Drachenkraft und Elfenmacht

Drachenkraft und Elfenmacht

Elke Edith


EUR 15,90
EUR 9,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 208
ISBN: 978-3-99048-160-8
Erscheinungsdatum: 02.09.2015
Um ihren Mann, den englischen Polizeiinspektor Jameson Richards vor dem Einfluss eines grausamen Magiers zu retten, muss Sandy, in deren Körper noch zu einem Viertel Elfenblut fließt, das Tor zur Dimension der Drachen öffnen. Sandy befindet sich in einer Zwickmühle, denn wenn sie tut, was man von ihr verlangt, ist sie für den Untergang des Drachenreiches verantwortlich!
Es war weiß Gott nicht das erste Mal, dass ich im Freien übernachtete, aber die mögliche Nähe eines Drachen, der uns für Feinde halten mochte, und die vielen Geräusche von knarrenden Ästen und raschelnden Blättern in diesem Dschungel, denn als etwas anderes konnte man diesen Wald kaum bezeichnen mit all seinen fremdartigen Pflanzen und wohl noch unbekannteren Bewohnern, sorgten dafür, dass der Schlaf bei mir lange nicht kommen wollte, obwohl ich mich von Jamies Armen gehalten und beschützt fühlte. Da er selbst keine Waffe getragen hatte, als wir diese Dimensionsreise angetreten hatten, nahm er zumindest meine kleine mit Silberkugeln bestückte Pistole an sich, um uns wenigstens etwas verteidigen zu können. Trotzdem schien er damit nicht besonders glücklich zu sein, auch wenn er sich dazu nicht äußerte. Schließlich wusste er ja, dass moderne Waffen und Technik allgemein in einer Anderswelt nicht funktionierten, sie konnten sich sogar gegen den Benutzer wenden und diesem schaden, was die Sache für ihn auch nicht leichter machte.
Während ich versuchte, etwas Ruhe zu finden, blieb Jamie aus Gründen der Sicherheit wach. Ich spürte nur hin und wieder eine leichte Bewegung von ihm, und einmal strich seine Hand zärtlich über mein Haar. Inzwischen war es wirklich stockdunkel geworden. Es schien mir zwar so, als ob sich über uns derselbe Himmel spannte, wie er das immer tat, doch kannte ich mich mit der Konstellation der Sterne nicht aus und konnte es deshalb nicht mit Bestimmtheit sagen, und einen Mond sah ich überhaupt nicht. Nun, es konnte ja durchaus gerade Neumond sein.
Zumindest benötigten wir kein Feuer, denn es war hier genauso warm, wie man es in einem Tropenwald erwarten würde. Was uns am meisten fehlte, war jedoch Wasser. Meine Zunge hatte abends bereits am Gaumen geklebt, und auch dieser Umstand trug dazu bei, dass ich kaum schlafen konnte. Hoffentlich würden wir am nächsten Morgen auf einen Wasserlauf stoßen. Seltsamerweise war mein knurrender Magen viel leichter zu ertragen, auch wenn ich auf eine Fastenkur ganz und gar nicht angewiesen war. Irgendwann musste ich dann doch eingenickt sein, denn ich kam erst wieder richtig zu mir, als ich Jamies flüsternde Stimme dicht an meinem einen Ohr vernahm und sich seine eine Hand sanft auf meinen Mund legte. Trotzdem erschrak ich, doch er beruhigte mich sogleich.
„Richte dich ganz langsam auf. Wir haben Besuch.“
Welcher Art dieser Besuch war, konnte ich mir lebhaft denken, und auch dieser Umstand trug dazu bei, dass ich auf der Stelle hellwach war. Trotzdem staunte ich dann nicht schlecht, als ich kaum fünf Schritte entfernt einen weiteren Drachen sah, dem von gestern sehr ähnlich, nur längst nicht so groß. Vielleicht war es noch ein Jungtier. Kaum dass es den schützenden, aber auch beengenden Wald verlassen hatte, spreizte es seine gewaltigen lederartigen Schwingen und erschien damit gleich doppelt so groß. Noch schien es uns nicht bemerkt zu haben und fühlte sich wohl auch recht sicher. Trotzdem reckte es den Hals nach oben und zog prüfend die Luft ein, witterte nach rechts und links und bewies damit eine große Vorsicht.
Doch wieso tat der Drache das, denn soviel ich wusste, hatten sie in dieser ihrer Welt keine Feinde, wenn man von dem kürzlich eingedrungenen Magier einmal absah. Dieses Tier hier aber tat gerade so, als sei es selbst ein Beutetier, etwas was ich bisher eigentlich für unmöglich gehalten hätte. Witterte der Drache vielleicht doch unsere Anwesenheit? Nein, jetzt reckte er seinen langen Hals in die andere Richtung und stieß ein lautes Prusten durch die geblähten Nasenlöcher aus, tat zwei schnelle Sprünge und erhob sich in die Luft. Das war ein wahrhaft grandioser Anblick! Demnach hatte das Tier wohl nur die Windrichtung geprüft, um sicher starten zu können. In Spiralen schraubte sich der Jungdrache höher in den Himmel und kreiste über dem Tal.
„Wow, was für ein Anblick“, sagte ich leise und erschrak heftig, als ich plötzlich hinter uns eine fremde Stimme vernahm.
„Ja, mein Sohn kann bald genauso gut fliegen wie sein Vater.“
Nur ganz langsam wagte ich es, den Kopf zu wenden, sah hinter uns aber nur einen gewaltigen dunklen Riesen stehen, dessen Kopf mit einem Furcht einflößenden Maul über unseren Köpfen pendelte. Ich vergaß fast zu atmen und begann am ganzen Körper zu zittern. Am liebsten wäre ich ins nächste Mauseloch gekrochen. Jamie hatte sich da schneller gefangen, trotzdem spürte ich auch bei ihm Überraschung und Unglauben. Hatte dieser Drachen eben zu uns gesprochen? Hatte ich die Worte tatsächlich gehört?
„Träume ich?“, fragte mein Mann in diesem Moment.
„Ich glaube nicht.“
Jetzt traf uns ein verwunderter Blick aus den kleinen Drachenaugen mit den schlitzförmigen Pupillen.
„Warum solltest du träumen, Mensch?“
„Du … du kannst sprechen?“, fragte ich nun meinerseits zu diesem Wesen hoch, dessen Augen mich sofort ins Visier nahmen.
„Du sprichst doch auch, Elfenfrau.“
Jetzt musste ich schlucken. Dieser Drache, anscheinend ein Weibchen, wie die Stimme verriet, machte nun gar keinen gefährlichen Eindruck mehr auf mich. Und sie hatte recht gut erkannt, dass ich nicht nur ein Mensch war. Wieso?
„Ich … ich bin ein bisschen verwirrt“, geriet ich ins Stottern. „Das habe … das habe ich nicht erwartet, weißt du.“
„Hm.“ Der Ton ging in ein tiefes Brummen über, bevor dieser Drachen weitersprach und anscheinend erst überlegte: „Aber wenn du in der Lage bist, in unser Land zu kommen, musst du doch auch Bescheid wissen.“
„Nicht unbedingt“, schüttelte ich den Kopf. Da ich meine anfängliche Scheu inzwischen überwunden hatte, stand ich auf und erklärte ihr: „Es stimmt, dass ich das Tor zu dieser Welt öffnen konnte, aber ich weiß nicht viel von eurer Welt. Vielleicht kannst du mir helfen?“
Fragend hatte ich die letzten Worte auseinandergezogen und schaute scheu zu ihr auf.
„Vor allem brauchen wir beide Wasser. Wir haben seit gestern Mittag nichts mehr getrunken.“
„So unwissend bist du? Dann verstehe ich nicht, wieso du hier bist.“
Das klang recht überheblich, aber ich musste dieser riesigen Kreatur jetzt einfach vertrauen, weshalb ich ihr reinen Wein einschenken wollte. Jamie stand inzwischen direkt hinter mir. Ich empfand seine Nähe als tröstlich, aber im Ernstfall waren wir wohl beide verloren, wenn der Drache sich auf einen Angriff besinnen sollte. Er konnte uns mit einem einzigen Tritt seiner Beine in den Boden stampfen. Und ich mochte gar nicht daran denken, was der lange, mit dornigen Auswüchsen besetzte Schwanz anrichten konnte, wenn er damit zuschlug.
„Ich bin gekommen, um ein großes Leid von dem Reich der Drachen abzuwenden. Ich weiß noch nicht genau warum, aber ein Magier ist hier eingedrungen und führt nichts Gutes im Schilde.“
Der Kopf des Drachenweibchens zuckte etwas hoch, die Augen zeigten so etwas wie Erschrecken, doch dann sagte sie relativ ruhig: „Gut, ich glaube dir. Elfen lügen doch nicht, oder? Magier sind nie gut, deshalb werde ich dir helfen. Folgt mir, dann führe ich euch zu einer Quelle nicht weit von hier.“
Sie hob den Kopf und stieß einen schrillen Laut aus, der von hoch oben am Himmel beantwortet wurde, anscheinend hatte sie ihren Sohn zu sich gerufen. Und in der Tat rauschten die Lederschwingen des Jungdrachen schon Sekunden später über uns, und dieses Wesen landete nur wenige Yards entfernt. Ich stand mit offenem Mund da, denn es war in der Tat ein grandioses Schauspiel, den Drachen so beobachten und aus der Nähe anschauen zu können. Obwohl er noch nicht ausgewachsen war, arbeiteten sehr große und starke Muskeln unter der schuppigen Haut, die einen Tick brauner wirkte, als die seiner Mutter. Neugierig betrachteten uns seine Augen mit den Pupillenschlitzen. Ich hatte zumindest die Hoffnung, dass er genauso friedfertig wäre wie seine Mutter, obwohl uns das riesige Maul jetzt doch sehr nahe kam. Aber er sog nur prüfend die Luft in seine Nüstern, schließlich hatte er in seinem noch jungen Leben bisher keine Menschen zu Gesicht bekommen.
„Ja, Danjal, präge dir die Gerüche ein“, sprach der Mutterdrache weiter. „So riechen Menschen und Elfen, damit du sie in Zukunft gleich erkennst.“
„Wir riechen für euch unterschiedlich?“, hakte Jamie jetzt nach, der den beiden nun auch zu vertrauen schien.
„Aber ja, und mein Sohn Danjal ist zuvor noch nie einem Menschen oder einem Elfenwesen begegnet. Das kann er jetzt gleich lernen.“
Ohne Scheu streckte ich nun dem Jungdrachen meine Hand entgegen, ließ sie von ihm eingehend beschnüffeln und fragte: „Wir heißen Sandy und Jamie. Und wie ist dein Name?“
„Ich heiße Narami“, erwiderte die freundliche Drachenmutter. „Aber ich vergaß, dass ihr nicht so schnell laufen könnt. So werden wir viel länger bis zum Wasserlauf brauchen, da ist es wohl besser, ihr beide steigt auf meinen Rücken und wir fliegen.“
Ich riss ob dieses Angebotes entsetzt die Augen auf. Auf einem Drachen fliegen? Wie sollten wir uns denn da festhalten? Nein, nie und nimmer würde ich das tun, doch konnte ich ihr das ja nicht sagen, ohne sie zu beleidigen. Dafür kam Jamie mir zu Hilfe, der meinen verzweifelten Gesichtsausdruck bemerkt hatte.
„Das ist lieb gemeint von dir, Narami, aber ich glaube kaum, dass wir uns auf deinem Rücken halten können.“
Sie verzog die hornigen Lippen ihres großen, nach vorne etwas spitz zulaufenden Mauls, und es sah tatsächlich so aus, als ob sie grinsen würde.
„Du brauchst keine Angst zu haben, Mensch. Sieh dir meine Rückendornen an, da können du und die Elfe ganz bequem dazwischen sitzen und euch festhalten. Außerdem fliege ich immer vorsichtig.“
Es war uns zwar beiden nicht recht, aber was sollten wir machen. Narami ließ sich bereits auf den Boden nieder und winkelte ein Vorderbein an, gewissermaßen eine Einladung, auf diese Weise aufzusteigen.
„Ich mache den Anfang, Darling, und helfe dir dann hoch.“
Trotz dieser Versicherung von meinem Mann war ich wohl etwas blass im Gesicht, denn der Drachen grinste schon wieder.
„Du nennst die Elfe Darling“, wollte Narami wissen, „dann seid ihr wohl ein Paar?“
„Wir sind sogar verheiratet, wenn dir das etwas sagt“, antwortete ich an Jamies Stelle, da er sich gerade auf den Rücken des Weibchens hochzog, um sich dort einen sicheren Halt zu suchen.
„Sicher, das heißt, ihr gehört zusammen, bis einer von euch beiden in die Unendlichkeit der Dimensionen eingeht.“
Ich stutzte, als ich diese Umschreibung des Todes hörte, aber es traf ja wohl den Kern der Sache.
„Wir sagen zwar, bis dass der Tod uns scheidet, aber du hast mit deiner Erklärung natürlich völlig recht“, gab ich zu und streckte meinem Mann die rechte Hand entgegen, damit er mir hinaufhelfen konnte, nachdem ich ebenfalls auf das Vorderbein geklettert war.
Schließlich hatte ich es geschafft und saß, nur durch einen Rückendorn von ihm getrennt, hinter Jamie. Tatsächlich war es gar nicht so unbequem hier oben, und auch wenn ich vor dem Flug etwas Angst hatte und mich mit beiden Händen an dem dreieckigen Dorn festklammerte, war es wohl die beste Möglichkeit, von hier wegzukommen.
„Ich werde so ruhig wie möglich fliegen, aber haltet euch gerade beim Start gut fest!“, rief Narami.
Dann breitete sie die Schwingen aus, machte ebenfalls ein paar schnelle Schritte, wie wir es bei ihrem Sohn bereits gesehen hatten, und hob auch schon vom Boden ab. Da sie viel größer und wuchtiger war als ihr Sohn Danjal, wirkte der Start bei ihr wahrscheinlich nicht so elegant, aber wir glitten schon bald in einer ganz ruhigen Lage durch die Luft und überquerten Hügel, Wälder und Täler. Auch wenn ich beim Start die Augen geschlossen und mich voller Angst an den Dorn vor mir geklammert hatte, so entspannte ich mich jetzt wieder, riskierte es sogar, nach unten zu sehen und die wunderbare Aussicht von hier oben zu genießen. Vielleicht war es doch kein so schlechter Vorschlag gewesen, auf diese Art und Weise zu reisen. Danjal folgte uns dabei in einem gewissen Abstand.
Als uns die Drachenmutter darauf aufmerksam machte, dass wir unser Ziel gleich erreichen würden, hatte ich meine Angst so weit überwunden, dass ich nicht einmal die Augen schloss, sondern nur voller Spannung die kleinen Flugmanöver beobachtete, mit denen sie immer tiefer dem festen Boden entgegenglitt, um schließlich ein lang gestrecktes Tal mit einem Bachlauf anzusteuern. Bäume wuchsen hier kaum, sodass sie nicht Gefahr lief, mit den breiten Schwingen anzustoßen und hängen zu bleiben. Sie bremste ihren Flug immer weiter ab, ging noch in der Luft in eine Laufbewegung über und setzte so sanft auf, dass wir kaum durchgeschüttelt wurden. Der kurze Ruck nach vorn und hinten war geradezu bedeutungslos.
Trotzdem atmete ich erleichtert auf, nachdem mich Jamie, an einer Hand haltend, nach unten rutschen ließ und ich endlich wieder festen Boden unter meinen Füßen fühlte. Mein Mann kam direkt neben mir auf, stolperte noch einen Schritt vorn, konnte sich aber halten und wir gingen gemeinsam an das Ufer des Flüsschens.
„Sieht sehr sauber aus“, meinte er, kniete sich hin und schöpfte mit der hohlen Hand, um es zu probieren. Dann wandte er sich mir zu, lächelte und sagte: „Komm, das ist bestimmt in Ordnung. Schmeckt wirklich gut!“
Ich ließ mich einfach neben ihm ins Gras sinken, tauchte beide Hände in das kühle Nass und trank in gierigen Zügen. Selten hatte mir blankes Wasser so gut geschmeckt, wo ich es doch meistens mit Kohlensäure versetzt trank. Doch in diesem Fall erschien es mir als das köstlichste Getränk überhaupt. Außerdem erfrischte es mich, sodass ich noch ein paar Hände voll davon in mein Gesicht spritzte. Wassertropfen perlten von meiner Nase und meinem Kinn, als ich mich wieder aufrichtete, aber ich fühlte mich eindeutig besser. Jamie grinste mich von der Seite an, er musste gleich den ganzen Kopf ins Wasser gesteckt haben, da seine Haare klatschnass waren.
„Danke, Narami, dass du uns hergebracht hast“, wandte ich mich an die Drachenmutter, die nur einen Yard neben mir stand und ihr Maul ebenfalls ins Wasser hielt.
Es tropfte ihr noch von den hornigen Lippen, als sie jetzt den Kopf hob, mich mit ihren dunklen Augen fixierte und erklärte: „Gern geschehen.“
Erst jetzt bemerkte ich so richtig, dass sie beim Sprechen ihr Maul gar nicht bewegte. Aber wieso konnte ich sie dann hören? Verwundert starrte ich auf diese Lippen, die noch feucht glitzerten, ohne dabei aber zu einer Lösung zu kommen.
„Narami, wieso höre ich dich sprechen? Dein Maul ist doch geschlossen. Ich verstehe das nicht.“
Sie blinzelte mich irgendwie schelmisch an und antwortete mir dann schon fast belustigt: „Du nutzt deine Elfenkräfte nicht, sonst würdest du es wissen. Du kannst lediglich meine Gedanken hören, Sandy. Und da du weißt, was ich denke, kannst du mich auch verstehen, ohne dass du meine Sprache sprechen kannst. Nimm es als kleines Wunder dieses Landes hin und nutze deine Kräfte!“
„Aber ich bin doch nur zu einem Viertel eine Elfe, meine Kräfte sind nicht so groß, wie du denkst.“
„Da irrst du aber gewaltig, Sandy. Hier im Land der Drachen bist du eine vollwertige Elfe, das habe ich sofort gespürt. Du vermagst mehr zu tun, als du denkst. Du musst nur daran glauben!“
Ich blickte verwundert dieser vertrauenerweckenden Drachenfrau entgegen und hatte trotz allem meine Zweifel, als Jamie belustigt meinte: „Ich will nur nicht hoffen, dass dir jetzt spitze Ohren wachsen. Ich weiß nicht, ob mir das gefallen würde. Ich möchte dich nämlich gerne so behalten, wie du bist.“
Erschrocken griff ich automatisch an meine Ohren, als ich ihn lachen sah, ein Lachen, in das ich gerne mit einstimmte, doch da nahm er mich schon in die Arme und küsste mich zärtlich.
„Keine Sorge, Darling, du bist genauso hübsch wie immer. Das sollte nur ein Scherz sein!“ Und dann setzte er noch direkt an meinem Ohr hinzu, sodass nur ich es hören konnte: „Ich möchte doch auch weiterhin an deinen Ohrläppchen knabbern können.“
In gespielter Empörung boxte ich ihn gegen die Schulter, als wir erneut Naramis Stimme hörten: „Ich störe euch nur ungern, aber da kommen bereits die anderen. Das hier ist eine Wasserstelle, die von vielen Drachen aufgesucht wird. Auch sie werden spüren, dass du eine Elfe bist.“
Ich schaute in die von ihr mit dem Kopf gewiesene Richtung und konnte meinen Augen kaum trauen, denn von dort kam eine Gruppe von etwa zwanzig Drachen auf den Wasserlauf zu. Riesige Vierbeiner mit langen Hälsen und Schwänzen stampften auf stämmigen Beinen und klauenbewehrten Füßen heran, neugierig die Köpfe erhoben und in der Luft witternd.
„Habt keine Angst“, beruhigte uns die Drachenmutter, „sie sind nur neugierig und wollen euch kennenlernen. Wir bekommen sonst nie Besuch aus der Welt der Menschen.“
Trotz dieser Worte klammerte ich mich unwillkürlich etwas fester an Jamie, obwohl er mir in diesem Fall auch nicht hätte helfen können, denn gegen solche Riesen waren wir doch ganz und gar machtlos. Also erhoben wir uns schließlich und sahen den Ankömmlingen tapfer entgegen. Narami stellte sich direkt neben uns, als wolle sie demonstrieren, dass wir unter ihrem besonderen Schutz standen, und Danjal tat es ihr auf der anderen Seite gleich. Jetzt kam ich mir erst recht winzig und unbedeutend vor.
Ohne zu zögern kamen die Neuankömmlinge nun heran, allen voran der größte unter ihnen, der sogar Narami ein gutes Stück überragte, aber unverkennbar von der gleichen Drachenart war wie sie. Denn noch weiter im Hintergrund hatte ich, soweit mir der Blick von den Riesenkörpern nicht verdeckt wurde, auch zweibeinige Wesen entdeckt, die mich schon mehr an Vögel erinnerten, zweifellos aber ebenfalls zu den Drachen gehörten mit ihren langen Hälsen und Schwänzen, ähnlich den Raptoren der Urzeit.
Aber auch unter den Vierbeinern vermochte ich unterschiedliche Arten auszumachen, da sie sich nicht nur in der Größe, sondern auch im Körperbau stark voneinander unterschieden. Es gab welche mit hornigen Zacken und Dornen auf Rücken und Schwanz, andere trugen eher spitze Stacheln, was ein Reiten auf ihnen wohl unmöglich machte. Manche von ihnen besaßen aber auch einen glatten Rücken. Und mit den mächtigen Schädeln verhielt es sich nicht anders. Während die einen reißzahnbewehrte Mäuler besaßen, die sich zum einen in rundliche Schnauzen formten, so besaßen die anderen eher spitz zulaufende Köpfe, die mich schon wieder an Schnäbel erinnerten. Und doch war sicher jeder Einzelne so gefährlich wie der andere, wenn man sie provozierte, denn ihre Körpermasse alleine machte sie wohl schon unüberwindlich, wenn man es aus der Sicht des Menschen betrachtete. Also wagte ich mir besser gar nicht erst vorzustellen, was passieren würde, wenn ich ihnen reinen Wein einschenkte und von der Gefahr berichtete, die dank meines Verrats nun ihrer Welt drohte. Unwillkürlich schloss sich meine Hand noch fester um die von Jamie, der den Druck Trost spendend erwiderte.
Der riesige Drache, der die anderen anzuführen schien, blieb nur wenige Schritte vor uns stehen und brachte damit die ganze Gruppe zum Halten. Er senkte uns neugierig seinen mächtigen Schädel entgegen, schnüffelte und fixierte uns mit seinen kleinen Augen. Dann dröhnte uns seine tiefe, befehlsgewohnte Stimme entgegen, doch waren die Worte an das Drachenweibchen gerichtet.
„Warum gibst du dich mit menschlichen Wesen ab? Noch dazu eine Elfe! Was haben sie hier zu suchen?“
Ohne zu zögern richtete sich Narami zu ihrer vollen Größe auf und erklärte mit ruhigen Worten: „Alvaro, darf ich dir die Elfe Sandy und ihren Partner, den Menschen Jamie vorstellen? Dieser unhöfliche Klotz ist im übrigen Danjals Vater“, setzte sie an uns gewandt noch hinzu.
Ihre Stimme hatte einen etwas belustigten Tonfall angenommen, da sie ihn ja eigentlich beleidigt hatte, Alvaro schien ihr das aber absolut nicht zu verübeln, sondern übersah diese Tatsache geflissentlich und hakte dafür nach: „Gut, nun hast du uns vorgestellt. Aber was wollen die beiden hier? Das würde doch bedeuten, dass das Tor zu unserer Welt geöffnet worden ist, nicht wahr?“
Spätestens jetzt sah ich mich gezwungen, selbst eine Erklärung abzugeben und nicht alles Narami zu überlassen, sodass ich tapfer einen Schritt vortrat, meinen Blick zu dem Koloss emporhob und mit fester Stimme, soweit mir das nur möglich war, erklärte: „Ja, Alvaro, es stimmt! Das Tor zu eurer Welt wurde geöffnet, und zwar durch mich. Ich habe es aufgestoßen, und ich bin mir dessen voll bewusst, was ich damit angestellt habe!“

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