrain begibt, eine wesentliche Rolle dabei spielen. Mich interessierte aber auch durch vorsichtig und überlegt geführte Gespräche den noch im Reitstall verbliebenen Personen alles Wissenswerte über den Reitbetrieb und das menschliche Umfeld zu entlocken. Schon damals war die journalistische Wissbegierde in mir vorhanden. Ein Journalist hat ja bekanntlich die Neugier von zehn normalen Sterblichen.Frau Anna Sommer war für diesen Zweck die ideale Ansprechperson. Allerdings konnte ich nicht viel über Pferde von ihr erfahren. Diese pflegte sie zwar zu finanzieren, vor allem die Turnierpferde ihres Sohnes. Reiten habe ich sie darauf allerdings nie gesehen. Stattdessen wusste sie fast alles über Menschen. Am meisten wusste sie über Seelenzustand und Liebesleben aller Reitstallbesucher Bescheid und tat ihr Wissen auch eifrig kund, allerdings stets in Abwesenheit des jeweils Betroffenen. Nachdem ich so in kürzester Zeit über die charakterlichen und seelischen Mängel aller Personen, die im Reitstall verkehrten beziehungsweise jemals verkehrt hatten, Bescheid wusste, wandte ich mich dem Thema zu, das mich im Grunde wesentlich mehr interessierte: nämlich Pferden und dem Reitsport an sich. Darüber konnte mir Herr Robert Sommer Bescheid geben, was er dann auch ausführlich tat, indem er mich allerdings mit einigen für mich damals noch unverständlichen Fachausdrücken verwirrte. Dann schaute ich bei seinen Stunden zu, die, wie ich später erfahren sollte, besonders sanftmütig waren, die mir aber am Anfang ungeheuer schwierig vorkamen. Vor allem, als die armen, geplagten Schüler gezwungen wurden, die Mühle zu machen.

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