Das Tor nach Aquaterra – Band 3

Das Tor nach Aquaterra – Band 3

Glück – Segen

Dora Schönfeld


EUR 19,90
EUR 11,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 338
ISBN: 978-3-99064-649-6
Erscheinungsdatum: 25.07.2019
Zu wissen, wo sie eigentlich hingehört, was an ihren Träumen wahr ist, das will Bella nun endlich klären. Mit Fatima, ganz ohne ihre geliebte Anna, macht sie sich auf, um ihre wahre Identität zu finden und begibt sich in eine ganz andere Welt …
Das Tal der Sklaven
Aquaterra



Nach diesen endlosen vierundzwanzig Stunden wurde das Tor der Kammer des Schreckens geöffnet. Gebrochen und gebeugt begaben sie sich aus der Höhle. Isa und Chris klammerten sich aneinander und weinten bitterlich. Sie konnten das Band nicht mehr spüren. Sie fühlten sich entzweigerissen, obwohl sie sich an den Händen hielten. Ihr Schmerz war unsäglich und für alle zu sehen.Sie wurden nicht mehr zum Salzbergwerk zurück gebracht. Es ging in einem schmalen Seitentunnel weiter. Zwei Tage irrten sie in tiefster Nacht durch die Kälte des Berges. So dunkel war es noch nie für sie, von außen wie von innen. Sie waren all ihrer Sinne beraubt, abgeschnitten, abgetrennt. Torkelnd traten sie nach schier endloser Zeit ins Freie und blinzelten gegen die Helligkeit an. Isas sonst glänzend grüne Augen waren nun rot und geschwollen vom Weinen, bis sie keine Tränen mehr hatte. Ihr schmutziges Gesicht wurde von den Spuren der Tränen auf ihren Wangen reingewaschen. Ihr nun braungefärbtes Haar stand erneut vor Schmutz wirr von ihr ab. Blinzelnd blickten sie sich langsam um und das Ausmaß dieser Täler erschloss sich ihnen hier erst in ihrem wahren Ausmaß. Vor ihnen erstreckte sich ein unbeschreiblich großes Tal, besiedelt aus vielen Hütten und Weidetieren. Hier herrschte ein friedliches Treiben, üblich eines Marktes. Das Zentrum wurde von größeren Gebäuden, aus Stein gebaut, dominiert. Auch Fachwerkhäuser befanden sich darunter, die ein schönes Bild eines beschaulichen Dorfes zauberten. An den Randgebieten konnten sie Ackerbau und Feldwirtschaft erkennen. Der Wald war durchforstet und nicht wild gewachsen, wie es die Natur schrieb, und so manche Hänge waren völlig gerodet und zu Weiden umfunktioniert. Dort erblickten sie Schafe, Ziegen und Rinder.Sie wurden zur Marktmitte auf den Versammlungsplatz gebracht, wo die Leute schon warteten. Wie auf einem Viehmarkt sollten sie als Leibeigene, als Sklaven verkauft werden. Jeder von ihnen erhielt eine Nummer an sein Gewand und wurde von nun an nur mehr als Nummer angepriesen. Kein Name fiel. Isa wurde als Erste gekauft und von einer Frau mitgenommen. Verzweifelt sah sie zu Chris und wollte schreien, wenn sie nicht die Schläge inzwischen schon fürchten würde. Denn Josh würde sie nun nicht mehr heilen können. Doch jetzt auch noch die körperliche Trennung zu erleiden, die sie noch mehr schmerzte, brach ihr das Herz.Josh sah Chris’ Schmerz in den Augen und litt mit ihm. Sie wurden in Nummern eingeteilt, verloren ab sofort das Recht auf einen Namen. Sie waren Sklaven. Sklaven eines neuen Systems. Hier war ein Ort, besiedelt von gebannten Terranern, die sich Lady Raab beugten oder als Erpressung dienten. Denn wenn diese sich nicht fügten, würde ihnen das Tier genommen werden und sie wurden ebenfalls versklavt, wie es ihnen nun geschehen war. Nun waren sie alle Hüllen, ein Nichts! Nicht mehr wert als ein Fußabtreter. Ein korpulenter Mann trat vor, der sich als Bürgermeister herauskristallisierte. Laut brüllte er seine Befehle.„Den Rest bringt in die Halle 3! Sie sollen für die Allgemeinheit arbeiten.“ Feist grinsend verschwand er und das konnte nichts Gutes bedeuten. Chris und Josh sahen sich an und schluckten. Die Wachen, die sie gebracht hatten, brüllten Befehle und sie mussten ihnen folgen. Eine Feuerpeitsche knallte in der Luft und sie zuckten ängstlich zusammen, wie feige Weiber gebärdeten sie sich. Obwohl ihre Füße vom Marsch wund waren, liefen sie ohne Mucks weiter. Sie kamen an anderen Sklaven vorbei. Müde und gebrochene Blicke trafen aufeinander. Sie hatten eines gemeinsam. Jeder sah sich voller Furcht um und rannte schnell und gebeugt seiner Wege, um schnell genug fort zu sein, sowie Wachen in Sicht traten.Sie arbeiteten in den Häusern oder in Wirtschaften, auf dem Feld oder im Stall. Es gab genügend Arbeit, um es den Herrschaften bequem zu machen. Die es noch am besten trafen, hüteten die Schafe auf den Weiden. Jedoch gab es hier jenseits der hohen Berge andere Gefahren. Hier wurden sie von wilden Tieren bedroht, die ganz Aquaterra noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Von hier zeigten sich die Berge nicht mehr so hoch, jedoch lagen sie von Grund auf höher über dem Meeresspiegel als noch im Tal von Imolla. Die Winter wurden nur härter und dauerten länger, doch Waffen, um sich der Tiere zu erwehren, wurden ihnen keine gestattet. Die traumhafte Idylle täuschte über das harte Leben hinweg, welches ohne ihre Elemente auf sie wartete. Daher mussten Lebensmittel angeschafft werden und vor allem auch Brennholz. Immer noch entstanden neue Bauten und das Dorf wuchs von Tag zu Tag.Es gab auch weiter außerhalb einen Steinbruch, in dem Baumaterial hergestellt wurde. Vom Wald erklangen Schläge, denn für den Bau benötigten sie Holz. Es wirbelte hier nur so von Leben und Geschäftigkeit. In keinem Ort des Königreiches lebten so viele Terraner an einem so engen Platz beisammen. Dies wirkte erschreckend und beängstigend auf sie. Lange marschierten sie durch diese künstlich angelegten Straßen, die mit groben Steinen ausgepflastert wurden. Ganz am Ende tauchten schäbige Baracken auf, von denen ihnen ein unangenehmer Duft entgegen strömte. Hier lebten viele ungepflegte Terraner auf einem Fleck. Die Baracken wiesen nur kleine Fenster auf, die sich hoch oben, unter dem Dach befanden. Zum Lüften schwer zu erreichen, geschweige denn um zu fliehen. Es genügten wenige Blicke und sie verständigten sich. Sie waren sich einig. Dies war ihre Unterkunft. Die Unterkunft der Sklaven. In Reih und Glied wurden sie davor aufgestellt. Da konnte Josh in großzügiger Entfernung eine Einzäunung entdecken. Gerade in diesem Moment ging das schwere große Tor auf und er konnte einen Blick dahinter erhaschen.Er staunte nicht schlecht, als er dort Quellen entdeckte. Quellen, aus denen heißer Dampf emporstieg. Darin tummelten sich die Terraner dieses Tales und die Sklaven strotzten vor Schmutz und konnten ihnen beim Bad zusehen, um sie mit Nahrung und Getränken zu bedienen. Nicht unweit der Baracken begann der mächtige Wald, der sich über die hohen Berge empor erhob, soweit er gedeihen konnte. Doch an dessen Rand befand sich ein Weiher, der von einem kalten Gebirgsbach gespeist wurde. Dies war die Reinigungsmöglichkeit der Sklaven. Eiskaltes Wasser bei kalten Außentemperaturen am Abend. Die Wache riss Josh aus seiner grimmigen Beobachtung, denn der begann sie mit ihren Nummern aufzurufen. Keiner wagte sich dem zu wiedersetzten, denn sie waren nur mehr Hüllen. Sie waren schwächer und verletzlicher. Ihre Lebenserwartung war drastisch gesunken. Keiner würde hier mehr hinauskommen. Nicht bei dieser Verpflegung. Krankheiten, von denen sie bisher verschont blieben, würden sie ab nun heimsuchen. Alles würde anders werden.Doch was nun folgte, glich einem Hohn ohne Maße. Lady Raab verspottete sie absichtlich, denn keiner der anderen Sklaven trug eine Maske und doch wurde ihnen diese nun gereicht. Eine Maske aus dem Umhang ihrer Wächterkleidung geschneidert. Die Masken, die sie bei der Verhaftung von Lady Raab getragen hatten. Mit ihnen konnten sie sich verwandeln, weil es aus einem besonderen Material bestand. Aus Drachengewölle und Seide. Beides wurde zu einem Faden gesponnen und verarbeitet. Darunter schwitzten sie nicht und bekamen gut Luft. Diese Maske klebte nicht auf der Haut, sie schmiegte sich an, wie die eigene. Sie verbarg das Gesicht zur Gänze, sowie auch die Haare und die Stimme wurde dadurch verändert, sie klang hallend. Einst bekundete sie ihren Rang unter den Wächtern, jetzt bedeutete es den niedrigsten Sklavenstand. Nun war Josh an der Reihe.„480! Vortreten!“ Josh musste zuerst auf seine aufgenähte Nummer blicken. Doch er war gemeint. Schnell trat er vor, denn sie bekamen hier eine Decke zum Schlafen und zwei Überwurfkleider. Eines dünner für den Sommer und eines aus Fell für den Winter. Mürrisch nahm er es in Empfang und stellte sich in die Reihe zurück. Keiner sprach, es war sinnlos geworden. Mit harschen Worten wurden sie in den Weiher getrieben, um sich zu waschen, bevor sie in diese frischen Kleider schlüpften. Von keinem war ein Ton zu hören, als sie in das eiskalte Wasser eintauchten und den Schmutz der letzten Wochen von sich wuschen. Freude war es keine.Chris seufzte tief. Lustlos ging auch er an diese Tätigkeit und spülte sein ebenso nun braunes Haar. Die Sonne, die schon jetzt nicht mehr ins Tal gelangte, da sie zu tief für diese Berge stand, erhellte sein Gemüt nicht unbedingt. Chris vermisste jetzt schon Isa, die bei einer Herrin eingeteilt wurde. In einer Stunde gab es Abendessen. Was es wohl hier zu essen gab? Suppe? Nicht einmal dieser Gedanke konnte ihn aufheitern. Sie waren gebrochene Terraner. Sie blickten sich an, als sie die Masken überzogen. Ihre Blicke sprachen von Mutlosigkeit und Aufgeben und doch überkam ihn ein Gefühl von Heimat.Als es Zeit war zu essen, ging Chris das Herz eine Spur auf. Seine persönliche Sonne trat mit Töpfen beladen durch die Tür in diese schäbige Baracke ein. Es kam Isa mit anderen Sklaven und brachte die Speisen. Es wurde für jeden ein Stück Brot gereicht und eine Schale, in der sie einen rotbraunen dickflüssigen Eintopf bekamen. Isa kam strahlend zu ihm, sie erkannte ihn auch unter der Maske sofort. Sie kannte jeden Zentimeter seines Körpers auswendig und vor allem seine Bewegungen, die so geschmeidig aussahen. Sie vermisste seine schönen türkisblauen Augen, die sie stets schelmisch angrinsten. Sein Haar, welches nun nicht mehr strahlend blond in sein Gesicht fiel.„Das habe ich gekocht! Ich wurde von Kurts Mutter übernommen. Sie ist ganz nett. Sie lässt mich für das Sklavenlager kochen und ich darf auch hier schlafen, wenn ich möchte.“ Zum ersten Mal überkam Chris wieder so ein kleiner Funke von Freude. Jedoch erlosch der sehr schnell, als er sich umblickte. Es würden hier an die zwanzig Personen schlafen und die Fenster waren klein. Zu lange hatte er kein Wort gesagt, daher klang seine Stimme nun rau und belegt.„Ich habe dich vermisst, Anima mea. Obwohl du nicht lange von mir weg warst. Aber möchtest du wirklich hier bei uns schlafen? Sieh uns an! Wir sind gezeichnet und du nicht!“ Isa sah zu ihren Freunden. Jeder Einzelne trug eine Maske, sie jedoch nicht. Ihre Stirn furchte sich grüblerisch.„Von dieser Bedeutung hörte ich noch nicht. Aber ich weiß von Frau Karoline Lupur, dass auch sie zuvor im Arbeitslager gedient hatte. Je nach Führung bekamen sie hier ihre Stellung zugewiesen.“ Chris schnaubte laut aus und auch die anderen scharten sich um sie, um die Neuigkeiten zu erfahren. „Urteile nicht schlecht über sie, Chris. Auch sie wurden schlecht behandelt und haben einfach aufgegeben. Nun versuchen sie das Beste daraus zu machen und fügen sich Lady Raab.“ Isa legte Chris ihre Hand auf sein Herz, doch Josh entfuhr hinter ihr ein entrüstetes Schnauben, beide sahen zu ihm. Würden sie sein Gesicht sehen, sie würden erschrecken, so zornig wurde er.„Dass ich nicht lache! Siehst du nicht, was sie hier machen! Sie wählen den einfachen Weg und verraten die Krone! Das hier sind alles Verräter!“ Isa senkte betroffen den Kopf. Ihre Stimme war nur mehr ein Flüstern.„Was haben wir für Möglichkeiten? Willst du für immer eine Nummer sein, ein Sklave?“ Isa hob ihren Kopf und sah Josh hilflos an. Es war eigenartig seine Mimik nicht zu sehen, seine sonst so fröhlichen blauen Augen und sein kontrastreiches schwarzes Haar. Doch sein Mund war zu erkennen und der verzog sich jetzt grimmig.„Lieber eine Nummer, als ein Verräter! Ich schwöre hiermit feierlich, meinen Namen abzulegen und ihn erst wieder anzunehmen, wenn ich uns alle hier hinaus gebracht habe. Das Einzige was ich erlaube, ist neben meiner Nummer Joe genannt zu werden!“ Er schnappte sich seine Schale und ging weg. Er wollte es nicht glauben. Isa war dazu geneigt, dies hier zu akzeptieren. Das war doch kein Leben! Er wollte wieder sein altes Leben zurück. War das zu viel verlangt? Wütend schlug er gegen die Wand und stützte sich daran ab. Es war sehr still in der Baracke. Wegen seiner Worte, aber auch, weil sie beim Essen selten redeten, da sie alle zu gierig die Speise in sich hinein löffelten. Mit Sehnsucht dachte er an den Traum. Es war ein langer Tag, konnte er doch hier in diesem Tal den Baum nicht im Auge behalten. Eigentlich könnte er das zu keiner Zeit wirklich, egal in welchem Tal. Doch seine innere Unruhe ließ ihn hibbelig werden. Jetzt war schon der dritte Tag nach dem Traum, und all seine Hoffnung verschwand. Die Blicke der Sklaven streiften ihn. Sie bekamen seine Unruhe sehr wohl mit und den Streit, den sie hatten.Frustriert und enttäuscht aß er das Gulasch, wie es Isa genannt hatte. Alleine setzte er sich auf seine Pritsche. Ja, das essen schmeckte besser und durften sie ja nun auch wieder reden. Sie bekamen Kleidung. Nur um wie viel war es besser und zu welchem Preis?! Es war nach dem Traum nichts anders geworden. Was hatte er sich erwartet? … Nur, dass nichts geschah, hatte er nicht erwartet. Chris setzte sich leise zu ihm.„Du darfst es Isa nicht krummnehmen, sie kannte kein anderes Leben. Sie hat schon immer für alles geschuftet und doch nichts besessen. Sie ist gewohnt zu nehmen, was sie bekommen kann.“ Josh sah weiterhin in seine Schüssel und raunte resigniert.„Sie regierte Pangaria schon nach diesen Prinzipien. Ich wollte ja was dagegen unternehmen?“ Mit einem tiefen Seufzen fuhr Josh sich über den Kopf, wo keine Haare zu spüren waren. Nur die glatte Oberfläche der Maske, und doch spürte er seine Finger auf der Kopfhaut, so durchlässig fühlte sie sich an.„Mann, ich weiß doch, was wir vorhatten, nur ist uns diese Schlange zuvor gekommen. Sie hatte ihre Männer schon überall stehen. Wir hatten keine Chance!“ Chris rückte näher an ihn ran und flüsterte noch hinzu, da er in dieser Baracke Freund und Feind nicht unterscheiden konnte.„Wir müssen so tun, als würden wir uns mit der Situation abfinden, vielleicht können wir dann einen erneuten Fluchtversuch starten. Alles, was sie uns jetzt noch nehmen können, ist unser Leben und das ist uns im Moment keinen Pfifferling wert.“ Auch Josh tat so, als würde er nur das Gulasch löffeln.„Ich bin dabei, ich halte es nicht mehr aus! Ich wünsche mir sogar, ich würde sterben.“ Chris stockte kurz, dann umarmte er Josh heftig.„Halte durch, mein Freund. Ich glaube, dass Isa mir etwas Halt gibt, da ich nicht so verzweifle, wie alle anderen. Aber bitte halte durch. Es muss wieder besser werden. Es muss einfach!“ Wie oft hatten sie sich das im letzten Monat vorgebetet und hatte doch nichts geholfen? Es wurde stattdessen immer schlimmer. Inzwischen war er ganz unten angekommen. Tiefer konnte er nicht mehr sinken.Chris ging zu seiner Pritsche, die sich neben der seinen befand und sie legten sich zum Schlaf nieder. Isa quartierte sich neben ihm ein. Sie lächelten sich zu. Geschlichtet wie Ölsardinen lagen sie nebeneinander. Es waren alle anwesend. Auch Lara und Leonie lagen hier, denn auch sie wurden nicht gekauft und trugen somit als Meuterer und Rebellen die Maske. Es tat ihnen gut, wenigstens in der Nähe der Freunde zu sein. Das gab ihnen einen kleinen Halt in dieser Hoffnungslosigkeit. Denn sie hatten etwas gemeinsam. Den unsäglichen Schmerz ihres Verlustes. Er sprach aus ihren Augen. Sie litten darunter. Keiner brauchte es in Worte zu fassen, sie wussten es selbst. Doch als die Sklaven, die mit Isa gekommen waren, die leeren Töpfe zurückbrachten, erschien der Sklavenvorsteher, der ihnen bereits die Nummern aufgedrückt hatte.„So, So! Eine hat noch keine Maske! Dann werden wir das schleunigst ändern!“ Gehässig überreichte er Isa eine Maske und wartete, bis sie diese aufgesetzt hatte.„Da du das Eigentum von Frau Lupur bist, kannst du morgen zu ihr zurückkehren. Sollte mir jedoch zu Ohren kommen, dass sie mit dir nicht zufrieden ist, wirst du hier arbeiten! Verstanden?“ Isa nickte übertrieben eilfertig. Sie wollte diesen Mann nicht erzürnen. Josh knurrte und warf sich wieder auf die Pritsche zurück und sah nicht mehr zu ihnen.Bei Sonnenaufgang wurden sie unsanft geweckt. Isa eilte zu ihrer Herrin, denn auch sie durfte nicht zu spät kommen. Chris und ihr blieb nur ein kurzer Kuss und sie verschwand. Die Frauen wurden zu den Wäscherinnen geschickt und die Männer auf die Felder aufgeteilt oder auf die Weide. Doch unter allen waren sie die Gezeichneten. Sie trugen die Maske. Sie kamen in den Steinbruch, wo sie unter Peitschenhieben aus Wasser oder Feuer angetrieben wurden, wenn sie zu langsam arbeiteten. Schöne Blöcke mussten sie herausschlagen, damit sie weiterverarbeitet werden konnten. Die kleineren Steine und Splitter verarbeiteten sie in Fachwerkhäuser.Es war kräftezehrend und zermürbend. Mit jedem Tag verlor Josh mehr die Hoffnung, dass sich sein Leben änderte. Alles tat ihm weh. Seine Kleidung war erneut aufgerissen und sein Rücken blutete an so manchen stellen. Schweiß floss unter der Maske ab und über seinen Rücken. Dies brannte höllisch in den Wunden. Sie sprachen noch kaum miteinander, zu erschöpft kamen sie abends in ihrer Baracke an. Isa versuchte stets Chris’ Wunden zu versorgen und auch die seinen, doch er ließ sich nicht anrühren. Er wollte sterben. Sollten sich die Wunden doch entzünden und ihn dahinraffen. Er würde es begrüßen. Der Gedanke, sich selbst zu richten drängte sich ihm immer stärker auf. Es sollte wilde gefährliche Tiere hier in diesem Tal geben? Schon täglich passte er auf die Gelegenheit, hinaus in den Wald zu laufen, um diesem Tier zu begegnen, damit alles ein Ende hatte. So auch diesen Tag.Chris spürte sein Vorhaben und ließ ihn selten aus den Augen. Dabei sollte er ihn einfach gehen lassen. Sein Leben war vorbei. Josh sah sich keine Zukunft mehr. Immer wurden sie nur mit Nummern gerufen, auch er begann schon in Nummern von seinen Freunden zu denken. Hatten sie noch Namen? Wer waren sie überhaupt?Josh arbeitete verbissen, ohne darüber nachzudenken, was er tat und hob bei einem ungewohnten Geräusch den Kopf. Auch die Aufseher blickten zu der Geräuschquelle. Denn ein langer Zug, der aus dem Tunnel, der einzigen Verbindung zu den anderen Tälern hervorschritt, zog seine Aufmerksamkeit an. Nicht nur, dass sein Blick ohnehin immer in diese Richtung wanderte, da er die einzige Verbindung in die Freiheit war und daneben der Weg in den Wald führte. So lenkte die Menge heute seine Aufmerksamkeit auf sich. Es waren so viele, die gebracht wurden. Er schluckte, er konnte einige am Gang, andere an der Statur deutlich erkennen. Sie waren lange genug gemeinsam unterwegs gewesen. Stolpernd taumelte er und schlug mit seiner Hacke daneben. Funken stoben davon und schon knallte die Peitsche auf seinen Rücken. Doch heute spürte er nichts. Seine Augen waren gebannt auf die Neuen gerichtet.Sie brachten alle, die mit ihnen gekommen waren. War dies die Strafe für ihre Flucht? Trug er die Schuld dafür, dass auch ihnen nun das Tier genommen wurde? Bitter stieg ihm die Galle nach oben und Schuldgefühle peinigten ihn. Chris stellte sich sogleich neben Josh und bearbeitete zum Schein einen Stein.„Es ist unsere Truppe! Jeder Einzelne wird versklavt!“ Auch Chris war es aufgefallen. Wütend schlug Josh auf den Felsen ein, um ein Stück heraus zu brechen.„Ja, hat das denn nie ein Ende?“, knurrte er voller Verzweiflung und Schuldgefühle.„Ihr Arm wird immer länger und je mehr sie dieses Leben hier annehmen, umso mehr Macht gewinnt sie.“ Wütend rammte auch Chris seine Hacke in den Felsen, der endlich nachgab. Denn was taten sie? Es annehmen! Weil sie sich nicht mehr dagegen auflehnten! Doch was sollten sie ausrichten? Sie waren zu weinige. „Sie versteckt uns, damit sie weiterhin alle unwissend überfallen kann, bis sie die Mehrheit auf ihrer Seite hat.“ Nun klopften sie wieder Steine aus dem Brocken. Da mussten sie ihre Schläge sicherer setzen. Immer näher kam ihnen der Tross und Josh konnte nicht anders, als immer wieder hinzusehen. Etwas war anders! Da erblickte er ein Mädchen, welches gefesselt grob mitgeschleppt wurde. Sie sah fürchterlich aus, schlimmer noch als sein Rücken und der tat ihm schon schrecklich weh. Sofort verspürte er Mitleid mit dem Mädchen und wunderte sich, dass er noch zu solch einem Gefühl fähig war. Die letzten Tage fühlte er sich nur mehr tot und ausgebrannt.

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