Zwei Herzen

Zwei Herzen

Otto Kwasniewski


EUR 18,90
EUR 11,99

Format: 13,5 x 21,5 cm
Seitenanzahl: 398
ISBN: 978-3-95840-977-4
Erscheinungsdatum: 03.12.2019
Mary und Olli lernen sich im Deutschland der 60er Jahre kennen und lieben, bis Mary in ihre Heimat Jugoslawien zurückkehren muss. Die wahre Geschichte einer großen Liebe, geprägt durch räumliche Trennung und gestärkt durch den Glauben an die große Liebe.
Einführung

Diese Erzählung beruht auf einer wahren Begebenheit, die in der Jugend wirklich passiert ist. Allein die Namen wurden geändert. Sollte es dennoch Übereinstimmungen geben, so ist es nicht absichtlich geschehen, und ich bitte um Entschuldigung.

Diese Zeilen wären nie zu Papier gekommen, wenn es nicht diesen Dachbodenfund gegeben hätte. Diese gut behütete Kiste, die meine Frau versteckt hatte, und die Fotos und Briefe, die sie über 50 Jahre gut behütet gelagert hat, brachten mich auf die Idee, sie nach dem Durchlesen, und um es noch einmal zu durchleben, in einer selbstdarstellenden Form niederzuschreiben. Ich habe so manchen Abend nach oben geschaut und gesagt: „Was hast du mir damit angetan?“, denn ich erlebte es noch einmal, es lief vor meinen Augen ein Film ab, jede kleine Erinnerung war eine Tatsache. Ich musste öfter eine Pause einlegen, um das Niedergeschriebene zu verarbeiten.

Wir haben uns 53 Jahre gekannt, waren 50 Jahre verheiratet, haben eine sehr glückliche Ehe geführt, es gab Höhen und Tiefen, aber wir haben nie unsere Achtung füreinander verloren. Soweit ich mich erinnern kann wurde in unserer Ehe nie ein böses Wort zum Partner gesagt.

Unser größtes Glück waren unsere Kinder – die kamen immer zuerst – und dann erst wir. Wir danken Gott, dass er uns zwei gesunde und intelligente Kinder geschenkt hat.

Ich danke meiner Frau im Nachhinein, dass sie mir diese Möglichkeit gab, mich bei ihr zu bedanken.




Anfang
Zwei Herzen

Olli:
31.12.1961
Ein Tag wie jeder andere, außer dass ich mit meinen Freunden eine Verabredung hatte, wir wollten zusammen Silvester feiern. Treffpunkt war wie üblich unsere Stammkneipe.
Wo feiern? Wer macht alles mit? Und so weiter. Der Wirt gleich: „Wir machen aber geschlossene Gesellschaft.“ Wir mussten alle lachen, Rolf meinte nur: „Heinz, wenn wir an deine Tür klopfen und du nicht aufmachst, dann hast du uns zum letzten Mal gesehen.“
„Ist ja schon gut“, sagte Heinz, „ich meinte nur, es soll mal gemütlich bleiben.“ „Ist okay, wir wollten uns ja nur absichern, wenn wir zur späten Stunde noch mal bei dir einkehren.“
Unsere Stammkneipe Das Eck ist praktisch unser Zuhause, der Treffpunkt wird von uns allen angesteuert. Wenn mal Kummer ist, Heinz hat immer ein offenes Ohr, oder wenn einer Hunger hat – egal wie spät – er stellt sich in die Küche und macht etwas zu essen. Und wenn mal das Geld knapp ist, Heinz schreibt alles auf – es gibt also keine Probleme.

Peter 2 kommt rein.
„Was läuft?“, meinte er.
„Bei uns läuft heute eine Party, die Mädels meinten, sie brauchen noch unbedingt Jungs.“ Man muss dazu sagen, er hat noch sechs Schwestern, ist also der Hahn im Korb.
„Ist doch toll, dann können wir uns bei den Mädels austoben, und wenn uns das zu anstrengend wird, gehen wir zum Heinz und feiern weiter“, sagte ich. Also, in die Runde geguckt und alle waren einverstanden.
Tür geht auf, Peter 1 kommt rein.
„Und was machen wir?“ Kein Hallo, nichts dergleichen.
„’nen schönen Tag kannst du trotzdem sagen“, meinte Heinz nur.
„Mensch, hör auf, ich bin stinksauer, mein Alter spinnt mal wieder.“
„Wenn dein Alter schlechte Laune hat, musst du es doch nicht bei uns abladen“, sagte ich.
„Ja, ihr habt ja Recht, aber ich bin trotzdem sauer.“ Sein Vater ist unberechenbar, hat wohl damit zu tun, dass er zu viel Stress hat, wenn sein Geschäft nicht gut läuft.
Er hat sich unseren Plan angehört und meinte, er sei dabei. Rolf sagte:
„Aber etwas zu trinken müssen wir schon mitnehmen. Na, ist doch klar, wenn die Mädels schon was zum Knabbern machen, können wir uns doch nicht lumpen lassen.“ Rolf wollte doch nur glänzen, weil er nämlich mit Peters Schwester, der Ulli, am Anbändeln ist. Er denkt, wir wissen das nicht, aber vor uns bleibt nichts verborgen, dafür kennen wir uns zu gut. Zum Abschluss noch ein Bier und dann verabschiedeten wir uns bis zum Abend.

Puh, war die Bude voll, bis auf ein paar Jungs fast nur Mädels. Müssen wohl Freunde von den älteren Schwestern sein. Ich finde das toll, dass die Eltern von Peter 2 ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Würde bei mir gar nicht gehen, meine Mutter ist da sehr eigen. Ich lebe mit ihr alleine und sie kann mit jungen Leuten nicht gut umgehen. Die Party war bei unserem Eintreten schon voll im Gange – also rein ins Getümmel – auch die Musik hat eine beträchtliche Lautstärke. Wir wurden sofort auf die Sofas gezogen und schon ging die Knutscherei los. Getränke hatten wir ja zur Genüge mitgebracht und so ging der Umtrunk sofort los.
Man muss auch sagen, dass Peters Schwestern nicht gerade unattraktiv sind, macht schon Spaß, mit ihnen zu toben, rumzualbern, und tanzen war natürlich auch angesagt. Ist ja alles auf einer freundschaftlichen Basis, bis auf Rolf, der hatte schon ernste Absichten.
Die Zeit war schon sehr fortgeschritten, ich stand da mit einem Glas Sekt in der Hand und habe mich mit Rolf unterhalten, das ganze Getümmel vor uns. Und plötzlich sah ich ein Gesicht, das ich noch nicht kannte. Unsere Augen trafen sich – sie schaut zu mir, ich schaue zu ihr. Wow, was war das denn? Ein Gesicht, so was von schön! Ihr blondbraunes Haar, leicht gelockt und nicht zu lang, genau wie ich es mag. Ein Lächeln auf ihren Lippen, die schön und voll sind, nur ganz zart geschminkt, ganz nach meinen Geschmack. Die Augen strahlten in Himmelblau, sie sah mich an, hob ihr Glas und prostete mir zu, und aus den Musikboxen klang der Schlager „Schöner fremder Mann“ von Conni Francis.
Um mich war es geschehen, ich bekam eine Gänsehaut. Sie lief mir den Rücken rauf und runter, mein Herz fing an zu rasen, ich habe so etwas noch nicht erlebt. Ich nahm mein Glas in die Höhe und prostete zurück. Sie hat es verstanden und lächelte.
„Rolf, wer ist das?“
„Wer?“
„Na, die Blonde da.“
„Ich glaube, sie ist eine Freundin von Ulli, die arbeiten zusammen. Ulli hat mir erzählt, sie kommt aus Jugoslawien und kennt hier keinen, deswegen hat sie sie wohl mitgebracht, damit sie nicht so alleine ist. Geh hin und frag sie, du guckst ja schon so, als ob du sie verschlingen willst.“
Ich war mit meinem Glas schon unterwegs. Ich kam ihr immer näher, jetzt konnte ich sie von unten bis oben betrachten – mir blieb die Luft weg – eine sehr schlanke Figur. Die Füße steckten in flachen, eleganten schwarzen Schuhen. Der hellgraue Rock, der ihre wunderschöne Figur betonte, ging ihr bis zum Knie. Die weiße Bluse passte zu ihrem sehr zarten Gesicht, und gab ihrer Oberweite einen gewissen Reiz. Es waren keine riesigen Brüste – ich bin kein Fan davon – es war alles so perfekt. Ich war einfach nur überwältigt. Ich nahm mein Glas und stieß mit ihr an – sie hat mich ganz erschrocken angesehen, aber gelächelt. Ich schaute sie an.
„Wer bist du? Und wo warst du? Wo hast du dich versteckt? Wie ist dein Name?“ Sie lächelte schon wieder.
„Sind das nicht ein bisschen viele Fragen auf einmal?“ Wow, ist das ein toller Akzent, ich war sofort angetan, davon muss ich mehr hören.
„Ich bin der Olli. Und du?“
„Mary“, kam es aus ihrem Mund, „ich habe mich nicht versteckt und ich bin noch nicht so lange hier in der Gegend, deswegen konntest du mich auch nicht sehen.“
Na dann wird es aber höchste Zeit, dass wir das ändern. Sie schaute mich an, dass mir heiß und kalt gleichzeitig wurde, sie hatte so eine Ausstrahlung, ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten kann. Aber ihr Blick hatte etwas Trauriges.
„Ist alles in Ordnung?“, wollte ich wissen.
„Ja, ich habe nur beobachtet, wie du dich mit den Mädels amüsiert hast.“ „Oh, das ist nur Spaß, da ist nichts Ernstes dran.“ Habe ich da Eifersucht rausgehört? Das würde ja heißen, dass sie Interesse hat, genau wie ich. Mann, mir wird ganz anders, was passiert denn gerade mit mir?
Ich verringerte die Distanz ein wenig, es war ja auch nicht viel Platz bei den vielen Menschen, die hier am Rumtanzen waren, und schon wurden wir angerempelt. Unsere Körper berührten sich für einen Moment – ein Blitz war nichts dagegen, mir fuhr es heiß durch den ganzen Körper. Ich merkte, wie sich ihr Gesicht rötete – das sah toll aus – und sie ganz verschämt zu ihren Füßen schaute – einfach nur schön.
Wir standen nebeneinander und schauten den anderen beim Tanzen zu, ich musste sie fragen: „Tanzt du auch?“
„Ja, ich mache gerade einen Tanzkurs im CVJM Heim, aber ich habe noch wenig Übung.“
„Ich habe noch gar keinen Tanzkurs besucht, also bin ich auch nicht besser.“ Und dann klang der Schlager Tennessee Waltz von Conni Francis aus den Boxen, ein wunderschöner langsamer Walzer. Ich nahm ihr das Glas aus der Hand, stellte es irgendwo ab, schnappte mir ihre Hand, und bevor sie sich wehren konnte, waren wir zusammen beim Tanzen.
Sie war geschockt und stotterte: „Ich kann doch noch gar nicht tanzen.“
„Ist doch egal, ich kann auch nicht so gut tanzen. Meinst du, es merkt hier einer? Bei der Musik braucht man nicht gut tanzen können.“
Ich nahm sie in den Arm, unsere Hände umschlossen sich, ihr Blick sprach Bände, und ich merkte, wie sie sich entspannte. Und das mit dem Tanzen ging wie von selbst, sie war leicht wie eine Feder. Wir kamen uns näher, es ging eine Hitze zwischen uns hin und her, ihre Augen ruhten in den meinen, durch mich zog ein Schauer von Wohlbehagen. Mein Körper war sowas von angespannt, meine Hose wurde mir zu eng als sie zu mir sagte, nachdem wir uns immer noch beim Tanzen befanden, obwohl die Platte zu Ende war: „Wir müssen aufhören, die Musik ist zu Ende.“ Schade, es hätte noch eine Weile so weitergehen können.

Ich habe ihr noch was zu trinken besorgt und wir standen eine ganze Weile zusammen und haben uns unterhalten. Ich war doch so neugierig, wo sie herkommt und wo sie zurzeit lebt. So habe ich erfahren, dass ihr Onkel dafür gesorgt hat, dass sie nach Deutschland kam und ihr eine Aufenthaltsgenehmigung besorgt hatte. Sie kam ganz alleine mit dem Zug von Jugoslawien nach Dortmund, ohne ein Wort Deutsch zu können. Da habe ich ihren Mut bewundert und war doch ein wenig sprachlos, dass sie so schnell Deutsch gelernt hat. Okay, man merkte hin und wieder, dass da noch einige Fehler waren, aber hey, wer von uns ist fehlerfrei? Wie sie mir erzählt hat ist sie ja erst knappe 15 Monate in Deutschland – Hut ab.
„Und wie bist du hier bei uns angekommen?“, wollte ich wissen.
„Mein Onkel hat hier eine Tochter und die Familie hat hier ein kleines Geschäft. Da helfe ich im Haushalt und passe auf die beiden Kinder auf.“
„Und macht dir denn so was Spaß?“
„Na, es gibt was Besseres, ich würde ja lieber in meinem Beruf arbeiten.“
„Und was ist dein Beruf?“
„Ich habe Schneiderin gelernt und das macht mir viel mehr Spaß. Den Rock hier habe ich selber gemacht“, sagte sie und drehte sich um die eigene Achse.
„Olli, Olli!“
„Ja, hier!“
„Los komm, wir hauen ab!“
„Wohin?“
„Wir machen noch eine Sause.“
„Was ist das, eine Sause?“, wollte sie wissen.
„Wir ziehen noch ein wenig durch die Kneipen.“
„Oh, es ist ja schon Zeit, ich muss auch nach Hause.“
„Und wie kommst du nach Hause?“
„Kein Problem, da geht noch eine in meine Richtung, wir sind zusammen hergekommen und gehen gemeinsam nach Hause.“
„Na, dann kommt gut nach Hause, wir sehen uns sicher wieder mal.“ Wir gaben uns die Hand und verabschiedeten uns. Ich sah ihr ein wenig traurig hinterher. Rolf meinte: „Mensch Kerl, hat sie dich vereinnahmt.“
„Du, ich weiß auch nicht, sie hat mir ganz schön den Kopf verdreht.“
„Na, komm schon, lass uns noch einen drauf machen!“
„Okay, wer fährt?“ Peter 1 meldet sich: „Ich fahre heute.“ Na, dann los.
Wir hatten ein Abkommen, dass der, der fährt, keinen Alkohol trinkt. Aber auf Peter 1 war da kein Verlass, wir mussten immer mit allem rechnen, aber heute war es egal, die Polizei feierte selber.

Mary:
Ich hatte von meiner Gastfamilie für heute zu Silvester freibekommen. 1961, bin gespannt, was das neue Jahr so bringt, bisher war es für mich ja ganz schön turbulent. Es ist mein erster Ausgang alleine in einer immer noch fremden Welt für mich.
Was ich alles schon in dieser kurzen Zeit erlebt hatte, hätte ich mir nie erträumt. Da, wo ich herkomme, ist doch alles sehr einfach und langweilig. Aber ich bin stolz, dass ich keine Angst mehr vor dem Leben habe, denn ich kann ja nicht wissen, was noch alles auf mich zukommt.
Meine Freundin Ulli, die auch hier im Büro lernt, hat mich eingeladen bei ihr zu Hause mit vielen Leuten Silvester zu feiern. Deswegen hat auch meine Gastfamilie zugestimmt. Meine Freundin Nelli, die ich schon eine ganze Weile kenne – denn wir gehen auch zusammen regelmäßig zum Turnen und neuerdings auch zum Tanzunterricht im CVJM Heim – holte mich ab, und wir gingen gemeinsam zu Ulli.
Mensch, ist die Wohnung voll, so viele junge Menschen. Ulli hat mir ihre ganzen Geschwister vorgestellt, alles Mädchen, nur ein Junge. Und da waren noch ein paar ältere Jungs dabei, die gehörten wohl zu den älteren Schwestern. Es war wunderschön dekoriert, mit Luftballons, Papierschlangen und Blumen, und überall Gläser und kleine Häppchen. Die Musik war auch toll, ein wenig zu laut für mich, aber daran muss ich mich wohl gewöhnen, denn hier ist sowieso alles anders. Auch die Eltern von Ulli fand ich toll, die sind so tolerant, das war für mich fremd, ich habe mich gleich gut mit ihnen verstanden. Wir haben uns sehr angeregt unterhalten, sie wollten alles über mich wissen, wo ich lebe und wie es in meiner Heimat ist. Es war sehr vertraut, was ich ihnen alles erzählt habe, ich konnte zum ersten Mal meine Sorgen mit jemandem teilen.
Dann kam die Ulli: „Los, komm jetzt, es gibt was zu trinken“, und schon hatte ich ein Glas in der Hand. Die Zeit war schon fortgeschritten, als noch ein paar Jungs eingetroffen sind, der eine war der Bruder von der Ulli, und da war ein großer Schlanker, ich glaube, den habe ich schon mal gesehen, der ist hinter der Ulli her. Noch ein kleiner, der heißt auch Peter, meinte Ulli’s Schwester, mit dem hat sie auch schon mal geknutscht. Und der andere, das ist Olli. Bei dem muss man aufpassen, der scheint ein ganz schöner Draufgänger zu sein, der macht nur, was ihm Spaß macht. Ich habe nur mit einem Ohr zugehört, denn ich war so geblendet. Mensch, hat der mir gefallen. Ich war noch nie von einem Jungen so geblendet. Habe nur zugesehen, kaum waren die Jungs drin, schon wurden sie von den Mädels auf die Sofas gezogen und das Knutschen ging los. Ich musste wegsehen, denn das war zu viel für mich.

Das Schöne an dieser Party war, dass alles so ungezwungen war, jeder sprach mit jedem, man prostete sich zu, die einen tanzten, und wieder andere machten ein Wetttrinken, was ich ziemlich lustig fand. Und dann stand ich auf einmal ganz still, mit einem Sektglas in der Hand, und zwei Augen schauten mich so dermaßen an, dass ich schon weggucken wollte. Aber es ging nicht, er hatte mich so im Blickfeld, ich war wie erstarrt. Aus Verzweiflung hob ich mein Glas, und prostete ihm zu, mit einem Lächeln auf den Lippen. Er hob sein Glas, und erwiderte mein Zuprosten auch mit einem Lächeln. Er unterhielt sich mit dem großen Schlanken. Er sah gar nicht so kräftig aus, ist sehr gut gewachsen, hat tolle dunkelblonde Haare und für mich ein sehr schönes, weiches Gesicht, mit blauen Augen, die stechend waren. Wenn er mich anschaute, ging es mir durch und durch. Ich bekam weiche Knie, ungewöhnlich, dass ein Mann so strahlen kann.

Was sollte ich jetzt machen? Er kam auf mich zu, er war gar nicht so klein, wie es von weitem aussah. Er hat einen braunen Anzug und braune Schuhe an und ein weißes Hemd mit gestreifter Krawatte, es steht ihm gut. Ich war gerade alleine. Was sollte ich zu ihm sagen? Denn so, wie ich ihn angestarrt habe, dachte er doch sicher ich will was von ihm.
Er kam auf mich zu, nahm sein Sektglas, stieß gegen mein Glas, und fragte: „Wer bist du? Wo kommst du her? Wo hast du dich so lange versteckt? Und wie heißt du überhaupt?“
Ich wurde hochrot und meinte: „Sind das nicht ein wenig viele Fragen auf einmal?“
Seine Antwort: „Wow, was für ein schöner Akzent, du bist nicht von hier.“
Mensch, das hat noch keiner zu mir gesagt, dass einem meine Aussprache gefällt, und mir so geschmeichelt. Seine Stimme war sehr weich und angenehm, hätte ich nicht erwartet.
„Ich bin Olli, ist mein Spitzname“, kam von ihm.
„Ich bin die Mary.“
„Schöner Name“, war sein Kommentar.

Seine Nähe brachte so viel Hitze, dass ich nicht wusste, wir mir geschieht, und aus den Boxen der Musikanlage erklang der Schlager, den ich so gerne hörte, von der Conni Francis Schöner fremder Mann, du bist so lieb zu mir.
Ich dachte, ich müsste ganz schnell verschwinden, denn das war im Moment alles zu viel für mich. Ich schaute ihm in seine hellen blauen Augen und dachte: Warum kann er nicht mir gehören? Er muss das gemerkt haben, denn er schaute mir in die Augen, und meinte, ich würde auf einmal traurig aussehen, ob das einen Grund hätte. Ich war so dumm und machte ihm praktisch einen Vorwurf, und meinte, dass ich gesehen hätte, wie er sich amüsierte und sich von den Mädels auf das Sofa ziehen ließ. Ich habe es so sehr bereut, da ich ihm gezeigt habe, dass ich eifersüchtig war. Ich hatte nicht das Recht dazu, was wird er von mir denken? Ich kenne ihn doch gar nicht, also kann er doch machen was er will. Ulli’s Schwester hat doch gesagt, dass man bei ihm aufpassen muss.

Er schaute mich durchdringend an und sagte: „Das musst du nicht so ernst nehmen, denn das ist nur Spaß, das hat nichts zu bedeuten. Wir kennen die Mädels schon sehr lange. Wir machen den Spaß mit, dann haben wir unsere Ruhe und sie haben was zu erzählen.“
Wir wurden von den tanzenden Paaren geschubst und sind uns sehr nahe gekommen, er berührte mich an der Schulter. Mann, ich dachte, mein Herz bleibt stehen, was war los mit mir, was macht der nur mit mir, warum hat er so eine Ausstrahlung auf mich? Ich kannte so etwas nicht, ich hatte ja auch noch nie Kontakt mit einem Mann, weil bei mir noch kein Interesse bestand. Ich schaute errötet auf meine Füße und schämte mich, dass ich so reagiert habe. Er stupste mich an und holte mich wieder zurück in die Gegenwart.
„Kannst du tanzen?“, fragte er mich.
„Nicht besonders“, war meine Antwort.
„Ich auch nicht“, kam von ihm.
„Ich mache aber mit meiner Freundin im CVJM Heim einen Tanzkurs und da gehen wir auch zum Turnen.“
„Mit der Ulli?“, fragte er.
„Nein, sie heißt Nelli, sie ist auch hier.“ In dem Moment erklang ein langsamer Walzer, der ist so schön, ich habe ihn schon mal gehört, weiß aber nicht, wie der heißt. Er schnappte sich mein Glas und stellte beide weg, bevor ich mich versah, hatte er meine Hand in die seine genommen und wir waren beim Tanzen. Eine Hand in die seine, die andere Hand war an meiner Hüfte, ich dachte er brennt mir ein Loch in meine Hüfte. Mir war auf einmal so heiß, mir schossen die Pfeile durch meinen Körper. Über meine Brust, runter zum Bauch und zwischen meine Beine, so ein Kribbeln war neu für mich. Die Musik war so schön und er hat wirklich gut mit mir getanzt. Wir schauten uns in die Augen, und er zwinkerte mir andauernd zu, ich hoffte der Tanz ginge nie zu Ende.

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