Poojas Geschichte - Seelenreisende auf dem Regenbogen der Liebe

Poojas Geschichte - Seelenreisende auf dem Regenbogen der Liebe

Eine indisch-britische Geschichte von Liebe und Toleranz

Sigrid Beyer


EUR 20,90
EUR 12,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 136
ISBN: 978-3-99048-208-7
Erscheinungsdatum: 02.09.2015

Kundenbewertungen:

5 Sterne
Aloha liebe Sigrid - 17.10.2015
Maya Muraro

Alleine schon dieses Buch in der Hand zu halten lässt Freude aufkommen. Die liebevoll und farbig gestalteten Buchseiten erinnern uns - neben der bewegenden Erzählung - an unseren eigenen Regenbogen der Liebe;-)Für alle, die sich an die wahre Kraft der Liebe erinnern wollen, die gewillt sind, ihren Glauben an Seelenliebe zu stärken. Für alle, die sich beim Lesen in eine Energie von Liebe, Licht, Weisheit und Heilung begeben wollen. Herzlichen Dank an Sigrid und den Novum Verlag, Alles Liebe Maya

5 Sterne
Eine Geschichte die das Herz berührt - 27.09.2015
Sabine H.

Eine Lebensgeschichte die meine Glauben an Wunder, Liebe und Glück bestärkt und mich daran erinnert, dass ein Weg in Frieden, Offenheit und Liebe entsteht wenn man ihn geht. Die Geschichte zeigt, dass das nicht immer einfach ist, aber es lohnt sich die Spuren des Friedens und der Liebe ins sich zu finden. Absolut empfehlenswert!

Eine neue Zeit hatte begonnen, ohne dass ich noch wusste, wie sie gefüllt werden konnte oder sollte. Ich verstand nicht wirklich, oder besser gesagt, mein Herz wusste nicht, was das sollte. Hatte ich meinem Herzen nicht gelehrt, dass man nur mit ihm gut hören, fühlen und letztlich entscheiden konnte? Nun war es ausschließlich der Kopf, der alles mit Vernunft anging und mich zum Gehorsam zwang. Ich versank in den Büchern, studierte die Gita ein weiteres Mal, um Antworten zu finden, und gewöhnte mich währenddessen an mein neues Leben. Doch ich hatte euren Vater, meinen „Bruder“ Louis nicht in meine Überlebensstrategien einbezogen. Ich ging davon aus, dass er, gefangen in derselben Situation, ident oder vergleichbar handeln würde. Aber es kam anders, und mein erster, großer Schreck war, als ich im Sita-Unterricht, der immer zu dritt oder zu viert abgehalten wurde, auf einmal Louis entdeckte. Er gab vor, Sita spielen zu wollen. Ich war überrascht, denn früher hatte er es immer abgelehnt, auch nur zuzuhören. Ich beschloss, mir keine weiteren Gedanken darum zu machen, sondern mich einfach zu freuen. Auf den ersten folgte am Ende der Sitastunde der zweite Schreck, als Louis mir heimlich einen Brief zusteckte. Ich sah ihn entsetzt und verständnislos an, aber bevor ich ihm den Brief noch zurückgeben konnte, war er schon auf und davon. Schnell steckte ich den Brief in die Tasche und blickte mich suchend um, ob mich jemand beobachtet hatte. Nein, alles schien in bester Ordnung zu sein. Was sollte ich tun? Sollte ich zu meinem Vater gehen und ihn bitten, den Brief lesen zu dürfen? Aber, was war schon Verwerfliches an einem Brief? Es kam doch darauf an, was drinnen stand. Ich beschloss, den Brief zu behalten und zu lesen. Sollte etwas Unanständiges drinnen stehen, so würde ich ihn in der nächsten Sitastunde Louis zurückgeben und ihm vermitteln, dass ich echt sauer war. Zu Hause angekommen, verbarg ich mich in der hintersten Ecke des Gartens, gesichert hinter den Mangobäumen und den verwilderten Hecken. Mein Herz klopfte. Brach ich den Schwur? Nein, tat ich nicht, ich hatte geschworen, Louis nie wieder allein zu treffen, und beim Sitaspielen waren wir zu viert gewesen, und das hier war nichts anderes als ein Brief.


Liebe Pooja!
Verzeih, dass ich dir diesen Brief gebe. Ich hoffe sehr, er bringt dich in keine Schwierigkeiten. Papa hat mir alles versucht zu erklären, alle Sitten und Gebräuche des Fürstentums, die ich ohnehin weiß und kenne, auch dass ich dein Leben gefährden würde, wenn ich dich treffen würde. Ich verstehe das alles nicht wirklich und vermisse unsere Wettkämpfe und Spiele. Du bist hier in Indien die einzige Freundin, die ich habe, und diese darf ich nun nicht mehr treffen. Um dir diesen Brief geben zu können, habe ich meinen Vater überredet, Sita spielen zu dürfen. Du weißt, wie unbegabt ich bin, aber etwas anderes ist mir nicht eingefallen. Ich dachte mir, vielleicht können wir statt einer Freundschaft eine Brieffreundschaft haben. Was meinst du?

Louis.
Louis hatte immer Ideen, auch dieses Mal. Euer Vater war mit fünf Jahren nach Indien gekommen. Nachdem von der englischen Regierung entschieden worden war, dass Onkel Frederik länger in Indien bleiben würde, kamen seine ursprünglich aus Frankreich stammende Frau Marianna und Louis nachgereist. Louis hatte also den Großteil seines Lebens in Indien gelebt, und obwohl Marianna und Frederik versuchten, ihn als Engländer zu erziehen, war ihm die indische Kultur näher als die englische, auch wenn er das eine oder andere nicht nachvollziehen konnte. Wenn wir Pläne schmiedeten und Geschichten erfanden, so spielten diese immer in Indien.
Was sollte ich tun? Nach langem Hin- und Herüberlegen entschied ich mich für die Brieffreundschaft. Es durfte einfach niemand den Austausch unserer Briefe sehen, und in den Briefen durfte nur Anständiges stehen. So schrieb ich mit klopfendem Herzen meinen ersten Brief.


Hallo Louis!
Du hast immer eine Idee. Ich bin einverstanden mit einer Brieffreundschaft unter der Bedingung, dass in den Briefen nur steht, was weder Sitte noch Anstand verletzten könnte und was meinen Ruf nicht gefährden kann. Ich will meiner Verantwortung als Fürstentochter gerecht werden. Trotzdem glaube ich, dass wir es niemandem sagen dürfen und der Austausch der Briefe geheim erfolgen muss.

Grüße Pooja


Und so begann unsere vierjährige Brieffreundschaft, in der kein einziges Mal das Wort Liebe fiel oder verliebt oder Ähnliches. Wir tauschten unsere Gedanken aus, wir diskutierten, was wir gehört, aber nicht verstanden hatten, wir erzählten von unseren Sorgen, Ängsten und Träumen. Am Anfang waren es kurze Notizen, aber mit der Zeit wurden die Briefe immer länger und länger. Ich schrieb in der Nacht, wenn ich mir sicher war, dass alle schliefen – oder versteckt im hintersten Winkel des Gartens. Ab und zu kam mit einem Brief auch ein Buch mit. Unsere Themen waren Kunst, Kultur, Religion, Politik oder das tägliche Leben. Wir diskutierten auch die englische Annexion und waren derselben Meinung wie unsere Familien, d. h., dass sich die Engländer aus Indien zurückziehen sollten, aber wie das ablaufen konnte, darüber gab es viel zu diskutieren. 1921 bekam Indien eine neue Verfassung, zehn Prozent der Männer durften ab sofort wählen. Der Kongress, der mittlerweile von Mahatma Gandhi geführt wurde, wies diese Zugeständnisse als nicht ausreichend zurück. Das war für mich ganz klar, eigentlich eine Frechheit. Ich wusste jetzt schon, dass ich mich einmal dafür einsetzen würde, dass alle wählen konnten, Männer wie Frauen. Zum Glück war euer Vater einer Meinung mit mir. Mahatma Gandhi war seit seiner Rückkehr aus Südafrika 1914 für uns alle zu einer zentralen Figur der Freiheit, der Liebe zu Mysore, der Liebe zu Indien geworden. Mahatma Gandhi war einfach vollkommen, er schaffte es, aus dem Indischen Nationalkongress eine Massenbewegung zu machen, er war unendlich bescheiden und ausgesprochen klug. Er forderte alle Inder/innen auf, keine englischen Tücher zu kaufen, sondern nur selbst gesponnene zu tragen. Louis und ich diskutierten den gewaltfreien Widerstand die indienweiten Aktionen, zu denen Mahatma Gandhi aufrief. Vater war ein großer Verehrer von Mahatma Gandhi und beteiligte sich auch an den Demonstrationen. Aber auch Mahatma Gandhi schätzte Vater. 1925 schrieb er: „Seine Hoheit, der Maharadscha von Mysore, hat das Spinnen und Weben aufgenommen. Bei dieser Nachricht kann man sich nur von ganzem Herzen freuen. Ich gratuliere dem Maharadscha und hoffe, dass er all seine Bestrebungen und Bemühungen bis zum Ende seines Lebens weiterführen wird. Es wird für das Land und die Leute sehr viel Gutes bringen.“
Als Mahatma Gandhi inhaftiert wurde, motivierte uns das alle nur noch mehr, den Weg zur vollständigen Unabhängigkeit unseres Landes erkämpfen zu wollen. Für Louis war es manchmal schwer, weil er die indische Seite von Herzen nachempfinden konnte, doch wenn es um die Teilnahme an Demonstrationen ging, so gab es hier eine Grenze, die unmöglich zu überschreiten war. Wir negierten diese Kluft, so gut wir konnten, wir waren doch einer Meinung. Wir hofften, das würde ausreichen.
Von unseren Diskussionen ausgeklammert blieb auch, was nach dem Abzug der Engländer aus unserer Freundschaft werden würde. Tief im Herzen gingen wir davon aus, dass wir immer in Indien leben würden, dass dies alles möglich sein konnte. Für uns gab es die Grenze der Nationalität nicht, zumindest negierten wir sie so gut wir konnten. Auf diese Weise vergingen vier intensive und glückliche Jahre für mich.
„Ich könnte diese Geschichte hundertmal hören“, schwärmte Pria. „Papa habe ich oft gebeten, sie mir als Gutenachtgeschichte zu erzählen, und so hat er sie mir immer und immer wieder erzählt.“
Rohan lachte: „Ich komme mir vor wie in einem Märchenbuch. Bitte weiter.“
Es war wieder mein Geburtstag, der Ungeahntes heraufbeschwor. Eine Woche vor meinem 18. Geburtstag rief mich mein Vater zu sich. Ich liebte und schätzte meinen Vater nach wie vor sehr, aber der Kontakt zu ihm war in den letzten vier Jahren loser geworden, die Diskussionen seltener. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlte, spürte ich seinen Blick auf mir ruhen, und ich hatte das Gefühl, als wäre sein Herz erfüllt von Sehnsucht und Wehmut. Ich war mir sicher, dass er die Unbeschwertheit unseres Miteinanders und die vielen Gespräche vermisste. Seine Meinung war mir noch immer wichtig, aber die Diskussionen fanden woanders statt.
„Pooja“, sagte Vater, „deine Mutter und ich sind so stolz auf dich, du hast dich in den letzten vier Jahren von einem Mädchen zur wunderschönen Frau entwickelt. Schon jetzt hast du alle Fähigkeiten, die du als Ehefrau, Mutter und Maharani brauchen wirst. Wir möchten gerne zu deinem 18. Geburtstag die Verlobung mit Arjuna Kamaraj verkünden. Ihn habe ich für dich ausgewählt. Er ist ein kluger, gut aussehender junger Mann, der dir gefallen wird. An deinem 18. Geburtstag sollst du ihn das erste Mal treffen, und zu deinem 19. Geburtstag soll die Hochzeit stattfinden.“
Ich war sprachlos, blickte in Vaters Augen, fand darin aber keinen Anker, nichts, das mich Worte finden hätte lassen können. Er stand auf, küsste mich auf die Stirn und verließ den Raum. Ich lief in den Garten, Tränen strömten über mein Gesicht. Wie dumm ich doch war, ich hätte es doch wissen müssen, was sein würde. Warum die Tränen? Warum erschreckt es mich? Warum kann ich mich nicht freuen? Ich versuchte mich zu beruhigen, ich redete auf mich ein, alles war gut, oder? Die Tränen ließen nicht locker, sie strömten ohne Unterlass über meine Wangen und tropften auf mein Herz. Ich schluchzte und heulte, bis ich vor Erschöpfung einschlief. Ich träumte das, was ich mir in der Realität verboten hatte. Louis, Louis, Louis. Er saß auf meinem Lieblingsstein im hintersten Eck des Gartens, direkt unter den Mangobäumen, und spielte Sita. Als er mich kommen sah, stand er auf, lachte und breitete seine Arme aus. Ich stürmte auf ihn los und versank in ihm. Da erwachte ich und sah Vater. „Pooja, was machst du bloß? Es ist Mitternacht, wir haben uns Sorgen gemacht.“ Er berührte meine Stirn. „Oh, Gott, mein Kind, du fieberst.“
Ich schloss die Augen und spürte, wie Vater mich hochhob und vorsichtig ins Haus trug. Maya, mein Kindermädchen, half Mutter, mich ins Bett zu bringen, dann flößten sie mir einen heißen Ingwertee ein. Ich wollte weder wach sein noch wollte ich denken, ich wollte verschwinden, mich auflösen, nie wieder einen Geburtstag feiern müssen. Ich schlief ein. Mutter und Vater erzählten mir später, dass sie große Angst um mich gehabt hatten, da ich zwei Wochen lang stark gefiebert hatte und dass das Fieber trotz aller Medizin und Fürsorge nicht wegzubekommen war. So verbrachte ich meinen 18. Geburtstag weit weg von jeder Realität. Die geplante Verlobungsfeier musste abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Es war schwierig für eure Großeltern, machte es doch den Eindruck, als wäre ich ein schwächliches Kind, vielleicht unfähig als Ehefrau und Mutter. Wie auch immer, zwei Wochen später verschwand das Fieber, ich erwachte, roch den Duft des Gartens durch das offene Fenster und spürte kräftigen Hunger. Es gab keine Vorwürfe, nur Erleichterung. Der erste, klare Gedanke, den ich fassen konnte, war das Eingeständnis, das ich vorerst nur mir selber offenbarte. Ich liebe Louis. Langsam aber deutlich flüsterte ich es in den Raum. Ich liebe Louis, ich liebe Louis. Er war es, mit dem ich mein Leben verbringen wollte. Was sollte ich tun? Liebte mich Louis auch, oder war ich nach wie vor seine beste Freundin? Da sah ich meine Sita im Zimmer stehen. Warum war meine Sita zu Hause und nicht in der Musikschule? Ich fragte meine Mutter, und sie erzählte, dass sie jemand aus der Musikschule vorbeigebracht hatte. Eine Saite wäre gerissen und müsse repariert werden. Sobald ich allein war, sprang ich aus dem Bett, untersuchte die Sita, und da war er, vorsichtig versteckt, auf der Seite der Sita angebracht, ein Brief. Ich horchte, niemand war zu hören. Ich öffnete den Brief.


Liebe Pooja!
Was machst du nur für Sachen? Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht. Zuerst die Nachricht von deiner Verlobung und dann deine Krankheit. Warum hast du die Verlobung geheimgehalten? Hattest du wirklich keine Ahnung? Zuerst war ich sehr böse auf dich, aber zum Glück habe ich über Maya die Wahrheit herausgefunden. Sie hat mir erzählt, dass du es auch nicht gewusst hast und dann ins Fieber gefallen bist. Ich bin so froh, dass es dir wieder besser geht, und ich bin so glücklich, dass du nicht verlobt bist. Pooja, ich habe dir versprochen, nie etwas über Liebe in unseren Briefen zu schreiben. Ich habe mich immer daran gehalten, das weißt du, aber ich muss und will es dir sagen, dass ich dich aus tiefstem Herzen liebe, und nur mit dir will ich mein Leben verbringen. Ich weiß, dass es unmöglich scheint, dass unsere Eltern dagegen sein werden, dass weder deine noch meine Kultur es befürworten werden, doch wer kann uns aufhalten. Wenn du mich so liebst wie ich dich, dann werden wir es schaffen.

Auf immer und ewig, dein Louis


Mein Herz klopfte so laut, dass ich Sorge hatte, man würde es im ganzen Haus hören. Nun war es ausgesprochen, unsere Liebe war auf der Erde angekommen. Und jetzt? Ich musste mit ihm sprechen, ihn sehen. Mein Gesundheitszustand verbesserte sich, für alle überraschend, in rasendem Tempo, und eine Woche später traf ich Louis beim Sitaspielen. Ich hatte einen Brief für ihn.
Lieber Louis!
Ich liebe dich über alles. Mit dir möchte ich mein Leben verbringen. Ich habe große Sorgen, dass ich meine Eltern unglücklich mache und dass ich die Ehre der Familie verletzen werde. Ich werde mit meinem Vater sprechen und ihm die Wahrheit sagen.

Deine Pooja


In den folgenden Tagen suchte ich nach dem passenden Zeitpunkt. Ich wollte ungestört mit Vater sprechen und ihn bei guter Laune erwischen. Wie eine Katze schlich ich um ihn herum, bis ich eines Abends bei seinem Arbeitszimmer anklopfte. „Darf ich reinkommen?“
„Natürlich, komm, mein Kind, ich wollte ohnehin auch mit dir sprechen.“
Bevor er noch etwas sagen konnte, setzte ich mich zu seinen Füßen, so wie ich es früher immer getan hatte. Er schaute mich verwundert an. „Papa, ich weiß, dass du nur das Beste für mich willst, und ich habe versucht, für dich und Mama eine gute Tochter zu sein, aber es ist mir nicht gelungen. Ich habe mich verliebt und möchte den Mann heiraten, den ich liebe.“
Er rückte weg von mir, starrte mich fassungslos an. „Wer ist es?“, stieß er hervor, und seine gutmütigen, rehbraunen Augen schienen sich in Blitze zu verwandeln. „Louis, es war immer schon Louis, und es ist Louis.“
Mein Vater stand abrupt auf und verließ das Zimmer.
„Papa!“ Ich lief hinter ihm her, aber er wehrte mich mit seiner Hand ab „Geh in dein Zimmer, geh mir aus den Augen!“, schrie er mich an und drohte mit seiner Hand. Ich war so erschrocken, dass ich in mein Zimmer lief und nicht wagte, es zu verlassen. Panik und Angst erfassten mich, ergriffen jede Zelle meines Körpers und schüttelten sie. Was sollte ich tun? Ich war ratlos, vollkommen fassungslos und panisch. Niemand rief mich zum Abendessen, und gefangen in Angst, schlief ich irgendwann ein. Maya war es, die mich weckte und mir sagte, dass meine Eltern mich erwarteten. Ich versuchte etwas aus ihr herauszubekommen, aber außer ihrem sorgenvollen Blick war sie stumm wie ein Grab. Was würde mich erwarten? Einerseits hatte ich Angst, aber es waren auch mein Mut, meine Kraft, meine Klarheit wieder zurückgekehrt. Was sollte all der Unsinn von Toleranz, den mir Vater versucht hatte, ein Leben lang beizubringen, wenn nichts davon lebbar war. Ich näherte mich dem Speisezimmer und hörte die Stimmen meiner Eltern. Ich verlangsamte meine Schritte und horchte. Ihre Stimmen waren ungewöhnlich laut, sie stritten. Ich hörte Mutter: „Es ist deine Schuld, dass Pooja so geworden ist. Du hast sie wie einen Jungen erzogen, du hast ihr bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Freundschaft mit Louis erlaubt. Du hast erlaubt, dass sie ihn Bruder nennt und Sir Frederik Onkel. Ich habe dich gewarnt und angefleht, die Erziehung von Pooja nur mehr mir zu überlassen, aber du wolltest nicht auf mich hören. Nun hast du das Ergebnis von deiner Toleranz.“ Ich hörte eine Tür knallen. Dann war Stille. Ich war vielleicht eine vollkommen verdorbene Tochter, aber ich hatte das, was man Rückgrat nennt und Mut. So betrat ich das Zimmer, aufrecht und bereit, mich zu verteidigen – und sah meinen Vater weinen. Das war zu viel. Ich stürzte auf ihn zu, warf mich zu seinen Füßen, bat ihn um Verzeihung, schwor, alles zu tun, was er wollte. Er weinte und weinte, und ich erzählte alles, alles von den Briefen. Ich erzählte, dass ich seinen Schwur nie gebrochen hatte, auch wenn ich ihn doch umgangen hatte auf gewisse Weise, aber nie gebrochen. Ich weinte, schluchzte und erzählte. Plötzlich war Stille, ich hatte alles gesagt, mehrmals, immer wieder neu, doch nun war Stille. Mein Vater nahm mich in den Arm und sagte: „Pooja, vielleicht habe ich alles in deiner Erziehung falsch gemacht, und vielleicht bin ich ein unbrauchbarer Vater, aber deine Ehrlichkeit, dein Bemühen, dein Mut sagen mir ganz etwas anderes. Du hast dich über die gängigen gesellschaftlichen Vorgaben teilweise hinweggesetzt, und was soll ich dir für einen Vorwurf machen, wo ich dir das doch vorgelebt habe. Ich will Entwicklung für mein Fürstentum, ich will, dass alle satt werden und alle, die es wollen, Bildung erhalten, und ich wollte, dass meine Kinder Toleranz, Liebe und Mut in ihrem Herzen tragen. Das alles hast du, Pooja. Tief in meinem Herzen spricht nichts gegen eine Verbindung zwischen dir und Louis, denn er ist ein netter, aufrichtiger, guter Junge. Es spricht nur die Vernunft dagegen, denn die Menschen in Indien und in England sind nicht so weit, und sie werden euch das Leben zur Hölle machen, ohne dass ich es verhindern kann.“
Das erste Mal seit vier Jahren fühlte ich wieder, Tochter meines Vaters zu sein, ich spürte die enge und zutiefst liebende Verbindung zu ihm, und zum ersten Mal konnte ich seine Worte nicht nur fühlen, sondern auch verstehen.
Ich erwiderte seine Umarmung und flüsterte: „Sind es nicht auch deine Worte, die immer wieder sagen, dass wir unserem Schicksal nicht entrinnen können?“
„Ja, Pooja, das sind meine Worte, aber manchmal ist es so hart, dass die Menschen daran zerbrechen. Und ich habe Angst davor, das bei dir erleben zu müssen. Verstehst du?“
Ja, ich verstand, zumindest glaubte ich es. Ich blickte zur Tür und erschrak. Mutter stand in der Tür, sie hatte alles mitgehört. Sie entzündete die Butterlichter, reinigte den Raum, kam zu meinem Vater und mir und segnete zuerst meinen Vater und dann mich. „Es wird alles gut sein, so, wie es kommen wird, verzeih mir“, sagte sie und blickte Vater an, der nur leicht nickte. Damit war alles gesagt, für uns alle. Noch nie hatte ich uns als Familie so stark gefühlt. Jede meiner Zellen war erfüllt von diesem Glück und dieser Stärke.
Ich weiß nicht, ob ich euch vermitteln kann, wie unglaublich stolz ich auf Vater und Mutter war und bin. Sie waren ihrer Zeit weit voraus, sie waren weitblickend, großzügig, klug und tief verwurzelt in ihrer Spiritualität.
„Ja und dann“, fragte Rohan gespannt.“ Was war mit Louis?“
„Auf Vater kann man so stolz sein“, sagte Pria. „Er hat sein Leben für Mama riskiert.“
5 Sterne
Aloha liebe Sigrid - 17.10.2015
Maya Muraro

Alleine schon dieses Buch in der Hand zu halten lässt Freude aufkommen. Die liebevoll und farbig gestalteten Buchseiten erinnern uns - neben der bewegenden Erzählung - an unseren eigenen Regenbogen der Liebe;-)Für alle, die sich an die wahre Kraft der Liebe erinnern wollen, die gewillt sind, ihren Glauben an Seelenliebe zu stärken. Für alle, die sich beim Lesen in eine Energie von Liebe, Licht, Weisheit und Heilung begeben wollen. Herzlichen Dank an Sigrid und den Novum Verlag, Alles Liebe Maya

5 Sterne
Eine Geschichte die das Herz berührt - 27.09.2015
Sabine H.

Eine Lebensgeschichte die meine Glauben an Wunder, Liebe und Glück bestärkt und mich daran erinnert, dass ein Weg in Frieden, Offenheit und Liebe entsteht wenn man ihn geht. Die Geschichte zeigt, dass das nicht immer einfach ist, aber es lohnt sich die Spuren des Friedens und der Liebe ins sich zu finden. Absolut empfehlenswert!

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