Zwischen sämtlichen Stühlen

Zwischen sämtlichen Stühlen

Heidrun Urich


EUR 17,90
EUR 10,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 156
ISBN: 978-3-99048-288-9
Erscheinungsdatum: 11.11.2015
Terror, Erpressung und die Drogenmafia sind die “Zutaten“ dieses Thrillers. So erging es Katharina, die verzweifelt versuchte, sich von diesen Bedrohungen zu befreien. Doch wem kann sie noch vertrauen? Ein aufrüttelndes Buch, basierend auf wahren Tatsachen.
Dann merkte sie eines Tages, dass jemand immer, wenn sie länger weg war, in ihrer Wohnung war. Sie merkte es, da sie Linkshänderin ist und manche Dinge anders hinlegt als eine Rechtshänderin, wie z. B. ihre Maus. Auch waren Abriebspuren von Gummisohlen auf dem Parkett, was Katharina besonders ärgerlich fand, da sie sehr schwer zu beseitigen sind. Den Fernseher hatte sie auch als PC-Monitor und so hatte sie sich angewöhnt, dass, wenn sie wegging, der Monitor als Fernseher ausgeschaltet wurde. Kam sie nach Hause und war der Fernseher als PC-Monitor ausgeschaltet worden, wusste sie, dass wieder einmal jemand in ihrer Wohnung war, der da absolut nichts zu suchen hatte.
Aber sie hatte keine Beweise.
Diese Angst, dass jemand in ihren Sachen schnüffelte, ihre Post durchlas, ihre Papiere durchwühlte und ihren Computer manipulieren wollte, machte sie einerseits ängstlich, andererseits wieder zornig, wütend und aggressiv, je nachdem wie ihr Nervenkostüm in dieser Zeit war. Auch fühlte sie sich unsicher und schutzlos. Daher nahm sie immer und überall ihren Laptop mit, denn auf diesem war ihr Tagebuch. Dort schrieb sie all ihre Ängste hinein, konnte sich alles von der Seele schreiben und musste nicht befürchten, dass sie jemand auslachte, verpetzte oder für andere geheime Sachen ausspionierte. Das wusste auch Peter. Als sie in München war, hatte er mitbekommen, dass sie täglich ihren Frust in ihrem virtuellen Buch ablud.
Katharina bestellte eine Webcam. Sie sagte natürlich Peter nichts davon. Sie richtete es so ein, dass die Kamera auf die Tür blickte, wollte aber genau wissen, ob es funktionierte. Und tatsächlich, die Bilder wurden im Internet gespeichert und zufrieden und voller Erwartungen ging Katharina weg, nicht ohne vorher ihren Ex anzurufen und ihm zu erzählen, dass sie nun zum Arzt müsse und das würde sicherlich mehrere Stunden dauern. Und prompt lief jemand in die Falle. Leider hatte die Kamera zu schnell reagiert, denn sie hatte nur einen Männerarm in der Tür erfasst. Aber sie hatte den Beweis, dass jemand in ihrer Wohnung war. Sie druckte das Bild aus und ging damit wieder zur Polizei in die Kreisstadt. Der Polizist hörte sich das alles an, sagte aber, da keine Einbruchsspuren da waren, könne er nicht ermitteln.
„Er muss mit einem Elektropick eingedrungen sein“, entgegnete Katharina, aber er winkte ab und wusste angeblich nicht, was ein Elektropick sei. Dabei kann man im Internet so ein Ding für ein paar Euro kaufen und Katharina hatte es in einem Laden, als sie sich ein neues, sehr sicheres Schloss kaufen wollte, angesehen.
Der Mann dort, den sie bat, ihr das sicherste Schloss zu geben, lachte und meinte, diese Sicherheitsschlösser seien allesamt nicht mehr sehr sicher. Auf ihr Erstaunen hin sagte er ihr, dass es ein Elektropick gäbe, und zeigte ihr so einen Gegenstand und wie es funktionierte.
Nun hielt sie die Luft an, denn nun wusste sie, wie der Mann in Gelsenkirchen und auch in Frankfurt in ihre Wohnung eingedrungen war, ohne Spuren zu hinterlassen.
Dem Mann, bei dem sie danach ein elektronisches Türschloss bestellte und dem sie die Geschichte erzählte, sagte, dass es nicht so leicht sei, mit so einem Ding umzugehen, dazu müsse dieser Mann schon ein Spezialist sein.
Der Polizist wollte nicht ermitteln. Also fuhr Katharina in eine andere Stadt, aber der Polizist dort, dem sie das Bild zeigte, meinte, dass er keinen Arm sehe. Jetzt wurde Katharina wütend, denn es war ein eindeutiges, klares Bild, aber sie konnte ja niemanden zwingen zu ermitteln.
Sie saß vor ihm am Schreibtisch und stritt mit ihm, was es denn nun sei. Er meinte, es wäre vielleicht ein Teppich, sie verneinte: „Da liegt kein Teppich!“ Er wieder: „Dann ist es die Garderobe.“ Katharina widersprach wieder, denn die Garderobe war auf der anderen Seite, also hinter der Tür. Er: „Dann ist es ein Regenschirm.“ Auch das musste sie verneinen. Und immer wieder ging ihr der Gedanke durch den Kopf: „Warum muss ausgerechnet ich mich mit so viel Dummheit herumschlagen?“ Ihre Gedanken waren nicht von freundlicher Natur und sie musste sich außerordentlich zusammenreißen, um nicht ausfallend zu werden.
(Das Bild ist im Anhang dieses Buches. Anmerkung der Autorin.)
Katharina war so wütend, fühlte sich auch in ihrer Wohnung nicht mehr sicher und schwor sich, dass sie es selbst herausbekommen würde.
In dem Haus, in dem Katharina wohnte, gab es zwei Arten von Wohnungen. 1-Zimmer-Appartements und 2-Zimmer-Wohnungen. Alle hatten Balkone nach Süden, aber lediglich die 2-Zimmer-Wohnungen hatten Schlafzimmerfenster nach Norden. Dort, im Norden, gab es sehr viele Parkplätze. Wenn sie wegfuhr, so fuhr sie die Parkplätze kurz ab und suchte nach Autos mit einheimischen Autonummern. Die Nummern, deren Eigentümer hier wohnten, wie sie auch, kannte sie. Viele hatten auch eine Garage, aber es gab nicht so viele, wie man gebraucht hätte und daher standen die Autos zwangsweise im Freien.
So fiel ihr immer wieder eine Nummer auf: FRG-… Und da saß jedes Mal ein junger Mann drin. Und dieses Auto fiel ihr auch schon an einem anderen Tag auf, denn sie kaufte sich eine neue Küche und der Inhaber bestand darauf, dass sie bar bezahlte. Aus diesem Grunde fuhr Katharina also an besagtem Tag zur Bank und hob das Geld ab. Auf dem Rückweg, bei einer Abbiegung zu ihrem Ort, stand ein Auto mit besagter Nummer und der Mann darin telefonierte und schaute herunter, so konnte sie sein Gesicht nicht sehen. Sie hatte ein komisches Bauchgefühl, das sich verstärkte, als sie das Nummernschild las. Wieder dieselbe Nummer. Katharina fuhr nicht mehr durch den Wald, sondern auf der anderen Seite des Dorfes wieder auf die Hauptstraße und kam unbehelligt bei sich zu Hause an.
Eines Tages wollte sie mal wissen, ob er mit ihrem Ex bekannt war, also auf ihrer/seiner Telefonliste stand, oder ob es Zufall war. Sie rief unter der Woche, da wahrscheinlich der junge Mann arbeiten ging, die erste Telefonnummer an, aber da meldete sich niemand. Dann rief sie die nächste Nummer an. Es meldete sich eine ältere Frauenstimme. Katharina entschuldigte sich, aber sie wolle nur wissen, ob zu ihrem Haushalt ein Auto mit der Nummer FRG-M… gehörte, da dieser etwas verloren hätte und sie es ihm geben wolle. Sie sagte bewusst „M“ und nicht den Buchstaben, den sie gesehen hatte. Und prompt sagte die Frau zu ihr, dass zu ihrem Haushalt eine Nummer mit den Buchstaben FRG-… gehörte. Das war die Nummer, die Katharina gesehen hatte. So, nun wusste sie, wer ihr „Einbrecher“ war, nun hatte er einen Namen.
Katharina überlegte. Eigentlich wollte sie nur in Ruhe und Frieden leben. Sonst nichts. Aber da gab es Leute, die etwas dagegen hatten. Wenn sie den Mann anrufen würde und ihm auf den Kopf zusagte, dass er in ihre Wohnung eingedrungen sei, so hätte sie bestimmt sofort eine Verleumdungsklage am Hals. Aber sie hatte ja noch ihren Ex. Sie rief ihn an und war „wütend“ und meinte, dass sie jetzt weiß, wer der Einbrecher war und nannte den vollen Namen und verlangte, dass er sie endlich in Ruhe lassen sollte.
Seine erste Reaktion war: „Weißt du auch, was der beruflich macht und kennst du sein Umfeld?“ Da klingelten bei ihr sämtliche Glocken, denn was scherte einem der Beruf eines Einbrechers? Es sei denn, er hatte einen, der irgendwie damit zusammenhing, bzw. wo dieser Beruf eine große Rolle spielte oder von großem Nutzen war. Dann meinte er noch, dass Katharina aufpassen solle, damit er sie nicht zusammenschlug.
Darauf Katharina: „Das wäre doch wunderbar, dann hätte ich einen sogenannten „schlagenden Beweis“ und ich könnte ihn vor Gericht zerren.“
Er: „Oder er haut alles kurz und klein in deiner Wohnung.“
Auch damit kam er bei ihr nicht an, denn dann hätte die Polizei ermitteln müssen.
Aber ein Schock war es doch.
Nun bekamen auch die Reaktionen von der Polizei ein anderes Gewicht. Und zwei Tage später war die Windschutzscheibe ihres Autos kaputt. Da sie sich aber bei ihrem ehemaligen Mann beschwerte und sie ihm angedroht hatte, dass die Fahrten mit ihm dann endgültig vorbei seien, zahlte er anstandslos ihre Selbstbeteiligung.



Im Winter, die Schneeberge waren hier dieses Mal besonders hoch, sodass man vom Parkplatz nicht die Straße einsehen konnte, wollte sie wieder wegfahren. Sie war schon fast an der Straße, als ein Auto mit tschechischem Kennzeichen von rechts in den Parkplatz einbog. Katharina schaute noch in das Auto, da saß ein junger Mann, so etwa um die dreißig Jahre alt, drin. Aber sowohl er als auch sie waren erschrocken, denn durch die hohen Schneeberge standen sie sich unmittelbar und total überraschend gegenüber. Das ging alles so schnell, dass Kathy wieder nicht auf das Kennzeichen achten konnte. Sie fuhr weiter und überlegte, ob sie nicht umkehren sollte, um sich das Kennzeichen aufzuschreiben. Aber das war riskant.
„Ich bin sicherlich kein unbeschriebenes Blatt mehr in diesen Kreisen und, sollte er etwas bemerkt haben, wäre ich in höchster Gefahr. Nein, das will ich nicht riskieren“, sagte sie leise vor sich hin, um sich zu beruhigen.
„Aber was macht ein Tscheche hier bei uns? Skifahren sicherlich nicht, er hatte auch keine Ausrüstung dabei. Für Besuche war die Zeit zu kurz, also blieb nur eine Sache übrig. Er hatte etwas zu erledigen. Sicher, der Bekannte betreibt diesen Schmuggel nicht aus Nächstenliebe, wollte natürlich Geld sehen. Und das war es wohl, was dieser Mann aus Tschechien erledigen wollte.“
Abrupt stand sie auf der Bremse.
„Bloß gut, dass hier in der Gegend kaum Autos unterwegs sind, in einer Großstadt wie München wäre es unweigerlich zu einem Unfall gekommen“, grinste sie angesichts der Erkenntnis, was ihr soeben durch den Kopf gegangen war. Manchmal liegt die Lösung so nahe, dass man sie sehr schwer oder überhaupt nicht sieht. Sie war so aufgeregt, konnte sich kaum noch auf ihre Fahrt konzentrieren.
Natürlich wollte der Mann aus Tschechien nicht auf den Südparkplatz, denn da wäre er wegen der Wohnzimmerfenster mit Sicherheit irgendjemandem irgendwann aufgefallen. Also fuhr er immer auf den Nordparkplatz, wo alle Schlafzimmerfenster waren, die natürlich tagsüber keine Gefahr bildeten, von dort gesehen zu werden.
Er musste auch den Code der Tür kennen, denn der wurde monatlich gewechselt.
So konnte er durch die Lobby ins Haus gelangen, ohne gesehen zu werden. Perfekte Geldübergabe.
Allerdings sah Katharina das Auto seitdem nicht mehr, aber dafür kam ein anderes Auto, ein Tuareg, ein Geländewagen und auch die Uhrzeit war anders, jetzt kamen sie am späten Vormittag. Sie reagierten anscheinend doch sehr schnell.
Katharina konnte sich ganz ihren Gedanken hingeben und ihre besondere Situation überdenken. Was hatte sie eigentlich? Telefonnummern mit teilweise Adressen dazu, dann die Identität des Einbrechers, ein paar Autokennzeichen und wie, wo und wer die Drogen rüber schmuggelte. Eigentlich nichts Tolles. Gut, die Droge war wahrscheinlich Crystal Meth, das wusste sie jetzt, als sie im Fernsehen einen Bericht darüber sah. Deswegen sprach der Dealer von „Vanillezucker mit Himbeergeschmack“.
Ihr fiel ihr altes Handy in die Finger und da erinnerte sie sich, dass das Handy in dem Augenblick gelöscht wurde, als sie es am PC einsteckte. Da kam ihr eine Idee: „Was die können, das kann ich auch. Und das noch effektiver.“ Sie rief ihre Homepage auf und manipulierte die erste Seite mit einem Code, der Smartphones in die Werkseinstellung zurückversetzte. Der Einbrecher hatte zwar bei ihr „delete“ geschrieben, so gemein wollte sie nicht sein. Sie schrieb „reset“ hinein. Sie rief Peter an und erzählte ihm von ihrer Webseite und dass sie etwas Interessantes gemacht hätte: Sie hatte ein von ihr bemaltes Ei mit einem Gesicht darauf eingegeben, dann ein Pluszeichen und danach ein Buch dahintergesetzt. Nach einem Ist-Zeichen stand dann in großen Lettern: facebook. Also: face + book = facebook. Und dann wartete sie ab. Zwei Tage lang ging sie nicht an die Homepage, dann rief sie Google Analytics auf und traute ihren Augen nicht. Da war die Anklickrate sprunghaft nach oben geschnellt. Also, ein voller Erfolg. Das tat ihrer Seele mal so richtig gut, dass nicht immer nur sie das Opfer war, sondern genauso zurückschlagen konnte. Den Code löschte sie bevor Google ihn entdecken konnte.
Ein paar Tage später wollte Kathy wieder wegfahren und da stand ein Transporter mit tschechischem Kennzeichen auf dem Parkplatz. Er war schwarz und mit allerlei bunten Comicbildern bemalt. Sie hatte so ein komisches Bauchgefühl.
„Wie, wenn sie mich beobachteten, ob ich mir das Kennzeichen aufschreiben würde! Warum aber so ein buntes Auto, das überall auffällt?“
Katharina schaute schon hin, denn es fiel natürlich auch ihr auf. Auch hatte sie Papier und Bleistift jetzt immer in ihrer Tasche, aber erstens war es nicht das Auto, das sie meinte, es könnte in dem Drogendeal eine Rolle spielen und zweitens hätte es durchaus sein können, dass sie auf die Probe gestellt wurde. Also, sie tat nichts dergleichen, schaute sich das Auto an, lachte, ging dann einfach weiter und unternahm nichts.
Drei Tage später standen drei Autos aus Tschechien da. Einer, mit einer Handwerkeraufschrift, stand direkt vor dem Eingang. Also ein völlig harmloser Mann, ein Handwerker, denn so ein Auto taugte nicht für illegale Sachen, wenn sogar die Adresse und die Telefonnummer draufstanden. Die beiden anderen Autos waren blau und dunkelgrün, folglich nicht das Auto, das Katharina im Kopf hatte. Auch hier hatte sie ein komisches Gefühl. Sonst waren hier fast nie tschechische Autos zu finden und jetzt gleich so schnell hintereinander? Sie vermied es, dort hinzuschauen und ging gleichgültig weiter.
Aber seitdem hatte Katharina sich geschworen, nicht mehr in die Tschechei zu fahren. Schon allein aus einem Selbsterhaltungstrieb heraus. Und dann sperrte sie sich drei Tage lang ein, da sie panische Angst hatte vor den tschechischen Gangstern, die sicherlich ganz schnell kurzen Prozess gemacht hätten, wenn sie sicher gewesen wären, sie würde ihnen gefährlich werden können.
Monate später wusste sie, dass ihr Bauchgefühl recht hatte, denn sie rief wegen einer Frage den Mann an, der ihr das elektronische Schloss eingebaut hatte. Da meinte er, dass in diesem Haus wohl ein professioneller Einbrecher wohnen würde, denn in einer anderen Wohnung war auch eingebrochen worden, aber komischerweise wurde nichts geklaut, sondern nur Unordnung hinterlassen und dort hätten diese Leute sogar übernachtet. Katharina wurde hellhörig. Wo genau, wollte sie wissen. Da nannte er ihr den Namen des Wohnungsinhabers. Das war eine große Wohnung mit einem Fenster nach Norden und von dort konnte man ihr Auto sehen. Hatten sie also Katharina von dieser Wohnung aus überwacht?
Auch als Katharina zum TÜV musste, rief sie ihren Ex erst einen Abend vorher an. Um acht Uhr abends klingelte sie ihn an und erzählte ihm, dass sie am anderen Tag zum TÜV müsse und ob sie bei ihm warten dürfe, bis das Auto fertig wäre. Aber mit diesem Anruf musste sie anscheinend eine Großaktion ausgelöst haben, denn, als Katharina morgens um sieben Uhr aus dem Haus trat, kam ihr genau das schwarze, tschechische Auto entgegen, dessen Nummer sie hatte.
Sie mussten wohl von ihrem Ex unterrichtet worden sein.
„Sollte da was an meinem Auto sein, was der TÜV nicht sehen sollte? Ein Peilsender? Denn schließlich habe ich kein Handy mehr, das sie orten können.“
Aber Katharina vermisste ihr Handy doch sehr, denn auf das Festnetztelefon konnte sie sich nicht so sehr verlassen, dass sie abgehört wurde. Also kaufte sie sich wieder ein Handy. Ein Prepaid-Handy ohne Vertrag. Katharina war ganz happy.
Es dauerte nicht lange, es war so ungefähr eine Woche später, als der Bekannte anrief. Ja, meinte er, er hätte sich nicht mehr bei ihr gemeldet, weil seine Freundin gestorben und er deswegen etwas down gewesen sei. Klar, ging Katharina auch nichts an, aber dann kam er gleich wieder, wie es seine Art war, mit der Tür ins Haus geschneit. Er wolle mit ihr mal nach Österreich fahren und ihr dort ein kleines Restaurant zeigen. Eigentlich wollte Katharina mit ihm nichts mehr zu tun haben, aber sie brauchte seine neue Autonummer, denn er besaß eine Garage und so konnte sie sein Auto nicht sehen. Also sagte sie zu. Er wollte sie gleich heute, um ein Uhr abholen. Das tat er und dann fuhr er nach Strazny. Katharina war nervös, als sie merkte, dass er nicht die Richtung nach Österreich einschlug und auf ihre Bemerkung, Österreich würde eigentlich im Süden liegen und er würde nun schon seit einer Stunde Richtung Osten fahren, entgegnete er, dass er sich verfahren hätte und nur noch Zigaretten kaufen wolle. Er drehte auch ohne weitere Erklärungen um.
Aber wie war sie erstaunt, als er nicht in „seinen“ Laden ging, sondern auf der gegenüberliegenden Straßenseite neben dem chinesischen Restaurant in einen kleinen Laden. Auf ihre Bemerkung, warum er nicht auf der anderen Seite hinging, meinte er, dort müsse er immer warten und hier käme er immer gleich dran. Das war geschwindelt, denn in dem anderen Laden war auch nie jemand drinnen gewesen. Aber anscheinend wollte er nicht mehr mit ihr dort hineingehen.
„Ich hatte aber von früher her den Eindruck, dass du dich sehr wohl hier genauestens auskennst“, meinte Katharina.
„Ich war schon monatelang nicht mehr hier“, entgegnete er.
Das entsprach sicherlich nicht der Wahrheit, denn alle vierzehn Tage machte Kathy ein Kreuz in ihrem Kalender und rief ihn so um die Mittagszeit an. Da meldete er sich nie, also war er da nicht zu Hause und wieder unterwegs. Und so unübersichtlich war die Tschechei auch nicht. Aber sie blieb unruhig.
„Was sollte das? Warum kutscht er mich so in der Gegend herum?“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, denn, als die beiden in das Restaurant kamen, komischerweise, nachdem sie durchblicken ließ, dass er sich doch genau auskennen musste, fand er es plötzlich auf Anhieb und ging auf die Toilette. Dann hatte er es plötzlich sehr eilig wegzukommen und draußen fragte er Katharina unvermittelt, ob sie ihr Handy dabeihätte. Nun musste sie innerlich lachen.
„So ein Dussel. Glauben diese Leute allen Ernstes, dass ich meinen Fehler mit meinem ersten Handy wiederhole? Das kann doch nicht wahr sein. Mein Vater meinte mal zu mir: Ein Mensch macht immer mal wieder Fehler, aber wenn man einen Fehler ein zweites Mal macht, dann ist man dumm. Erstens hatte ich da gar kein Handy mit und zweitens, wenn ich es mitnehme, dann nur noch auseinandergenommen: Corpus, Chip und Batterie getrennt.“ Katharina konnte sich bei dem Gedanken ein Grinsen nicht verkneifen, als sie weiterfuhren.


Das könnte ihnen auch gefallen :

Zwischen sämtlichen Stühlen

Cornelia Busse

Fräulein Busse, Sie Früchtchen!

Buchbewertung:
*Pflichtfelder