Mit Leib und Seal

Mit Leib und Seal

Lebenserfahrungen in Gedicht und Prosa

Pepi von Silz


EUR 15,90
EUR 9,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 162
ISBN: 978-3-99048-855-3
Erscheinungsdatum: 21.03.2017
Ein Büchlein voller Geschichten, Gedichte und Anekdoten mitten aus dem Leben! Und da der Autor Justizbeamter war, kommt auch der Gerichtsalltag nicht zu kurz - und der ist lustiger, als Sie vielleicht denken. Gute Laune garantiert!
Das Schneuztuech

„Hiermit eröffne ich der Versammlung
die heutige Gerichtsverhandlung.
Vorgeladen ist der Hausknecht Ficht,
ein ortsbekannter Bösewicht.

Die Personalien sind bekannt,
er ist geboren hierzuland.
Er rauft und streitet gern, der Mister,
ist registriert im Strafregister.

Bei der letzten Rauferei
war’n Sie, Herr Ficht, auch mit dabei.
Niederg’schrieb’n im Protokoll
steht da, Sie waren übervoll.

Sie geb’n also zu, dass bei derer Rafferei
Sie als Besoffener war’n mit dabei.
Sie werden mir doch wohl nicht sagen,
dass Sie den Schnaps nicht vertragen haben?

Ich komme jetzt zum Kern der Sache:
Das, was da steht – dass ich nicht lache –,
Sie hätten mit Ihrem Taschentuch
zugefügt dem Huber Lois einen Kieferbruch!

Das wär’ mir neu,
dass von dieser Winkerei
entstanden ist ein solcher Schaden,
dass der nicht aufbringt mehr sein’ Laden.

Für diesen Schaden an seiner Pappen,
da müssen S’ jetzt einiges berappen.
Hat denn Ihr Schneuztuech so viel G’wicht,
dass so ein Schaden im Gesicht?“

„So, wie’s da steht, ist’s wahr, Herr Rat,
und zugetragen hat sich die Tat
beim Bierwirt droben um halbe zehne,
i will jetzt schildern gern die Szene:

Er hat oan fahr’n lassen und es hat g’stunken.
Da hab’ i eahm halt oane g’wunken,
mit meinem Schneuztuech, dös is g’wiss,
und ’troffen hab’ i halt sei G’frieß!

A jeder woaß bei uns auf’m Land,
da schneuzt man sich halt mit der Hand.
Und schlag i mit mei’m Schneuztuech zue,
dann gibt a jeder g’wiss a Rueh’,
i werd’ in Hinkunft nicht mehr winken
und lass’ den Lois in Ruhe stinken!“

***

Wenn’s sein muss, dann riskier’ ich mein Leben!

Es war noch ziemlich am Beginn meiner Gerichtslaufbahn. Als Beamter hatte ich die Beweisgegenstände zu beschriften, registermäßig zu erfassen und im Beweisschrank zu verwahren. Dieser war das „Non-Plus-Ultra“ meiner gerichtlichen Tätigkeit, waren darin doch nicht nur Skier, Angelruten von Schwarzfischern, Gamskrickeln und Armbanduhren zu finden, sondern auch konfiszierte Gewehre und Pistolen, zwei Handhacken und Stilette, ein Bündel Hanfstängel mit Raucherutensilien aus der Drogenszene und noch anderes mehr. Nach Abschluss des Strafverfahrens waren diese Gegenstände an die Betroffenen wieder auszuhändigen, an das Landesgericht Innsbruck weiterzuleiten oder an Ort und Stelle zu versteigern.
Von unserer neuen Richterin war ich mehr als fasziniert. Wenn sie mit ihren blond gelockten, wallenden Haaren im violetten Richtertalar Gericht hielt und wortgewandt Urteil sprach, dann schien mir leibhaftig der Erzengel Michael anwesend zu sein, es fehlten gerade noch das Schwert und die Waage.
Nachdem einmal ein Beschuldigter im Verhandlungssaal rabiat wurde und lautstark resonierte, wurde eine Alarmglocke unter dem Verhandlungstisch installiert, welche bei „Gefahr im Verzug“ in meiner Kanzlei läutete und folglich meine Assistenz gefragt war. Ich war mitten im Rückschein sortieren, als die Alarmglocke lautstark meinen Einsatz forderte. Mich riss es vom Sitz, denn als aktiver Feuerwehrmann weiß man ja schließlich, wie man sich bei Alarm zu verhalten hat. Aber was ist denn schon ein Sirenenalarm gegen einen Alarmruf aus dem Verhandlungssaal, wo Leib und Leben meines blonden Engels auf dem Spiel standen. Ein schneller Griff in den Beweisschrank, die erste größere Hacke heraus – die Gewehre hatten leider keine Munition – und so schnell wie möglich zum Verhandlungssaal in das Erdgeschoss hinunter. Mit hoch erhobenem Beil stürzte ich in den Raum, um meine in Lebensgefahr schwebende Richterin zu verteidigen.
Diese saß jedoch seelenruhig über einen Strafakt gebeugt und alle anderen Anwesenden – Schriftführerin wie Bezirksanwalt, Beschuldigter und Verteidiger – saßen auf ihren Stühlen. Eine Zeugin stand mit erhobener Schwurhand vor der Richterin und sagte gerade: „Ich schwöre!“
So lebensgefährlich schien mir die Situation nun doch nicht zu sein und so senkte ich das erhobene Beil. Die Richterin sah mich ganz entgeistert an und fragte mich dann um den Grund meines Einsatzes. „Frau Rat“, sagte ich, „Sie selber haben ja die Alarmglocke betätigt und um Assistenz gerufen!“ Dem war aber nicht so, denn sie hatte nur mit einer ungewollten Bewegung ihres Knies den Alarm ausgelöst beziehungsweise den stillen Alarm veranlasst. Still für sie, ja, aber laut genug für mich, um meinen Einsatz mit Leib und Leben zu aktivieren. Alle atmeten erleichtert auf und befreiendes Lachen rettete schlussendlich die „lebensgefährliche“ Situation.

***

Schlimmer geht’s nimmer

Es ist zwar traurig, aber wahr,
wenn g’schlägert wird, verliert man Haar’.
Doch meistens kommt es schlimmer,
die falschen Zähn’ geh’n oft in Trümmer,
bist Brillenträger, dann – ohne Zweifel –
geh’n oft die Gläser gleich zum Teifel.
Trägst du ein blaues Aug’ davon,
dann nennt man das Brillenhämatom.

Mit einem arg verschwollenen Gesicht
sitzt heut’ der Edi vor Gericht,
ein Aug’ ist grün, das andere blau.
„Du armer Heiter“, meint eine Frau,
die mit als Zeugin ist geladen,
um vor Gericht auch auszusagen.

Geladen, doch mehr innerlich,
ist auch der Edi mit sei’m „Vergissmeinnicht“.
Gleich fängt die Gerichtsverhandlung an,
man kennt ihn schon, den armen Mann,
denn wohl bekannt sind unserem Richter
die Gesichter vieler Bösewichter.

„Ach“, fragt der Richter, „Sie, Herr Keller,
war dieses Mal ein and’rer schneller?
Sie seh’n ja fürchterlich heut’ aus,
warum denn wieder in dem Hohen Haus?“
„Dass ich heut’ da bin, ohne Schmäh,
und mir mei Papp’n tuet so weh,
daran sind schuld nur Sie, Herr Rat,
weil Ihren Rat befolgt ich hab’.

Bei der nächsten Schlägerei, hab’ ich mir sagen lassen,
sollt’ ich die Händ’ im Hosensack lassen.
Zwei blaue Augen, drei hinige Zähnd
und Scherereien ohne End!
Eing’liefert in die Klinik haben sie mii’
und g’macht von mir a Compiuterpornografie.
Von heut’ an ich mir g’schworen hab’,
nicht jeder Rat ist gut, Herr Rat!“

***

Höflicher geht’s nimmer

Während meiner Rechtspflegertätigkeit bei den Bezirksgerichten Silz und Telfs kam mir so manches unter – Erfreuliches, aber auch manch’ Unerfreuliches –, wie sie eben so sind, die guten Parteien. Entweder schlägt man sich durch oder man wird durchgeschlagen, heißt es schon im Volksmund!
Da gab es einmal die eher unterwürfigen Parteien, welche noch wenig Erfahrungen mit den Behörden hatten und zum Beispiel gerichtliche Aufforderungen mehr als wörtlich nahmen.
Da schrieb zum Beispiel einer: „Zu Ihrer Anfrage vom 01.08. kann ich nichts dazu sagen, das ist alles, was ich zu sagen habe.“ Oder: „Mit Schreiben vom 30.03. haben Sie mich aufgefordert, meinen letzten Rentenbescheid zu übersenden. Dazu möchte ich sagen, dass ich mich noch ganz gesund fühle und nicht die Absicht habe, bald zu sterben, und kann deshalb meinen letzten Rentenbescheid erst übersenden, wenn es einmal so weit ist.“ Ein reuiger „Sünder“ schrieb tief zerknirscht dem Gericht: „Ich erlaube mir mitzuteilen, dass ich die Frau N. N. auch ‚Mausgesicht‘ genannt habe, und überweise daher zusätzlich noch 200,– Schilling.“ Eine sehr höfliche Partei wiederum ließ das Gericht wissen: „Ich ersuche das Gericht, meine Abschweifungen zu entschuldigen, bevor ich zur Sache komme.“
Keine Frage, dass es da auch noch Parteien gab, mit denen „nicht gut Kirschen essen“ war: „Wenn mir das Gericht nicht mehr helfen kann, wende ich mich an die höhere Substanz“, oder: „Ihrem Urteilsspruch kann ich mich nicht anschließen und werde ihn bekämpfen. Mit zurückhaltender Hochachtung, Ihr N. N.“
Als ich einen Verurteilten schriftlich aufforderte, seine ausständigen Pauschalkosten zu begleichen, schrieb er mir: „Stecken Sie sich den Erlagschein von mir aus hinter den Spiegel, dass Sie morgens etwas zum Lesen haben, oder schicken Sie ihn von mir aus dem Papst in Rom!“ Als es sich gerade ergab, dass ich an einer Pilgerreise nach Rom teilnahm, nahm ich mir seine Anschrift mit und schickte ihm von Rom aus eine Ansichtskarte mit lieben Grüßen vom Papst.
Wieder ein anderer schrieb: „Sie glauben wohl, dass Sie hier der Einzige sind, der auf der Milchsuppe dahergeschwommen ist? Zu den Unwahrheiten und Lügen, die Sie mir auftischen, möchte ich kein Wort verlieren, da mir sonst übel wird!“
Dann gab es da noch die ganz Resoluten, welche mit dem „Hohen Gericht“ schon öfters zu tun hatten und sich beschwerten: „Vor dem Gericht trifft es immer nur die kleinen Schweine, diese müssen ins Gefängnis, die großen gehen immer heim!“
Ein „Unterhaltssünder“ entrüstete sich: „Ich entziehe jedem irdischen Gericht das Recht, Väter, Mütter oder Kinder erschaffen zu wollen oder wieder verschwinden zu lassen!“ Ein „Verkehrssünder“ ließ das Gericht wissen: „Ich erwarte mir die Aufhebung des Urteils und eine gutheißende Erwähnung meines kaltblütigen Auftretens bei der Verkehrsregelung!“
Ein „zu Unrecht“ Verurteilter teilte dem Gericht mit: „Weil ich unschuldig bin, werde ich mit einem Rechtsanwalt bis zum Obersten Gerichtshof gehen und, wenn es sein muss, sogar einen Staranwalt nehmen!“
5 Sterne
einfach himmlisch! - 12.04.2017
Stella Kalchy

Ein unglaublich schönes Buch mit sehr vielen persönlichen Erfahrungen und witziger Wortkunst! Ich hab einfach durchgehend geschmunzelt :)

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