Schicksal - wo die Liebe hinfällt

Schicksal - wo die Liebe hinfällt

Heidy Watson


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 72
ISBN: 978-3-99048-416-6
Erscheinungsdatum: 11.01.2016
Dem Schicksal kann man nicht entgehen, und wenn einen die Liebe packt, ist man machtlos. Das erlebt die Erzählerin mit 66 Jahren, als sie ihren Seelenpartner kennenlernt. Doch dieser ist an Krebs erkrankt - und außerdem verheiratet, ebenso wie sie selbst …
Meiner Freundin Nadja, die an mich glaubt



Kapitel 1

Ich bin angekommen, der Kreis hat sich geschlossen. Mein ganzes Leben wollte ich das nicht, aber jetzt weiß ich, dass es Schicksal ist. Noch nie habe ich so geliebt. Er ist meine große Liebe. Ganz nach dem Motto: mit 66 Jahren, da fängt das Leben an! Es ist eigenartig, wie das Leben spielt, und gegen die Liebe kann man sich nicht wehren – Amor schlägt einfach zu!

Wer hätte aber gedacht, dass es so enden würde!

Mein ganzes Leben hatte ich verheiratete Männer. Warum weiß ich nicht! Vielleicht, weil ich mich nicht binden wollte, wie viele Leute immer wieder sagten, mag sein … Vielleicht, weil ich einfach nicht mit jemandem zusammenleben kann oder will … es ist mir zu anstrengend. Vielleicht auch, weil es mehr Spaß macht … von allem ein bisschen, denke ich.

Um ehrlich zu sein, verliebe ich mich sehr rasch, und bin dann Feuer und Flamme für den Mann, leide unheimlich, wenn er mich nicht so liebt wie ich ihn, vergesse ihn dann relativ schnell wieder und kann mich innerhalb von Wochen in den nächsten verlieben – und wieder ist es wie nie zuvor … Vielleicht ist es aber auch so, weil das mir Ersehnte nicht eintrifft, das wunderbare Gefühl der Glückseligkeit, des Verschmelzens, und somit versuche ich es beim Nächsten, und wieder beim Nächsten … bis ich es mit 66 Jahren das erste Mal erfahren durfte.

Meine erste Liebe war zwar noch nicht verheiratet, hatte aber eine feste Freundin, und er erzählte mir von ihr, wie eifersüchtig sie sei, und ich sei doch soo verständig, mir könne er das sagen. Ich war stolz, aber gleichzeitig wütend. Ach, wie ich diesen Mann anhimmelte! Rein platonisch, von Sex wusste ich noch nichts und wollte auch nichts wissen. Aber küssen, das gefiel mir. Ich machte eine Kaufmännische Lehre in Zürich und fuhr mit dem Zug jeweils 2x die Woche am Abend von der Schule nach Hause. Und da war ER auch immer! Er begleitete mich ein paar Mal nach Hause. Einmal hat er mir eine Rose geschenkt – und küssen konnte er!

Ich wollte nie einen festen Freund, oder eben die, welche ich wollte, waren schon besetzt. Ob das bewusst war oder nicht, weiß ich nicht.

Ich wurde mit 19 Jahren vergewaltigt. Ich kannte den Mann zwar, flirtete auch mit ihm, aber ins Bett mit ihm wollte ich nicht. Schlimm war, als ich am Morgen danach im Hotel erwachte, war ich allein im Bett, mit blutigen Leintüchern, und bevor ich aufstehen konnte, kam sein Freund herein und wollte auch noch seinen Teil holen. Ich schrie ihn an, packte meine Sachen und floh aus dem Zimmer. Mein Entjungferer ging seelenruhig Ski fahren, habe ich erfahren!
Ein paar Tage später zu Hause kam der doch tatsächlich an die Tür und charmte meine Mutter so weit, dass sie ihn reinließ und zu mir sagte, was für ein charmanter junger Mann er sei. Na ja, er war Ungar, die könnensehr charmant sein. Ich sagte nur: „Raus!“ Dich will ich ganz sicher nicht mehr sehen.
Meiner Mutter habe ich nie gesagt warum.

Während dieser Zeit wusste ich schon, dass ich mit Coco nach Australien gehen wollte. Ich tanzte in ihrer Tanzgruppe und wir hatten auch Auftritte an Wald- und Wiesenfesten. Hatte wenig später einen Freund, Henri. Wo ich den kennenlernte, weiß ich nicht mehr. In der Zeit hatte ich immer mehr Probleme mit meiner Mutter, und als ich eines Nachts den letzten Zug nicht mehr erwischte, nahm ich mir ein Hotelzimmer am Central. Am nächsten Morgen rief ich zu Hause an, nur um zu sagen, dass mir nichts passiert sei, ging an die Arbeit (immer noch in der Lehre, 3. Lehrjahr) und dann suchte ich mir ein Zimmer ganz in der Nähe der Arbeit und auch nicht weit weg von Henri. Meine Mutter war nachher überzeugt, dass ich wegen ihm davongelaufen war. Das stimmte überhaupt nicht, so verliebt war ich nicht in den. Es hielt auch nicht lange.
Mein Vater, zusammen mit Coco, überzeugte mich dann davon, wieder nach Hause zu gehen, was ich nach einer Weile auch tat. War ja vor allem billiger, und ich musste sparen für Australien.
Coco meinte zwar, ich solle noch nach England für einen Sprachaufenthalt, sie wüsste ein Hotel für mich, wo ich arbeiten könnte. Da sagte ich nicht nein, aber als ich den Vorschlag zu Hause anbrachte, im Frühjahr abzureisen, war meine Mutter dagegen. Sie meinte, im Hotel hätte ich zu viel Freiheit, in eine Familie könne ich gehen als Au-pair. Das wollte ich aber nicht! Also sagte ich, ich ginge nicht, woraus sie wieder nicht klug wurde, denn sie wusste, dass ich nicht so schnell aufgebe. Ich wartete nur, bis ich 20 war, meinen Pass bestellen konnte, eine Arbeitsstelle hatte und daheim mitteilte, „in einem Monat gehe ich“!!
Im Hotel, in Swanage, Südküste, waren wir eine Swiss Crew und die, die noch kein Englisch sprachen, lernten wahrscheinlich nicht so viel. Für mich war’s ok.

Ich fing dann mit dem Patissier etwas an; ein biederer Schweizer, nett, aber nichts weiter. Er hatte sein Zimmer in der Garage, und wir gingen schwimmen, meistens die ganze Bande. Es war ein schöner, unbeschwerter Sommer. Das Hotel war nur im Sommer offen, also suchten wir uns eine Stelle in London über den Winter, Lucia und ich, und wurden fündig im Regent Palace am Piccadilly Center, als Zimmermädchen. Damals gab’s noch keine Badezimmer im Zimmer, nur eines für 5–6 Zimmer auf der Etage. Auch die mussten wir reinigen. Die meisten Gäste nahmen das Frühstück auf dem Zimmer, welches wir auch bringen mussten. Wir hatten internationale Gäste, Inder, Pakistani, und zum ersten Mal lernte ich, dass Muslime kein Schweinefleisch essen (no pig), also no ham, no bacon.
Mein Freund nahm eine Stelle in Brighton an. Wir blieben in Kontakt: er kam mich besuchen und ich ging einmal zu ihm. Er wohnte in einer Pension und musste zum Frühstück wieder ins Hotel, währenddem ich noch in seinem Zimmer war. Ich saß im Morgenrock (so ein gefüttertes Ding, gesteppt, geblümt, die waren große Mode damals), als die Landlady reinkam und mich ermahnte, so benehme sich keine „Lady“, im Morgenrock im Zimmer ihres Freundes zu sitzen! Hab mich köstlich amüsiert, wie schockiert sie war.

Um die Weihnachtszeit bekam ich es doch ein bisschen mit dem Heimweh, denn die Engländer feiern ja bekanntlich mit Girlanden und fröhlichen Gesängen. Ich war eher an Feierliches und Sinnliches gewöhnt und das ganze Pampam war mir zu viel. Dazu bekam ich noch eine Blasenentzündung. So entschloss ich kurzerhand, wieder heimzugehen. Ich flog sogar, aber in Zürich konnte ich nicht landen wegen schlechtem Wetter, sondern in Basel, und dann fuhr ich per Zug nach Zürich.
Mein Englandfreund kam dann im Frühling und wollte mich seinen Eltern vorstellen. Ich hatte zwar kein Interesse mehr an ihm, wollte ihm aber die Freude nicht verderben. Er holte mich ab und wir fuhren zu seinem Elternhaus. Es war alles dunkel. Seltsam, die wussten doch, dass wir kamen. Durch die hintere Türe kamen wir in die Küche, von dort hörten wir Stimmen. Im Dunkeln saßen die Eltern vor einem Fernseher und sagten nur pssst, sie müssten noch die Sendung zu Ende schauen. Wir tranken was in der Küche – und dann weiß ich wirklich nicht mehr, ob ich noch gewartet habe. Auf jeden Fall war dies das Ende der Geschichte mit ihm!

Coco und ich gingen tanzen, sie mit ihrem Antonio, ich immer Single, wollte keinen Freund. Verliebte mich dann in den Chef, als ich in die Flughafenfiliale versetzt wurde. Der war jung und charmant – und verheiratet! Ach, hatten wir einen harmlosen Flirt, fast jeden Morgen oder den ganzen Tag. Mit Küssen, Blicken, Streicheln. Ein einziges Mal machten wir ab über Mittag in der Wohnung von Coco. Wir küssten uns innig, aber er konnte nicht mit mir ins Bett, weiß der Teufel warum! Ich wäre bereit gewesen, aber er hatte Skrupel …

Verliebte mich noch mal in einen Ungar, zu ihm ging ich nur einmal. Der wollte eigentlich nichts von mir, aber ich hab mich ihm angeboten. Es blieb dann bei diesem einen Mal, er hat mich nicht geliebt.

Coco und ich planten unsere Abreise im Frühjahr 1964. Vorher hatten wir einige Auftritte, an Silvester 1962 auch mit Walter Roderer zusammen an zwei verschiedenen Orten. Ich litt zwar schon an Meniskusproblemen und konnte kaum gehen, aber auf der Bühne musste ich tanzen! Coco hatte dafür einen eingewachsenen Zehennagel. Beim Tanzen muss man leiden!
Im Januar ging ich dann in das Spital für die Operation, und als ich rauskam, war die Seegfrörni. Meine Eltern und Schwestern holten mich ab und wir gingen direkt auf den See, mit Schlitten und einem Schleifschuh am gesunden Bein! Das war herrlich! Es dauerte damals lange, bis ich das Knie wieder gut gebrauchen konnte.
Im nächsten Winter nahmen wir uns einen Agenten und erhielten zwei Engagements, eines im Kursaal Lugano und das nächste im Bataclan Geneve. Dafür mussten wir uns neue Kostüme nähen, mit Glitzersachen etc. Das war Arbeit, aber wir machten alles selber, dann wurden professionelle Fotos gemacht, und im Februar ging’s los nach Lugano. Mit meinem alten VW reisten wir über den Gotthard. Wir mussten um 14 Uhr dort sein für die Probe. Wir staunten nicht schlecht, als ein uns bekanntes Orchester uns empfing! Toll, mit denen zu arbeiten, denn wir hatten eine Nummer, wo die Musik aufhörte und ein Musiker „no no“ sagte, und dann eine andere Melodie spielte, d.h. einen Cha-Cha-Cha. Wir wurden vom Manager aufgeklärt, dass wir zwischen unsern Nummern an der Bar animieren müssten und für den Champagner einen gewissen Prozentsatz erhielten. Soweit so gut: als ich meinen ersten Klienten hatte und er mich fragte, was ich trinke, sagte ich: einen Whiskey. Der Kellner antwortete: Mademoiselle boit que du champagne! Und ich: C’est vrai? … So lernt man – es war köstlich. Mit der Zeit lernten wir auch, den Champagner in die Kübel auszuleeren, damit man nicht zu viel trinkt und trotzdem Umsatz macht; es wurde nämlich Buch geführt.
Auf der Reise nach Genf blieb der Motor meines alten VWs stehen. Zum Glück reisten wir zusammen mit einem Künstler mit Kombi, so konnten wir alles verladen, den VW stehen lassen mit einem Zettel für die Garage. Später schrieb ich dann einem Freund, er solle sich um eine Garage und das Auto kümmern. Hat er auch, aber nachher das Auto verkauft; wenigstens hat er meine Nummer zurückgeschickt! In Genf waren wir in einer Pension untergebracht zusammen mit den meisten Stripteasegirls vom Bataclan. Es war alles neu für uns: nach ca. 5 Stripteasenummern kam eine Artistennummer, zu der wir auch gehörten. Nur wir mussten animieren, Akrobaten z. B. nicht. Ich hatte einen netten Amerikaner als Klient und wir unterhielten uns gut. Eines Abends hatte er ein bisschen zu viel getrunken und wollte eine Frau. Er fragte mich, ob ich ihm nicht eine von den vielen Stripperinnen vermitteln könne. Nun ja, ich kannte eine, eine Österreicherin und meinte, sie spreche aber nicht Englisch. „Das ist mir egal, will ja nicht sprechen“ war seine Antwort. Der Deal war von Erfolg gekrönt, er kam wieder …

Unsere Reise nach Neuseeland begann in England. Im Ausgang lernte ich noch einen hübschen Griechen kennen und ging mit ihm nach Hause. Wir liebten uns in der Badewanne (ein First für mich!). Nachher hatte ich den ganzen Weg sein Foto in der Kabine, aber gesehen habe ich ihn natürlich nicht mehr. Wir gingen mit den Offizieren aus in Panama, in Tahiti, aber alles ganz harmlos. Von den Gästen traf ich Toni und Coco Peter, und mit denen flirteten wir und hatten eine schöne Zeit.

In Auckland wohnte ich zuerst zusammen mit Toni und 4 weiteren Kollegen. Die Frau von der Schweizer Botschaft war schockiert, dass ich mit so vielen Männern zusammenwohnte. Mir gefiel es auch nicht besonders, und nach ein, zwei Monaten zog ich dann mit Coco in eine Wohnung. Sie hatte vorher im Hotel, wo sie arbeitete, gewohnt. Ich arbeitete zuerst in einem Büro als Telefonistin, verstand aber den furchtbaren Accent der Kiwis überhaupt nicht – und die komplizierten englischen Namen! Die andern Girls waren aber so nett, wenn ich nach dem 3. Mal fragen „help“ rief, kam eine herbei und sagte lächelnd: ja, natürlich, Mr. Soundso, ich verbinde sie sofort! Nach 3 Wochen verließ ich diesen Job wieder, das war nichts für mich. Fand dann einen in einem Büro als Alleinsekretärin – und der Chef war himmlisch! Natürlich verheiratet. Wir waren meistens allein im Büro und konnten das ausnützen. Einmal habe ich seine Kinder gehütet (er hatte niemand anderen), als er mit seiner Frau ausging. Nachher musste er mich heimbringen und kam noch mit rein für einen Quickie!

Coco und ich fingen auch an zu tanzen: zuerst im Swiss Club, dann eine Anfrage beim Fernsehen. Dadurch hatte ich eine Anfrage einer Ballettcompagnie, mit der ich in den Süden reiste. Fand aber bald heraus, dass der Manager mit mir schlafen wollte und wahrscheinlich alle seine Favorites mit ihm schliefen. Da war auch noch ein Fotograf, der mir sagte, er müsse Fotos von mir im Bikini machen. Ok, als ich aber bei ihm war, wollte er plötzlich Nacktfotos und wahrscheinlich noch mehr! Da bin ich auch geflohen! Da beide mir nicht gefielen, verließ ich die Compagnie wieder. Sonst wäre meine Karriere anders verlaufen.

Coco lernte einen Japaner kennen, ich nach einer Weile einen anderen netten Jungen, Vic. Wir waren mal zelten. Es war schon dunkel. Plötzlich rief Coco: „Ken, the door is open!“
Und als er nicht reagierte, buchstabierte sie nochmals: OPEN! Wir mussten soo lachen … trotz diesem Neuen verkehrte ich immer noch mit Toni und meinem Chef. Auf einer Party, wo auch Coco mit ihrem Freund Ken war, erzählte der doch Toni, dass er sich keine Sorgen machen solle: Er sei number one! Das war dann das Ende mit Toni: Er wollte nicht number one sein, er wollte der Einzige sein!
Kurz darauf machten wir eine Reise durch die Südinsel mit Mietwagen. Schön! Milford track zu Fuß, Seen, Berge. Fantastisch. Und zwischendurch schnell eine Nacht mit Ian, meinem Ex-Chef, der grad auf Geschäftsreise war!

Nach 9 Monaten ging unsere Reise weiter nach Australien, Sydney. Wir hatten eine kleine, schöne Wohnung in der Nähe von Kings Cross, ich einen Job bei einem französischem Woolbuyer für franz und engl. Korrespondenz, Coco in einem Hotel. Ihre Chefin hatte einen italienischen Freund und der lud uns ein, in seinem Club zu tanzen. Ein Blick zwischen uns genügte, und wir waren ein Paar. Natürlich wieder im Geheimen, da war ja die Freundin. Er lud mich ein in gute Restaurants, verwöhnte mich. Meine Kolleginnen waren ganz neidisch, als sie seine schwarze Limousine sahen am Freitagabend, wenn er mich abholte. Einmal, als ich bei ihm in seinem Haus übernachtete (wir kamen spät zurück), ging die Türglocke, aber er machte nicht auf. Am nächsten Morgen in der Garage sah er, dass seine Freundin im Auto saß, und ich musste verschwinden und den Bus nehmen! Das machte er alles wieder gut, indem er mir Geschenke brachte, und ich liebte die Spannung. Er war Witwer mit zwei Kindern im Schulalter und 2 Windhunden. Hatte eine Haushälterin. Wollte aber heiraten, um eine Mutter für die Kinder zu haben. Und die musste Italienerin sein! Das hat er mir alles so nonchalant mitgeteilt! Ich bin ja im Nachhinein froh, dass er mich nicht gefragt hat: ich war so verliebt, ich hätte ja gesagt! Und das wäre eine Katastrophe geworden. Nachdem er wirklich eine gefunden hatte, wollte er weiterhin mit mir ausgehen, das ändere doch nichts an der Sache! Aber dann hatte ich doch genug – zum Glück. Ich kannte auch noch andere Männer, die mich ausführten. Nach einem Jahr rief er mich an, ganz unerwartet, und sagte: „Gehen wir feiern?“
„Was denn?“
„Meinen Hochzeitstag!“
Da war ich endgültig froh, dass ich ihn nicht geheiratet hatte, ich wäre ja die Frau zu Hause gewesen und er würde mit der Freundin ausgehen …

Ich ging dann sowieso bald nach Tasmanien zu meinem Onkel. Coco war ja in der Zwischenzeit per Schiff wieder zurück in die Schweiz gefahren. Sie hatte anscheinend genug nach 2 Jahren, und ich wollte noch bleiben, vor allem noch nach Tasmanien. Ich wurde gut aufgenommen in der Familie und fand einen Job in derselben Bar wie die Frau meines Onkels. Es war eine schöne Bar, the Black Prince. Mit vielen Habitués. Einer davon machte mir den Hof, wollte mich ausführen. Er gefiel mir nicht unbedingt. Mit der Zeit hat er mich aber rumgekriegt, er war kein Draufgänger, war immer nett und zuvorkommend. Kurz: He made me love him! Ich zog in ein Zimmer, er nahm mich mit auf Geschäftsreisen und verwöhnte mich. Aber ich wollte im Winter in die Wärme. So reiste ich nach Norden, stoppte in Surfers Paradise, wo ich eine Stelle in einer Bar fand. Perfekt: tagsüber am Strand, abends arbeiten. Nach kurzer Zeit fand ich noch etwas Besseres: als Drink-waitress verdiente ich mehr als in der Bar. Aber wie sage ich das dem Boss? Als ich es ihm mitteilte, lachte er nur und meinte: „Das ist schon ok, das andere Lokal gehört auch mir und du bist dort besser aufgehoben.“ Wieder Glück gehabt! Mit einer Amerikanerin teilte ich eine kleine Wohnung. Wally von Tasmanien kam mich mehr als einmal besuchen, was mir natürlich wieder Eindruck machte.

Aber ich blieb den ganzen Winter. Mit Gayle, der Amerikanerin, zogen wir noch per Autostopp umher bis weit nach Norden, Cooktown, Barrier Reef, wo wir auf einer kleinen Insel übernachteten und ich im Wasser den ersten großen Stingray antraf! Natürlich auch Korallen. Wir hatten lustige Zeiten. Autoverkehr gab es damals noch nicht viel. Wir gingen viel zu Fuß und mussten nehmen, was grad anhielt, Lastwagen meistens. Einmal, als wir fragten, wie weit es noch sei bis zum nächsten Halt (Restaurant/WC), meinte er: „Um die nächste Ecke.“
Nur – die Straße war schnurgerade für die nächsten 10 Meilen!! Australischer Humor! Einmal hat uns die Polizei bis an einen Schattenplatz geführt, um dort auf ein Auto zu warten, da es zu heiß war, auf der Straße zu Fuß zu gehen! Und das, obwohl Autostopp eigentlich verboten war. Wir hatten schon Angst gehabt … Ein anderes Mal sind wir bis zu einer Tankstelle gekommen mit dem Pick-up des Sohnes dieser Tankstelle. Da kein anderes Auto mehr kam, mussten wir dort übernachten. Am Morgen haben wir das erste Auto, das kam, buchstäblich überfallen und gebeten uns mitzunehmen. Der Mann wollte gar nicht, er mache das nie. Er gewöhnte sich dann so an uns, dass er am nächsten Tag, als wir extra später auf der Straße standen, uns wieder mitnahm. Sonst wären wir auf einem Schweinetransporter mitgefahren … mit ihm war’s schon angenehmer!!

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